Wobei ein wesentlicher „Erfolgsfaktor“ die politische
Vorbereitung durch Bismarck war, der auf der militärischen
Seite völlig außen vor war.
Bismarck und Moltke waren in ständigem engem Kontakt. Das unterschied ihn ja von Napoleon III.: Die Leistungsfähigkeit des Instruments zu kennen, dessen er sich zur „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ zu bedienen gedachte, und dementsprechend präzise seine Erfolgsaussichten kalkulieren zu können.
Die geschickte Manipulation,
Frankreich zu einer Kriegserklärung zu provozieren, war ja
erst die Voraussetzung dafür, dass die selben süddeutschen
Staaten, die gerade mal fünf Jahre zuvor Preußen im Deutschen
Krieg unterlagen, plötzlich nicht mehr neutral blieben oder
gar an der Seite Frankreichs standen.
Die süddeutschen Landesfürsten konnten schwerlich umhin, an der Seite Preußens in den Krieg gegen Frankreich zu ziehen, eines Bündnisses hätte es dazu gar nicht bedurft. Eine Beteiligung auf französischer Seite jedenfalls hätte die Bevölkerung eingedenk zahlloser französischer Aggressionen in der Vergangenheit wohl mit einer Revolte beantwortet und das Heer mit Meuterei. Immerhin war der deutsche Nationalismus auch dort schon ein Menschenleben alt. Und so naiv-selbstverliebt zu glauben, die Deutschen würden gerne wieder mal für einen Napoleon gegeneinander kämpfen und sterben, konnten auch nur die Franzosen sein. Nach Sedan fragte der französische Botschafter Monbourg in Wien, gegen wen die Deutschen dennn nun noch weiterkämpften, nachdem Napoleon III. doch gestürzt und gefangen genommen sei. Er erhielt dort zur Antwort: „Gegen Ludwig den Vierzehnten“.
Gleichzeitig war der schnelle militärische Sieg Voraussetzung,
den Machtwechsel auf dem Kontinent zu vollziehen, bevor die
anderen Großmächte sich einmischen konnten.
Naja, der Beginn der britischen Missvergnügens mit Deutschland lässt sich recht präzise auf den 2. September 1870 datieren, und die anschließende kriegsverlängernde wenn auch nicht -entscheidende Lieferung von britischen Waffen und Munition nach Frankreich spricht Bände bezüglich der Frage, wie sich Großbritannien fürderhin machtpolitisch zu positionieren gedachte. Aber Russland war eine französische Republik nicht weniger zuwider als ein napoleonisches Kaisertum, und so hätte Moskau Berlin wohl noch länger die Südflanke gedeckt.
Ich sehe übrigens keine deutschen Ambitionen, einen Machtwechsel auf dem Kontinent zu vollziehen. Es war einfach so, dass eine Einigung Deutschlands ohne Krieg mit Frankreich nicht zu machen war. Das hatte weniger mit deutschen Ambitionen zu tun als mit französischen Befindlichkeiten. Dass Deutschland dann Frankreich als beherrschende Kontinentalmacht ablöste, war kein Ausdruck von Aggression, sondern schlicht der demografischen, industriellen und wissenschaftlichen Potenz, die ein geeinigtes Deutschland nun einmal - und ganz ohne bösen Willen - seit Mitte des 19. Jahrhunderts hatte.
Gruß
smalbop