Geistiges Eigentum und Diebstahl

hi,

im audiobrett kam die frage auf, was ist diebstahl. eigentlich ist das eher eine sache der ethik, aber ich denke mal, daß sich hier mehr melden werden.

ich bin juristisch laie und werde überlegungen dem hausverstand nach formulieren (bitte um nachsicht und korrektur).

also:

diebstahl liegt dem hausverstand nach dann vor, wenn sich jemand eine sache aneignet, die einem anderen gehört. das vergehen besteht darin, daß dem bestohlenen ein verlust entsteht und nicht darin, daß der dieb im besitz einer neuen sache ist und diese benutzen kann.

beweis:

beispiel1: wenn ich ein auto klaue, dann hat der beklaute keines mehr und dadurch einen schaden. den schaden habe ich absichtlich und aus niederen motiven verursacht, also habe ich unethisch gehandelt und werde bestraft. und ich muß wiedergutmachung leisten.

beispiel2: wenn ich im wald ein kaputtes, simkartenloses handy am boden finde und ich nehme die noch funktionierende batterie heraus und eigne sie mir an, dann ist das kein diebstahl. denn das handy ist a) als gerümpel entsorgt worden und b) herrenlos. kein schaden, ergo kein diebstahl. (es ist aber diebstahl, wenn ich in einem restaurantklo ein voll funktionierendes handy mit telefonbuch finde und es einfach mitnehme.)

beispiel3: wenn ich ein mp3 downloade, nehme ich niemandem etwas weg, sondern ich gelange nur in den genuß eines gebrauchsgegenstandes. die anzahl der produzierten cds wird nicht weniger durch mein downloaden. und es ist auch nicht exakt nachzuweisen, daß ich die cd gekauft hätte , wenn es kazaa nicht gäbe. dieser nachweis müßte aber erbracht werden, damit ein schaden, und ergo diebstahl, vorliegt. liegt kein schaden vor, ist es auch kein diebstahl. das mp3 wäre wie gerümpel, das jeder nehmen und benutzen darf.

als nächstes szenario wäre natürlich das weiterverkaufen interessant.

so, jetzt warte ich mal auf argumente dagegen, denn ich weiß, daß diese überlegungen ja nicht vom gesetz widergespiegelt werden :smile:

gruß
datafox

Hallo Datafox,

wenn du, statt dir einen Herd zu kaufen, ins nächste Restaurant gehst und dort dein Steak brätst, ist das auch kein Diebstahl, und trotzdem dürftet du Probleme bekommen. Freilich wären diese Probleme nicht strafrechtlicher Natur, sondern zivilrechtlicher Natur, d. h. dass du Schadenersatz liefern musst, nämlich dafür, dass du den Gegenstand benutzt hast. Wenn du das ohne Erlaubnis machst, dann handelt es sich nicht um Diebstahl, wohl aber um Unterschlagung bzw. Erschleichung von Dienstleistungen, je nach Beispiel.

Der Begriff „Diebstahl“ passt hier nicht, sondern ist nur metaphorisch zu verstehen („Diebstahl“ ist definiert als „Wegnahme einer fremden beweglichen Sache“). Bestraft wird nach § 106 UrhG die „Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke“ - und dass eine „Verwertung“ vorliegt, wirst du doch nicht bestreiten, oder?

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Datafox,

hier werden zwei Dinge durcheinander geworfen: das, was „Otto Normalverbraucher“ unter Diebstahl versteht (incl. des Schadens) und der Diebstahlbegriff nach dem StGB.
Ich will versuchen Dir den Diebstahlbegriff aus dem StGB etwas näher zu bringen. Der entsprechende Paragraph:
http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/stgb/__242.html
Es müssen also mehrere Merkmale erfüllt sein: Es muß etwas Fremdes weggenommen werden (Gewahrsamsbruch - etwas gefundenes zu behalten kann daher kein Diebstahl sein), dieses Etwas muß eine Sache sein (körperlich, begrenzbar), die Sache muß beweglich sein (also kann man kein Haus stehlen) und es muß eine Aneignungsabsicht bestehen (wer also z.B. ein Auto aufbricht um damit ein wenig zu fahren und es dann zu verlassen begeht keinen Diebstahl -> Aneignungsabsicht fehlt).
Die Frage, ob ein Schaden entstanden ist, ist dabei völlig unerheblich.
So weit der einfache Diebstahl - die Steigerungen laß ich mal außen vor.
Der Gewahrsamsbruch ist dabei ein wichtiges Kriterium, denn vieles was im allg. Sprachgebrauch als Diebstahl bezeichnet wird ist keiner. Z.B. ein Geschäftsführer nimmt Geld aus der Firmenkasse: da ihm das Geld anvertraut war, konnte er keinen Gewahrsamsbruch begehen, also auch kein Diebstahl. Hier kommt dann die Unterschlagung ins Spiel…
Der illegale Download von Dateien kann auch kein Diebstahl sein, hier fehlt die körperliche Eigenschaft des Weggenommenen. Hier kommen dann ebenfalls andere Straftatbestände zum tragen.

Nun noch zu Deinen Beispielen:

beispiel1: wenn ich ein auto klaue, dann hat der beklaute
keines mehr und dadurch einen schaden. den schaden habe ich
absichtlich und aus niederen motiven verursacht, also habe ich
unethisch gehandelt und werde bestraft. und ich muß
wiedergutmachung leisten.

Der Schaden des Opfers ist hier ohne Belang, s.o.

beispiel2: wenn ich im wald ein kaputtes, simkartenloses handy
am boden finde und ich nehme die noch funktionierende batterie
heraus und eigne sie mir an, dann ist das kein diebstahl. denn
das handy ist a) als gerümpel entsorgt worden und b)
herrenlos. kein schaden, ergo kein diebstahl.

Richtig kein Diebstahl. Aber nicht wegen fehlendem Schaden, sondern wegen fehlendem Gewahrseinsbruch.
Aber Unterschlagung ist sehr wohl:
http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/stgb/__246.html
(evtl. gibt es bez. Fundsachen noch bes. Regelungen, da bin ich nicht auf dem Laufenden)

(es ist aber
diebstahl, wenn ich in einem restaurantklo ein voll
funktionierendes handy mit telefonbuch finde und es einfach
mitnehme.)

Nein ebenfalls kein Diebstahl -> kein Gewahrsamsbruch. Dies ist strafrechtlich nicht viel anders zu bewerten wie das Handy im Wald. Die Strafhöhe wird aber sicher differieren.

beispiel3: wenn ich ein mp3 downloade, nehme ich niemandem
etwas weg, sondern ich gelange nur in den genuß eines
gebrauchsgegenstandes. die anzahl der produzierten cds wird
nicht weniger durch mein downloaden. und es ist auch nicht
exakt nachzuweisen, daß ich die cd gekauft hätte , wenn
es kazaa nicht gäbe. dieser nachweis müßte aber erbracht
werden, damit ein schaden, und ergo diebstahl, vorliegt. liegt
kein schaden vor, ist es auch kein diebstahl. das mp3 wäre wie
gerümpel, das jeder nehmen und benutzen darf.

Auch hier: der entstandene Schaden ist für den Tatbestand unerheblich (nicht jedoch für Strafhöhe). Kein Diebstahl, da keine Sache. Hier sind aber wieder andere Vorschriften tangiert.

als nächstes szenario wäre natürlich das weiterverkaufen
interessant.

Hat mit Diebstahl ebenfalls nichts zu tun. Der Verkauf gestohlener Sachen wird Helerei genannt und ist gesondert mit Strafe bedroht (übrigens auch der Kauf).

Gruß Stefan

hallo,

danke für diese infos.
jetzt sollte ich die diskussion in „ethik“ verschieben, um die grundbegriffe und argumente ein wenig philosophisch aufzudröseln.

gruß
datafox

Hallo!

Eine solltest du aber nicht vergessen: Stefan hat das Delikt des Diebstahls glaube ich anschaulich dargestellt. Wenn jetzt etwas kein Diebstahl ist, dann heißt das nicht, dass dies nicht strafbar ist - es gibt viele Taten, für welche Laien den Begriff Diebstahl verwenden, die zwar kein Diebstahl sind, jedoch andere Tatbestände erfüllen!

Gruß
Tom

Eigentum und persönliche Freiheit
liebe datafox,

wenn ich den anderen in seinen besonderheiten, in dem was ihm eigen ist, begrenze, greife ich in sein eigentum ein. die offensichtlichste art dieses eingriffs ist der pantomime, der dich in der fußgängerzone auf schritt und tritt begleitet und so deine eigenzeit zweckentfremdet für sein einkommen nutzt.

herzlich,