Gemeinsame Lektuere des Hume-Textes

Hallo Leute

Damit es nicht untergeht, schlug Bonaventura vor, diesem Beschluss
einen neuen Thread zu widmen:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

_Jeder, der "Eine Untersuchung in Betreff des menschlichen
Verstandes"von David Hume
http://www.textlog.de/hume_untersuchung_0.html
lesen will, tut dies und stellt die Fragen oder
Kommentare die dabei auftreten, hier ins Forum. Damit alle, die sich
an dem Projekt beteiligen wollen, etwa auf dem gleichen Stand sind
und keiner Fragen zu Passagen stellt, die ausser ihm noch keiner
gelesen hat (ausser jenen, die das Buch schon kennen), sollten wir
etwa 5 Seiten pro Woche oder ein Kapitel pro Woche lesen.

Peng!!! Das war der Startschuss. Hausaufgabe: Kapitel 1 (Über die
verschiedenen Arten der Philosophie) ist bis naechsten Mittwoch zu
lesen und zu ueberdenken._

Gruss, Tychi

Danke Tychi!
Das sind Nägel mit Köpfen!, Bravo.
David Hume (1711 - 1776)
David Hume wurde am 07.05.1711 in Edinburgh geboren.
Seine skeptisch-toleranten Auffassungen nahmen klerikale Kreise zum Vorwand, um eine Bewerbung Humes an der Edinburgher Universität abzulehnen.
1748 veröffentlichte sein Hauptwerk Enquiry Concerning Human Understanding (Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand).
Er lehnt jede positive Religion ab. Ihre Entstehung schreibt er der Furcht und dem Hoffnungsglauben der Menschen zu.
Die Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung beruhen nur auf Erfahrung, d. h. auf der gewohnheitsmäßig feststellbaren Abfolge bestimmter Ereignisse. Die Ursache der Ursache anzugeben ist nicht möglich.
http://www.philosophenlexikon.de/hume.htm
http://www.textlog.de/hume_untersuchung_1.html

soweit heute!
Friedhelm

Hallo Ihr Philosophen :smile:

Ich habe einige Zeilen gelesen und es fing an mich zu interessieren.

Diese Unterscheidung zwischen zwei Arten der Philosophie fand ich außerordentlich. Zur ersteren würde ich vielleicht Seneca zählen, zur zweiten Kant als Extreme. Der Ersten kann man wohl einen sehr großen Erziehungswert zuordnen, da er das Herz anspricht, während die Zweite eher für augewählte Individuen in Frage kommt, die der reinen mentalen Abstraktion einen Geschmack abgewinnen können.

Dann seine Synthese zwischen diesen beiden und deren Notwendigkeit, wobei er die Kunst als Beispiel anführt, hat mich auch sehr beeindruckt und die Verbindung zwischen Herz und Verstand wurde überzeugend dargestellt.

Nur hat die Psychologie die Grenzen inzwischen verwischt, so daß die Erforschung der Seele oder Psyche, die Hume fordert, von dieser Wissenschaft bereits übernommen wurde, - das aber zum Nachteil der Philosophie, wie ich meine. Auch die Philosophie die diesem Anspruch gerecht wird, findet sich bereits in Sri Aurobindo und auch den Lebensphilosophen (Bergson). Die Zeit ist nicht stehen geblieben.

Einen Satz hätte ich zu bekritteln.

Wohl mir, wenn es mir gelingt, die Trennung der beiden Arten zu philosophieren dadurch zu beseitigen, dass ich die Gründlichkeit mit der Klarheit, und die Wahrheit mit der Neuheit versöhne.

…die Wahrheit mit der Neuheit zu versöhnen, wie könnte das gemeint sein?

Alles in allem ein sehr gut zu lesender Text, gut übersetzt und in vielen Teilen noch aktuell.

gruß
rolf

Hallo Leute

Ganz anders als in der Kunst gegenüber einem Kunstwerk wähle ich von drei Möglichkeiten, diese große und berühmte Arbeit der Philosophie von David Hume zu lesen, diejenige des normalen Laien, der mit Hilfe solcher Lektüre selbst brauchbare Antworten sucht auf die eigenen Fragen des Lebens. Eben anders als der philosophische Fachmann, der Hume so wie ein Archäologe eine Mumie oder Antiquität untersucht; und auch anders als ein Schüler, der von einem großen Lehrer oder Guru fertige Antworten erwartet, die er dann für sich übernimmt. Ich muß als normaler Mensch also bei jedem Satz kritisch prüfen, wie er gemeint ist und ob ich eine Aussage ablehne, weil ich sie für falsch halte, oder ob ich sie heute, 300 Jahre nach Hume, noch akzeptieren, gebrauchen und eventuell weiterdenken kann.
Gegenüber einem alten Kunstwerk dagegen, nehmen wir die Hendrikje Stoffels von Rembrandt, kaum 50 Jahre älter als die Arbeit von Hume, würde ich weder als Laie noch als Künstler oder Kunstwissenschaftler von Richtig oder Falsch sprechen und das Bild auch nicht als Hilfe benutzen, wenn ich selbst malen wollte.
Dennoch gibt es eine enge Verwandtschaft und viele Ähnlichkeiten zwischen den schönen Künsten und der Philosophie: Es ist ein Genuß, die einfache und menschenfreundliche Art und Sprache von Hume zu lesen, selbst wenn ich bei manchen seiner Aussagen der Kopf schütteln muß.
Dies beginnt schon bei dem ersten Satz: Hat seine Philosophie zur Besserung der Menschheit beigetragen? Sein Bemühen dazu sichert ihm jedenfalls meine ganze Sympathie! Auch dass er der wuchernden Spekulation von esoterischer und abergläubisch-spekulativer Metaphysik seiner Zeit den radikalen Kampf ansagt und sie ablehnt, zeigt, dass Hume auch heute noch aktuell ist.
Friedhelm

Hallo Ihr Philosophen :smile:
Wohl mir, wenn es mir gelingt, die Trennung der beiden Arten zu philosophieren dadurch zu beseitigen, dass ich die Gründlichkeit mit der Klarheit, und die Wahrheit mit der Neuheit versöhne.

…die Wahrheit mit der Neuheit zu versöhnen, wie könnte das gemeint sein?

rolf

Was Hume (1711-1776) mit solcher Unterscheidung genau meint, wird wohl erst später deutlich. Es ist die Zeit der Aufklärung. Isaak Newton (1643 1727) hat gerade mit dem Verstand den Himmel entzaubert, von der Astrologie und Theologie „erlöst“. Das Newtonsche Weltbild gilt als „Wahrheit“. Hume versucht die gleiche kritische Sachlichkeit gegenüber dem menschlichen Verstand. Und er stellt im Folgenden fest, daß sich nun beides gegenseitig infrage stellt. Hier im Vorwort spricht er bereits von Grenzen des menschlichen Verstandes.

Man könnte die zu versöhnende Gegenüberstellung so sehen, denke ich.
Friedhelm

Hume Weltverbesserer
Hallo,

selbst wenn ich bei manchen seiner Aussagen der Kopf schütteln muß.
Dies beginnt schon bei dem ersten Satz: Hat seine Philosophie
zur Besserung der Menschheit beigetragen? Sein Bemühen dazu
sichert ihm jedenfalls meine ganze Sympathie!

Hmm. Sympathie und Kopfschütteln ?
Kannst du das bitte etwas erläutern ?

Servus
Nescio

Hallo Nescio,
mir fällt kein passendes Sprichwort ein, das Sympathie und Kopfschütteln in ein gerechtes Verhältnis bringt. Schüttet Hume „das Kind mit dem Bade aus“, wird sein gutes Bemühen, das „unbrauchbare Badewasser“ zu entsorgen, unterbewertet. Das griechische Beispiel „Sisyphus“ paßt auch nicht so recht aber schon besser. Nehmen wir diese Begründung seines philosophischen Bemühens im Vorwort doch nicht allzu wörtlich!
Er deutet zwar an, daß durch die Konditionierung zu sorgfältigerem Denken durch sorgfältigere Philosophie geschult auch Staatsmanner, Kaufleute und auch Kriegsherren profitieren würden. Ich weiß aber nicht, ob er diesen Konditionierungseffekt durch Bildung später weiter thematisiert hat. Wir werden sehen.
ganz herzlich
Friedhelm

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

selbst wenn ich bei manchen seiner Aussagen der Kopf schütteln
muß.
Dies beginnt schon bei dem ersten Satz: Hat seine Philosophie
zur Besserung der Menschheit beigetragen? Sein Bemühen dazu
sichert ihm jedenfalls meine ganze Sympathie!

Hmm. Sympathie und Kopfschütteln ?
Kannst du das bitte etwas erläutern ?

Nehmen wir diese Begründung seines
philosophischen Bemühens im Vorwort doch nicht allzu wörtlich!

Ich habe aber den Eindruck, dass er es durchaus wörtlich meinte.
Damit war er ja nicht allein. Rousseau hatte kurz zuvor, 1750,
seine Laufbahn als Philosoph mit seinem Essay zu einer Preisfrage
begonnen: „Hat der Aufstieg der Wissenschaften zur Hebung der Sitten
beigetragen?“ (o.ä.) Und Voltaire, Diderot et al. fanden es sicher
auch nicht als abgeschmackt, zur Besserung der Menschheit beitragen
zu wollen.
Heute (seit wann eigentlich ?) ruft solches Ansinnen Kopfschütteln
hervor, und wer es zu äussern wagt, wird als „Weltverbesserer“
belächelt.
Schliesslich leben wir ja - wieder - in der besten aller möglichen
Welten… (nur die „Fundamentalisten“ stören, was aber nur noch als
Problem der praktischen Politik angesehen wird)

Warum lesen eigentlich wir Heutigen noch Autoren wie Hume ?
Aus bildungsmattem Müssiggang ? Zum Zeitvertreib ? Um an einer
akademischen Karriere zu basteln und sich auf diese Weise im
Distributionssystem als „Dienstleister“, etwa als Beamter oder
neuerdings auch als coach, zu positionieren ?

Ich kann über die Intention Humes nicht den Kopf schütteln, eher über
die Intentionen der heutigen Kohorten, ja Legionen von
Berufsphilosophen und über die meisten der von ihnen massenhaft
produzierten Texte.

Natürlich kann man heute, nach zweieinhalb bewegten Jahrhunderten,
nicht mehr antreten wie einst Hume.
Wenn wir heute die Situation der Menschheit mit anderen,
historisch erfahreneren Augen sehen und über einen heutigen
Philosophen, der mit den damaligen Vorstellungen von Hume und
anderen Aufklärern antritt, den Kopf schütteln oder schmunzeln, so
mag das in Ordnung sein.
Es stellte sich jedoch jedem, der heute Philosophie betreibt, die
Frage nach der Redlichkeit und den Motiven seines Tuns (es sei denn,
er nennt Philosophie pfiffig sein hobby:wink:.

Servus
Nescio

1 Like

Hallo Nescio,

in dem Punkt sind wir uns sicher grundsätzlich einig, den Du anführst:

„Natürlich kann man heute, nach zweieinhalb bewegten Jahrhunderten,
nicht mehr antreten wie einst Hume.
Wenn wir heute die Situation der Menschheit mit anderen,
historisch erfahreneren Augen sehen und über einen heutigen
Philosophen, der mit den damaligen Vorstellungen von Hume und
anderen Aufklärern antritt, den Kopf schütteln oder schmunzeln, so
mag das in Ordnung sein.
Es stellte sich jedoch jedem, der heute Philosophie betreibt, die
Frage nach der Redlichkeit und den Motiven seines Tuns.“

Ich hätte auch nicht den überzogenen Begriff „Weltverbesserer“ benutzt, und auch mein „Kopfschütteln“ klingt offensichtlich zu hart. Wenn ein Mensch mir hilft, einen Denkfehler einzusehen, dann hat er sicher die Welt verbessert, nämlich meine Welt, auch wenn ich seinem Hinweis nur widerwillig und ohne Dank folge.
Insofern kann man von einer natürlichen ethischen Grundhaltung von Wissenschaft und Philosophie sprechen, - und das gilt dann auch für die Theologie. Dabei kann es mir egal sein, ob die Motivation hauptsächlich oder unterschwellig Ehrgeiz, Eitelkeit, Betriebsamkeit oder auch berufliche oder pekuniäre Ambition ist.
Wer will dies prüfen?
Zu Humes Zeiten, als selbst Newton mit seiner Physik noch zu den Philosophen zählte, fast sogar noch zu den Theologen, war solche Rechtfertigung der Philosophie mit christlichen Motiven, wie „der Menschheit dienen zu wollen“, auch wohl angebracht.
Ich selbst als Künstler bin eigentlich auf der Suche nach meinen Farben und war dabei zuletzt in einem Blindenforum, weil ich gerne erfahren hätte, wie jemand über etwas spricht, von dem er weiß, dass viele andere es kennen, er selbst aber nie wahrnehmen wird.
Ich habe dort aber nur Verwirrung gestiftet als ich voraussetzte, dass Farben eben nicht an den farbigen Gegenständen da draußen sondern nur in unserer Vorstellung existieren, was aber noch nichts über die Existenz der Farben aussagt.
Ähnlich wird es Hume zu seiner Zeit mit der Kausalität ergangen sein.

Ganz herzlich
Friedhelm