…mitochonriale Judengene…
Moin,
In einem Interview mit der WELT
(http://www.welt.de/politik/deutschland/article925589…)
äußerte sich Herr Sarrazin wie folgt:
„Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen, Basken haben bestimmte
Gene, die sie von anderen unterscheiden.“
nur mal zu dieser Aussage: Das ist zu 89,7% übler Populismus, wenngleich doch auch irgendwie lustig. Hier wird nämlich grundsätzlich erstmal eine Volksgruppe mit einer Religionsgemeinschaft in einen Topf gehauen, was prinzipiell nicht klappt. Menschen, die dieselbe Religion teilen, müssen ja nicht zwangsläufig verwandt sein und dieselben Gene tragen. Doch gerade bei den Juden liegt er - genetisch betrachtet - irgendwo auch ein wenig richtig, da dem jüdischen Glauben nicht jeder frei zutreten kann und Juden zumindest teilweise doch als abgeschlossene Volksgemeinschaft verstanden werden können. Meines Wissens wird die Zugehörigkeit zur jüdischen Gemeinschaft quasi über die mütterliche Erblinie ‚weitergegeben‘, so dass zwar ein nicht jüdischer Mann eine jüdische Frau heiraten und zum jüdischen Glauben übertreten darf, einer nicht jüdischen Frau das ‚einheiraten‘ in die jüdische Gemeinschaft aber verwehrt ist, weil sie nach dem Glauben als Jüdin geboren werden muss und nicht zur Jüdin werden kann.
Aus genetischer Sicht könnte nun die Kern-DNA der jüdischen Zelle *g* durch das wiederholte einheiraten nicht jüdischer Männer eine beliebige genetische Vielfalt erlangen. Die Aussage, dass es ein bestimmtes Gen geben muss, welches alle Juden teilen, ist - bezogen auf die Kern-DNA somit falsch. Es gibt jedoch einen ganz winzigen Bruchteil der menschlichen DNA, der nicht im Zellkern liegt und somit nicht von Mutter und Vater gleichermaßen vererbt wird. Dies ist die mitochondriale DNA. Die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, einstmals aus eigenständigen, bakterienartigen Lebewesen entstanden die mit der Zelle eine Symbiose eingingen, haben sich einen Teil ihrer eigenen DNA bewahrt und nicht an die Wirtszelle abgetreten. Mitochondrien agieren teilweise noch immer wie eigenständige Lebewesen, die in der Zelle wohnen, ihre eigene DNA besitzen und sich selbständig vermehren. D.h. ein Teil der DNA, der für den Aufbau der Mitochondrien codiert, liegt in ihnen selbst und wird mit ihnen vererbt. Da die Samenzelle bei der Befruchtung nur ihren Zellkern einbringt, werden stets nur die mütterlichen Mitochondrien der Eizelle an die Kinder weitergegeben, so dass die mitochondriale DNA eines Kindes stets ausschließlich von der Mutter stammt. Da fremde Frauen nicht zum Judentum konvertieren dürfen, würden also alle Juden ihre mitochondrialen Gene teilen, wenn man voraussetzt, dass sie ursprünglich von derselben Mutter abstammen (das sei aus religiöser Sicht hier mal gestattet)…
Somit wäre dann doch ein Funken Wahrheit in der zitierten Behauptung enthalten, auch wenn die mitochondriale DNA weder einen Einfluss auf Aussehen, Verhalten oder Intelligenz hat, sondern eben nur auf die Energieerzeugung in der Zelle - sie verleiht den Juden also keine typisch jüdischen Eigenschaften, die sie als Volksgruppe charakterisieren.
Zu den Basken will ich jetzt mal nichts weiter sagen, außer dass die wohl nie so abgeschottet waren, dass sie alle bestimmte Gene teilen müssten. Baskenmützen sind nicht erblich. Sicher kommen in jeder Volksgemeinschaft verschiedene Genvarianten vermehrt vor und zwar um so stärker, je länger die Volksgruppe isoliert war und aus je weniger Individuen sie hervorgegangen ist. Aber a) gab es schon immer Einwanderung und b) ist es aus genetischer Sicht eher ein Vorteil, als ein Nachteil für eine Volksgemeinschaft, einen breiten Genpool zu besitzen.
Gruß, Jesse