Hallo!
Ich suche Hinweise, wie ich für ein ausländisches Produkt der
Generalimporteur werden kann? Oder für ein nationales Produkt
den Alleinvertrieb erhalte?
Sobald es beim Vertrieb ernsthaft klemmt, kann ein Hersteller seine Produktlinie vergessen, möglicherweise geht das komplette Unternehmen den Bach herunter. Der eigene Kontakt zum Markt hat für jeden Produzenten existentielle Bedeutung, die Bindung an einen einzigen externen Vertrieb macht ihn abhängig und reduziert den Hersteller auf eine Werkbank. Hinzu kommt, daß qualitätsbestimmende Faktoren sich nicht beim fertigen Produkt erschöpfen. Der Umgang mit den Kunden, die Pflege der Verbindungen, die gesamte Auftragsabwicklung, Rückmeldungen vom Markt und Beratungsqualität hängen wesentlich am Vertrieb, bestimmen das Bild des Herstellers am Markt und gehören deshalb unter die unmittelbare Kontrolle des Herstellers. Außerdem wird ein beträchtlicher Teil der gesamten Wertschöpfung im Vertrieb erzielt. Aus all diesen Gründen leisten die meisten Hersteller ihren Vertrieb selbst und/oder delegieren den Vertrieb an ein flächendeckendes Netz straff geführter Handelsvertretungen/Großhändler/Händler.
Mancher kleine Hersteller tut sich mit Vertrieb schwer und überall laufen Leute herum, die natürlich nur den Exklusivvertrieb machen wollen. Solche kleinen Hersteller mit Vertriebsproblemen brauchen kompetente Beratung von vertriebs- und branchenerfahrenen Leuten, aber niemals einen Exklusivvertrieb. Sowas ist für den Hersteller existenzgefährdend und wer in einem dicht besiedelten Industrieland wie Deutschland Exklusivvertrieb machen will, überschätzt sich hoffnungslos und wird es zu keiner nennenswerten Marktpräsenz bringen können. Man kann als Einzelkämpfer oder mit wenigen Nasen niemals in abertausenden Gemeinden mit ebenso vielen Industriegebieten von Flensburg bis Garmisch und von der holländischen Grenze bis Polen präsent sein. Die Kunst effizienter Marktdurchdringung liegt in der regionalen Begrenzung. Das sieht nur beim Fernabsatz anders aus. .
Wer Kunden erreichen will, muß ihre Sprache sprechen, muß sich an landestypische Eigenheiten und Gepflogenheiten halten, muß die Mentalität der Zielgruppe kennen, muß Kundennähe zeigen und auch tatsächlich vor Ort erreichbar sein. Ein Hersteller aus Burkina Faso wird deshalb nicht ohne weiteres in der Lage sein, über den halben Globus hinweg seinen Vertrieb in Deutschland zu organisieren. Die Probleme beginnen bei Produktbeschreibungen und Präsentationen in der Landessprache und Kenntnisse der regionalen Wettbewerbs- und Preissituation, reichen über die Zeitverschiebung bis zur Gesetzgebung im Land, in dem Vertrieb stattfinden soll. Deshalb ist es üblich und zweckmäßig, daß ein Hersteller seine Schularbeiten zu Hause selbst erledigt und sich in anderen Ländern geeignete Vertriebspartner sucht.
Entgegen landläufiger Meinung schadet es in aller Regel nicht, wenn der Vertrieb über Sachkenntnisse der vertriebenen Produkte sowie über Branchenkenntnisse und Kontakte verfügt.
Dies vorausgeschickt, halte ich es für erfolgversprechend, sich bei einem inländischen Hersteller um eine Handels-/Industrievertretung mit Gebietsschutz zu kümmern. Das Gebiet darf geographisch nicht zu groß sein, damit man zu akzeptabler Marktdurchdringung und Präsenz kommen kann, ohne seine Zeit hauptsächlich auf der Autobahn zu verbringen. Ein beträchtlicher Teil der gesamten Industrieproduktion, die nicht für private Endabnehmer bestimmt ist, wird auf diese Weise verkauft. Das Heer der damit befaßten Handelsvertreter ist bunt zusammengewürfelt. Die Qualifikationen reichen je nach Produkt und Beratungsintensität von Physikern, Chemikern, Pharmaleuten und Ingenieuren über Kaufleute bis zu Handwerkern aller Branchen.
Du wirst vermutlich noch nicht genau wissen, welche Produkte Du vertrieblich betreuen möchtest, aber Du wirst wissen, ob es Wasserkraftwerke, Antibabypillen oder doch eher Elektroloks sein sollen. Du besorgst Dir also die Fachzeitschriften/Kennzifferzeitschriften der in Aussicht genommenen Branche und besuchst die einschlägigen Fachmessen. In den Fachzeitschriften und auf den Messeständen wirst Du auf Gesuche nach Vertretungen stoßen.
Ähnlich kann es laufen, wenn Du ausländische Produzenten in D vertreten möchtest. Dabei ist es hilfreich, wenn man neben den erwähnten Fach- und Marktkenntnissen über solide Sprachkenntnisse des Herkunftslandes des Herstellers verfügt. Natürlich gibt es Produkte mit einem in der ganzen Republik sehr begrenzten Kundenkreis. Von solchen Fällen sowie Produkten mit deutlicher Alleinstellung abgesehen, tut man niemandem mit einem landesweiten Alleinvertrieb einen Gefallen, so daß man in aller Regel klüger handelt und effizienter arbeitet, wenn man sein Vertriebsgebiet regional eingrenzt.
Gruß
Wolfgang