Generationenfrage?

Hallo zusammen,
schon seit längerem beschäftigt mich folgendes Problem:
Welche Erwartungen haben eigentlich die Älteren an die Jüngeren und umgekehrt. Konkreter gefragt: Da im Regelfall die Menschen heute älter werden als früher, werden im allgemeinen mehr ältere Menschen gebrechlich und/ oder auch krank. Der frühere Generationenvertrag hat - wie hinlänglich bekannt - heute keine Gültigkeit mehr. Aber mir geht es auch nicht um irgendwelche rechtlichen oder ähnlichen Gegebenheiten, sondern darum, wer sich um die Älteren kümmert, wenn sie der Hilfe bedürfen. Ist es auch heute noch selbstverständlich, dass sich die Kinder kümmern, insbesondere die Frauen? Ist es für die Jüngeren selbstverständlich, diese Aufgaben zu übernehmen? Hat sich da etwas verändert, und wenn ja, was? Und was heißt ‚kümmern‘?
Wie denkt ihr darüber?

(Danke noch an *Werner* für deien Zustimmung!)

Welche Erwartungen haben eigentlich die Älteren an die
Jüngeren und umgekehrt.

  1. variante: daß sie sich genauso „brav“ verhalten wie sie sich selber (zumindest glauben sie, dies früher gewesen zu sein), allerdings einmal mehr (er-)schaffen als sie selber
  2. variante: daß sie ihren weg gehen können - koste es was es wolle (der papa wird’s schon richten…)

darum, wer sich um die Älteren kümmert, wenn sie der Hilfe
bedürfen. Ist es auch heute noch selbstverständlich, dass sich
die Kinder kümmern, insbesondere die Frauen?

teilweise ist es noch so, wird aber immer weniger (wenn ich mich in meinem umkreis so umsehe…)
es ist doch viel einfacher und unbeschwerlicher (und unmenschlicher - aber das gesteht sich ja kaum einer ein), die „alten“ ins altenheim zu stecken…

Ist es für die

Jüngeren selbstverständlich, diese Aufgaben zu übernehmen?

leider nicht, nein. anstatt zu honorieren, daß sich die eltern um die kinder eine sehr lange zeit gekümmert haben, ihnen beistanden und zuhörten, werden sie von ihren eigenen kindern oft abgegeben wie ein sack voll altkleidern…

Hat

sich da etwas verändert, und wenn ja, was?

ja. eltern genießen heute nicht mehr die authorität wie früher - können folglich nicht mehr DEN druck auf die kinder ausüben, von ihnen verpflegt zu werden (keine frage - viele kinder wollten auch damals ihre eltern nicht pflegen, aber sie HATTEN es eben zu tun)

Und was heißt

‚kümmern‘?

kümmern heißt mE NICHT, daß ich dem papi 2x am tag essen vorsetze und einmal mit ihm rund um’s haus spaziere. kümmern heißt meiner meinung nach viel eher, daß ich mich mit der entsprechenden person auseinandersetze, aufmerksam bin, zuhöre, und (ich will ja nicht in großen worten sprechen, aber’s geht nun mal nicht anders) wärme spenden

Hallo,

ich denke das ist ein interessantes Thema zu dem ich etwas sagen kann, da ich beide Seiten selbst erlebe. Ich bin 50 und habe einen Sohn mit 27. Meine Mutter ist 78 und wohnt seit nahezu 20 Jahren bei mir im Haus. Bis vor zehn Jahren war auch mein Vater noch da. Wir haben zwar getrennte Wohnungen, seit dem Tod meines Vaters kümmern wir uns um meine Mutter, bringen sie zum Arzt und zum Einkaufen da sie selber keinen Führerschein hat und nehmen sie auch hin und wieder auf Ausflüge mit.

Die Erfahrungen die ich im Laufe meines Lebens gemacht habe führen dazu, daß ich nicht will und in keiner Weise anstrebe, daß mein Sohn sich mal um mich kümmern muß. Mein Sohn hat mit mir und auch mit meiner Frau ein sehr gutes Verhältnis. Und ich freue mich jetzt und werde mich immer freuen wenn er zu Besuch kommt, anruft oder sich sonst um uns kümmert. Er ist auch immer bereit zu helfen, wenn wir ihn brauchen. Meine Frau und ich, wir verlangen es aber nicht, weil wir glauben kein Recht darauf zu haben.

Einer meiner „Nachschreiber“ schreibt was von Authorität und Verantwortung der Jugend. Dazu folgende Überlegung:

Früher hatten die Leute mit 30 Kinder und wurden 65. Also wenn damals die Gebrechlichkeit mit 60 begann, dann hatten die Kinder von 30 bis 35 die Verpflichtung ihre Eltern zu unterstützen. Also 5 Jahre, im Gegenzug hatten die Eltern die Aufgabe sich um die Kinder zu kümmern, vielleicht bis 12 oder 15.

Heute haben die Leute mit 25 Jahren Kinder und werden 80. Oft haben die älteren Leute auch schon mit 60 das Gefühl jemand hätte sich um sie zu kümmern. Das bedeutet ein Kind hat die „Verpflichtung“ sich von 35 bis 55 um die Eltern zu kümmern. Und dann mit 55 kann „das Kind“ sein Leben leben.

Diese Beispiele sollen nur verdeutlichen was ich meine. Nach meiner Auffassung ist jeder Mensch für sich selber verantwortlich und hat die Aufgabe soweit die Gesundheit es zuläßt sein Leben rechtzeitig so zu gestalten, daß er möglichst lange für sich selber die Verantwortung übernehmen kann.

Dazu gehört aus meiner Sicht auch eine Lebensplanung für die Zeit in der man nicht mehr so ganz ohne fremde Hilfe auskommen kann. Meine Frau und ich werden dann eben zum Beispiel unser Haus verkaufen und uns für betreutes Wohnen entscheiden.

Sollte es das Schicksal wollen, daß wir beide oder einer von uns so krank ist, daß er der Pflege bedarf, dann werdenwir eben auch die Einrichtungen in Anspruch nehmen die dazu da sind. Wir wollen uns nicht so wichtig nehmen, daß unser Sohn und eine eventuelle Schwiegertochter ihr Leben danach ausrichten müssen.

Deswegen weil unser Sohn geboren wurde, uns viel Freude bereitet hat und von uns groß gezogen wurde, erwarten wir keine Dankbarkeit. Wir sind entschädigt durch die vielen positiven Erlebnisse und unser Sohn schuldet uns nichts.

Das heißt nicht, das wir uns nicht stets freuen werden, wenn wir feststellen, daß unser Sohn besorgt um uns ist und uns nicht helfen lassen falls wir das einmal brauchen und unser Sohn aus eigenem Antrieb dazu bereit ist - er hat aber absolut keine Verpflichtung.

Ich glaube, wenn sich mehr ältere Menschen darüber bewußt wären oder frühzeitig bewußt gewesen wären, daß nur sie selber für ihr Leben verantwortlich sind und sonst keiner, dann hätten wir in unserer Gesellschaft wesentlich seltener den unerfreulichen Zwist zwischen sich vernachläßigt fühlenden „Älteren“ und sich unterdrückt fühlenden Jungen.

Man kann darüber philosophieren ob diese Betrachtungsweise human und gut ist. Es ist aber so, daß unsere Gesellschaft Einrichtungen geschaffen hat, daß auch ältere und Kranke noch versorgt sind und somit ist das notwendige Mindestmaß an Humanität gewährleistet. Die Besorgnis der Kinder für die Eltern wurde durch Sozialsysteme ersetzt und die Jungen arbeiten und finanzieren das Ganze. Erfunden und eingeführt wurden diese Sozialsysteme meist von uns Älteren. Also leben wir damit und richten uns danach. Und gewähren wir unseren Kindern die größtmögliche Freiheit.

Helmut

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Einer meiner „Nachschreiber“ schreibt was von Authorität und
Verantwortung der Jugend. Dazu folgende Überlegung:
Früher hatten die Leute mit 30 Kinder und wurden 65. Also wenn
damals die Gebrechlichkeit mit 60 begann, dann hatten die
Kinder von 30 bis 35 die Verpflichtung ihre Eltern zu
unterstützen. Also 5 Jahre, im Gegenzug hatten die Eltern die
Aufgabe sich um die Kinder zu kümmern, vielleicht bis 12 oder
15.

das ist schon richtig, aber wie du selber schreibst:

Heute haben die Leute mit 25 Jahren Kinder und werden 80
Ich glaube, wenn sich mehr ältere Menschen darüber bewußt
wären oder frühzeitig bewußt gewesen wären, daß nur sie selber
für ihr Leben verantwortlich sind und sonst keiner, dann
hätten wir in unserer Gesellschaft wesentlich seltener den
unerfreulichen Zwist zwischen sich vernachläßigt fühlenden
„Älteren“ und sich unterdrückt fühlenden Jungen.

hatten die „älteren“ ja im prinzip keine chance, sich auf diese situation einzustellen.

grundsätzlich halte ich ja generell sehr wenig davon, daß 2 generationen miteinander in einem haus (oder in 2 häusern nebeneinander) leben.

ich habe die erfahrung gemacht, daß dies in fast allen fällen (zumindest über die jahre hinweg) mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit zu streitereien führt.

oder was noch viel schlimmer ist:

stellen wir uns ein haus vor, in dem eine familie mit kindern lebt. eins der kinder (nennen wir’s „A“) erbt das haus, und heiratet.
angenommen, das haus besteht aus eg und 1. stock und der lebensmittelpunkt war das wohnzimmer im eg.
dann wird’s (schockierend!) auch heute noch praktiziert, daß A mit ehegatten sich im eg „breit“ macht (natürlich im gegenseitigen einverständnis) und die eltern sich irgendwo im haus eine „wohnung“ einrichten und sich dorthin „zurückziehen“.

na wo werden sich die eltern wohlfühlen? in ihrer neuen „wohnung“, oder im gemütlichen wohnzimmer, wo sie bisher hauptsächlich waren?

vor allem am land wird dieser unsinn (zumindest ist’s das in meinen augen) mit enthusiasmus gepflegt…

Hallo Helmut,

leider habe ich erst am Montag Zeit, auf Deine Antwort einzugehen, die ich sehr bemerkenswert finde.
Bis dann also
Mechthild

Hallo

Ich denke schon dass die Zeit die Menschen und deren Verhalten verändert hat. Heute leben wir im Individualismus, die Werbung lehrt uns, sei dein Herr, unabhängig , ungemein vielseitig, schön , stark usw.
Dass da die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt ist klar.
Wenn ich mir das so vorstelle, ich denke ich könnte meine Mutter resp. meinen Vater nicht pflegen, obwohl ich professionneller Altenpfleger bin.

Es liegt in unser allen Empfinden wie wir das Alter wahrnehmen, verbinden wir es mit mehr Defiziten oder erkennen wir einen Gewinn an Lebensqualität?

Meiner Meinung nach, hält der Trend „Institutionalisierung“ an, da die Krankenkassen es einem heute auch erlauben, früher war dies nicht möglich, man blieb in der Familie, oft weil man diese noch immer mitversorgen musste.

Es ist wohl eher ein Problem der Verbreitung von Fehlinformationen, die sich mehr an der Oberfläche des Menschen und nicht an seinem tiefen Kern interessieren.

Gruss
Moses

Hallo Mechthild!

Das ist doch eine Sache, die von Land zu Land anders verläuft.
Die Deutschen (Germanen) hatten schon immer Probleme mit ihren Alten. Man muß dabei von der Landbevölkerung ausgehen.
Als eines der wenigen Länder bzw Völker, gibt es bei uns heute noch die Trennung von Alt und Jung, durch das Abstellen der Alten auf das Altenteil.
In sicherer Entfernung zum Bauernhof wird ein Haus gebaut, in dem dann die Alten wohnen und sich gefälligst aus dem Betrieb heraushalten.
Ebenso kleine oder große Handwerksbetriebe. Der Sohn übernimmt nur, wenn der Alte verschwindet.
Aber, ich denke, das ist auch ein Vorteil, nach Abstellen der Alten, kann der Sohn den Betrieb (Hof, Handwerksstelle) ganz neu organisieren und modernisieren. Würde der Alte weiterhin seine Finger im Betrieb haben, würde fast nie etwas verbessert.

Ich denke, diese seit Jahrhunderten (tausenden) gepflegte Handhabung mit den Alten, macht es heute so schwierig.

Gruß Werner

Hallo,

ich denke so eine Generationenverpflichtung gibt es nicht mehr. Die allgemeinen gesellschaftlichen Auflösungserscheinungen machen auch keinen Halt vor familiären Beziehungen. So kommen schon heute immer mehr Eltern ihrer Erziehungsverantwortung mehr schlecht als recht nach. Das Kinder aus solchen Familenverhältnissen dann später wenig Interesse an der Pflege ihrer Eltern zeigen leigt doch auf der Hand.
Die Grundlagen für eine eventuelle spätere Vereinsamung im Alter werden jetzt von den Eltern gelegt, da diese durch ihr Verhalten das eigene Verhalten der Kinder entscheidend prägen.

Grüße von H.

Hallo Helmut,
deine Überlegungen fallen ein bisschen aus dem Rest heraus. Ich habe so den eindruck, dass bei den meisten doch Enttäuschung über eine Entwicklung vorherrscht, die jedoch sehr unterschiedlich gesehen wird (von schlechter Erziehung durch die Eltern bis zum Individualismus, der unsere Zeit präge). Ich stimme im Grunde deiner Auffassung zu, Helmut, dass nämlich jeder für seine Lebensplanung die Verantwortung übernehmen sollte, und das schließt Vorüberlegungen in bezug auf das Älterwerden mit ein. Allerdings darf man auch hier nicht in den Fehler verfallen, das alle das nun tun müßten, weile viele Menschen einfach nicht die Möglichkeiten einer Lebensplanung im optimalen Sinne haben.
Was ich auffällig finde, ist der eigentliche Wunsch, es mögen sich doch die Kinder später kümmern und der Vorstellung, in unserer modernen Gesellschaft wäre das wohl schlechterdings nicht mehr so. Ich hab mich mal um ein paar Zahlen bemüht: Danach wurden Mitte der neunziger Jahre nur 6% aller hilfe- und pflegebedürftigen Menschen in den vielbeschworenen Institutuionen versorgt, 50% der Menschen durch den Partner, so lange dieses möglich war und Rest durch die Kinder. Kinder hieß in dem Fall überwiegend durch Frauen, nämlich Töchter bzw. Enkeltöchter, die männlichen Familienmitglieder rangierten irgendwo ganz hinten. Heisst das mit anderen Worten, wir sind sauer drüber, dass Frauen heute versuchen, mehr ihren eigenen Weg zu gehen? Nämlich, und das ganz klar im Gegensatz zu früher, dass sie sowohl für ihre eigene Familie sorgen müssen, im Regelfall auch außerhäusig erwerbstätig sind und Pflege übernehmen. Mir ist genau diese Situation geläufog, und ich denke, dass sie vor ganz schön große Probleme hinsichtlich der Prioritäten stellt. Erst die Eltern? Erst der Beruf? Erst die Familie?
Ich fände es insgesamt angebracht, wenn gerade zu diesem Themenbereich ein Dialog entstünde, nicht nur hier im Brett, zwischen den Älteren und den Jüngeren, dann gäbe es auf beiden Seiten weniger Enttäuschungen und Vorwürfe, weniger schlechtes Gewissen, nicht genug zu tun, und ein besseres Auskommen miteinander.
Gruß Mechthild

hallo mechthild

ich bin 24 und hatte genau ueber dieses thema schon einige diskussionen mit meiner freundin.
ich fühle mich meinen eltern gegenüber verpflichtet. nicht zuletzt deswegen, weil ich einzelkind bin.
ich weiss wieviel meien eltern für mich getan haben und immer noch tun - finanziell und menschlich.
daher ist es für mich selbstverständlich, meinen eltern im alter zur hilfe zu kommen.
allerdings muss man da auch differenzieren… es gibt fälle, da kann man es einfach nicht mehr von den kindern verlangen, sich so hinzugeben. wenn z.b. ein elternteil bettlägerig ist und absolute hilfe braucht - 24 h am tag.
das kann man wohl mal 1 jahr lang machen, aber bestimmt nicht auf dauer. das macht einen ja selber kaputt und man ist ganz ganz arg eingeschränkt und wsowohl körperlich als auch seelisch belastet.
ich denke, dass es da besser ist, einen geeigneten heimplatz zu suchen. das klingt hart, ist aber meines erachtens so. ich jedenfalls könnte es nur schwer durchhalten, meine mutter oder den vater in diesem zustand zu hause zu pflegen.
im übrigen muss ich ja auch selber mein geld verdienen und von meienr frau kann ich es nicht verlangen, dass sie sich jahrelang für meine eltern aufopfert! es ist schön, wenn es so ist und sie es machen würde, aber erzwingen kann ich es nicht und habe auch nicht die absicht.

wenn meine eltern allerdings nur unregelmässige betreuung brauchen, dann wäre es kein problem, sondern sogar meine pflicht, sie zu mir zu holen. wenn möglich in einer anliegerwohnung etc… .das kann ich so nicht sagen.
fazit meines kommentars ist folgendes: man sollte sein möglichstes tun, seinen eltern einen schönen lebensabend zu ermöglichen. ich denke, dass man das seinen eltern schuldig ist!
ich halte das einfach für normal. na klar ist es manchmal nicht möglich die eltern zu sich zu holen - sei es aus räumliuchen ider beruflichen gründen. prämisse ist ja auch, dass es möglich ist.

du hast gesagt, dass der generationenvertag in der heutigen gesellschaft nicht mehr gilt!
wenn das so ist - dann armes deutschland!
sind wir alle egoisten und kapitalisten?
sind wir sooo gruasam? ellenbogengesellschaft extrem?
OHNE MICH! jedenfalls nicht, wenn es um meine eltern geht!

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