Hallo,
ich denke das ist ein interessantes Thema zu dem ich etwas sagen kann, da ich beide Seiten selbst erlebe. Ich bin 50 und habe einen Sohn mit 27. Meine Mutter ist 78 und wohnt seit nahezu 20 Jahren bei mir im Haus. Bis vor zehn Jahren war auch mein Vater noch da. Wir haben zwar getrennte Wohnungen, seit dem Tod meines Vaters kümmern wir uns um meine Mutter, bringen sie zum Arzt und zum Einkaufen da sie selber keinen Führerschein hat und nehmen sie auch hin und wieder auf Ausflüge mit.
Die Erfahrungen die ich im Laufe meines Lebens gemacht habe führen dazu, daß ich nicht will und in keiner Weise anstrebe, daß mein Sohn sich mal um mich kümmern muß. Mein Sohn hat mit mir und auch mit meiner Frau ein sehr gutes Verhältnis. Und ich freue mich jetzt und werde mich immer freuen wenn er zu Besuch kommt, anruft oder sich sonst um uns kümmert. Er ist auch immer bereit zu helfen, wenn wir ihn brauchen. Meine Frau und ich, wir verlangen es aber nicht, weil wir glauben kein Recht darauf zu haben.
Einer meiner „Nachschreiber“ schreibt was von Authorität und Verantwortung der Jugend. Dazu folgende Überlegung:
Früher hatten die Leute mit 30 Kinder und wurden 65. Also wenn damals die Gebrechlichkeit mit 60 begann, dann hatten die Kinder von 30 bis 35 die Verpflichtung ihre Eltern zu unterstützen. Also 5 Jahre, im Gegenzug hatten die Eltern die Aufgabe sich um die Kinder zu kümmern, vielleicht bis 12 oder 15.
Heute haben die Leute mit 25 Jahren Kinder und werden 80. Oft haben die älteren Leute auch schon mit 60 das Gefühl jemand hätte sich um sie zu kümmern. Das bedeutet ein Kind hat die „Verpflichtung“ sich von 35 bis 55 um die Eltern zu kümmern. Und dann mit 55 kann „das Kind“ sein Leben leben.
Diese Beispiele sollen nur verdeutlichen was ich meine. Nach meiner Auffassung ist jeder Mensch für sich selber verantwortlich und hat die Aufgabe soweit die Gesundheit es zuläßt sein Leben rechtzeitig so zu gestalten, daß er möglichst lange für sich selber die Verantwortung übernehmen kann.
Dazu gehört aus meiner Sicht auch eine Lebensplanung für die Zeit in der man nicht mehr so ganz ohne fremde Hilfe auskommen kann. Meine Frau und ich werden dann eben zum Beispiel unser Haus verkaufen und uns für betreutes Wohnen entscheiden.
Sollte es das Schicksal wollen, daß wir beide oder einer von uns so krank ist, daß er der Pflege bedarf, dann werdenwir eben auch die Einrichtungen in Anspruch nehmen die dazu da sind. Wir wollen uns nicht so wichtig nehmen, daß unser Sohn und eine eventuelle Schwiegertochter ihr Leben danach ausrichten müssen.
Deswegen weil unser Sohn geboren wurde, uns viel Freude bereitet hat und von uns groß gezogen wurde, erwarten wir keine Dankbarkeit. Wir sind entschädigt durch die vielen positiven Erlebnisse und unser Sohn schuldet uns nichts.
Das heißt nicht, das wir uns nicht stets freuen werden, wenn wir feststellen, daß unser Sohn besorgt um uns ist und uns nicht helfen lassen falls wir das einmal brauchen und unser Sohn aus eigenem Antrieb dazu bereit ist - er hat aber absolut keine Verpflichtung.
Ich glaube, wenn sich mehr ältere Menschen darüber bewußt wären oder frühzeitig bewußt gewesen wären, daß nur sie selber für ihr Leben verantwortlich sind und sonst keiner, dann hätten wir in unserer Gesellschaft wesentlich seltener den unerfreulichen Zwist zwischen sich vernachläßigt fühlenden „Älteren“ und sich unterdrückt fühlenden Jungen.
Man kann darüber philosophieren ob diese Betrachtungsweise human und gut ist. Es ist aber so, daß unsere Gesellschaft Einrichtungen geschaffen hat, daß auch ältere und Kranke noch versorgt sind und somit ist das notwendige Mindestmaß an Humanität gewährleistet. Die Besorgnis der Kinder für die Eltern wurde durch Sozialsysteme ersetzt und die Jungen arbeiten und finanzieren das Ganze. Erfunden und eingeführt wurden diese Sozialsysteme meist von uns Älteren. Also leben wir damit und richten uns danach. Und gewähren wir unseren Kindern die größtmögliche Freiheit.
Helmut
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