Hi Ashara,
Aber hat denn gentechnisch erzeugtes Fleisch immer neue
Eigenschaften?
Erst einmal zu Beginn: Lass’ uns lieber vom gentechnisch veränderten
Tier als von „Fleisch“ reden, OK? (Wirst im Text schon sehen warum)
Noch ein paar kurze Definitionen vorweg:
Aus Genen werden Proteine hergestellt (die Experten mögen mir diese
Vereinfachung jetzt mal verzeihen
. Die Gene sind dabei die
Baupläne, die Proteine das Produkt was bestimmte Aufgaben im Körper
erfüllen kann. Den Vorgang vom Gen zum Protein nennt man Expression
(Verb: exprimiert).
Nun der häufigste Grund warum man ein gentechnisch verändertes Tier
herstellt, ist der, dass man die Funktion eines Genes klären will.
Oder anders ausgedrückt, man hat ein Gen verändert und hofft, dass
sich diese Veränderung auch in den Eigenschaften (Phänotyp)
wiederspiegelt.
Sehr häufig wird das bei Mäusen gemacht, es gibt aber eine ganze
Reihe von anderen „Modellorganismen“ wo das ebenfalls getan wird.
Die Veränderung kann sowohl die Zerstörung eines Genes sein (z.B.
K.O.-Maus), oder eine Veränderung des Gens, so dass es schwächer oder
stärker exprimiert wird. Es kann auch die Änderung des Ortes sein, wo
das Gen exprimiert wird (z.B. normalerweise im Herzmuskel, jetzt auch
im Gehirn) und einige Varianten mehr [1].
Es ist sogar möglich (und ich glaube darauf willst Du hinaus) dass
man „fremde“ Gene in einen Organismus einfügt, also Gene von einem
Organismus in einen anderen überträgt. Solche Tiere (und Pflanzen)
nennt man transgene Tiere (bzw. transgener Organismus)[2]. So gibt es
z.B. das Gen einer Quallenart, dessen Protein grün flouresziert.
Bringt man das Gen nun in die Maus und sorgt dafür, dass es dort z.B.
in Hautzellen exprimiert wird, so leuchtet die Maus unter UV-Licht
grün[3][4].
Nun kann man diese Technik auch für agrarökonomische Anwendungen
nutzen. Bei Pflanzen (der grünen Gentechnik) hat man schon einige
Arten gentechnisch verändert um bestimmte erwünschte
Eigenschaften zu steigern (ähnlich wie bei der klassischen Zucht, wo
man ja auch immer wieder nach neuen Formen sucht).
z.B. eine „Anti-Matsch-Tomate“ („Flavr Savr“)[5], bei der ein Gen
zerstört wurde, das für ein Protein codiert, dass normalerweise für
einen beschleunigten Abbau des Stützgewebes in der Tomate sorgt.
Später gab es dann Ansätze gegen den Maiszünsler vorzugehen, der für
große Ernteausfälle sorgen kann, indem man den Mais ein Protein in
den Blättern herstellen ließ, welches für ihn giftig ist und
ursprünglich von Bacillus thuringiensis(=Bt) hergestellt wird
[6]. Es ist auch möglich mit dieser Technik z.B. die
Vitaminproduktion zu steigern oder neue Vitamine produzieren zu
lassen, wie z.B. beim Goldenen Reis [7], wo man drei artfremde Gene
einfügte, was zur Bildung von Beta-Carotin (Provitamin A) im
Endosperm der Reiskörner führte (weshalb sie auch ihre Farbe haben).
Bei Pflanzen ist man also schon sehr weit, bei Tieren allerdings ist
man noch zurückhaltender. Das liegt zum Einen an der schwierigeren
(und teueren) Methodik (bei Pflanzen reicht es z.T. diese mit DNA-
beladenen Goldkügelchen zu beschießen, damit sie die Gene aufnehmen),
zum Anderen aber sicherlich auch an gesellschaftlichen Gründen.
In erster Linie verfolgt man daher bei Tieren einen anderen Ansatz:
Man will sie vor allem für die Medizin nutzbar machen. So werden
milchgebende Tiere dazu verwendet um in ihrer Milch Proteine
herzustellen, die für den Menschen als Medikament eingesetzt werden
können. Ein weiterer Ansatz ist die Veränderung von Organen in
Schweinen, so dass diese für Transplantationen genutzt werden können.
Dabei wird aber nicht ein Schwein mit einem Menschenherz erzeugt,
sondern mit einem Schweineherz, dass menschliche Oberflächenmoleküle
trägt. Denn bei einer Transplantation führen die falschen
Oberflächenmoleküle zu Abstoßungen (ist auch bei Mensch zu Mensch so,
deswegen testet man vorher die Blutgruppe, HLAs etc.) Schweine nimmt
man daher, weil sie recht nahe mit dem Menschen verwandt sind und
ihre Organe vergleichbare Größen haben [8][9]. Diese Dinge sind aber
noch Zukunftsmusik und als Fleisch würden diese Schweine sicher
niemals (absichtlich) auf dem Tisch landen.
Nun zu Deinen Fragen:
Dann könnte es theoretisch doch auch weniger
verderblich gemacht werden, oder nicht?
Theoretisch schon, aber es wäre ziemlich schwierig und (noch)
ziemlich teuer, weil die Zersetzung von Fleisch ganz verschiedene
Faktoren hat und man Lösungen für alle davon finden müsste. Hinzu
kommt, das man für viele Zubereitungsformen sogar „abgehangenes“
Fleisch bevorzugt. Steaks wären aus einem solchen transgenen Rind
dann überhaupt nicht mehr verkaufbar.
Und wie macht man das, gentechnisch Fleisch erschaffen? Eine
große Petrischale oder wie? Und dann?
Das kannst Du am besten hier [8] nachlesen. Grundsätzlich muss man
entweder die Eizelle oder einen frühen Embryo (wenn es noch ein
Zellhäufchen ist) verändern, damit die DNA möglichst in allen Zellen
verändert ist und dann wird ein Mutter-Tier damit künstlich
befruchtet. Im Einzelnen können sich die Strategien von Tier- zu
Tierart unterscheiden.
Ich habe da übrigens neulich ein Foto gesehen, da hatte eine
Maus ein menschliches Ohr aus dem Rücken wachsen. War das
Fotomontage oder ist die Maus gentechnisch manipuliert? Und
wenn ja, wie? Wurden Ihr „Ohrgene“ eingepflanzt?
Das Photo [10] ist schon ziemlich alt (1997) und hat eigentlich
nichts direkt mit Gentechnik zu tun, wird aber gerne zur Abschreckung
von Gentechnik-Gegnern verwendet. Die Maus ist zwar eine K.O.-Maus,
wurde also gentechnisch verändert, aber hier wurde sie nur genommen,
um zu zeigen, dass im Pertischälchen hergestellte Ohrmuscheln auf
einem Organismus wachsen können. (Diese spezielle Maus hat dabei zwei
Vorteile: sie ist nackt und das Gen, was zerstört wurde
beeinträchtigt ihr Immunsystem, so dass sie das Ohr nicht abstößt).
Das Ohr selbst wurde aber (so viel ich mich erinnern kann) mit Hilfe
von Knorpelzellen und Nährlösungen auf einem Milchsäurepolymer
hergestellt. Es war mal eine Zeit lang ein ziemlicher Hype und man
dachte man könne ganze Organe auf diese Weise heranzüchten, aber in
letzter Zeit ist es um die Gruppen recht ruhig geworden. Mit
künstlich hergestelltem Knorpel und Haut klappen Transplantationen
hingegen schon ganz gut, bei ganzen Organen ist mir aber noch kein
großer Erfolg bekannt. Vielleicht weiß einer der anderen Experten
mehr? (War da nicht mal was mit Leberstückchen?)
Und stimmt das, dass man einzelne Organe heranzüchten kann?
Das geht doch aber nur über embryonale Stammzellen, oder? Und
das Organ muss schon auf „natürlichem Wege“ wachsen, das geht
nicht in einer Petrischale oder so, wo man einen Organismus
sozusagen künsltich nachbaut?
Siehe oben zum Thema Xenotransplantation und im Bezug aufs Ohr, aber
vielleicht kann ja einer diese Frage, noch einmal detaillierter
Erklären.
[1]http://de.wikipedia.org/wiki/Gentechnik
[2]http://de.wikipedia.org/wiki/Transgene_Tiere
[3]http://de.wikipedia.org/wiki/Grün_fluoreszierendes_P…
[4]http://www.mshri.on.ca/nagy/graphics/GFP%20mice.jpg
[5]http://de.wikipedia.org/wiki/Flavr_Savr
[6]http://de.wikipedia.org/wiki/Bt-Mais
[7]http://de.wikipedia.org/wiki/Goldener_Reis
[8]http://de.wikipedia.org/wiki/Transgene_Tiere#Transge…
[9]http://de.wikipedia.org/wiki/Xenotransplantation
[10]
http://archives.arte-tv.com/hebdo/archimed/19990629/…
Oh Gott, ich komm mir so blöd vor. Tut mir leid!
Aber irgendwo muss ich ja den Anfang machen.
Eben, wer nicht fragt bleibt dumm!
Gruß