Gentechnologie

Hallo zusammen,
in der Schule behandeln wir zur Zeit das schöne Thema „Gentechnologie“ (bzw einen winzigen Teil davon). Nun komme ich aber mit dem Text und der dazugehörigen Zeichnung nicht ganz klar:

„Um das menschliche Gen in das Bakterium einzuschleusen, benutzt man bakterielle Plasmide. Die Plasmide werden isoliert und mit einem Restriktionsenzym behandelt.“

Soweit noch einigermaßen klar…dann schnell weiter in Kurzfassung (Der Satz in meinem Heft stimmt nicht. Vielleicht hab ich was vergessen aufzuschreiben oder der Lehrer zu diktieren…):
In die geöffneten Plasmide kommt das menschliche Gen (human gen), dann steht da was mit „sticky ends“. Was ist mit den „sticky ends“? Was halten die zusammen? Die DNA-Ligase?
Und das Ergebnis ist dann ein „rekombiniertes Plasmid“…
Der weitere Text handelt von einer Isolation der Bakterien…aber WAS wird da genau isoliert? „Bakterien“…recht ungenau… Dafür gibt man den „rekombinierten Plasmiden“ eine Antibiotika-Resistenz, damit nur die „erfolgreich“ „veränderten“ Bakterien überleben…heißt das, dass diese Einschleusung der DNA-Ligase nicht immer funktioniert? So viele Fragen und die Arbeit am Freitag…
Vielen lieben Dank!!!
Arni

Huhu!

In die geöffneten Plasmide kommt das menschliche Gen (human
gen), dann steht da was mit „sticky ends“. Was ist mit den
„sticky ends“? Was halten die zusammen? Die DNA-Ligase?

Naja, du hast da halt so einen geöfneten DNA-Strang, den du irgendwie wieder zusammenkriegen musst.
Wenn du glatte Enden hast (d.h. die Sequenz z.B. so abschliesst:

Eines
TTTTAAAGGCCCC 
AAAATTTCCGGGG 

Und das andere Ende des DNA-Stranges irgendwo in der Lösung rumschwimmt, dann wird sich das Plasmid nie ringförmig zusammenlagern, damit die Ligase es schliessen kann.

Statt dessen nimmt man Enden, die komplementäre Enden haben, und eins der Enden ein bischen übersteht, z.B.:

Eines Ende: Anderes Ende:
ATCGATCG TTGGAACCAATTGGG 
TAG CTACGAACCTTGGTTAACCC

Dann kann die DNA sich anhand der überstehenden Enden (die natürlich länger sind als die 4 Bp die ich eingezeichnet habe) zusammenlagern, und die Ligase kann den Ring schliessen.

Der weitere Text handelt von einer Isolation der
Bakterien…aber WAS wird da genau isoliert?

Na, die Bakterien, bei denen das mit der Plasmidaufname geklappt hat :smile:

„Bakterien“…recht ungenau… Dafür gibt man den
„rekombinierten Plasmiden“ eine Antibiotika-Resistenz, damit
nur die „erfolgreich“ „veränderten“ Bakterien
überleben…heißt das, dass diese Einschleusung der DNA-Ligase
nicht immer funktioniert? So viele Fragen und die Arbeit am
Freitag…

Naja, die DNA-Ligase will man gar nicht einschleusen.
Man schleusst halt irgendein Gen ein, allerdings, wie du schreibst, klappt das aus verschiedenen Gründen nicht immer.

Es kann sein, das der Plasmid nicht durch die Ligase verschlossen wurde, oder das einige Bakterien (also, eher die meisten) das Plasmid nicht aufgenommen haben, oder einige Bakterien schlechte Laune hatten, weil es Montag ist und es regnet, oder weil du einen blauen Schal trägst … es haben jedenfalls ziemlich viele Viecher kein Plasmid.

Außerdem schmeissen zumindest E.coli Plasmide gerne mal raus, wenn sie sie nicht brauchen.

Jedenfalls hat man Bakterien in seiner Kultur, die das Gen halt nicht haben.
Der größte Teil wird es nicht haben.

Die, die es haben, muß man irgendwie selektieren bzw. isolieren - da nimmt man meistens eine Antibiotikaresistenz, d.h. man baut in den Plasmid ein Gen ein, das für ein Protein codiert, das Antibiotika kaputtmacht.

(Es gibt jede Menge Antibiotika und jede Menge Resistenzgene, die dafür benutzt werden. Z.B. Ampicilin, Streptomycin, …)

Dann streicht man die Kultur aus oder setzt sie in eine Nährlösung, und alle, die das Plasmid nicht haben, verrecken.

Es kann natürlich sein, das sich ein Plasmid da reingemogelt hat, das zwar für die Resistenz codiert, aber das Zielgen nicht hat, das hat aber praktisch keine Bedeutung.

So, ich hoffe, das half dir jetzt irgendwie …

Viele Grüße!
Ph.

Hallo,

Das Prinzip:

  1. Man isoliert (irgendwie) die Sequenz eines Zielgens (zB. des Humaninsulingens).

  2. Man isoliert (irgendwie) Plasmide aus Bakterien.

  3. Man schneidet sowohl das Zielgen als auch die Plasmide mit einem Restriktionsenzym (dazu unten mehr!).

  4. Man gibt die geschnittenen Plasmide und die geschnittenen Zielsequenzen zusammen und „verklebt“ sie mit einer Ligase.

  5. Die so entstandendn neuen Plasmide enthalten das Zielgen. Sie werden dann (irgendwie) wieder in Bakterien eingeschleußt.

Also, zu Punkt 3:

Man will ja, dass später das Zielgen in das Plasmid integriert wird. Und zwar an einer bestimmten Stelle, in einer bestimmten Orientierung und genau einmal.

Stell dir vor, Du machst das alles mit Papierstreifen. Du hast also einige Milliarden „rote“ Papierstreifen (geschnittene, also linearisierte Plasmide; bevor sie geschnitten wurden ware es also rote Papierstreifenringe) und einige Milliarden „blaue“ Papierstreifen (Zielgen). Die rührst Du zusammen in einem Topf, worin ein Enzym, die Ligase, dafür sorgt, dass freie Papierstreifenenden miteinander verklebt werden. Was kommt raus?

Genau, ein Wust an langen, bunten Papierstreifenketten, die meisten wahrscheinlich zu mehr oder weniger großen Ringen geschlossen. Eigentlich willst du aber Ringe, die aus genau zwei Streifen zusammengesetzt wurden, und zwar dem roten und dem blauen. Außerdem ist auch noch wünschenswert, dass der blaue Streifen richtig herum im roten Streifen sitzt. Wie kann man all das erreichen?

Das Klebe-Enzym, die Ligase, erkennt zueinander passende Enden der Streifen. Wenn du die Streifen also nicht stumpf schneidest, sondern so, dass die Schnittkante ein bestimmtes Muster bildet, kannst du die Muster so wählen, dass beim verkleben genau immer nur ein blauer und ein roter Streifen in der richtigen Weise verklebt werden.

Auf der DNA geschieht das Schneiden mit sog. Restriktionsenzymen. Diese Enzyme erkennen eine ganz bestimmte sequenz und schneiden die DNA dort. Die meisten R.enzyme schneiden dabei nicht einfach stumpf durch, sondern sie schneiden die beiden Stränge etwas versetzt:

NNNNNACGTNNNNN -\> NNNNNACG TNNNNN
NNNNNACGTNNNNN NNNNNA GCTNNNNN

(N steht für ein beliebiges Nukleotid; die Erkennungssequenz wäre hier zB. ACGT).

Die entstehenden Bruchstücke haben Überhänge, die wechselseitig komplementär sind. unter geeigneten Bedingungen finden sich solche Enden schnell wieder zusammen und bleiben praktisch aneinander kleben. Daher nennt man sowas „sticky ends“. Wenn dann noch Ligase zugegen ist, werden die Bruchstücke wieder chemisch verbunden (ligiert).

Nun kannst du sowohl das Plasmid als auch das Zielgen mit zwei verschiedenen R.enzymen gleichzeitig schneiden, so dass auf beiden Seiten unterschiedliche „sticky ends“ entstehen, wobei das linke Ende des Zielgens zum rechten Ende des Plasmids passt und umgekehrt:

NNCCGGNN-Plasmid-NNACGTNN -\> NNCC NN-Plasmid-NNACG TNN
NNGGCCNN-Plasmid-NNTGCANN NN GGNN-Plasmid-NNT GCANN

NNACTGNN-Gen-NNCCGGNN -\> NNACG TNN-Gen-NNCC NN
NNTAGCNN-Gen-NNGGCCNN NNT GCANN-Gen-NN GGNN

Wenn man das mischt, können ein Plasmid und ein Gen einen wunderschönen Ring bilden. Zwei Plasmide ohne Gen zB. können keinen Ring bilden. Auch Gene ohne Plasmid nicht.

 NN-Plasmid-NNACG TNN-Gen-NNCC -\> NN-Plasmid-NNACGTNN-Gen-NNCC
GGNN-Plasmid-NNT GCANN-Gen-NN GGNN-Plasmid-NNTGCANN-Gen-NN

die GG/CC-Paarung bildet dann den Ringschluss.

Man hat jetzt die urschprünglichen Plasmide mit dem neuen Gen kombiniert. Mann nennt das ein „rekombinantes Plasmid“ oder „rekombiniertes Plasmid“.

Diese rekombinanten Plasmide mischt man dann wieder mit Bakterien und bringt sie (irgendwie) dazu, diese Plasmide aufzunehmen.

Natürlich nehmen nicht alle Bakterien das Plasmid auf. Eigentlich tun sie das eher nicht. Einige wenige aber schon. Die muss man finden. Aber statt die Nadel im Heuhaufen zu suchen, bringt man einfach alle um, die _kein_ Plasmid aufgenommen haben. Wie? Ganz einfach: auf dem Plasmid ist ein Resistenzgen. Bekterien, die ein solches Gen besitzten, sind dann Resistent gegen ein bestimmtes Antibiotikum. Kippt man also jetzt dieses Antibiotikum ins Medium, dann überleben nur die Bakterien, die eins der Plasmide aufgenommen haben und damit auch im Besitz des Resistenzgens sind.

Das war’s eigentlich. Natürlich kann noch mehr schiefgehen, und um das zu kontrollieren gibt es noch mehr Verfahren („Blau-Weiß-Selektion“, Negativ-Selektion" usw), aber das sprecngt den Rahmen.

Ich hoffe, das hat etwas geholfen,

LG
Jochen

Wow!!! Vielen lieben Dank euch beiden, das ging ja ruckzuck!!! Jetzt erscheint mir das alles in einem ganz anderem Licht :smile:)
Danke, danke, danke!
Arni