Genus - Sexus (dt., engl.)

Hallo,

als Unterthema ist in einem andere Thread ist folgende Strittigkeit aufgetaucht (ich nenne die Autorin nicht, weil ich nicht weiß, ob sie es will; Text angepasst und gekürzt), die dort aber nicht mehr diskutiert werden kann, weil die Forenstruktur alles völlig unübersichtlich macht:

[quote] [quote]
Sexus, natural gender, biological gender sind weitgehend Synonyme.
[/quote]

Das sind sie nicht, darauf zielte mein Post implizit ab. Das lernt man im Einführungskurs Sprachwissenschaft in der Anglistik, weil es da zentral ist … Deutsch hat grammatisches Geschlecht, denn es flektiert ihre Substantive (und Adjektive, und Demonstrativpronomina etc.). Darüber hinaus hat es auch natürliches Geschlecht, was sich auf die Kasusendungen nicht auswirkt.
Englisch hat kein grammatisches Geschlecht. Es hat aber ein natürliches Geschlecht.
(Alles grob vereinfacht, ich hab zB die Auswahlregeln für Pronomina ausgelassen)
[/quote]

Ich bin verwirrt und bitte um Klärung.

  1. Wenn man von Feinheiten und dem sex-gender-Zusammenhang gänzlich absieht, der im Feminismus (linguistisch) diskutiert wird, sind dann Sexus, „natural gender“ und „biological gender“ nicht weitgehend dasselbe und meinen das „natürliche Geschlecht“ in Gegensatz zum „grammatischen Geschlecht“?

  2. Eigentliche Fragestellung: Das Englische hat ihr Substantivgenus abgeschafft und alles Genus in die Pronomina zurückgedrängt (zu sagen, das Englische habe kein grammatisches Geschlecht, erscheint mir deshalb von Grund auf falsch).
    Ich sehe das entsprechend als eine Frage der Entwicklung des Genussystems, nicht des „natürlichen Geschlechts“. Natürlich herrscht im Englischen bei Menschen weitgehend Sexus-Genus-Korrespondenz, wie im Deutschen fast ausnahmslos auch, aber damit hat es sich auch schon.
    Sehe ich das denn tatsächlich falsch?
    Wenn ja, warum?

Danke und Gruß
F.

Hallo

Das ist in meinen Augen eine unzulässige Verquickung zweier Kategorien, nämlich einerseits Flexion bzw. Flexionsklassen und andererseits grammatisches Geschlecht.

Flexionsklassen können vielleicht teilweise historisch auf Genusunterscheidungen zurückgeführt werden (im Lateinischen a- vs. o-Deklination), aber das darf man bei synchroner Betrachtung nicht einfach durcheinanderwerfen.

Außerdem gibt es flektierende Sprachen, die definitiv kein grammatisches Geschlecht haben (zum Beispiel Finnisch und Ungarisch).

-panoramix-

Hi,

du darfst mich nennen.

Genus und Sexus sind zwei verschiedene Dinge. Linguistische Fachliteratur für jegliche Sporachwissenschaft hilft dir dabei, das zu verstehen.
Verwirrend ist es nur, weil bei Sprachen wie dem Deutschen die Frau und die Tür beide weiblich sind - aber nur eine auch gleichzeitig biologisch weiblich ist.

die Franzi

Der Einwand des Ursprungsartikels von Frenzi (im anderen Thread) :

Sexus, natural gender, biological gender sind weitgehend Synonyme.

Das sind sie nicht, darauf zielte mein Post implizit ab.

scheint mir auf Sexus vs. Genus bezogen zu sein, nicht auf natural vs. biological. Denn auf den Unterschied natural vs. grammatical bezieht sich ja ihre weitere Argumentation. Nicht auf einen Unterschied natural vs. biological.

Aber abgesehen davon verstehe ich dein „weitgehend“ nicht: Gibt es einen Kontext, in dem die Ausdrücke „natürliches“ und „biologisches“ Geschlecht etwas Verschiedenes bedeuten? Außer eben, daß nur der erstere zum grammatischen Vokabular gehört?

Und weiter dürfte das:

Deutsch hat grammatisches Geschlecht, denn es flektiert ihre seine Substantive (und Adjektive, und Demonstrativpronomina etc.).

elliptisch gesagt sein. Zu ergänzen wäre: „… denn es flektiert seine Substantive in genus-spezifischer Form“.

Zu sagen „von Grund auf falsch“ halte ich für von Grund auf falsch. Der Terminus „grammatical gender“ bezieht sich auf Substantive, und in Folge dann ggf. auf pronominale Ergänzungen. Und das modern english hat halt grammatical gender nur noch in anaphorischen und kataphorischen Personal- und Possessivpronomen erhalten:
Before she arrived, I got Ann’s letter
Before Ann arrived, I got her letter
I got her letter before Ann arrived.
I got Ann’s letter before she arrived.-

Der Rest besteht nur in Ausnahmen einiger Wörter mit inhärentem Genus („King/Queen“) bzw. mit einer fem. Endung (actoractress), die aus dem lat. „-ix“ geerbt ist (actoractrix)

Gruß
Metapher

Lies doch oben oder im anderen Thread, welche Synonyme zum Sexus ich angeführt habe.
Da ist Genus nicht genannt.
Natürlich sind das grundverschiedene Dinge.

Ich finde das gar nicht verwirrend.
Beide haben ein feminines Genus, nur einer der Begriffe ist auch durch einen Sexus markiert.
So weit so banal.

Was mich verwirrt ist, was du mir offenbar sagen willst. Auf den ersten Blick erscheint mir das schlicht falsch, andererseits zweifle ich, ob ich dich nicht falsch verstehe.

Ich zitiere zwei Textpassagen, denen ich beide zustimme. Daran kann man vielleicht besser festmachen, was du anders siehst:

https://www.deutschplus.net/pages/Genus_der_Nomen

und

.

Der Unterschied zwischen dem Englischen und dem Deutschen ist m.E. daher kein grundlegender, sondern schlicht der, dass das Englische das Genussystem (fast) so reduziert hat, dass nur noch derjenige Teil (und nur noch in den Pronomina) vorhanden ist, der im Deutschen (und in vielen anderen Sprachen auch) ganz genauso vorhanden ist, nämlich der Teil, bei dem grammatische Geschlecht an das natürliche Geschlecht gebunden ist.
Das hast du im Deutschen wie im Englischen, nur dass im Deutschen zusätzlich ein weiterer Teil grammatisches Geschlecht besteht, der nicht an das natürliche Geschlecht gebunden ist.

Ich verstehe aber, wenn man einen strikt synchronen Blick auf das Englische wirft (also die Sprachentwicklung des Englischen außen vor lässt), dass man zu dem Schluss kommt, das Englische habe nur „natürliches Geschlecht“. Das finde ich aber schlicht falsch, wenn man Sprachsysteme betrachtet. Aus didaktischen Gründen mag diese Sichtweise sicher sinnvoll sein.

Unsere Diskussion hat begonnen, indem du das Englische angeführt hast als Beleg für die Falschheit meiner Aussage, das grammatische Geschlecht habe sich in den indogermanischen Sprachen von der Naturabbildung weitgehend abgelöst.
Das ist aber selbstverständlich auch im Englischen der Fall, was man durch den Blick auf das Altenglische unmittelbar sieht. Das moderne Englisch ist ja kein Rückgang hinter das Altenglische, sondern Folge einer weit fortgeschritten Genus-Reduktion seither.

Samma jetz beinand?

Gruß
F.

Das „weitgehend“ habe ich eigentlich nur eingefügt, um nicht auf vollständige Synonymität der beiden Begriffe festlegen zu müssen, die eh Franzis Begriffe waren, die ich nur aufgenommen habe.
Ich sehe schon Unterschiede (z.B. ist das juristische Geschlecht durchaus ein „natürliches Geschlecht“ in diesem linguistischen Sinn, aber kein biologisches Geschlecht), aber das ist m.E. ein völliges Nebengleis.

Es geht ja um Franzis Aussage, „Englisch hat kein grammatisches Geschlecht“.
Die Aussage ist entweder korrekt oder falsch, das „von Grund auf“ war ein unnötiger Zusatz von mir.
Dass das Englische das Substantivgenus reduziert hat, ist ja völlig unstrittig.
Wenn ihre Aussage nur darauf bezogen war, stimme ich zu.
Ihr Punkt scheint aber ein deutlich weiter gehender gewesen zu sein (siehe meine Antwort an sie hier in diesem Thread).

Gruß
F.

Das ist klar.
Geschlecht ist nur eine Kategorie der Flexion neben anderen.
Insofern kann es natürlich flektierende Sprachen ohne Genussystem geben.

Gruß
F.

Hi,

Nein. Grammatisches und natürliches Geschlecht sind nicht das gleiche. Auch dann nicht, wenn eine Sprache mal beide hätte und jetzt nicht mehr. Und auch wenn sich das eine vor Jahrtausenden aus dem anderen entwickelt hat, sind es nun zwei verschiedene Dinge. Genauso, wie Vögel keine Dinosaurier sind, auch wenn sie ihre Nachfahren sind, und Genauso, wie wir keine Affen und Hunde keine Wölfe sind.
Daran ändert auch der perspektivwechsel von diachronen auf synchrone Sprachwissenschaft nichts, weil es zwei verschiedene Kisten sind. Vielleicht hilft das: natural gender enthält auch lexikalische information, also Information über die Welt, über ein Bezeichnetes, auf das sich das Zeichen bezieht. Grammatical Gender enthält ausschließlich grammatische Information, also Informationen über die Beziehung der Zeichen zueinander.
Wir sprechen hier nicht über meine persönliche Ansicht, sondern über den Stand der Sprachwissenschaft. Und auch da ist es kein neumodischer Firlefanz, sondern gesicherter Kenntnisstand.

Die Franzi

Natürlich nicht!
Das ist doch das, was ich die ganze Zeit sage!

Wir reden offenbar endlos aneinander vorbei bei diesem Thema.
Lass wir es an dem Punkt einfach stehen; aus diesem Missverständnis kommen wir nicht mehr raus.

Gruß
F.

1 Like

Hi,

deswegen verstehe ich dich so, wie ich dich verstehe. Sie sind nicht aneinander gebunden oder sonstwas. Das grammatische Geschlecht existiert nicht einmal in der englischen Sprache

die Franzi