Hallo Michael !
Dazu ein Ausschnitt aus einem Artikel, der im September 2000 in Spektrum der Wissenschaft unter dem Titel „Unmöglichkeitsbeweise“ erschienen ist:
Geometrische Konstruktionen
Ähnliche Unmöglichkeitsbeweise findet man auf einem Gebiet, auf dem sich die Amateure gerne tummeln: der Konstruktion geometrischer Figuren. Bei den klassischen Aufgaben dürfen nur ein unmarkiertes Lineal und ein Zirkel verwendet werden. Gewisse Punkte sind vorgegeben; neue Punkte erhält man als Schnittpunkte von Geraden oder Kreisen. Jede Gerade muss bereits konstruierte Punkte verbinden, und jeder Kreise muss seinen Mittelpunkt in einem bekannten Punkt haben und durch einen bereits gegebenen Punkt gehen.
Welche mathematischen Probleme lassen sich durch solche Konstruktionen lösen? Zum Beispiel kann man eine Strecke in eine beliebig vorgegebene Anzahl gleicher Teilstrecken zerlegen. Oder einen gegebenen Winkel halbieren und durch n-malige Wiederholung dieser Aktion einen Winkel in 2n gleiche Winkel teilen. Oder reguläre Vielecke mit 3, 4, 5, 6, 8, 10 und 12 Seiten konstruieren. All dies ist seit den Zeiten des Euklid (um 300 vor Christus) wohl bekannt. Aber die folgenden zwei Jahrtausende lang versuchten viele Mathematiker, drei notorische Probleme zu lösen, an denen die Griechen gescheitert waren:
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einen Würfel zu konstruieren, dessen Volumen doppelt so groß ist wie das Volumen eines vorgegebenen Würfels („Verdopplung der Würfels“),
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einen Winkel in drei gleichgroße Winkel zu teilen („Dreiteilung des Winkels“) sowie
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ein Quadrat zu konstruieren, das den gleichen Flächeninhalt hat wie ein vorgegebener Kreis („Quadratur des Kreises“).
Heute wissen wir, warum all die jahrtausendelangen Bemühungen nichts fruchteten: Alle drei Aufgaben sind mit Zirkel und Lineal unlösbar.
Tiefere Gemeinsamkeiten
Wir suchen, wohlgemerkt, exakte Lösungen. Näherungskonstruktionen beliebiger Genauigkeit sind nicht schwer. Außerdem dürfen keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet werden. Schon wenn man das Lineal markieren darf, kann man den Winkel leicht dritteln.
Wie sieht die Invariante für Konstruktionen mit Zirkel und Lineal aus? Jede solche Konstruktion kann man durch Koordinaten darstellen; jeder Schritt entspricht der Berechnung einer Reihe von Zahlen - der Koordinaten des neu konstruierten Punktes. Diese hängen mit den bereits bekannten über Gleichungen ersten oder zweiten Grades zusammen (ersten Grades für den Schnittpunkt zweier Geraden, zweiten Grades, wenn ein Kreis beteiligt ist). Das bedeutet, dass der „Grad“ eines jeden konstruierten Punktes (der kleinste Grad einer Gleichung, deren Lösung er ist); eine Zweierpotenz ist. Dies ist die einfachste Invariante für Konstruktionen mit Zirkel und Lineal; sie reicht bereits aus, um die Unmöglichkeit der Lösung der drei angegebenen Probleme zu beweisen.
Den Würfel zu verdoppeln bedeutet, die Lösung der Gleichung x^3 - 2 = 0 zu konstruieren, aber das ist eine Gleichung dritten Grades. Da 3 keine Potenz von 2 ist, kann die Verdopplung des Würfels allein mit Zirkel und Lineal nicht gelingen. Auch die Dreiteilung des Winkels ist äquivalent zur Lösung einer Gleichung dritten Grades. Das folgt aus der Formel cos 3x = 4(cos x)^3 - 3 cos x. Also lässt sich auch dieses Problem nicht lösen.
Die Quadratur des Kreises bedeutet eine Gleichung zweiten Grades mit rationalen Koeffizienten zu finden, deren Lösung Pi ist. Nach einem Satz, den Ferdinand Lindemann im 19. Jahrhundert bewiesen hat, erfüllt aber Pi keine solche Gleichung, weil es sich nicht durch eine endliche Folge arithmetischer Operationen ausdrücken lässt.
Nun wissen wir also: Es ist eine reine Zeitverschwendung, diese Probleme allein mit einem unmarkierten Lineal und einem Zirkel lösen zu wollen. Leider hält das manche Fanatiker nicht davon ab, es dennoch immer wieder zu probieren. Underwood Dudley, Mathematikprofessor an der DePauw-Universität in Greencastle (Indiana), hat eine beeindruckende Sammlung solcher Bemühungen zusammengetragen. Das Traurigste ist: Die Unmöglichkeit der klassischen Winkeldreiteilung ist so offensichtlich wie die Tatsache, dass 3 keine Zweierpotenz ist; aber das hält viele Leute nicht davon ab, Jahre ihres Lebens für die Suche nach einem Phantom zu verschwenden.
Sollten Sie der Überzeugung sein, eine Winkeldreiteilung gefunden zu haben: Schicken Sie sie nicht mir, aus den angeführten Gründen, sondern an Woody Dudley, der sie sammelt. Aber ich wäre interessiert an raffinierten Geräten zur Winkeldreiteilung oder an schönen Näherungskonstruktionen - denn ich weiß, dass solche möglich sind.
mfg
Christof
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