Geothermische tiefenstufe

warum wir die waermeenergie, die richtung " unten" vorhanden ist, nicht genutzt?
ist das nur in laendern wie island wirtschaftlich?
ist das technisch sehr aufwendig, waerme nach „oben“ zu foerdern?
gibt es evtl. knallharte wirtschaftliche/politische bremsen, dieses thema nicht weiter zu verfolgen?

als „klein-fritzchen“ weiss ich, dass waerme richtung " unten" unbegrenzt vorhanden ist, wo ist also das problem, diese energie zu nutzen?
gruss
khs

Tach,
der technische Aufwand hängt mit dem geothermischen Gradienten zusammenen. Dieser Gradient gibt die Zunahme der Wärme in der Erdkruste an und liegt normalerweise bei ca. 3°C/100m.
In Gebieten mit junger vulkanischer Aktivität ist er höher, auf sehr alten Krustengebieten niedriger.
Die Erdwärme wird, wenn sie genutzt wird, über Wasser transportiert, d.h. Wasser wird ins Bohrloch gepunpt und der entstehende Wasserdampf treibt eine Turbine an. Bei „normalem“ geothermischen Gradienten wäre also eine knapp 7000m Tiefe Bohrung notwendig, um Wasserdampf erzeugen zu können (die Strompoduktion lohnt erst, wenn TEmperaturen vonn 200°C erreicht werden). Abgesehen von den Bohrkosten wird es bei solchen Tiefen auch schwierig, das Wasser nach unten zu pumpen.
In Gebieten mir wentlich höherem geothermische Gradienten genügen oft schon um 1000 Meter tiefe Bohrungen, was den tech. Aufwand und damit die Kosten erheblich reduziert.

Links dazu:
http://www.geothermal-energy.ch/
http://www.swr-online.de/sonde/archiv/04-12-99/erdwa…

gruß

andreas

MOD:
http:// nachgetragen
-mike-

warum wir die waermeenergie, die richtung " unten" vorhanden
ist, nicht genutzt?

Es ist ja nicht so, daß sie überhaupt nicht genutzt wird. In Neubrandenburg wird beispeilsweise seit den 80er Jahren ein ganzes Stadviertel mit Erdwärme beheizt.

Das Problem besteht darin, daß man die Erdwärme in Deutschland zwar gut zum heizen, aber nicht zur Elektroenergieerzeugung nutzen kann. Dafür braucht man nämlich nicht nur heißes Wasser, sondern Wasserdampf und den in sehr großen Mengen. Dafür müßte man bei uns in etlichen Kilometern Tiefe große Hohlräume erzeugen, in die Wasser hineingepreßt wird (hot-dry-rock-Verfahren). Das ist aber vollkommen unwirtschaftlich, weil die Anfangsinvestitionen viel größer sind, als der Gewinn, den ein derartiges geothermisches Kraftwerk in seiner kurzen Standzeit (die geschaffenen Hohlräume kühlen sehr schnell ab) erwirtschaften könnte.

Zum Heizen würde sich die Erdwärme zwar lohnen, aber dem steht die freie Marktwirtschaft entgegen. Die Anfangsinvestitionen sind nämlich so hoch, daß ein großangelegtes Projekt dieser Art zum Konkursrisiko wird. In der DDR hatte man da weniger Probleme, da Geothermische Anlagen, wie die in Neubrandenburg in der Planwirtschaft ohne Rücksicht auf die Marktsituation errichtet werden konnten. Die Firma, die diese Arbeiten durchführte (Geothermie Neubrandenburg GmbH - ehemals VEB Geothermie) konnte also munter drauf loswirtschaften, ohne sich um die Konkurrenz oder die Finanzierung Sorgen zu machen. Heute läuft das Ganze nur noch über vergleichsweise bescheidene Subventionen, so daß geothermische Firmen sehr viel kleine Brötchen backen müssen, wenn sie nicht Kopf und Kragen riskieren wollen.

Hinzu kommt, daß nicht so viel Wärmeenergie benötigt wird, daß sich der Bau einer großen geothermischen Anlage lohnt. In den meisten Ballungszentren fällt ein Großteil der benötigten Wärme als Abwärme in Großkraftwerken an (Kraft-Wärme-Kopplung) und isolierte Verbraucher könnten ohnehin nicht an eine derartige Anlage angeschlossen werden. Mit den gesetzlichen Releungen zur Wärmedämmung von Wohnhäusern hat sich der Wärmeverbrauch zusätzlich reduziert.

Kurz und knapp:

Geothermische Elektroenergieerzeugung ist in Deutschland mangels natürlicher Dampfquellen unwirtschaftlich und für geothermische Wärmegewinnung besteht zu wenig Bedarf, als daß sich eine großangelegte Erschließung lohnen würde.

Hallo MrStupid,

Prinzipiell kann man in der Geothermie zwischen Tiefer und Obenflächennaher Geothemie unterscheiden. Bei ersterer steht Stromerzeugung im Vordergrund (aber nicht nur), bei letzterer geht es eher um Gebäudeheizung/-kühlung und Brauchwasseraufbereitung.

Das Hot-Dry-Rock-Verfahren wird seit einigen Jahren im Elsass in einem Großprojekt untersucht und deine Ansichten zur Wirtschaftlichkeit wird man dort wohl nicht unbedingt teilen…:wink:

Für Gebäudeheizung/-kühlung hat sich die Oberflächennahe Geothermie mit Erdwärmesonden/-kollektoren, Energiebrunnen, Tunnelwärme etc. bewährt. Finanziell ist das sehr wohl attraktiv, eine durchschnittliche Heizanlage incl. Wärmepumpen und Sonden kostet für ein 1-Familienhaus (je nach Geologie) ca. DM20.000 bis DM 30.000. An laufenden Kosten fällt dann noch der Strom für die Wärmepumpe an (ca. DM2,50 pro Jahr und m² beheizte Fläche). Verglichen mit anderen Energieträgern bewegt sich das durchaus im Rahmen, einen Kostenvergleich (Amortisation) kann man sich bei http://www.ochsner.de erstellen lassen.

Pro Jahr haben Erdwärmesondenanlagen Zuwächse bei Neuinstallationen um 20% aufzuweisen (wenn ich mich nicht irre, wurden 1998 in Deutschland ca. 6000-7000 Anlagen gebaut), in der Schweiz werden derzeit 75% aller privaten Neubauten mit Erdwärmeheizanlagen ausgestattet.

Bekannte Projekte mit Nutzung oberflächennaher Geothermie sind z.B. das Kunsthaus in Bregenz, der neue Reichstag in Berlin (hier wird sogar Wärme/Kalte im Untergrund eingespeichert), die Neue Deutesche Landesbank Hannover (500 kW Leistung) etc.

Eine sehr informative Homepage zu dem Thema findet sich unter http://www.geothermie.de, weitere Infos zur Oberflächennahen Geothermie gibt´s bei http://www.ulrich-geothermie.de

Liebe Grüße,
Thomas

Das Hot-Dry-Rock-Verfahren wird seit einigen Jahren im Elsass
in einem Großprojekt untersucht und deine Ansichten zur
Wirtschaftlichkeit wird man dort wohl nicht unbedingt
teilen…:wink:

Wie mag diese Einschränkung von der Höhe der Subventionen abhängen?

Für Gebäudeheizung/-kühlung hat sich die Oberflächennahe
Geothermie mit Erdwärmesonden/-kollektoren, Energiebrunnen,
Tunnelwärme etc. bewährt.

Ich habe mir erlaubt diesen Bereich nicht zur Erdwärmenutzuzng zu zählen, weil es sich dabei in Wirklichkeit um solarthermische Anlagen handelt. Das Erdreich in dem die Wärmetauscher liegen wird nämlich nicht durch Wärme aus dem Erdinneren, sondern durch das Sonnelicht oder die vom Sonnelicht erwärmte Luft erhitzt.

Hi MrStupid,

Wie mag diese Einschränkung von der Höhe der Subventionen
abhängen?

Gar nicht…ich gebe bloß zu bedenken, dass es ganz offensichtlich jemanden geben muß, der deine Ansicht in dieser Angelegenheit nicht teilt…und ich meine das völlig wertfrei, tendiere aber auch dazu, dass das Ganze zu heutigen Energieerzeugungspreisen eher unrealistisch ist.

Für Gebäudeheizung/-kühlung hat sich die Oberflächennahe
Geothermie mit Erdwärmesonden/-kollektoren, Energiebrunnen,
Tunnelwärme etc. bewährt.

Ich habe mir erlaubt diesen Bereich nicht zur Erdwärmenutzuzng
zu zählen, weil es sich dabei in Wirklichkeit um
solarthermische Anlagen handelt. Das Erdreich in dem die
Wärmetauscher liegen wird nämlich nicht durch Wärme aus dem
Erdinneren, sondern durch das Sonnelicht oder die vom
Sonnelicht erwärmte Luft erhitzt.

Die einzige Definition für Erdwärme, die mir geläufig ist, stammt aus der VDI 4640 (Teil 1, 1998) und lautet: „Geothermische Energie ist in Form von Wärme gespeicherte Energie unterhalb der Oberfläche der festen Erde (Syn.: Erdwärme).“

In der Literatur wird der Tiefenbereich, bis in den Effekte durch die Sonneneinwirkung messbar sind, mit ca. 15 m angegeben. Mit der Tiefe ist dabei dabei der Tranport mit dem Sickerwasser zunehmend maßgeblich. Unterhalb von 20 m Tiefe geht der Beitrag der aus der Sonneneinstrahlung resultierenden Wärme i.d.R. gegen null (Kaltschmitt et al.: Energie aus Erdwärme, 1998).
Insofern beziehen Kollektoranlage (Verlegetiefe ca. 1,7-2,5 m unter GOK) natürlich wesentliche Energieanteile aus der im Erdreich eingespeicherten Sonneneinstrahlung (der Beitrag aus dem Erdinneren wird mit 65 mW/m² angegeben).

Schwieriger wird es bei den Grundwassersystemen, hier überlagern sich die verschiedenen Wärmeströme und es ist in jedem Einzelfall zu entschieden, wer nun maßgeblich an der Gesamtbilanz beteiligt ist (wenn diese Frage letzlich auch eher akademischer Natur ist).

Bei Erdwärmsonden (durchschnittliche Tiefe: 60-100 m, es gibt aber auch tiefere Systeme) ist der Wärmestrom aus dem Erdinneren der zentrale Faktor in der Gesamtbilanz (Huber, 2001). Bei Tunnelwärme bzw. bei Wärmeentzugsanlagen in ehemaligen Bergwerken ist im allgemeinen kein Einfluß der Sonneneinstrahlung mehr zu erwarten.

Gruß,
Thomas