Geräuschempfindlichkeit

Hallo und guten Tag!
Ich suche Hilfe bei einem persönlichen Problem, das zu lösen mir unmöglich erscheint und das mich mittlerweile über Gebühr belastet:
Ich bin extrem geräuschempfindlich und befinde mich auf einer permanenten Flucht vor Geräuschen. Es geht dabei ausdrücklich nicht um Alltagsgeräusche wie Rasenmäher, Autos oder Industrieanlagen. Einzig Basstöne ruinieren mir das Leben. Wenn irgendein jung gebliebener Zeitgenosse im Umkreis von ca 1 km (!) seine Stereoanlage aufdreht, steigt innerhalb Sekunden mein Blutdruck, es klopft in meinem Bauch und mir wird so schlecht, dass ich mich übergeben muss.
Ich leide deswegen unter Schlafstörungen, da sich längst der Umstand eingestellt hat, dass ich permanent darauf warte. Ich schlafe maximal 2 Stunden und das nunmehr gut 5 Jahren. Sollte ich mal am Einschlafen sein ( Trimipramin Neurax ): Ein einziges Geräusch, und es ist vorbei damit und die Nacht ist nicht mehr zu retten.
Im Winter komme ich einigermaßen klar, aber nun wird es Sommer und die Feste und Gartenpartys gehen los. Das ist für mich die Hölle!
Gibt es vielleicht ein Mitglied, dem sowas bekannt vorkommt und das mir vielleicht einen Rat geben kann? Bitte keine Ratschläge wie „Oropax nehmen“ usw! Es geht nicht um das Gehör. Ich habe praktisch eine eingebaute Stimmgabel, die diese Töne innerhalb meines Körpers verteilt und verstärkt. Ich wollte deswgen fast schonmal…
Vielen Dank fürs Lesen!

Hi

Leider wird auch dies wieder ein Ärztemarathon.

Zuerst solltest du zu einem Hals-Nasen-Ohrenarzt, der erstmal das Gehör in seiner Funktion kontrolliert. Er wird mit dir einen Hörtest machen. Dabei kommen auch Basstöne vor. Wenn du dabei „reagierst“ dann würde ich es einfach mal drauf ankommen lassen. Wird dir schlecht, sag es dem Arzt und wenn er sieht, wie es dir geht, dann wird er dich zu einem Neurologen überweisen.

Wenn der Neurologe nichts finden kann, dann erst solltest du zu einem Psychologen gehen. Erst wenn alles organische ausgeschlossen ist, kann man von einer psychischen Ursache ausgehen.

Grüße

Karana

Hallo,

tut mir echt leid, dass Du solche Probleme hast. Ob es eine brauchbare Lösung gibt, kann ich Dir leider auch nicht jetzt sagen.

Es gibt viele Ansätze für das Problem das du hast. Du bist nicht allein mit dem Problem. Es gibt einige Menschen die, auch wenn evtl. auf anderen Frequenzen, ähnlich reagieren. Dein Nachteil ist, dass es die niedrigen Frequenzen sind, die man im Ernstfall nicht einfach „auslöschen“ kann im Gegensatz zu sehr hohen Frequenzen. Da ich nicht weiss, wie das Problem angefangen hat, ist es schwierig diagnostische Tips zu geben. Du wirst sicher die normalen Test hinter Dich gebracht haben. Welche hast du bisher durchführen lassen?
Hast du einen Tinnitus? Wer hat dir die Medikamente verschrieben? Unter welcher Vorstellung wurde diese gegeben?
Ist eine BERA (brainstem evoked response audiometry) gemacht worden? Dies scheint wichtig zu sein, um genau zuordnen zu können, wie du „Töne“ verarbeitest.
War ein Pädaudiolge dabei? Es gibt eine interessante, aber schon veraltete Leitlinie zu dem Thema:
[http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/049-012_…](http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/049-012_S1_Auditive_Verarbeitungs-_und_Wahrnehmungsstoerungen AVWS 03-2005_03-2010_in_UEberarbeitung_01.pdf)

Dort stehen auch einige „Namen“ die sich mit dem Problem schon mal befasst haben.
Gerne mehr beim nächsten Mal

Anja

Hallo,

könntest Du beschreiben, wie die Entwicklung des Problems verlief?
Du bist doch sicher nicht eines morgens damit aufgewacht?

Vielleicht ist es mehr ein psychisches Problem (nicht, dass ich Dich für irre erklären will).
Vielleicht hast Du dich irgendwann sehr über laute Bässe in der Nähe geärgert und hast dich ungewollt darauf speziallisiert?

Ich hatte z.B. mal einen Schrebergarten mit unsympathischen Nachbarn, die obendrein wohl schwerhörig waren. Man konnte ihr Gerede weithin hören und es hat mich irgendwann derart genervt, dass es mir den ganzen Garten verleidet hat. Ich konnte das Gequassel nicht mehr hören!

Man kann sich in so was reinsteigern, leicht. Ev. lässt sich das von einem Psychofachmenschen auch retour bewegen.

Beispiel: an unserem Haus wurde von letzen November bis mind. jetzt gebaut, ab morgens um 7:30 geht der Lärm los.
Ich schlafe gern länger und habe mich irgendwie an den Krach genug gewöhnt, dass ich nur noch bei dauerndem Gehämmer oder Gebohre in ordentlicher Lautstärke nicht ausschlafen kann. Bei mäßigem Baulärm schlafe ich weiter, etwas unruhiger, aber es geht.

Wie stöhrend man Lärm empfindet ist jedenfalls auch eine Einstellungssache. Lärm von Unsympathen findet man immer viel schlimmer, als den Lärm der besten Freunde.

Nur mal so als Idee für einen anderen Ansatz.

Gruß, Paran

Hallo,

Ohropax wäre aber zumindest einmal eine erste Hilfe, bis man da die Ursache abgeklärt hat. Wenn man Kopfschmerzen hat, nimmt man ja auch erst einmal eine Aspirin und dann fragt man, woher die Kopfschmerzen kommen.

Du schreibst, dass du die Geräusche „mit dem Körper“ wahrnimmst. Bringen Ohropax gar keine Erleichterung? Hast du es ausprobiert? Nimm nicht die gelben aus Schaumstoff, sondern die rosanen aus Wachs. Frag einfach in der Apotheke nach den Ohropax aus Wachs, die wissen dann schon Bescheid. (Ich verreise ohne diese Dinger nicht! Und sie haben mir schon oft gute Dienste geleistet.)

Wohnst du in einem eigenen Haus oder zur Miete? Ich frage, weil auch Schallschutzfenster eine gewisse Erleichterung bringen. Es gibt diese in verschiedenen Schallschutzklassen. Wenn es die Temperaturen noch zulassen, spricht nichts dagegen, auch im Sommer bei geschlossenem Fenster zu schlafen. (Wer mag schon mitten in der Nacht aufgeweckt werden? Also ich nicht.)

Und schließlich denke ich, dass es auch eine psychische Komponente deiner Geräuschempfindlichkeit gibt. Da könnten Meditationsübungen helfen. Es könnte auch helfen, die Dinge in einen anderen Kontext zu setzen, z.B. „Wenn jetzt Krieg wäre, wäre es dann immer noch wichtig, dass ein Auto vorbeifährt?“

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man verlernen kann, bei gewissen Geräuschen so zu reagieren, wie du es beschreibst. Mir ist es immer bei diesem Alarm so gegangen, wenn sich im Nahverkerhszug der Bahn die Türen schließen - BIEP BIEP BIEP BIEP BIEP BIEP - ich weiß gar nicht mehr, wie oft der gepiepst hat, aber er hat erst aufgehört, wenn die Tür wirklich ganz zu war. Ich habe mich jedesmal darüber geärgert… Nun steige ich gleich mit einer anderen Einstellung in den Zug. Nämlich „Bahnfahren nervt zwar total, aber mit dem Auto wäre es auch nicht besser, ganz abgesehen davon würde mich ein Auto bestimmt EUR 200 pro Monat kosten. Dieses Geld spare ich mir. Außerdem kann ich während der Zugfahrt doch immer noch einige leicht verständliche Texte lesen oder etwas stricken; das geht im Auto nicht. Ich spare also viel Geld und ein wenig Zeit.“ Das dumme Gepiepse und die nervtötenden Durchsagen sind eben der Preis, den ich dafür zahlen muss.

Gut finde ich es immer noch nicht, dass die Züge diesen lauten Türalarm haben, der ja keine Unfälle verhüten kann. Niemand wird „zurückbleiben“ wenn er das hört. Die Reaktion ist doch eher, „schnell schnell gleich ist der Zug weg!“ und man sprintet erst recht los. … Aber mein Herz schlägt nicht mehr schneller. Ich habe gelernt, dieses Gepiepse zu ignorieren. Das geht wirklich, aber es ist nicht ganz einfach.

Versuch es mal. Was für einen „Vorteil“ hast du dadurch, dass du ein bestimmtes Geräusch erträgst? Kannst du dadurch vielleicht in der Stadt wohnen und bist in 20 Minuten am Arbeitsplatz, anstatt jeden Tag zwei Stunden unterwegs zu sein? Oder kostet deine Wohnung deshalb EUR 400 und nicht EUR 800 im Monat? … Such nach dem Vorteil. Was natürlich nicht heißen soll, dass du nicht mehr versuchen solltest, deine Lebensumstände zu verbessern.

Schöne Grüße

Petra

Ohropax wäre aber zumindest einmal eine erste Hilfe, bis man
da die Ursache abgeklärt hat.

Nein, wären sie nicht.

Du schreibst, dass du die Geräusche „mit dem Körper“
wahrnimmst. Bringen Ohropax gar keine Erleichterung?

Tiefe Frequenzen „hört“ man mit dem Körper. Das kennt jeder, der schon mal Bässe wenn nicht im Club, dann vom vorbei fahrenden, „rollenden Club“ im Auto in der Magengrube gespürt hat. Wobei es ganz stark von der Tonhöhe abhängt, wo man so etwas spürt. Das kann Magendrücke sein, aber auch Brummen im Ohr, an den Lippen, unter den Fußsohlen, etc.

Wohnst du in einem eigenen Haus oder zur Miete? Ich frage,
weil auch Schallschutzfenster eine gewisse Erleichterung
bringen.

Auch nur sehr bedingt! Tiefe Frequenzen lassen sich durch Schallschutzfenster NICHT aussperren. Es findet eine Übertragung der Wellen durch Wände und Boden statt. Im Gegenteil kann es je nach Lärmquelle sogar unangenehmer sein, wenn man die Fenster schließt, weil man dann nicht mehr die Gesamtheit der Lärmquelle (bspw. Musik) wahrnimmt, sondern nur noch den Körperschall.

Und schließlich denke ich, dass es auch eine psychische
Komponente deiner Geräuschempfindlichkeit gibt.

Das allerdings ist richtig. Und ich würde der UP auf jeden Fall empfehlen, unabhängig von anderen Maßnahmen, sich hier schon mal Beistand zu holen.

Völlig unabhängig davon, ob ggf. ein organisches, idealerweise behebbares Problem vorliegt und / oder sich das Problem durch Veränderung der Raumsituation lösen lässt.

Hierzu auch noch ein Hinweis an die UP (voran geschickt: Ich bin kein Physiker, habe mich nur mal aus eigener Not mit dem Thema intensiver beschäftigt. Bei konkreten Nachfragen ggf. ins Physikbrett gehen): Die Schallwellen, um die es hier geht, sind langwellig. Je nach Raum kann es im ungünstigen Fall zu so genannten stehenden Wellen kommen, die sehr unangenehm sind. Näheres dazu hier, auch mit Bildern, wie so etwas im Raum aussieht:
http://www.umweltbundesamt.de/laermprobleme/publikat…
Sollte es so sein, dass bestimmte Stellen im Raum besonders stark betroffen sind, kann man sich manchmal auch durch Umräumen behelfen.

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Hallo, liebe Mitwirkenden!

Ich möchte Euch erstmal recht herzlich für die zahlreichen Antworten auf meinen „Hilferuf“ danken. Ich war sehr überrascht, denn das hatte ich nicht erwartet.
Natürlich werde ich jede Mail individuell beantworten!
VG aus dem schönen Saarland

Hallo Petra!

Ein sehr guter Ansatz, nur: Ich wohne in einer sogenannten „ruhigen Gegend“ in einem Vorort von Saarbrücken. In unserer Straße kannst du die vorbeifahrenden Autso zählen! Auch billig ist das Haus nicht, im Gegenteil. Auf diese Art werde ich mir das Ganze nicht schmackhaft machen können, höchstens wenn ich mich frage, ob es in der Stadt noch schlimmer wäre. Leider befindet sich hinter jedem dieser schmucken Häuschen ein Garten und es scheint nieman mehr ein Stück Fleisch ( oder sonstwas ) grillen zu können, ohne sich dabei " die Drönung" zu geben. Ist leider so.
Dennoch hat dein Ansatz etwas: Es ärgert mich natürlich. Und wie!

Hallo, Karana!

Danke! Ivh werde morgen einen Termin beim HNO machen. Mal sehen, was dabei herauskoomt. Mein Gehör ist eigentlich sehr gut, aber vielleicht zeigt sich ja da eine Auffälligkeit.

Hallo Paran!

Du liegst da sicher nicht falsch. Ich hatte ein solches Problem in meiner früheren Nachbarschaft ( damals noch Mieter in einem Mehrfamilienhaus, dessen Vermieter sich einen Sch… um meine Belange als Mieter scherte ) - weshalb ich auch umzog. Umso größer ist mein Ärger, dass ich in „dieser ruhigen Gegend“ nun zunehmend wieder damit konfrontiert werde.
Wie es begann? Gute Frage! Es war irgendwann einfach da - nachdem ich mal von einer 1000 - W - Anlage des damaligen Mieters unter mir aus dem Schlaf gerissen wurde. Ich hatte damals volle 2 Tage Herzrasen.

Hallo,

wenns um Nachbarn geht: ich hatte vor langer Zeit Nachbarn über mir, die z.B. nachts um 4 anfingen Flamenko über meinem Bett zu tanzen (kein Scherz) oder, in einer anderen Nacht, gegen 3 Uhr Trompete spielten (es ist erstaunlich, wie laut so ein Instrument sein kann).
Ich saß jeweils senkrecht im Bett.

Habe deswegen glücklicherweise keine besonderen Aversionen gegen Flamenco oder Trompeten entwickelt. Aber die Nachbarn hatte ich schon ziemlich satt.

Gruß und gute Besserung, Paran