Ges:Gehaltvolles Gedicht,aber lustig muss es sein!

Hallo,

meine Tochter darf in der Schule ein Gedicht ihrer Wahl vorstellen. Während mir nur eher gehaltvolle, eher nachdenkliche Gedichte einfallen, hat sie den Wunsch ein Gedicht zu finden, das einen gewissen Humor hat, aber dennoch gehaltvoll ist. Also sozusagen „etwas hergibt“, einen tiefsinngien Hintergrund hat, der 13-Jährige eventuell sogar noch anspricht. Mir fiel Kästner ein (Entwicklung des Menschen), aber das ist noch nicht so nach ihrem Sinn…

Könnt ihr uns weiterhelfen?

Vielen Dank schon jetzt für eure Ideen!

Gruß Chris

Hallo,

wie wäre es mit Loriot? Dessen Gedichte haben meist Humor und sind in Deinem Sinne „gehaltvoll“.

Gruss

Jürgen

Hallo, Chris,
im Heinejahr was sonst als Heine!
Z.B die:

_Das Fräulein stand am Meere…
Das Fräulein stand am Meere
Und seufzte lang und bang,
Es rührte sie so sehre
Der Sonnenuntergang.

Mein Fräulein! sein Sie munter,
Das ist ein altes Stück;
Hier vorne geht sie unter
Und kehrt von hinten zurück.

Ein Jüngling liebt ein Mädchen,…
Ein Jüngling liebt ein Mädchen,
Die hat einen andern erwählt;
Der andre liebt eine andre,
Und hat sich mit dieser vermählt.

Das Mädchen heiratet aus Ärger
Den ersten besten Mann,
Der ihr in den Weg gelaufen;
Der Jüngling ist übel dran.

Es ist eine alte Geschichte,
Doch bleibt sie immer neu;
Und wem sie just passieret,
Dem bricht das Herz entzwei._

Gruß Fritz

Hallo, Christine,
danke für die Steilvorlage, die mir wieder einmal Gelegenheit gibt meinen Leib- und Magendichter Eugen Roth zu zitieren:

Ein lustiges:
Die Torte
Ein Mensch kriegt eine schöne Torte.
Drauf stehn in Zuckerguss die Worte:
„Zum heutigen Geburtstag Glück!“
Der Mensch ißt selber nicht ein Stück,
doch muss er in gewaltigen Keilen
das Wunderwerk ringsum verteilen.
Das „Glück“, das „heu“, der „Tag“ verschwindet
und als er nachts die Torte findet,
da ist der Text nur mehr ganz kurz.
Er lautet nämlich nur noch „…burts…“.
Der Mensch, zur Freude jäh entschlossen,
hat diesen Rest vergnügt genossen.

Oder ein eher nachdenkliches:

Das Haus
Ein Mensch erblickt ein neiderregend
vornehmes Haus in schönster Gegend.
Der Wunsch ergreift ihn mit Gewalt:
Genau so eines möcht er halt!
Nur dies und das, was ihn noch störte,
würd anders, wenn es ihm gehörte;
Auch wär er noch viel mehr entzückt
stünd es ein wenig vorgerückt …
Kurz, es besitzend schon im Geiste,
verändert traumhaft er das meiste.
Zum Schluss möcht er (gesagt ganz roh)
ein anderes Haus - und anderswo.

Gruß
Eckard

Erich Kästner – „Bilanz per Zufall“

Nachzulesen hier: http://homes.pmnet.uni-oldenburg.de/~dieckvos/html/e…

Kein Schenkelklopfer, das gebe ich zu.

Gruß
Christopher

Hi!

Wie wär´s mit Christian Morgenstern? Nicht wirklich gehaltvoll, aber mit viel Sprachwitz.
Vielleicht auch James Krüss, oder ist das zu kindisch?

Mein erster Gedanke war aber auch Kästner.

alien

Unbekannter Autor
Dafür fällt mir ein Gedicht ein, nach dem ich vor einiger Zeit erst selbst gefragt habe.
Es heißt: „Zum Sohne spricht der Vater“.

http://ingeb.org/Lieder/zumsohne.html/

Der Verfasser hat leider noch nicht ermittelt werden können.

Grüße

Ostlandreiter

Hallo,

vielleicht findest du auch bei Eugen Roth etwas dazu.

Gerhard

Hi,

Heinz Erhard wurde noch nicht erwähnt.

Viele Grüße
WoDi

Ringelnatz!
Hi Chris,

als ich 13 war, bin ich total auf Joachim Ringelnatz abgefahren. :smile: Oftmals komisch, manchmal auch sehr traurig, aber immer hintersinnig.

Am ehesten zutreffend auf das, was Du suchst:

_ "Morgenwonne

Ich bin so knallvergnügt erwacht.
Ich klatsche meine Hüften.
Das Wasser lockt. Die Seife lacht.
Es dürstet mich nach Lüften.

Ein schmuckes Laken macht einen Knicks
Und gratuliert mir zum Baden.
Zwei schwarze Schuhe in blankem Wichs
Betiteln mich „Euer Gnaden“.

Aus meiner tiefsten Seele zieht
Mit Nasenflügelbeben
Ein ungeheurer Appetit
Nach Frühstück und nach Leben. "

***

Ein männlicher Briefmark erlebte

Ein männlicher Briefmark erlebte
Was Schönes, bevor er klebte.
Er war von einer Prinzessin beleckt.
Da war die Liebe in ihm erweckt.

Er wollte sie wiederküssen,
Da hat er verreisen müssen.
So liebte er sie vergebens.
Das ist die Tragik des Lebens!_

***

Und mein (damaliges) Lieblingsgedicht von ihm ist dies (obwohl nicht lustig):

_" Seepferdchen

Als ich noch ein Seepferdchen war,
Im vorigen Leben,
Wie war das wonnig, wunderbar
Unter Wasser zu schweben.
In den träumenden Fluten
Wogte, wie Güte, das Haar
Der zierlichsten aller Seestuten
Die meine Geliebte war.
Wir senkten uns still oder stiegen,
Tanzten harmonisch umeinand,
Ohne Arm, ohne Bein, ohne Hand,
Wie Wolken sich in Wolken wiegen.
Sie spielte manchmal graziöses Entfliehn
Auf dass ich ihr folge, sie hasche,
Und legte mir einmal im Ansichziehn
Eierchen in die Tasche.
Sie blickte traurig und stellte sich froh,
Schnappte nach einem Wasserfloh,
Und ringelte sich
An einem Stengelchen fest und sprach so:
Ich liebe dich!
Du wieherst nicht, du äpfelst nicht,
Du trägst ein farbloses Panzerkleid
Und hast ein bekümmertes altes Gesicht,
Als wüsstest du um kommendes Leid.
Seestütchen! Schnörkelchen! Ringelnass!
Wann war wohl das?
Und wer bedauert wohl später meine restlichen Knochen?
Es ist beinahe so, dass ich weine -
Lollo hat das vertrocknete, kleine
Schmerzverkrümmte Seepferd zerbrochen."_

Hach. Schön. :smile:

Liebe Grüße,
Nike

Hallo,

Wilhelm Busch hat´s ´draufgehabt!
Und von Schobert&Black ein Limerick:
In einem Gasthaus im Elsaß
beim Mittagsmal einst Wilhelm Tell saß
Doch wegen des Eid´s mußt er rasch in die Schweiz
weswegen er auch ziemlich schnell aß.
Herbert :smile:

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Danke für die vielen tollen Ideen!

Hi,

Ein Pfadfinder aus Ehrenbreitstein
sprach: Man muss immer bereit sein.
Drauf überfuhr mit Gestampf
ihn 'ne Walze von Dampf.
Nun wird er immer sehr breit sein.

Die Frau eines Blinden in Schlehn
hatte Liebhaber, acht oder zehn.
Der Blinde schrie: Raus.
Verlasse mein Haus.
Ich kann dich nicht mehr sehn.

Ein Knabe auf den Azoren
ward ganz ohne Nase geboren.
Doch glich diesen Graus
die Natur wieder aus
und schuf ihn auch ganz ohne Ohren.

Die waren von den genialen Schobert und Black.
Bei dem hier kenne ich den Urheber nicht:

Ein Knabe aus Tehuantepec
lief auf dem Bahnhof seiner Tante weg.
Sie lief hinter ihm her,
denn sie liebte ihn sehr
und außerdem trug er ihr Handgepäck.

Und weil es so schön war und ich Wochenende habe, noch einen Schüttelreim von Jürgen von der Lippe:

Auf der Liebesreise sprach der Leibesriese: Reib es, Liese und sie rieb es leise.

Viele Grüße
WoDi

Stellst Du dann ein…
… welches Gedicht sie genommen hat?

Interessiert mich. :smile:

Liebe Grüße,
Nike