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Liebe/-r Experte/-in,

ich hab da mal ne Frage!
Aristoteles beschreibt in der „Politik“ seine Auffassung von der Tyran­nis als Staatsform und prägt damit einen Begriff, den er chronistisch auf die Ver­gangenheit legt. Er beschreibt im 4 Jhd. eine Staatsform, die bei ihm negativ dargestellt wird und benutzt dann diesen Begriff zur Beschreibung der Ty­rannen im 6 und 7 Jhd. Diese haben sich jedoch selber nicht so genannt oder gesehen.

Fragen
Auf wen passt denn sein Tyrannbegriff (vorallem in der zeit durch die er geprägt ist?
Wodurch ist sein negatives Bild geprägt?
Wie waren die Tyrannen die er beschreibt wirklich?

danke im Vorraus! ich bin auch für jeden literatur Hinweis dankbar

Hallo,

also der Begriff des Tyrannen war bereits vor Aristoteles im 7. und 6. Jahrhundert gebräuchlich; allerdings benutzte man ihn in einem ganz neutralen Sinn als Bezeichnung für einen Herrscher, der ohne Legitimation die Alleinherrschaft in einer Polis an sich reist.
Mit der zunehmnenden Demokratisierung Athens, v.a. im 5. und 4. Jahrhundert wurde der Begriff dann verstärkt mit einem negativen Sinn besetzt, wobei dies nicht erst mit Aristoteles geschah, auch sein Lehrer Platon prägte den Tyrannenbegriff negativ: zum einen als entartete Form der Monarchie, aber auch als Gegenbild zur Demokratie.
Vor dem Hintergrund der athenischen Demokratie lässt sich vermutlich auch erklären, wie es zu diesem negativen Bild kam (das ja in Athen geprägt wurde): zum einen ist hier die Tatsache, dass ein Tyrann alleine regierte, was einem Bürger Athens im 5./4. Jahrhundert zutiefst zuwider war, immerhin waren die Athener stolz auf ihre Herrschaft des Volkes (mit der ja auch die Tyrannen-Zeit in Athen beendet wurde). Zum anderen spielte hier wohl auch die Erfahrung der sog. „30 Tyrannen“ eine Rolle, die Athen für etwa ein Jahr nach dessen Niederlage im Peleponnesischen Krieg beherrschten und ein wohl recht grausames Regime führten.
Inwieweit Aristoteles in seinem Wekr jetzt den Tyrannenbegriff seiner Zeit auf das 6./7. Jahrhundert überträgt, kann ich nicht sagen; ich denke, dass sein Tyrannenbegriff durch die Erfahrung der 30 Tyrannen geprägt ist und als Kontrast zur Demokratie zu sehen ist, wobei man sein Werk „Politik“ sicherlich auch im Kontext seiner philosophischen Lehre betrachten muss.

Was jetzt die Tyrannen im 6./7. Jarhundert betrifft, muss man da etwas vorsichtig sein, denn vieles was von diesen überliefert wird, ist geprägt durch die demokratische Sichtweise der Athener… die Tyrannis dieser Zeit hatte auch in jeder Polis andere Auswirkungen und waren oftmals das Resultat von Adelskämpfen, wobei die Tyrannen oft auch nur wenige Generationen überdauerten, ehe andere Adelige diese absetzten und eine Aristokratie oder Oligarchie errichteten, aus denen dann unter Umständen wieder eine Tyrannis entstand. Sicherlich hatten diese Tyrannen ein erhöhtes Selbstschutzbedürfnis, mussten sie doch damit rechnen, dass andere Adelige gegen sie rebellierten… dass diese nun so grausam waren, wie wir das heute mit einem Tyrannen verbinden, kann man sicherlich nicht von allen behaupten; sicherlich gab es einige, die sich mit Gewalt an der Macht halten wollten, aber inwiefern das für alle galt, kann ich nicht sagen. Was ich hier noch anmerken kann ist, dass viele Tyrannen sich oft als Förderer religiöser Feste, Spiele und Wettkämpfe jeglicher Art betätigten.

Noch einen Hinweis zur Literatur: spontan fällt mir zu dem Thema jetzt kein Standard-Werk ein, es gibt aber über die Zeit der Tyrannis und des Aristoteles (frühes bzw. archisches Griechenland, Klassische Zeit) mehrere Überblickswerke, die dann auch weiterführende Literatur verweisen, z.B. in der Reihe OGG (Oldernburger Grundriss der Geschichte).

So, hoffentlich konnte ich dir erstmal weiter helfen. Falls noch Fragen sind, einfach melden! :wink:

lg

vielen dank für die ausführliche Antwort! das hilft mir erstmal weiter!!!

Hallo,

dazu fällt mir leider nichts ein. Ein Versuch, mit Google und „Aristoteles politik tyrannis“ könnte sicher Ergebnisse bringen, die weiterhelfen.

Viele Grüße
Junkies

Hallo Armin,
tut mir leid, dafür bin ich kein Experte. Du solltest einen Philologenn fragen, keinen Historiker
Gruß
Joachim

Aristoteles’ Politeia ist eine theoretische Schrift und beschreibt in dem von dir angesprochenen Kapitel allgemein seine Auffassung von den verschiedenen Staatsformen. Die einzige Stelle, an der Aristoteles in die Vergangenheit geht und einen bestimmten Tyrannen meint, ist das Kapitel, das sich mit dem Herrschaftserhalt beschäftigt. Der betreffende Tyrann ist Periander von Korinth.

MFG
Xeno

Da würde ich gern weiterhelfen, aber das weiß ich leider auch nicht. Mit Aristoteles habe ich mich noch nicht befasst.

Schade, dass ich nicht helfen konnte.

Hallo,
Tyrannis Rex oder was?
gerviksch

Guten Tag,

Guten Tag,

Lieber Armin,
habe leider im Moment wenig Zeit,kann Dir aber das Wesentliche jetzt kurz sagen. Die Regierungsform der griech. Diktatur war nicht grundsätzlich etwas Negatives (übrigens hatten auch die Römer „dictatores“, es waren in Notzeiten berufene Heerführer mit zeitl. begrenzter unumschränkter Gewalt, z.B. Cinncinatus).In Griechenland gab es durchaus auch segensreiche Diktatoren, wie z.B. Peisistratos,dessen nachfolgende Söhne dann aber verjagt wurden.
Durch die Reformen des Solon, dann Kleisthenes wurde dann allmählich die griechische Demokratie eingeführt-Höhepunkt um 450 v.Chr. unter Perikles.
Der Begriff Diktator als Negativum entstand erst später.Solche Begriffsverschiebungen gibts es viele, z.B. Demagoge war in Giechenland der Volksführer, heute der Volksverführer etc.
Hoffe es hilft Dir etwas.
Grüsse
Hamiko

Lieber Armin,
von den bisher eingetroffenen Antworten geht eigentlich nur die von Hamico angemessen auf das Thema ein. Dabei setzt sie einem modernen Verständnis entsprechend, Tyrannen es gleich mit Diktatur. Letzteres ist leichter zu erklären, denn es istt ein Begriff der in der altrömischen Verfassung klar definiert ist: In der römischen Republik wurde ein Dictator gewählt, wenn die Consuln einem kriegerischen Problem nicht gewachsen waren. Die Dictatur war streng auf ein halbes Jahr befristet. In dieser Zeit hatte der Dictator die absolute Befehlsgewalt im Heer. Anschließend trat er zurück und überließ dem Senat und den Consuln wieder die Herrschaft. Caesar war also im römischen Sinn kein Diktator (allerdings in im heutigen Sinne schon). Er vermied diesen Begriff, für seine eigene Stellung ebenso wie den Begriff König oder Tyrann. Beide waren negativ konnotiert. Das war auch schon seit den Griechen der klassischen Zeit so. Die negative Bewertung der Tyrannis wird bis heute aber vor allem von Platon, Aristoteles und Polybios bestimmt. Aristoteles legt den Maßstab der politischen Theorie und persönlicher Erlebnisse im 4. Jahrhundert v. Chr. an das Herrschaftsphänomen an. Aus seiner Perspektive ist die Tyrannis eine absolute Herrschaft, die die überkommene Ordnung und die überkommenen Gesetze sprengt und allein dem persönlichen Willen des Herrschers gehorcht. Er greift den bereits bekannten Begriff auf, um ihn in seiner Staatslehre zu definieren.
Der Begriff war deshalb negativ belegt, weil er von Gegnern der Tyrannen, nämlich Geschichtsschreibern geprägt wurde, die Anhänger der athletischen „Demokratie“ waren.
Die Athener leiteten ihre demokratische Verfassung von der Vertreibung der Söhne des Peisistratos, Hippias und Hipparch. (Hipparch wurde ermordet, und die Athener stellten den Tyrannenmördern sogar ein Denkmal auf. (Interessant hier in der Wikipedia der Artikel „Tyrannenmörder“. Für die Athener galt die Demokratie und für andere Länder (Sparta, Ägypten) das Königtum als legitime Herrschaftsform. Der bekannteste Tyrannen der bekannteste Tyrannen nahmen in unserer Zeit war Dionysius I. durch Schillers Gedicht Die Bürgschaft: "Zu Dionys dem Tyrannen schlich…“
Dionysios I. steht ein recht ausführlicher Artikel in der Wikipedia, der auch die wichtigste Literatur nennt.
Ein weiterer Artikel der Wikipedia gibt auch Auskunft über das griechische Wort Tyrannis und seine Bewertung in der griechischen Antike.
Frank R.H. Fischer

Lieber Armin,
es tut mir leid. Ich lese gerade, dass mein vor längerer Zeit verfasster Artikrl nicht abgeschickt wurde. Ich ende ihn jetzt noch einmal. Vielleicht kannst Du ihn ja noch brauchen:
von den bisher eingetroffenen Antworten geht eigentlich nur die von Hamico angemessen auf das Thema ein. Dabei setzt sie einem modernen Verständnis entsprechend, Tyrannen es gleich mit Diktatur. Letzteres ist leichter zu erklären, denn es istt ein Begriff der in der altrömischen Verfassung klar definiert ist: In der römischen Republik wurde ein Dictator gewählt, wenn die Consuln einem kriegerischen Problem nicht gewachsen waren. Die Dictatur war streng auf ein halbes Jahr befristet. In dieser Zeit hatte der Dictator die absolute Befehlsgewalt im Heer. Anschließend trat er zurück und überließ dem Senat und den Consuln wieder die Herrschaft. Caesar war also im römischen Sinn kein Diktator (allerdings in im heutigen Sinne schon). Er vermied diesen Begriff, für seine eigene Stellung ebenso wie den Begriff König oder Tyrann. Beide waren negativ konnotiert. Das war auch schon seit den Griechen der klassischen Zeit so. Die negative Bewertung der Tyrannis wird bis heute aber vor allem von Platon, Aristoteles und Polybios bestimmt. Aristoteles legt den Maßstab der politischen Theorie und persönlicher Erlebnisse im 4. Jahrhundert v. Chr. an das Herrschaftsphänomen an. Aus seiner Perspektive ist die Tyrannis eine absolute Herrschaft, die die überkommene Ordnung und die überkommenen Gesetze sprengt und allein dem persönlichen Willen des Herrschers gehorcht. Er greift den bereits bekannten Begriff auf, um ihn in seiner Staatslehre zu definieren.
Der Begriff war deshalb negativ belegt, weil er von Gegnern der Tyrannen, nämlich Geschichtsschreibern geprägt wurde, die Anhänger der athletischen „Demokratie“ waren.
Die Athener leiteten ihre demokratische Verfassung von der Vertreibung der Söhne des Peisistratos, Hippias und Hipparch. (Hipparch wurde ermordet, und die Athener stellten den Tyrannenmördern sogar ein Denkmal auf. (Interessant hier in der Wikipedia der Artikel „Tyrannenmörder“. Für die Athener galt die Demokratie und für andere Länder (Sparta, Ägypten) das Königtum als legitime Herrschaftsform. Der bekannteste Tyrannen der bekannteste Tyrannen nahmen in unserer Zeit war Dionysius I. durch Schillers Gedicht Die Bürgschaft: "Zu Dionys dem Tyrannen schlich…“
Dionysios I. steht ein recht ausführlicher Artikel in der Wikipedia, der auch die wichtigste Literatur nennt.
Ein weiterer Artikel der Wikipedia gibt auch Auskunft über das griechische Wort Tyrannis und seine Bewertung in der griechischen Antike.
Frank R.H. Fischer