Geschlecht der Birke

Hallo Forum,

kennt jemand eine Sprache (außer Litauisch), in der das Wort für „Birke“ männlich ist? Oder in der man Birken zumindest männlich assoziiert? (Ich meine, wenn ich eine Birke personifizieren würde, wäre das dann eher ein Mann oder eine Frau? So etwas kann man ja schon fürs Englische aussagen*.)

Hintergrund meiner Frage ist einmal das Gedicht „Birkenlegendchen“ vom Freiherrn Börries von Münchhausen, indem Gott „von den mannhaften Bäumen einem die Mädchengestalt“ gibt, nämlich der Birke (lockiges Haar, seidige Haut, sie biegt ihre Zweige im Wind, als wiegte sie ein Kind im Arm); und zum anderen das litauische Märchen von der Tanne und ihren Kindern (unter anderem die Birke, im Litauischen männlich), die am Ende als Bäume ihr dasein fristen, wobei die Birke, durchaus mannhaft, zu den stärksten heimischen Bäumen gezählt wird.
Nun habe ich (als Vergleich zwar nur das Russische heranziehen könnend) die kühne These vertreten, dass die Birke nur im Litauischen oder zumindest nur in vereinzelten Sprachen als männlich angesehen wird, da sie durch ihren hellen Stamm doch irgendwie aus den anderen Bäumen hervorsticht.
Lässt sich also diese These unterstützen, oder könnt ihr sie schnell verwerfen?

Liebe Grüße
Immo

*) Die Sonne ist im Englischen, wie in den meisten anderen Sprachen, häufig männlich, wie z.B. im Text von „Raindrops are Falling on my Head“ erkennbar ist: „So I just let me some talking to the sun, and I said I didn’t like the way he got things done: sleeping on his job.“

Hallo Immo,

also im Französischen und Hebräischen ist die Birke auch männlich (bouleau bzw. שדר shadar). Ansonsten hab ich in den slawischen und romanischen Sprachen nur weibliche Endungen gefunden. Inwieweit das Deine These belegen oder widerlegen kann, musst Du entscheiden. :smile:

Gruß,
Stefan

le bouleau, franz., die Birke
Also männlich.
Gruß
Ludwig

kennt jemand eine Sprache (außer Litauisch), in der das Wort
für „Birke“ männlich ist?

Hallo Immo,

auch im Spanischen ist die Birke männlich: el abedul

Gruß n8mahl

Hola,

Spanisch: el abedul - männlich

Pit

mal wieder nicht aktualisiert … owT
.

Hi,
Auch wenn manches schon genannt wurde:

Französisch: bouleau
Hebräisch: לבנה (livneh)
Hindi: भूर्ज (bhūrj)
Litauisch: beržas
Maltesisch: ġummar
Marathi: भूर्ज (bhūrj)
Niederländisch: berk
Pali: भुजपत्त (bhujapatta)
Rätoromanisch (Surselvisch): badugn
Rumänisch: mesteacăn
Spanisch: abedul
Urdu: بهورج (bhūrj)

Dazu kommen Sprachen, in denen „Birke“ weder männlich noch weiblich ist:

Awarisch: мах (max) (Klasse III/neutrum)
Chippewa: wiigwaasi-mitig (belebt)
Dänisch: berk (utrum)
Isländisch: birki (neutrum)
Norwegisch: bjørk (utrum?)
Sanskrit: भूर्जपत्रम् (bhūrjapatram) (neutrum)
Schwedisch: björk (utrum)
Tsesisch: ме (me) (Klasse III)

Viele Grüße,

  • André

Hi,

Dazu kommen Sprachen, in denen „Birke“ weder männlich noch
weiblich ist:

Da solltest du dann auch Englisch einrechnen:
birch oder birch tree

Gruß
Elke

Danke sehr.
Auf manches hätte ich echt selbst kommen können. Es scheint tatsächlich sogar so zu sein, dass die männlichen Birken überwiegen.

Davon mal abgesehen, ist mir mittlerweile auch aufgefallen, dass meine Frage nach dem grammatischen Geschlecht an der Intention vorbeigeht. Wie ich es anders formulieren kann, muss ich mir erst noch überlegen; aber was ich eigentlich herausbekommen wollte (und auch mit Beispielen illustriert habe), ist, wovon der Eindruck, Birken seien eher mädchenhaft, Eichen z.B. dagegen eher mannhaft (obwohl die Eiche im Deutschen ja auch in grammatischer Hinsicht ein Weibchen ist), nun abhängt. Ist er vollkommen subjektiv (ich würde mir eine sprechende Eiche immer mit tiefem Bass vorstellen, sie könnte Hugo heißen; eine Birke dagegen hieße eher Elisa und sprächt im Alt; aber Ihr hättet auch kein Problem damit, wenn’s umgekehrt wäre)? Hängt es vom gesellschaftlichen Umfeld ab? Von der Region? Oder einfach von literarischen Traditionen?

Ich bin nicht enttäuscht, wenn hierauf keine Antworten kommen. Die Frage ist ja auch noch nicht richtig ausformuliert, nur so angedeutet (ich weiß, mitunter ließt man auch weitaus verunglücktere Fragen, und dennoch bin ich mit meiner Formulierung unzufrieden), und wenn ich sie formuliert habe, gehört sie sicher zunächst ins Deutschbrett oder sogar ins Literaturbrett, bevor ich einen internationalen Vergleich anstreben kann.

Liebe Grüße
Immo

Moin,

Dazu kommen Sprachen, in denen „Birke“ weder männlich noch
weiblich ist:

Da solltest du dann auch Englisch einrechnen:
birch oder birch tree

Und Japanisch:

樺 (kaba)

Gruß

Kubi

Da solltest du dann auch Englisch einrechnen:
birch oder birch tree

Gut, ja, ich meinte aber Sprachen, die *überhaupt* grammatisches Genus bzw. Nominalklassen in all ihren Nomen verankert haben. Das trifft fürs Englische und Japanische ja nicht zu. Deswegen hab ich die weggelassen, sonst hätte ich noch ca. 150 weitere Sprachen anfügen können.

Gruß,

  • André

Hallo Immo,

Davon mal abgesehen, ist mir mittlerweile auch aufgefallen,
dass meine Frage nach dem grammatischen Geschlecht an der
Intention vorbeigeht. Wie ich es anders formulieren kann, muss
ich mir erst noch überlegen; aber was ich eigentlich
herausbekommen wollte (und auch mit Beispielen illustriert
habe), ist, wovon der Eindruck, Birken seien eher mädchenhaft,
Eichen z.B. dagegen eher mannhaft (obwohl die Eiche im
Deutschen ja auch in grammatischer Hinsicht ein Weibchen ist),
nun abhängt. Ist er vollkommen subjektiv (ich würde mir eine
sprechende Eiche immer mit tiefem Bass vorstellen, sie könnte
Hugo heißen; eine Birke dagegen hieße eher Elisa und sprächt
im Alt; aber Ihr hättet auch kein Problem damit, wenn’s
umgekehrt wäre)? Hängt es vom gesellschaftlichen Umfeld ab?
Von der Region? Oder einfach von literarischen Traditionen?

Genau über sowas hatte ich mal einen Vortrag an der Uni gehalten…
Einige Psycholinguisten (Sera et al. 2002) wollten herausfinden, wie sich Genuszuweisungen mit der empfundenen Assoziation deckt, wie Kinder das lernen und so weiter… man hat dabei herausgefunden, dass das spanische Genussystem relativ mit der Intuition (Eigenschaften wie Massivheit, Größe, ob’s eher von Männern oder Frauen benutzt wird, Schwere etc.) übereinstimmt, beim deutschen Genussystem jedoch andere Kriterien eine Rolle spielen.
Das Wort „Birke“ war zwar bei den Testreihen nicht dabei, aber eine der Aufgaben war z.B., den Gegenständen und Personen passende Stimmen zuzuordnen — dabei stimmten Spanier (mit Genus) und Amerikaner (ohne Genus) relativ gut überein. Bei einem anderen Versuch sollten sich Leute willkürliche Namen zu Objekten merken — das klappte bei Genussprachensprechern (Spaniern, Franzosen, Deutschen) besser, wenn der Name im Genus mit der des Gegenstands übereinstimmte. Wie der Effekt bei Amerikanern (ohne Genussystem) war, weiß ich nicht mehr… entweder das Merken der Namen fiel leichter, wenn das intuitive Geschlecht der Gegenstände mit den Namen übereinstimmte oder aber es gab keinen Effekt…

Die Studie hieß:

Sera, M., Elieff, C., Forbes, J., Burch, M.C., Rodriguez, W.,
Dubois, D.P. (2002).
When language affects cognition
and when it does not: An analysis of grammatical gender
and classification.
Journal of Experimental Psychology:
General, 131, 377-397.

Vielleicht kannst du sie irgendwo online oder in einer Bibliothek finden. Wenn nicht, kann ich sie dir auch mal schicken. Sind aber wie gesagt weder Birken noch Eichen involviert. :wink:

Und Sera et al. begehen einen blöden Fehler, indem sie behaupten, das Finnische hätte ein Genussystem. :wink:

Grüße,

  • André
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Hallo André,

vielen lieben Dank für die Quellenangabe!

Sera, M., Elieff, C., Forbes, J., Burch, M.C., Rodriguez,
W.,
Dubois, D.P. (2002).
When language affects cognition
and when it does not: An analysis of grammatical gender
and classification.
Journal of Experimental Psychology:
General, 131, 377-397.

Im Internet gibt’s das nicht, kann man nur für $12 bestellen; aber ich hab’s an der FU-Bibliothek gefunden, werd mir das bei Gelegenheit mal anschauen.

Liebe Grüße
Immo