Geschwindigkeit des Spiels

Hallo ihr Wissende! Sagt mal, fällt euch das auch auf, daß die Spitzen-Musiker (Klavier-Geige) so schnell spielen, daß es der Artistik ähnelt. Sie spielen fehlerfrei und jachtern das Orchester zum Schweißausbruch. Schade, daß man nicht so schnell hören kann wie die Künstler spielen…Gruß Erika

Virtuosentum und Kunst
Hallo Erika,

mir geht es wie dir. Man verwechselt heute gerne Virtuosentum mit Kunst. Das erste sollte es nicht ohne das zweite geben - und das ist selten. Wir befinden uns sozusagen am Ende einer Bewegung, die schon im 19. Jahrhundert begonnen hat (Liszt!). Ich selbst leide besonders beim Hören von Karajan (Beispiel: Beethovens Sinfonien); die dirigiert er so schnell, dass man schon fast nicht mehr von Werktreue reden kann, finde ich. Auf Abhilfe zu hoffen, ist wohl vergeblich - leider!

Gruß

Bona (mitleidend)

Hallo Erika,

ich stimme Dir zu, einige (zu viele!) denken, daß schnell = gut sei.
Auf einem der Schleswig Holstein Festivals dirigierte Justus Franz einmal das 4. Brandenburgische Konzert von J.S.Bach in einem solchen Schweinsgallop, daß man meinen konnte, daß er für jede Sekunde nach der dritten Minute eine Konventionalstrafe zu zahlen hätte.
Gräuselig.

Gandalf

Hallo Gandalf,

Justus Franz

*kicher* *augenverdreh* …

J.S.Bach

Genau das ist das verwerfliche! Bei Beethoven könnte man ja noch mit sich reden lassen, obwohl das Ganze wohl mit Paganini begonnen hat, aber bei Bach hört der Spaß auf, oder?

Gruß

Bona

´n Abend Bona,

Justus Franz

*kicher* *augenverdreh* …

oh, einer Meinung?! :wink:

J.S.Bach

Genau das ist das verwerfliche!

Schtümmt!

Bei Beethoven könnte man ja
noch mit sich reden lassen,

Na ja - aber OK

obwohl das Ganze wohl mit Paganini
begonnen hat,

Der ist mir noch nie so recht bekommen.

aber bei Bach hört der Spaß auf, oder?

Hach ist das schön, einer Meinung zu sein :wink:

Gandalf

Hallo,

Hach ist das schön, einer Meinung zu sein :wink:

die „Chemie“ stimmt eben … :smile:

Gruß

Bona

Hallo,

die „Chemie“ stimmt eben … :smile:

das ist ja richtig philosophisch :wink:

Gandalf

Hallo Bona,

mir geht es wie dir.

Dem schließe ich mich an.

Ich selbst leide besonders beim Hören von Karajan (Beispiel:
Beethovens Sinfonien); die dirigiert er so schnell, dass man
schon fast nicht mehr von Werktreue reden kann, finde ich.

Endlich jemand, der das auch so erlebt.
(Beispiel 9.: diese Karajan-Aufnahme 1968 und die letzte Böhm-Einspielung unterscheiden sich durch sage und schreibe 26 Minuten!)

Auf Abhilfe zu hoffen, ist wohl vergeblich - leider!

Man kann halt nur die Hetzer ignorieren. In meiner Sammlung zB gibt es keine einzige Karajan-Aufnahme.

Gruß
Barney

Hallo Barney,

In meiner Sammlung zB gibt es keine einzige Karajan-Aufnahme.

sehr weise, wenn auch vielleicht in dieser Ausschließlichkeit etwas übertrieben. Vom jungen (!) Karajan gibt es durchaus Hörenswertes. Im Moment erinnere ich mich nicht richtig, aber ich meine, es gäbe eine Einspielung des Fliegenden Holländers, die zumindest interessant ist.

Gruß

Bona

Hi,

J.S.Bach

Hab’ mal ne Aufführung der h-Moll-Messe von Bach unter der Leitung von Karajan gehört…

Irgendwie hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, alle Musiker müssten unbedingt noch einen Zug kriegen… Es war grauenhaft!.

Gruß,

Anja

Genau das ist das verwerfliche! Bei Beethoven könnte man ja
noch mit sich reden lassen, obwohl das Ganze wohl mit Paganini
begonnen hat, aber bei Bach hört der Spaß auf, oder?

hallo bona,

naja, ich hörte einmal in der provinz beethovens neunte unter einer stunde.
nun, es war spät, die musiker wollten gewiss heim. vielleicht war auch fußball im fernsehen, wer weiß.
spaß war es jedenfalls weniger. zumal die musiker im orchester revolutionär postiert waren (die kontrabässe hinter dem paukisten).

strubbel
N:open_mouth:)

Hallo,

Sagt mal, fällt euch das auch auf, daß die
Spitzen-Musiker (Klavier-Geige) so schnell spielen, daß es der
Artistik ähnelt.

nicht immer, und schnell muß ja nicht immer gut sein. Ich habe eine Aufnahme des Concierto de Aranjuez mit Paco de Lucia, da dauert das Adagio eine ganze Minute (also 10%) länger als bei der Aufnahme mit John Williams.
Das hätte der Paco bestimmt auch schneller gekonnt :wink:.
Das ist sicher auch eine Frage, wie sich der Orchesterleiter gegenüber seinem Starmusiker durchsetzt beim Erarbeiten des Stückes.

Gruß
Torsten

Hallo Erika,

Karl Heinz Füssl sagte seinen Studenten dazu:

Die Virtuosen nehmen ja die langsamen Stücke viel zu langsam, 
und die schnellen viel zu schnell.

Er hat mir auch bestaetigt, das Karlheinz Böhm bei seinen Tempi einiges hätte einsparen koennen, wenn er bloss die Stricharten abgeaendert haette auf
„jede 16tel rauf/runter“.
Dadurch kriegt das Ganze ja mehr Antrieb. Über H. von Majoran, oder wie der heisst, will ich hier keine Worte verlieren…

Natürlich stehen Solisten/Dirigenten unter einem hohen Erfolgs-Druck. Jedoch braucht es dafuer immer auch einen Zweiten, der sich das auch bieten laesst, sonst funktioniert das ja nicht.

Viele Pianisten (Dirigenten) spielen eben mehr logisch/rational als körperlich/intuitiv (aber das ist auch keine Besonderheit von Musikern).
Das spürt man z.B. bei Beethoven-Sonaten sehr, die ja typisch Alla Breve statt auf Viertel gespielt werden (Arrau, Buchbinder, Gulda, etc).

Das Publikum ist da aber nicht ganz unschuldig dran:
Wenn einer was spielt, das „nicht so schnell“ ist, denkt sich leicht jemand:
„ist auch schon was, da kann ich mich ja gleich
selbst zum Klavier setzen…“.
Andere wieder wollen bloss was hören, was nach Musik anhoert.

Wenn ich im Bekanntenkreis was sage, kriege ich dann oft zurueck:
„ab der der KANN spielen!“,
und ich wende dann ein:
„das können 1000 Andere genauso, und was ist jetzt Besonderes an seinem/ihrem Spiel, das Andere nicht haben?“
(was ich bei Emil Gilels gut sagen koennte, :smile:)

Fazit: als Interpret kann man sich seine Freunde aussuchen.

lg
Martin B

Hallo Bona,

sehr weise, wenn auch vielleicht in dieser Ausschließlichkeit
etwas übertrieben.

Mag sein, aber ich bin auch kein besonderer Freund älterer Aufnahmen.

Vom jungen (!) Karajan gibt es durchaus
Hörenswertes. Im Moment erinnere ich mich nicht richtig, aber
ich meine, es gäbe eine Einspielung des Fliegenden Holländers,
die zumindest interessant ist.

Es gibt eine Aufnahme der Matthäuspassion so um 1950 herum, die wahrhaftig hörenswert ist, nur leider ist sie auf einem Privatband, das nur einmal dem ORF zur Verfügung gestellt, aber nie zu Vervielfältigung freigegeben wurde (da hat Karajan noch gelebt).

Gruß
Barney

Hallo Martin,

ein Freund ist studierter Gitarrist (Jazz) und meinte mal, daß die schwersten Stücke Baladen sind.
Dort kann man nicht so tricksen wie bei schnellen Stücken, wo man Fehler zusosen kann.

Und auch im Bereich Klassik sind Schnellspieler häufig solche, die zwar eine brilliante Technick haben, aber von Wärme oder Emotion weniger verstehen. Lang Lang war zu Anfang seiner Karriere ein solcher Kandidat, kriegt aber wohl langsam die Kurve.

Gandalf