Gesellschaft für bedrohte Völker

GfbV: Irakische Armee verübt Massaker in Kirkuk
(nof) - Die „Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)“
gab am Mittwoch in einer Erklärung bekannt, dass die
irakische Armee am 23. März ein Massaker unter
Offizieren der Armee und der Zivilbevölkerung der
nordirakischen Stadt Kirkuk begangen hat. Die GfbV
beruft sich dabei auf „zwei voneinander unabhängigen
Quellen“ aus dem Nordirak. Demnach seien 78 Personen,
darunter 62 Offiziere der irakischen Armee, 16
Zivilisten, 12 Kurden und vier Turkmenen, erschossen
worden. Die Offiziere sollen sich geweigert haben, für
Diktator Saddam Hussein zu kämpfen. Die Zivilisten
wurden beschuldigt, Sabotage gegen den Irak zu
begehen.
Neu sei dabei, dass nun offenbar auch bislang relativ
unbehelligte Minderheiten wie die Turkmenen verstärkt
ins Zielfeld der Armee Saddam Husseins gerieten.
Außerdem gefährde die irakische Armee die
Zivilbevölkerung in verbrecherischer Weise: Es sei
beobachtet worden, dass die irakische Armee in Kirkuk
ihre Luftabwehr auf den Dächern von Zivilobjekten
installiere. Damit nehme sie bewusst den Tod von
Zivilisten in Kauf.

Saddam Hussein – die Zahl der Opfer hat die erste
Million überschritten
von: Tilman Zülch [bedrohte völker - pogrom 213_3/2002

Die Zahl der Opfer des irakischen Baath-Regimes wird
seit seinem Machtantritt im Jahre 1968 die erste
Million überschritten haben. Das ist eine ungeheuere
Zahl, die viele anzweifeln werden. Aber wer sich
intensiv mit dieser Verbrechensgeschichte befasst,
wird einerseits feststellen, dass Saddam Hussein und
sein Vorgänger Al Bakr in ununterbrochener Folge haben
morden lassen, und dass anderseits diese Morde nur
ausschnittweise bekannt geworden sind. So müssen wir
mit riesigen Dunkelziffern rechnen. Wir haben uns
bemüht Zahlen und Fakten zusammenzutragen aus den
Jahresberichten von Amnesty international, Reporten
von Human Rights Watch und anderen
Menschenrechtsorganisationen, von Hilfswerken, aus
Presseberichten, von Überlebenden und kurdischen
Organisationen.
Seit 1968 wurden in immer neuen Wellen Kurden
exekutiert, bombardiert, vertrieben, massakriert, zu
Tode gefoltert oder entführt. Es gibt Schätzungen,
denen zufolge eine halbe Million Menschen im Nordirak

  • unter ihnen auch Assyrer, Yeziden und Turkmenen - in
    den letzten drei Jahrzehnten diese Art Kurdenpolitik
    mit ihrem Leben bezahlt haben. Seit der Erhebung der
    Schiiten im Südirak im März 1991 sind mehrere
    Hunderttausend Menschen spurlos verschwunden.
    Schiitische Organisationen beklagen 300.000 Opfer.
    Menschenrechtsorganisationen sprechen ebenfalls von
    Hundertausenden Verschwundenen. Auch die genaue Zahl
    der Getöteten bei Saddams Offensiven gegen die
    traditionell lebenden Marscharaber ist statistisch
    nicht erfasst. Zehntausende werden die Zerstörung und
    planmäßige Austrocknung ihrer Marschen nicht überlebt
    haben. Dazu kommen die Opfer anderer ethnischer und
    religiöser Gemeinschaften, die Angehörigen der
    Opposition und die Liquidierten aus den eigenen Reihen
    des Regimes. Keiner hat bisher alle diese Toten zählen
    können.

Saddam Hussein ist einer der grausamsten Diktatoren
der Gegenwart. Er hat viele, nicht alle der Methoden
Stalins wie Hitlers übernommen. Wie im Reiche Stalins
kann auch im heutigen Irak die Verfolgung täglich
jeden treffen ob Freund oder Feind. Wie in
Hitlerdeutschland müssen ethnische Minderheiten mit
ständiger Verfolgung rechnen. Unentwegt lässt der
Diktator an der Produktion atomarer, ballistischer,
chemischer und biologischer Waffen arbeiten, für den
Einsatz nach innen wie nach außen. Im Angriffskrieg
gegen den Iran setzte er ebenso chemische Waffen ein
wie zur Vernichtung der Kurden. Das jüdische „Problem“
im Irak „löste“ das panarabische Baath-Regime bereits
Ende der 60-er und Anfang der 70-er Jahre durch
Massenvertreibungen, nachdem Massaker und
Hinrichtungen zuvor schon eine Massenflucht ausgelöst
hatten. Während des Golfkrieges richtete Saddam
Raketen Anfang 1991 auf Israel und drohte Angriffe mit
Giftgas an.

Der Genozid an den Kurden und die „Anfal-Offensive“

Der Menschenrechtsreport über den Genozid an den
Kurden, der auch in englischer Sprache erschien, wurde
im Februar 1991, während des Golfkrieges in Jerusalem
im damals weitgehend isolierten und von irakischen
Raketen beschossenen Israel auf einer internationalen
Pressekonferenz vorgestellt. Dieser Report löste eine
umfangreiche Berichterstattung in Deutschland und
weltweit aus. Der Report enthielt detaillierte
Informationen über Hinrichtungen und
Massenexekutionen, Verschwindenlassen, Sippenhaft,
Giftanschläge und Attentate, Deportationen und den
Giftgaseinsatz im eigenen Land sowie ein Kapitel über
die Verfolgung und Vernichtung von
assyrisch-aramäischen Christen im Nordirak. Die Zahl
der Opfer der irakischen Giftgas- und
Ausrottungsoffensive „Anfal“ (1987 bis 1988) wurde
damals mit „nur“ 13.000 Kurden und 2000
Assyrern/Aramäern angegeben. (Genozid im Irak,
Verfolgung und Vernichtung von Kurden und assyrischen
Christen 1968 bis 1990. Februar 1991)

Bis heute ist das wohl furchtbarste Verbrechen Saddam
Husseins, die sog. Anfal-Offensive von 1987/88, in der
internationalen Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet
geblieben. Der irakische Hauptverantwortliche für
dieses Verbrechen, Saddams Cousin Ali Hassan Al-Majid,
erklärte gegenüber den kurdischen Unterhändlern nach
der Niederschlagung des Kurdenaufstandes im März 1991,
der Anfal-Offensive seien nicht mehr als 100.000
Kurden zum Opfer gefallen. Der amerikanische Pulitzer
Preisträger Roy Gutman geht in seinem Lexikon über
Kriegsverbrechen „Crimes of War 1999“ von 60.000 Toten
aus, während der britische Nah-Ost-Kenner Prof. David
McDowall in seinem Standardwerk „A modern history of
the kurds“ bereits 1996 eine Zahl von 150.000 Opfern
nannte. Kurdische Menschenrechtler haben die Zahl der
ermordeten Landsleute mit 182.000 Menschen beziffert.

Gruß
Axel

Und?
Ich denke niemand glaubt, dass Hussein ein Menschenfreund ist. Und ob nun 500.000 oder 1 Million Opfer auf ihn zurückzuführen sind, spielt eigentlich schon gar keine Rolle mehr.

Es ist nur die Frage, ob dies der richtige Weg ist. Wie jetzt selbst der Erfinder der „Shock and Awe“-Strategie einräumen musste (im ARD-Brennpunkt): „Nein.“

Die Strategie hat versagt (natürlich sagt er, dass seine Strategie falsch angewandt worden ist. Aber das wäre Geschichte: Fakt ist, selbst er muss sagen, dass die Strategie versagt hat).

Und Hussein kann sich, wenn sie nicht bald die Republikanischen Garden entscheidend schwächen (und er betont noch mal „ich meine entscheidend“), dann könnte sich Saddam zurückziehen und aus dem Hinterhalt operieren. Dann könnte der Irak zu einem neuen Palästina, Libanon oder Nordirland werden. Ein jahrelanger Schlamassel.

Wie gesagt: das sagt der „Schock and Awe“-Stratege, kein friedensbewegter, linker Spinner!

Wie bereits in den diversen Jugoslawien-Kriegen ist die GfbV wohl auch hier Kriegsbefürworter mit sehr zweifelhaften Argumenten. Diesen Leuten glaube ich wie den anderen Parteien auch nicht einmal die Hälfte.

Sorry

Lothar