Hi!
wenn ich auch sehe, dass eine Reform notwendig war und ist, so
muß ich doch feststellen, dass sie weder von Sachkenntnis noch
von gesundem Menschenverstand getragen war. Viele
Krankenkassen überlegen sich bereits eigene Wege. Die
Regierung wäre gut beraten, ihre Arbeit selber zu Ende zu
bringen.
Bringen könnte es nur etwas , wenn
- gesetzliche Leistungen auf ein notwendiges vernünftiges Maß
beschränkt vorgeschrieben werden, aber inclusive anerkannter
Naturheilverfahren, Zahnbehandlung und Zahnersatz in einfacher
Form ohne Zuzahlung,
„ein notwendiges vernünftiges Maß“ ist für mich erst einmal nichts weiter als die typische Plattitüde eines Oppositionspolitikers (und dabei ist es gleich, ob rot, rot-rot, rot-grün, rot-gelb, rot-schwarz, schwarz-grün, schwarz-gelb oder schwarz an der Regirung ist). „Ein notwendiges vernünftiges Maß“ ist ein Gummiband, das der eine lang zieht, bis es fast reißt, und ein anderer kaum anzufassen wagt.
Was also ist ein „notwendiges vernünftiges Maß“? Fallen z.B. Vorsorgeuntersuchungen darunter, oder ist das bereits Luxus? Und welche Vorsorgeuntersuchungen werden gestattet, welche nicht (diverse Krebsvorsorgen, Augen, Herz und Kreislauf)? Oder ist es nicht vernünftiger, auf Vorsorge gänzlich zu verzichten, lieber nur auftretende Krankheitsfälle zu behandeln und so dafür zu sorgen, dass die Alten nicht überhand nehmen?
Anderes Problem: Ab wann gilt ein Mensch als chronisch krank? Ab wann darf er permanent ärztliche Pflege in Anspruch nehmen, die über das „notwendige vernünftige Maß“ hinaus geht? Welche Krankheiten gelten als chronisch? Werden vom Patienten eigenverantwortlich herbeigeführte Krankheiten (z.B. Lungenbeschwerden wie Asthma durch starkes Rauchen) aus dem Katalog der chronischen Krankheiten rausgenommen, während das berufsbedingte erworbene Asthma drin bleibt? Und wo zieht man bei Mischformen die Grenzen?
- ein Besuch beim Hausarzt , Augenarzt und Zahnarzt pro
Quartal frei in Anspruch genommen werden kann, alles weitere
ggfs. auf Überweisung,
Was heißt hier „ggfs“?
Was passiert, wenn ich zwei, drei oder zehn Mal im Quartal zum Arzt muss? Im Januar eine Erkältung, im Februar den Fuß verstaucht, im März einen Allergieschock? Sofort zahlen, sonst keine Behandlung?
- Den Krankenkassen ein Beitragsrahmen, variabel gestaltbar,
vorgegeben wird und kein finanzieller Ausgleich zwischen den
Krankenkassen erfolgt,
Es gibt Krankenkassen, die aufgrund ihrer Mitgliederstruktur weitaus niedrigere Einnahmen haben als Konkurrenten. Die AOKs leiden darunter, dass ihnen die Arbeitslosen aufgebürdet werden. Andere KK haben einen hohen Frauenanteil, und bekanntlich gehen Frauen mit ihrer Gesundheit sorgsamer um als Männer, sprich mehr Arztbesuche. Außerdem wird eine Schwangerschaft in diesem Lande noch immer als Krankheit angesehen, und die medizinische Betreuung Schwangerer wird von den Krankenkassen getragen. Ergo sind KK mit einem hohen Frauenanteil schlechter dran als jene mit einem niedrigen Anteil.
- über die gesetzlichen Mindestleistungen hinausgehende
Leistungen von den Krankenkassen selbst beschlossen bzw. im
Einzelfalle erbracht werden können,
- Über die Behandlungen unter 2) hinausgehende Besuche bei
Fachärzten ohne Überweisung sind privat zu vergüten.
Ich stell mir das gerade bei einer Frau vor, die zum Frauenarzt muss. Da tapert sie zum Hausarzt, sitz wer weiss wie lange im Wartezimmer, erklärt ihm dann, dass sie unregelmäßige Blutungen hat (und leider kann der Hausarzt da gar nichts machen), bekommt endlich den Überweisungsschein um dann erneut in einem anderen Wartezimmer ihre Zeit zu vertrödeln
Was macht nach diesem Vorschlag eigentlich jemand, der regelmäßig zum Internisten muss? Rennt der alle vier Monate erst zum Hausarzt, weil er eine neue Überweisung braucht?
Eine solche Reform hätte einen weit aus höheren Effekt an
Kostenersparnis als die bisherige, wäre aber gerechter und der
effekten Behandlung zuträglicher.
Sehe ich anders. Denn wenn es so einfach wäre, das Gesundheitssystem zu reformieren, wäre längst jemand anderen darauf gekommen.
Grüße
Heinrich