Gewerbliche Nutzung in Teilungserklärung ausgeschl

Hallo liebe Experten,

bei uns im Mehrparteienhaus (selbstverwaltet), bestehend aus 5 Wohnparteien, soll eine Wohnung verkauft werden. Es gibt einen Kaufinteressenten, der die Wohnung wegen der Lage jedoch geweblich nutzen möchte (Therapiepraxis). Laut Teilungserklärung ist die gewerbliche Nutzung ausgeschlossen. Kann die Eigentümergemeinschaft die gewerbliche Nutzung - auch ohne eine Öffnungsklausel in der Teilungserklärung - durch einen Beschluss dennoch genehmigen? Reicht hierfür eine Mehrheit oder muss der Beschluss einstimmig erfolgen?

Für fachliche Hilfe wäre ich sehr denkbar.

Besten Dank im Voraus.

Hallo Schatzsucher,

vorneweg: ich bin Hausverwalter, kein Rechtsanwalt.

Nach meinen Kenntnissen kann eine Teilungserklärung im Nachhinein nur einstimmig geändert werden. Parallel sollte natürlich geklärt werden, was Stadt / Gemeinde etc. zur geplanten Nutzungsänderung sagen.

Viele Grüße,

Fabian v. Schoenebeck

Hallo und guten Tag Schatzsucher89,

ich würde eine Versammlung einberufen, das Thema natürlich vorher nennen, dann einen Beschluss fassen,
es geht oder die anderen sind nicht einverstanden.
Ich denke allstimmig wäre gut, ob es notwendig ist, da schaue ich noch nach.

Gruß Eva

Hallo an Schatzschuer 89,

das habe ich dazu noch gefunden:

1.8 Wohnung

Die in Teilungserklärung als Wohnung bezeichneten Sondereigentumseinheiten dürfen nur zu Wohnzwecken genutzt werden. Das gilt auch bei einer Vermietung. Der vermietende Sondereigentümer ist nicht befugt dem Mieter die gewerbliche Nutzung zu gestatten. Wird aber einem Mieter die gewerbliche Nutzung einer Eigentumswohnung gestattet, können zwar die übrigen Miteigentümer die Unterlassung der gewerblichen Nutzung vom vermietenden Sondereigentümer verlangen, sie können auch verlangen, daß der vermietende Sondereigentümer alles in seiner Macht stehende unternimmt, um die gewerbliche Nutzung seiner Eigentumswohnung durch seinen Mieter zu beenden. Die Unzulässigkeit der gewerblichen Nutzung ist jedoch kein Grund, das Mietverhältnis außerordentlich oder fristlos zu kündigen. Die Miteigentümer müssen in diesem Fall die gewerbliche Nutzung durch den Mieter bis zur ordnungsgemäßen Beendigung des Mietverhältnisses hinnehmen. Hilfe können die Eigentümer in diesem Falle nur von den Wohnungsaufsichtsbehörden erhalten, wenn und soweit die Zweckentfremdungsverordnung eingreift; denn bei Verstößen gegen die Zweckentfremdungsverordnung können die Aufsichtsbehörden durch Festsetzung entsprechender Bußgelder die gewerbliche Nutzung einer Wohnung entgegen den Vorschriften der Zweckentfremdungsverordnung unterbinden. Da Bußgelder bei Fortsetzung der Zweckentfremdung laufend mit steigenden Bußgeldbeträgen wiederholt festgesetzt werden können, wird jeder wirtschaftlich denkende Nutzer möglichst schnell die gewerbliche und/oder freiberufliche Nutzung der Wohnung einstellen. Zu beachten ist aber, daß auch bei Geltung der Zweckentfremdungsverordnung eine gewerbliche Mitbenutzung einer Wohnung zu weniger als 50 % zulässig ist. Davon abweichend darf eine Wohnung nach Wohnungseigentumsrecht nicht gewerblich oder freiberuflich mitbenutzt werden.

Viele Selbständige, Freiberufler und Gewerbetreibende richten zu Hause einen Büroraum ein, in dem sie einen Teil ihrer beruflichen und gewerblichen Tätigkeit erledigen können, wie z. B. Buchführungsarbeiten, Schreibarbeiten, Ausarbeitung von Projekten, Angeboten, Plänen usw. Auch die Herstellung von telefonischen Kontakten, Telefonmarketing, Telefonwerbung usw. sind Tätigkeiten, die in einer Wohnung ausgeübt werden können, ohne daß sie nach außen in irgendeiner Weise in Erscheinung treten, geschweige denn die Miteigentümer bei der Nutzung der übrigen Wohnungseigentumseinheiten in irgendeiner Form und Weise beeinträchtigen oder stören. Man wird derartige Nutzungen wohl für zulässig erachten können. Das gleiche gilt für schriftstellerische und künstlerische Tätigkeiten wie z. B. Kunstmaler sowie viele kunstgewerbliche Tätigkeiten. Bei vielen dieser Tätigkeiten ist der Wohnraum gleichzeitig der Arbeitsraum, weil eine räumliche Trennung zwischen Wohnung und Arbeitsstelle fehlt. Auch derartige Tätigkeiten wird man im Endergebnis in einer Wohnung für zulässig erachten, selbst wenn die konkrete Tätigkeit im Widerspruch zur Zweckbestimmung „Wohnung“ steht.

1.9 Büro

Die Zweckbestimmung „Büro“ läßt jede gewerbliche, freiberufliche Büronutzung zu.

1.10 Gewerberäume

Die Zweckbestimmung „Gewerberäume“ läßt jede gewerbliche Nutzung zu. Unzulässig ist aber die Nutzung als Bordell in einem Wohnhaus.

  1. Unterlassensanspruch

Wird ein Wohnungseigentum oder Teileigentum abweichend von der Nutzungsbestimmung in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung genutzt, besitzt die Eigentümergemeinschaft grundsätzlich einen Anspruch gegenüber dem abweichend nutzenden Miteigentümer, die abweichende Nutzung einzustellen und das Teileigentum oder Wohnungseigentum nur nach der Zweckbestimmung der Teilungserklärung zu nutzen.

2.1 Bindung der Eigentümer an die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung

Die Nutzungsbeschreibung von Räumlichkeiten, wie sie in der Teilungserklärung enthalten ist, ist für alle Miteigentümer bindend. Sie wird nicht stillschweigend dadurch abgeändert, daß die anderen Eigentümer eine abweichende Nutzung über mehrere Jahre ohne Widerspruch hinnehmen. Deshalb kann ein Erwerber der Räumlichkeiten sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die übrigen Miteigentümer müßten die teilungserklärungswidrige Nutzung weiter dulden, weil sie sie gegenüber dem Voreigentümer widerspruchslos hingenommen haben (OLG Köln Beschluß vom 23.12.1994, 16 Wx 172/94 - WE 1995, 220 = WuM 1995, 331 = ZMR 1995, 263). Im Urteilsfalle hatte ein Miteigentümer im Keller größere Kellerfenster eingebaut und den Boden im Vorgarten ausgehoben, um eine bessere Belichtung zu schaffen. Das OLG Köln sieht darin eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG, die über eine ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht und daher grundsätzlich der einstimmigen Beschlußfassung aller Wohnungseigentümer (§ 22 Abs. 1 WEG) bedurfte. Da die Zustimmung der übrigen Eigentümer fehlte, bejahte das OLG Köln gemäß § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB den Anspruch auf Beseitigung dieser baulichen Veränderungen und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Die Veränderung der Fensterflächen führe nicht nur zu einer Änderung des optischen Eindrucks der Fassade. Hinzu komme die Abgrabung, um den nötigen Lichteinfall zu gewährleisten. Außerdem werde mit der Vergrößerung der Fensterfläche auch die Wohnqualität der seit längerem zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten im Souterrain des Hauses erhöht. Das stelle einen Nachteil für die Antragsteller dar, da in der Teilungserklärung die entsprechenden Räumlichkeiten als Kellerraum, Trockenraum und Trafostation ausgewiesen sind. Diese Nutzungsbeschreibung ist für die Beteiligten gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Satz 2 WEG bindend. Die Teilungserklärung, die durch die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung gemäß § 7 Abs. 3 WEG zum Inhalt des Grundbuchs geworden ist, ist nur nach Wortlaut und Sinn des im Grundbuch Eingetragenen auszulegen, wie es sich für den unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Erklärungen bei der Weiterveräußerung und die bisherige Handhabung durch Wohnungseigentümer müssen angesichts des Gutglaubenschutzes des Grundbuchs außer Betracht bleiben. Daher sei auch die langjährige nach der Behauptung der Antragsgegner 30 Jahre währende Nutzung der Kellerräume als Wohnraum und die Kenntnis der Antragsteller hiervon bei Erwerb ihres Wohnungseigentums ohne Bedeutung - vgl. aber zur Verwirkung 2.2

2.2 Verwirkung des Unterlassungsanspruchs

Hallo Schatzsucher
Die Teilungserklärung ist natürlich bindent. In diesem Fall muss ein einstimmiger Beschluss (Vereinbarung)getroffen werden. Diese ist von Allen zu unterschreiben und kann nicht als Tagesordnungspunkt bei der Eigentümerversammlung mitbehandelt werden. Die Vereinbarung ist genau so bindent wie wenn alle Eigner beim Notar unterschrieben hätten.
Gruß
Sueden78

Damit kenne ich mich leider nicht aus. Aber ist die gewerbliche Nutzung auch von der Verwaltung staatlicherseits gestattet ?

Hallo Schatzsucher 89,

bin kein Notar oder Architek!
Aus Erfahrung würde ich folgendes sagen:

1.) Wo kein Kläger, da kei Richter! Wenn sich alle einig sind besteht kein Problem.

2.) Wenn die Mehrheit sich einig ist, müsste ggf. bei der Stadt die Nutzungsänderung (Wohnhaus zum Wohngeschäftshaus) beantragt werden.

Bis später,
Ecky1

Da bin ich Überfragt Gruß

Hallo, m.E. müssen alle mitstimmen, also Allstimmigkeit. Bitte aber bedenken, daß die Erklärung bei Instanzen eingereicht ist und ja so auch im Grundbuch steht. Es müssen Änderungen überall eingetragen und beglaubigt werden!
mfg

Bei einstimmigen Beschluss müsste das gehen. Man sollte den Begriff"Gewerbe" genauer definieren. Jedes Gewerbe?
Was ist mit Emissionen, Lautstärke, viel Publikumsverkehr? Zu empfehlen wäre auf alle Fälle die Telungserklärung entsprechend zu ergänzen.

Gruß K.P.

Dieser Satz aus einem Beitrag aus dem Netz dürfte alles beantworten:

Verhandeln können Wohnungskäufer nicht über die Teilungserklärung. Ist sie beurkundet, muss der Käufer sie akzeptieren - oder vom Kauf der Wohnung zurücktreten.

http://www.wohnen-im-eigentum.de/content/service/mus…

Hallo Schatzsucher89!

Um dir eine ausführliche und korrekte Antwort geben zu können, müsste ich mich länger damit befassen - und dazu fehlt mir derzeit die Zeit.

Außerdem muss man auch die genaue Bezeichnung „gewerbliche Nutzung“ im Kontext der Teilungserklärung betrachten.

Was ist gemeint, bzw. was soll gemeint sein. Wollte der Verfasser nur ein Handwerk o.ä. ausschließen, oder auch Büro´s und Arztpraxen, die häufig in Wohngebäuden untergebracht sind.

M.E. reicht ein Mehrheitsbeschluss, zumindest, wenn die nicht anwesenden, sich enthaltenden oder die Nein-Stimmer nicht direkt betroffen sind. (z. B. Lage im EG, „leiser“ Belag im Flur, Parkplätze, Lärm?..).

Sicher geht Ihr, wenn Ihr (oder der Verkäufer/Käufer) ein wenig Zeit und Geld in einen FACH-Anwalt investiert. Eine Erstberatung kostet nicht die Welt und dürfte in diesem Fall sicher ausreichen.

Viele Grüße
MagicMa

Hallo,

die Ausübung einer Therapiepraxis in einer Eigentumswohnung stellt im Regelfall keinen Nachteil dar,der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht.Bei der Beurteilung einer Beeinträchtigung kommt es unter anderem darauf an,welche Art von Therapiepraxis betrieben wird(Einzelpraxis,Gemeinschaftspraxis,Bestellpraxis)So geht der Charakter eines Hauses als reines Wohnhaus durch die Einrichtung einer Therapiepraxis nicht grundsätzlich verloren,weil es allgemein üblich und weit verbreitet ist,eineTherapiepraxis von einer Wohnung aus auszuüben.

Darüber hinaus können Wohnungseigentümer selbst Regelungen treffen, wie das Eigentum genutzt werden darf. Dabei können sowohl Nutzungsregelungen für Gemeinschaftseigentum und das Sondereigentum getroffen werden,die wesentliche Fragen des Zusammenlebens generell und dauerhaft regeln,ist eine Vereinbarung nötig,der alle Wohnungseigentümer zustimmen müssen.Eine Abänderung wie sie in Ihrem Falle nötig sein wird,kann nur durch einstimmigen Beschluss der Eigentümer erfolgen und muss dann wieder Notariell beglaubigt werden.

Hier noch eine Feststellung des OLG Hamm:

Teilungserklärung einer Wohnungseigentümergemeinschaft

In der Teilungserklärung kann grundsätzlich geregelt werden ,dass sämtliche Entscheidungen in der Wohnungseigentümergemeinschaft nur einstimmig getroffen werden können.Dies gilt jedoch nicht,soweit das Gesetz zwingend eine Mehrheitsentscheidung vorsieht.
OLG , Beschl.v. 19.08.2008.15 Wx 89/08 – OLGR Hamm 2008,754)

Mit Freundlichen Grüßen
BR

Hallo Schatzsucher89,

im WEG Recht steht:
Eine Sondereigentumseinheit kann nur dann gewerblich genutzt werden, wen diese in der Teilungserklärung als Gewerbefläche ausgewiesen ist.

Ausnahmsweise kann von der in der Teilungserklärung vorgesehenen Nutzung abgewichen werden, wenn die anderen Wohnungseigentümer dieser durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss ausdrücklich zustimmen. Etwas anderes kann gelten, wenn die Teilungserklärung eine sog. Öffnungsklausel beinhaltet, nach der die gewerbliche Nutzung einer Wohnung lediglich von der Zustimmung des Verwalters abhängt.

Hoffe das hilft weiter!

LG