nochmal zur Wirtschaft als solcher
Hallo,
ich habe den Artikel - obwohl aufgrund der absatzlosen Darstellung sehr schlecht zu entziffern - weitgehend gelesen. Ich kenne den Autor nicht und werde daher mal bestimmte Aussagen unterlassen.
Er vermischt - und das ist eigentlich schon tödlich - Wissenschaft mit Ideologie und er vermischt desweiteren Wissenschaft mit Politik. Das Hauptproblem in Deutschland ist minichten der Neoliberalismus, weil es ihn nicht gibt und weil er auch im Prinzip von niemandem gefordert wird.
Das Problem in Deutschland ist die Hartnäckigkeit, mit der man versucht, Besitzstände und historisch gewachsene Regulierung zu wahren. In Deutschland haben wir ein hohes Lohnniveau, was aber nicht wirklich das Problem ist. Das Problem ist, daß dieses hohe Lohnniveau für Tätigkeiten bezahlt wird, die dieses Lohnniveau vielfach nicht rechtfertigt. In Deutschland brauchen wir bestimmte Tätigkeiten nicht mehr, weil sich die Ergebnisse billiger und bei gleicher Qualität woanders herstellen lassen. Es ist aber politisch gewollt, in Deutschland Steinkohle zu fördern, Stahl zu walzen und Getreide zu produzieren.
Unser ganzes Arbeitsrecht ist geprägt vom Klassenkampf des vorletzten Jahrhunderts. Niemand will heute mehr einen Arbeitnehmer ausbeuten, aber niemand will einen Mitarbeiter einstellen, für den er als erstes Ruheräume und zusätzliche Toiletten einbauen muß.
In Deutschland müssen Arbeitsplätze mit hochwertigen Tätigkeiten (d.h. hoher Wertschöpfung) geschaffen werden. In Forschung und Entwicklung, in der hochspezialiserten Industrie und vor allem im Dienstleistungssektor. Dafür müßte aber auch das Personal vorhanden sein, was es nicht zwangsläufig ist.
Unsere Schulen und Universitäten werden vernachlässigt, die Lehrpläne an Unis und Schulen nur zögernd modernisiert, die Lehrerausbildung und -verwendung ist vielfach nur zweifelhaft, die Kinder werden von den Eltern nicht mehr richtig erzogen, so daß sie in der Schule mehr randalieren als lernen wollen, die Lehrer sind demotiviert und letzten Endes geht die Bildung im Arsch, wie ein alter Spruch aus den 70ern lautet.
Wir vergraulen mit einem verkrusteten Hochschulsystem junge Akademiker, wir parken Abiturienten am Bankschalter, weil Realschulabsolventen heute vielfach nicht mal richtig lesen und schreiben können und wir schicken erfahrene Mitarbeiter und Lehrer mit 45 in den einstweiligen Ruhestand, weil man Mitarbeiter nicht so flexibel einsetzen kann, wie es die schwankende Auftragslage erfordert.
Die in dem Artikel zitierten Innovationen wie PCs, DigiCams usw. werden in Deutschland meist weder entwickelt geschweige denn produziert, das passiert im Ausland. In Deutschland produziert man gerade mal die Fertigungsroboter und bildet vielleicht noch den Ingenieur für die Produktionstechnik und Techniker zur Programmierung und Wartung aus.
Natürlich müssen Innovationen her. Aber hier sträubt man sich aus vernünftigen und unvernünftigen Gründen gegen bestimmte Dinge, die ich hier gar nicht weiter ausführen oder diskutieren will.
Es geht nicht darum, Arbeitnehmer zu nötigen, zwischen dem dritten und vierten Arbeitsplatz zu pendeln. Wir brauchen Innovation, Qualifikation und Motivation (für Unternehmen und Mitarbeiter) und dafür brauchen wir Flexibilisierung, Rückzug des Staates und mehr Eigenverantwortung (für Unternehmen und Menschen).
Alles völlig frei von Ideologie, sondern rein aus Vernunftsgründen. Meintewegen können wir das mit einer SPD-, einer PDS-, einer CDU- oder einer Grauen Panter-Regierung angehen, das ist mir völlig gleichgültig. Wenn dieser Weg aber nicht in absehbarer Zeit eingeschlagen wird, geht Deutschland den Bach runter und zwar irgendwann in einer Geschwindigkeit, die die heute herrschenden Wohlstandsbauchheger und -pfleger zwar überraschen, aber nicht mehr betreffen wird.
Das traurige ist nur, daß ein Gegensteuern eine Vorlaufzeit von 10-15 Jahren hat, so daß es, wenn es zu spät ist, wirklich zu spät ist.
Gruß,
Christian