Hallo Michaela,
während größerer OPs, z.B. mit Eröffnung des Bauchraums, ist die Wärmeisolation und der natürliche Verdunstungsschutz der Haut partiell ausgeschaltet. Über die nun der Außenwelt exponierten inneren Oberflächen (freigelegte Schleimhäute und Schnittflächen der OP-Wunde etc.) verdunstet auf Grund der Körperwärme mit der Zeit einiges an Wasser. Das summiert sich bei lange andauernden OPs und ausreichend großer freigelegter Oberfläche zu deutlich messbaren Mengen.
Um ein Austrocknen zu verhindern, wird darum regelmäßig (mit aufgewärmter Kochsalzlösung) gespült, aber auch, um z.B. Blut etc. aus der Wunde herauszuspülen und somit die Sicht des Operateurs zu verbessern. Nicht zuletzt kann der Körper je nach Art und Ort des Eingriffs natürlich auch eine gehörige Menge Blut verlieren.
Den Flüssigkeitshaushalt stabil und den Verlust so gering wie möglich zu halten, ist u.a. Aufgabe des Anästhesisten. Der ist neben der eigentlichen Narkoseführung damit beschäftigt, die zu erwartenden bzw. tatsächlichen Flüssigkeitsverluste durch Infusionen auszugleichen. Dabei richtet er sich nach bestimmten Anhaltswerten (Milliliter pro kg Körpergewicht pro Stunde), der produzierten Urinmenge (Katheter) und nach der Kreislaufsituation.
Blutverluste, die entweder der Operateur abschätzt oder welche an der Graduierung des Absaugbehälters im Zusammenhang mit der eingesetzten Menge Spülflüssigkeit recht genau abgelesen werden können, werden ebenfalls zunächst durch Infusionen ersetzt oder bei größeren Verlusten unter Kontrolle des Hämoglobinwertes bei Unterschreitung bestimmter Grenzen, die alters- und konstitutionsabhängig sind, durch Transfusionen (vorher gespendetes Eigenblut, wiederaufbereitetes, abgesaugtes Blut oder auch Fremdblut, Plasma und ggf. Thrombozyten etc.) ersetzt.
Unterm Strich sollten die Patienten also nach der OP etwa das gleiche Gewicht haben wie davor, wobei Verluste um 1 Liter i.d.R. gut vertragen werden und unproblematisch sind. Es kann auch hier und da mal mehr als 1 Liter sein, was jedoch auch problemlos ist, so lange der Kreislauf darunter stabil bleibt. Bei kreislauflabilen Patienten wird darauf mit großer Akribie geachtet. Nicht selten erhalten Patienten während OPs sogar mehr Flüssigkeit, als sie während der OP verlieren, weshalb sie demzufolge nachher kurzfristig auch mal schwerer sein können.
Summa summarum ist ein möglicher Gewichtsverlust während OPs also auf Flüssigkeitsverlust und nicht auf die Verbrennung von Nährstoffen zurückzuführen.
Ganz anders sieht das bei Gewichtsabnahme NACH größeren OPs aus. Hier besteht bei vielen Patienten ein stark erhöhter Kalorienbedarf, den es zu decken gilt. Durch die Unmöglichkeit der normalen Nahrungsaufnahme z.B. bei nach der Operation sedierten und beatmeten Patienten, aber auch wegen ärztlich verordneter Nahrungskarenz z.B. nach Magen-Darm-OPs oder auf Grund von Inappetenz etc. muss dieser oft stark gesteigerte Kalorienbedarf mit intravenöser Ernährung und/oder Sondenkost vollständig gedeckt oder ergänzt werden.
Die Ärzte rechnen dabei den Kalorienbedarf aus und verordnen möglichst die entsprechenden Nahrungsmengen. In der Praxis stellt sich jedoch heraus, dass erstens oftmals die oral aufgenommene Kalorienmenge nicht genau bestimmbar ist, zweitens die Nahrungsverwertung während der Darmpassage selbst bei definierter Sondenkost bei weitem nicht immer 100%ig ist, drittens die Darmpassage (besonders bei Bauch-OPs) häufig behindert ist, was die mögliche, oral oder per Sonde verabreichbare Nahrungsmenge reduziert und viertens die für einen vollständigen Ersatz der tatsächlich verbrauchten Kalorien intravenös oder per Sonde zu verabreichende Flüssigkeitsmenge zu groß wäre.
Die bei der Abnahme der nicht mehr benötigten Muskelmasse freiwerdenden Aminosäuren (der Muskeleiweiße) werden teilweise zu verwertbaren Kohlehydraten umgebaut. Dieser Vorgang, die Gluconeogenese, hat allerdings ihren thermodynamischen Preis. Sie verbraucht nämlich ihrerseits einen Teil der durch sie verfügbar gemachten Energie.
Aus all diesen Gründen (und vielleicht noch einigen mehr, die mir gerade nicht eingefallen/bekannt sind) nehmen viele Patienten nach schweren Erkrankungen und OPs über die Zeit teils massiv an Körpergewicht ab, besonders die Fettleibigen. Die spezielle, mit dem Eingriff bzw. der Erkrankung verbundene Stoffwechsellage normalisiert sich im Laufe des Heilungsprozeses wieder, so dass der Gewichtsverlust irgendwann (unterschiedlich je nach Schweregrad und Art der Erkrankung bzw. des Eingriffs) zu stagnieren beginnt und sich das Körpergewicht auf niedrigerem Niveau einpendelt. Dies wird toleriert, so lange sich das in gewissen Grenzen hält.
Lieben Gruß
Huttatta