Gewichtsabnahme während einer OP

Hallo Wissende
Eine Frage beschäftigt mich schon seit längerem:
Ich hatte vor 2 Jahren eine große OP.Anschließend war ich 3 Wochen im Bett und konnte nur mit Hilfe der Krankenschwestern aufstehen.In diesen 3 Wochen habe ich knapp 15 Kilo an Gewicht verloren.Mir leuchtet ja ein, dass dabei viele Muskeln verloren gegangen sind.Aber 15 Kilo???
Eine Bekannte meinte, dass man schon während einer großen OP mehrere Kilos verliert.Stimmt das?Und wenn ja, warum?

Für den ein oder anderen mag diese Frage vielleicht lächerlich klingen.Aber Google spuckt bei meiner Frage immer nur Seiten aus, die sich mit Magenschlingen und Fettabsaugung beschäftigen :wink:
Gruss
Michaela

Hallo Michaela,

während größerer OPs, z.B. mit Eröffnung des Bauchraums, ist die Wärmeisolation und der natürliche Verdunstungsschutz der Haut partiell ausgeschaltet. Über die nun der Außenwelt exponierten inneren Oberflächen (freigelegte Schleimhäute und Schnittflächen der OP-Wunde etc.) verdunstet auf Grund der Körperwärme mit der Zeit einiges an Wasser. Das summiert sich bei lange andauernden OPs und ausreichend großer freigelegter Oberfläche zu deutlich messbaren Mengen.

Um ein Austrocknen zu verhindern, wird darum regelmäßig (mit aufgewärmter Kochsalzlösung) gespült, aber auch, um z.B. Blut etc. aus der Wunde herauszuspülen und somit die Sicht des Operateurs zu verbessern. Nicht zuletzt kann der Körper je nach Art und Ort des Eingriffs natürlich auch eine gehörige Menge Blut verlieren.

Den Flüssigkeitshaushalt stabil und den Verlust so gering wie möglich zu halten, ist u.a. Aufgabe des Anästhesisten. Der ist neben der eigentlichen Narkoseführung damit beschäftigt, die zu erwartenden bzw. tatsächlichen Flüssigkeitsverluste durch Infusionen auszugleichen. Dabei richtet er sich nach bestimmten Anhaltswerten (Milliliter pro kg Körpergewicht pro Stunde), der produzierten Urinmenge (Katheter) und nach der Kreislaufsituation.

Blutverluste, die entweder der Operateur abschätzt oder welche an der Graduierung des Absaugbehälters im Zusammenhang mit der eingesetzten Menge Spülflüssigkeit recht genau abgelesen werden können, werden ebenfalls zunächst durch Infusionen ersetzt oder bei größeren Verlusten unter Kontrolle des Hämoglobinwertes bei Unterschreitung bestimmter Grenzen, die alters- und konstitutionsabhängig sind, durch Transfusionen (vorher gespendetes Eigenblut, wiederaufbereitetes, abgesaugtes Blut oder auch Fremdblut, Plasma und ggf. Thrombozyten etc.) ersetzt.

Unterm Strich sollten die Patienten also nach der OP etwa das gleiche Gewicht haben wie davor, wobei Verluste um 1 Liter i.d.R. gut vertragen werden und unproblematisch sind. Es kann auch hier und da mal mehr als 1 Liter sein, was jedoch auch problemlos ist, so lange der Kreislauf darunter stabil bleibt. Bei kreislauflabilen Patienten wird darauf mit großer Akribie geachtet. Nicht selten erhalten Patienten während OPs sogar mehr Flüssigkeit, als sie während der OP verlieren, weshalb sie demzufolge nachher kurzfristig auch mal schwerer sein können.

Summa summarum ist ein möglicher Gewichtsverlust während OPs also auf Flüssigkeitsverlust und nicht auf die Verbrennung von Nährstoffen zurückzuführen.

Ganz anders sieht das bei Gewichtsabnahme NACH größeren OPs aus. Hier besteht bei vielen Patienten ein stark erhöhter Kalorienbedarf, den es zu decken gilt. Durch die Unmöglichkeit der normalen Nahrungsaufnahme z.B. bei nach der Operation sedierten und beatmeten Patienten, aber auch wegen ärztlich verordneter Nahrungskarenz z.B. nach Magen-Darm-OPs oder auf Grund von Inappetenz etc. muss dieser oft stark gesteigerte Kalorienbedarf mit intravenöser Ernährung und/oder Sondenkost vollständig gedeckt oder ergänzt werden.

Die Ärzte rechnen dabei den Kalorienbedarf aus und verordnen möglichst die entsprechenden Nahrungsmengen. In der Praxis stellt sich jedoch heraus, dass erstens oftmals die oral aufgenommene Kalorienmenge nicht genau bestimmbar ist, zweitens die Nahrungsverwertung während der Darmpassage selbst bei definierter Sondenkost bei weitem nicht immer 100%ig ist, drittens die Darmpassage (besonders bei Bauch-OPs) häufig behindert ist, was die mögliche, oral oder per Sonde verabreichbare Nahrungsmenge reduziert und viertens die für einen vollständigen Ersatz der tatsächlich verbrauchten Kalorien intravenös oder per Sonde zu verabreichende Flüssigkeitsmenge zu groß wäre.

Die bei der Abnahme der nicht mehr benötigten Muskelmasse freiwerdenden Aminosäuren (der Muskeleiweiße) werden teilweise zu verwertbaren Kohlehydraten umgebaut. Dieser Vorgang, die Gluconeogenese, hat allerdings ihren thermodynamischen Preis. Sie verbraucht nämlich ihrerseits einen Teil der durch sie verfügbar gemachten Energie.

Aus all diesen Gründen (und vielleicht noch einigen mehr, die mir gerade nicht eingefallen/bekannt sind) nehmen viele Patienten nach schweren Erkrankungen und OPs über die Zeit teils massiv an Körpergewicht ab, besonders die Fettleibigen. Die spezielle, mit dem Eingriff bzw. der Erkrankung verbundene Stoffwechsellage normalisiert sich im Laufe des Heilungsprozeses wieder, so dass der Gewichtsverlust irgendwann (unterschiedlich je nach Schweregrad und Art der Erkrankung bzw. des Eingriffs) zu stagnieren beginnt und sich das Körpergewicht auf niedrigerem Niveau einpendelt. Dies wird toleriert, so lange sich das in gewissen Grenzen hält.

Lieben Gruß
Huttatta

Hi!

Ich hab Huttatas Artikel mal so überflogen - dem ist ja nciht mehr viel hinzuzufügen :wink:

Ich kann nur beisteuern, daß diejenigen, die diesen enormen Gewichtsverlust bei Krankheiten/Ops bemerken und sie mit Gewichtsverlust bei Diät-/Abnehmversuchen vergleichen, sehr erstaunt sind. Ich vermute, daß deine Erstaunung auch daraus resultiert :wink:

Ich hab beides hinter mir, kann es daher vergleichen. Als ich krank war - keine OP, sondern „nur“ ziemlich krank, konnte ich etwa 8-9 Tage ncihts essen. Das einzige, was ich damals essen konnte, waren diese Babygläschen, 1-2 Stk. am Tag. Getrunken hab ich dagegen sehr viel. Dennoch hab ich in der Zeit fast 11 Kilo verloren…
Zum einen lag es sicherlich an der extrem niedrigen Kalorienmenge, zum anderen aber wohl auch an dem zehrenden Charakter der Erkrankung, die „nur“ eine heftige Magenentzündung war.

Bei Abnehmversuchen hingegen ist die trotz der Diät aufgenommene Energiemenge meist sehr viel höher, als die meisten denken :wink:
Da wird mal der eine Keks „vergessen“ oder die zuckerhaltige Limo/Eistee… Und man glaubt gar nicht, wieviel versteckte Fette in Nahrungsmitteln enthalten sind - die von der DGE empfohlene tägliche max. Menge von 50-60g Fett ist mit normaler Supermarktkost jedenfalls kaum einzuhalten :frowning:

Wie Huttata bereits sagte, verbraucht der Körper in Stresssituationen - und das ist nun mal eine große OP und/oder eine Erkrankung - große Mengen der vorhandenen Energie. Dauert dieser Zustand mehr als nur wenige Tage, bekommt der Pat. meist eine hochkalorische Ernährung zusätzlich - entweder über Sonden und fast natürlichem Weg oder als Infusion.

Eine Bekannte meinte, dass man schon während einer großen OP
mehrere Kilos verliert.Stimmt das?Und wenn ja, warum?

Naja, mehrere Kilo ist sicher übertrieben. Allerdings kann das der Fall sein, wenn man große Tumoren oder Organe/-teile entfernt. Einige wenige Kilos können schon sein, aber da verweise ich auf den anderen Artikel *g*

Gruß,
Sharon

Moin
Wow…danke für deine Mühe und die umfangreiche Antwort, Huttatta :smile:
Ich hätte das gerne auch meine Arzte damals gefragt.Aber da hatte ich halt andere Sorgen, die in dem Moment wichtiger waren.
Insofern möchte ich auch mal allen hier Anwesenden danken, dass man hier als med. Laie die Möglichkeit hat nachzufragen und eigentlich fast immer eine Antwort bekommt :smile:
Gruss
Michaela

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