Gibt es Bauunternehmen mit Fixpreisen?

Ich bin durch diese Seite im Internet auf diese Frage gekommen:

„Im Juli 2010 musste die Eilhardshof GmbH aus Neustadt an der Weinstraße Insolvenz anmelden. Eklatant steigende Baukosten, die für dieses Projekt absehbar wurden, konnten trotz zweijähriger Bemühungen um Nachfinanzierung bei Banken und im gesamten Umfeld des Projekts nicht aufgefangen werden.“

(syndikat.org)

Gibt es eigentlich Bauunternehmen, die Kosten eines Hausbaus nennen und sich verpflichten, diese Kosten exakt einzuhalten?

Und anders herum: Warum dringen – auch öffentliche – Bauherren nicht darauf, dass die vorher veranschlagten Kosten bindend und realistisch sind? Man hat doch inzwischen genügend Erfahrungen mit Projekten, die aus dem Ruder gelaufen sind.

„Die Baukosten [der Hamburger Elbphilharmonie] betrugen am Ende mit rund 866 Millionen Euro etwas mehr als das 11,24-fache der mit ursprünglich 77 Millionen Euro geplanten Summe.“

Gibt es, typ. bei Bauträgern, die Typenhäuser bauen und die auch gut kalkulieren können. Wenn der Kunde da keine Sonderwünsche hat, bliebt es bei dem Preis.
Trotzdem behalten sich Bauträger Preisanpassungen im Vertrag vor, etwa wenn bestimmte Baukosten laut Index über ein Maß hinaus steigen. Denn sie haben ja mit Material zum Preise X kalkuliert,inkl. gewisser Steigerung.

Bei öffentlichen Bauten kommt es regelmäßig zu Planänderungen und Sonderwünschen. Das macht es teuer und dauert länger. Längere Bauzeit bedeutet fast immer höherer Preis. Und öffentliche Großprojekte dauern halt lange. kommen dann Änderungen oder Unwägbarkeiten hinzu, dann wird es regelmäßig teurer.

MfG
duck313

1 Like

DANKE!

Kleine Anmerkung: Das sieht in bestimmten Aspekten dann aber nach schlechter Planung aus, wenn während des Bauens Änderungen vorgenommen werden. Natürlich gibt es überall im Leben Unwägbarkeiten, also auch beim Bauen; aber auch da, bei Stürmen usw., würde ich denken, gäbe es in einer idealen Welt Versicherungen und Rückversicherungen.

Wie man sieht: Ich bin auf dem Weg, „Utopia“ zu entwerfen. :slight_smile:

In einer idealen Welt braucht man keine Versicherungen, weil nichts schief läuft.

Warum genau muss man alles versichern? Weil Versicherungen Geld drucken können?

Nö. Das ist der Normalfall.
Du hast übrigens völlig vergessen, dass ein größeres Gebäude im Unterschied zu einem Einfamilienhaus niemals von einer einzigen Firma hergestellt wird. Es wird in einzelne Gewerke aufgeteilt und diese dann ausgeschrieben. Und zwar erst dann, wenn absehbar ist, wann das Gewerk erstellt werden muss und nicht alles vor dem ersten Spatenstich. Und somit gibt es dabei keinen Festpreis, sondern eine grobe Kalkulation auf der Grundlage von Erfahrungswerten.

Aber was passiert, wenn nun grad keiner Zeit oder Material hat, das Gewerk auszuführen?
Genau: der Preis steigt, wenn man es trotzdem termingerecht oder wenigstens zeitnah haben will. Und das kann niemand versichern und es macht auch keinen Sinn, dafür eine Versicherung zu bezahlen. Es gibt nämlich keine kostenlose Versicherung.

Moin,

Teilweise ja, teilweise nein. Im öffentlichen Bereich gibt es ein Vergaberecht, das manchmal sehr kontraproduktiv wirkt. Es gibt aber auch Bauten, die termingerecht fertig werden und den veranschlagten Kostenrahmen nicht gesprengt haben.

Manche Erkenntnisse und Wünsche entstehen während der Bauphase. Da es keine ideale Planung gibt und die verfügbaren Programme für Wahrsagerei und Lesen im Kaffeesatz vielfach noch unerprobt sind, werden wir damit leben müssen.

-Luno

Wie immer ist das Leben ganz einfach, es ist nur noch niemand drauf gekommen :wink:

Jedes Risiko hat seinen Preis, und je mehr ein Auftraggeber versucht die Risiken eines Auftrags auf den Auftragnehmer zu verlagern wird dieser diese Risiken finanziell bewerten, wenn er wirtschaftlich nicht ganz auf den Kopf gefallen ist. D.h. Du kannst den Bau dann für € 500.000,-- bei Übernahme der üblichen Risiken durch den AN haben, oder Du kannst auch € 1.000.000,-- für den Bau zahlen, wenn Du das rundum abgesicherte Sorglospaket haben willst. Und dabei liegt es natürlich in der Natur der Sache, dass ein AG die zu übernehmenden Risiken ganz anders bewertet als all die AN, die er um Angebote gebeten hat. Und so kommt es dann nicht gar so selten vor, dass die Angebote nicht mehr ansatzweise zum veranschlagten Budget passen, und der AG daraufhin dann doch bereit ist das ein oder andere in seinen Augen „überschaubare“ Risiko zu tragen, um zu Angeboten zu kommen, die wieder zum Budget passen. Tja, und wie es der Teufel dann so will, verwirklicht sich dann doch das ein oder andere dieser „überschaubaren“ Risiken mit Beträgen, die dann weit jenseits dessen liegen, was man meinte „ziemlich sicher“ sparen zu können.

Bei der öffentlichen Hand kommt dann natürlich auch noch die Politik mit ins Spiel, die gerade Prestigeobjekte grundsätzlich immer zunächst mal so schön rechnet, dass sie diese durch die entsprechenden Gremien bekommt, und damit dann Fakten schafft, die einen Rücktritt vom Projekt über die Scheiben der Salami dann von Tag zu Tag immer mehr erschwert, und es immer leichter werden lässt auch größere Nachträge dann gegen Ende und bei zunehmend absehbarer Fertigstellung doch noch durchzuboxen.

Dazu kommt dann noch der Zeit- und Kostendruck bei der Planung, die dazu führen, dass nun mal grundsätzlich nicht von vorne herein bis in jedes Detail geplant wird, und man schon beim Baugrund oft eher oberflächlich untersucht, um „schnell loslegen zu können“, statt da lieber noch mal nach zu sondieren, um gewissen unklaren Auffälligkeiten lieber vorab auf den Grund zu gehen.

Und dann schauen wir uns am Ende auch noch so die ein oder andere gesetzliche Regelung zu Nachforderungen an, an denen man auch durch individualvertragliche Regelungen nicht so einfach vorbei kommt. berücksichtigen, dass der Appetit oft beim Essen kommt, … denken daran, dass gerade in der aktuellen Zeit der Markt ein absoluter Anbietermarkt ist, niemand die Entwicklungen durch Corona, Materialverfügbarkeiten und -preise sowie Fachkräftemangel in dem eingetretenen Maße vorher sehen konnte, und überlegen uns gerade im Bereich der öffentlichen Auftraggeber, dass gerade jetzt niemandem damit gedient ist, einen AN in die Pleite schlittern zu lassen, auch wenn die Verträge es ggf. hergeben würden, und dann sehen wir, dass die Welt doch nicht ganz so einfach ist.

Ich verdiene seit einigen Jahren mein Geld im Vertragsmanagement großer Infrastrukturprojekte, mache gerade auch etwas größeren Hochbau, … und erlebe all dies als mein täglich Brot. Es gibt Projekte, die sehr gut aufgesetzt, auf beiden Seiten mit guten Leuten besetzt sind (die einen fairen Umgang miteinander pflegen), und trotzdem ggf. kostentechnisch aus dem Ruder laufen, ohne dass man hierfür jemandem einen persönlichen Vorwurf machen könnte. Und dann gibt es selbstverständlich auch Projekte bei denen von Anfang an alles schief läuft, was schief laufen kann, in denen man das ein oder andere Namensschildchen verteilen kann. Nur führt dieses Verteilen von Namensschildchen dann auch noch lange nicht zwingend dazu, dass man die Dinge ausreichend gerichtsfest hinbekommt, es sich lohnt deshalb jahrelang mit ungewissem Ausgang vor Gericht zu streiten ohne gutes Geld dem schlechten hinterher zu werfen, zumal die Verursachungsbeträge selten nur auf einer Seite alleine liegen. Dazu kommt dann noch, dass solche Verfahren dann oft die Baustellen für Ewigkeiten lahm legen können, was unter dem Strich dann noch teurer werden kann, wenn die Maßnahme dringend benötigt wird, und z.B. in vielen meiner Fälle extreme Summen für jeden Tag einer verspäteten Übergabe in den Betrieb fällig werden. Da heißt es dann oft „Augen zu und durch“

1 Like

Da bleibt mir nur: ein großes DANKE! zu sagen. Substantiell, detailreich, auf den Punkt bzw. die Punkte gebracht. Der für mich zentrale Punkt ist:

„D.h. Du kannst den Bau dann für € 500.000,-- bei Übernahme der üblichen Risiken durch den AN haben, oder Du kannst auch € 1.000.000,-- für den Bau zahlen, wenn Du das rundum abgesicherte Sorglospaket haben willst.“

Selbstverständlich ist das in der Praxis eine Risikoabwägung: Wie hoch ist die Chance, dass ich am Ende nicht 500.000, sondern 1,5 Mio. zahle? Auf der anderen Seite ist ein KV kein KV mehr, wenn er – Gründe finden sich bekanntlich immer – um das Drei- oder gar um das Elphi-Elffache überzogen werden kann.

Die Frage bleibt für mich spannend. Ich bleibe dran!

P. S. Diese Frage ist aus meiner Arbeit zu einem Buch, Thema „Argumentieren: Mietendeckel, Pro und Contra“, entstanden. Ein Nebenprodukt gewissermaßen, diese Frage. Wenn du Interesse hast, aus deinen Erfahrungen heraus – etwas zu dem Problem „Mietendeckel“ zu sagen: Ich bin ja hier mit Klarnamen unterwegs. :wink: