Gibt es Genveränderungen durch Erfahrungen?

Hallo,
leider nur zufällig und nebenbei und mit halbem Ohr habe ich - schon vor längerer Zeit - eine Sendung im Fernsehen mitbekommen über Tierexperimente, bei denen sich bestimmte positive und negative Erfahrungen, die man künstlich hervorrief, nach einiger Zeit eben nicht nur als cerebrale Erinnerung sondern auch in der DNS niederschlugen.
Habe ich da was falsch mitbekommen oder gibt es tatsächlich Versuche und Erfolge in dieser Richtung??

ganz herzlich
Friedhelm

Hallo,

Ist mir nicht bekannt, dass es sowas gäbe.

Was es aber wohl gibt, ist eine (epigenetische) Adaptation:

Durch Lebensumstände (Temperatur, Wasserversorgung, Lichtverhältnisse, Hunger etc.) können offensichtlich epigenetische Muster verändert werden, die dann auf die nächste Generation vererbt werden. Bei diesen Veränderungen handelt es sich nicht um Änderungen der Basenabfolge (als Grundlage der Evolution), sondern um Änderungen im Muster der Methylierungen von Basen. Gene in stärker methylierten Bereichen auf den Chromosomen werden wegiger stark abgelesen, sind also weniger aktiv.

Dass REIN KOGNITIVE Erfahrungen das Methylierungsmuster ändern könnten, ist mir nicht bekannt. Hungerperioden zB sind ja zweierlei: kognitive UND physische Erfahrungen. Durch den Hungerstress ändert sich der Stoffwechsel, Konzentrationen vieler Hormone ändern sich, und das sind signale, welche in den Keimdrüsen durchaus „empfangen“ werden können. Auch das Gehirn selbst ist ja eine große Hormondrüse (-> Hypophyse, Epiphyse) und so konnen Erfahrungen und Erlebnisse ebenfalls den Hormonhaushalt ändern (Adrenalin- und Ocytocin-Ausschüttungen sind Paradebeispiele) und mithin indirekt auch einen Einfluss auf epigenetische Veränderungen in den Keimzellen haben. Die Qualität dieser „Informationsübermittlung“ an die Keimzellen ist aber sehr grobschlächtig, was wieder auf die „Erinnerung“ von ganz fundamentalen Lebensumständen hinausläuft (Hunger oder kein Hunger).

Ob das Gehirn direkt einen Einflus nehmen kann, könnte man mit Versuchen herausfinden, bei denen die neuronale Verbindung zu den Keimzellen komplett unterbrochen wird (wenn das überhaupt technisch realisierbat ist).

VG
Jochen

moin,
ja es gibt Genveränderungen durch Erfahrung.
Das Gebiet heißt ‚Epigenetik‘ und ist noch rel. jung
http://de.wikipedia.org/wiki/Epigenetik

es geht nicht um eine ‚Gensequenzveränderung‘ sondern um eine ‚Genausprägungsveränderung‘
Sehr vereinfacht kann man sich das so vorstellen.
Bestimmte Erfahrungen (z.B. Hunger) haben z.B. Einfluss auf die ‚Faltung‘ oder ‚Methylierung‘ des Genfadens, wodurch bestimmte Abschnitte abgelesen werden können/nicht abgelesen werden können. Dadurch kann z.B. ein Enzym gebildet werden - oder eben nicht, wodurch wiederum bestimmte phänotypische (sichtbare) Unterschiede auftreten.

Z.B. sind Unterschiede im Stoffwechsel (Hang zu Dickleibigkeit) bei Frauen zu beobachten die den Hungerwinter 1944/45 in den Niederlanden mitgemacht haben - das wäre noch einfach nachzuvollziehen. Aber auch deren Töchter zeigen diesen Hang (auch, wenn sie erst weit nach der Hungerperiode ihrer Mütter gezeugt wurden)
Gruss…lux

Hallo Lux,

Danke, genau das suchte ich: Epigenetik ist das Schlüsselwort. Alles noch ziemlich neu und in der Tat sensationell.
http://en.wikipedia.org/wiki/Epigenetics
http://de.wikipedia.org/wiki/Paramutation

ganz herzlich
Friedhelm