Gibt es keine guten deutschen Opernsänger?

Hallola.

Seit einiger Zeit fällt mir auf, das in der Oper (Frankfurt) nur wenige deutsche Sänger zu finden sind. Vorwiegend kommen die Herrschaften aus Osteuropa, aber auch aus Skandinavien, Asien…

Zum Teil empfinde ich die starken Akzente sogar als störend, in wenigen Fällen versteht man einzelne Worte nicht.

Meine Frage: wie ist dieser Umstand zu erklären, gibt es zu wenige deutsche Sänger auf hohem Niveau? Wenn ja: wie kommt das?

Danke für Eure Kommentare.

Gruß

Ist dir beispielsweise schon mal aufgefallen, dass die deutschen Musikhochschulen voll von nicht einheimischen ist?
Es ist oft so, dass ausländische Sänger, Pianisten, etc. eine viel intensivere Ausbildung haben(in Amerika schicken die Eltern mehrmals die Woche in den Gesangsunterricht beispielsweise, in China und Japan kannst du dir vielleicht denken, was da vor sich geht)
Tja und die deutschen bekommen halt keine Plätze in Musikhochschulen, oder Opernhäusern, weil die Konkurrenz so groß ist, ich kenne ein paar Leute, die es schon seit Ewigkeiten hier in Deutschland in den Musikhochschulen versuchen, aber ihren Platz an einen Ausländer abtreten müssen, weil er Paganini auf dem Kontrabass spielt.
Schade eigentlich und unfair auch.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hi Wolfgang,

Ist dir beispielsweise schon mal aufgefallen, dass die
deutschen Musikhochschulen voll von nicht einheimischen ist?

nein, kein Einblick in die Szene.

Es ist oft so, dass ausländische Sänger, Pianisten, etc. eine
viel intensivere Ausbildung haben(in Amerika schicken die
Eltern mehrmals die Woche in den Gesangsunterricht
beispielsweise,

heisst das, andere investieren mehr in Ihre Ausbildung? Oder was willst Du damit sagen?

in China und Japan kannst du dir vielleicht denken, was da vor sich geht)

kann ich nicht, kannst Du? Was willst Du mir damit sagen? Ist für Dich China das gleiche wie Japan?

Tja und die deutschen bekommen halt keine Plätze in
Musikhochschulen, oder Opernhäusern, weil die Konkurrenz so
groß ist,

ich kenne mich in der Szene nicht gut aus, aber wenn mir in der Wirtschaft jemand sagt er kann nicht erfolgreich sein, weil die Konkurrenz so gross ist, heisst dies das die anderen alle besser sind.

ich kenne ein paar Leute, die es schon seit
Ewigkeiten hier in Deutschland in den Musikhochschulen
versuchen, aber ihren Platz an einen Ausländer abtreten
müssen, weil er Paganini auf dem Kontrabass spielt.

Paganini war ja wohl der beste seines Faches, mir erschliesst sich der Sinn deiner Worte nicht ganz. Willst Du mir sagen dass es die deutschen schwer haben, weil die anderen besser sind?

Schade eigentlich und unfair auch.

Wenn ich deine nebulösen Äusserungen richtig gedeutet habe, was ist daran dann unfair? Kannst Du einem Laien deine Gedanken noch etwas näher bringen?

Danke.

Gruß

zaph

Hallo, zaphod und Wolfgang,

Ist dir beispielsweise schon mal aufgefallen, dass die
deutschen Musikhochschulen voll von nicht einheimischen ist?

das stimmt, ich habe Klavier studiert und war dort zeitweise in
meiner Klasse (also unter allen Studenten meines Lehrers) die einzige
oder eine von 2 Deutschen. Der Rest (zumindest bei Klavier)
überwiegend Asiaten und Russen, einige Südamerikaner.
Unfair finde ich das nicht. Es gibt in Deutschland immernoch viel
mehr Musik-Studienplätze als Jobangebote, ganz besonders im Theater-/
Opernbereich. Die Ausländer machen es „uns“ da quasi einfacher,
auszusieben, und zumindest die Asiaten kehren nach dem Studium in
Deutschland oftmals wieder in ihr Heimatland zurück.

Es ist oft so, dass ausländische Sänger, Pianisten, etc. eine
viel intensivere Ausbildung haben(in Amerika schicken die
Eltern mehrmals die Woche in den Gesangsunterricht
beispielsweise, in China und Japan kannst du dir vielleicht
denken, was da vor sich geht)

Bei China/ Japan und auch Russland mag stimmen, dass die frühe
Ausbildung strenger ist als hierzulande. Hier ist
Instrumentalunterricht ein eher teures Hobby, und kein Elternteil
kommt auf die Idee, ein Kind zu zwingen, das wirklich keine Lust zu
haben scheint. (Nun geht Instrument-lernen kaum ohne einen gewissen
Zwang, denn ein Kind hat nun mal nicht immer Lust. die heutige
deutsche Einstellung zur Kindererziehung verbietet Zwang aber).
Amerika allerdings würde ich nicht unbedingt einreihen. Die genießen
dort eine ähnliche Erziehung wie wir auf diesem Gebiet. Mit
Ernsthaftigkeit und Connections kriegen sie aber auch Studienplätze
und Jobs ab.

Aber zur Ausgangsfrage, die sich ja nicht auf Studienplätze, sondern
Theaterengagements bezieht.
Deutschland ist das Land mit der größten Tradition im klassischen
Musikbereich, mit den meisten (und renommiertesten) Musikhochschulen
und den meisten Theatern (was sicher in Zukunft weniger werden
werden). In Norwegen kannst du bspw. an 4 Hochschulen Gesang
studieren, aber eine Oper gibt es nur in Oslo (evtl. noch eine zweite
in Bergen). Die können nie und nimmer die ganzen Abgänger aufnehmen,
also wohin wenden sie sich? nach Deutschland.
Ich würde nicht sagen, dass die Deutschen schlechter ausgebildet
sind. Aber die anderen sind eben auch sehr gut ausgebildet, finden
dort nur weniger schnell eine Arbeit. Ich habe noch nicht
festgestellt, dass der Ausländeranteil bei den Sängern sehr hoch ist,
bei den Pianisten ist er ungleich höher. Gerade bei den Sängern wird
wg. der Sprache immernoch eher ein Deutscher genommen als bei anderen
Instumenten. Trotzdem gibt es natürlich immer wieder Ausländer, die
fantastisch singen. Und die erste Adresse für diese ist halt
Deutschland. Ich finde das okay. Als Sänger verdient man nicht viel
und hat ein unstetes Leben - die, die es machen, tun es aus
Leidenschaft, und wenn wir viele Ausländer antreffen, erweitert das
doch auch unseren Horizont.

Judith

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Sag das doch gleich.

nein, kein Einblick in die Szene.

Ist aber so, ich habe im Konservatorium direkt dneben der HFM Unterricht, da laufen nur Japaner, Chinesen, Franzosen und Russen rum.

heisst das, andere investieren mehr in Ihre Ausbildung? Oder
was willst Du damit sagen?

Ja andere investieren mehr in die Ausbildung(nicht nur finanzielles) und das mit den Amerikanern stimmt, die werden ziemlich gefördert, ich kenne das von meinem Musiklehrer, der schon mit amerikanischen Musikern zusammengearbeitet hat

kann ich nicht, kannst Du? Was willst Du mir damit sagen? Ist
für Dich China das gleiche wie Japan?

Was die Ausbildung angeht schon. Es gibt dort genau wie hier, welche mit Talent und welche ohne, aber beide werden größtenteils an ihr Instrument geprügelt, egal ob sies können oder nicht. Da herrscht größere Disziplin.
Kenn ich Beispiele von meinem Klavierlehrer.
Wenn ein Deutscher bei ihm Unterricht hat, dann zahlen die Eltern die Kohle und es interessiert sie nicht mehr, aber bei Japanern oder Chinesen kommen die Eltern mit in den Unterricht und nehmen aktiv daran teil.

ich kenne mich in der Szene nicht gut aus, aber wenn mir in
der Wirtschaft jemand sagt er kann nicht erfolgreich sein,
weil die Konkurrenz so gross ist, heisst dies das die anderen
alle besser sind.

Zugegeben, durch die intensivere Ausbildung haben sie den meisten hier natürlich einen Vorsprung, deshalb nimmt man die eher.

Paganini war ja wohl der beste seines Faches, mir erschliesst
sich der Sinn deiner Worte nicht ganz. Willst Du mir sagen
dass es die deutschen schwer haben, weil die anderen besser
sind?

Ok, ein Laie weiß das nicht, aber ich werde den kleinen Witz mal unlustig machen: Der Kontrabass ist ein schwerfälliges, großes, sperriges Instrument, die Geige(auf der Paganini gespielt und für die er komponiert hat) ist klein und wendig. Spiele jetzt Paganini auf dem Kontrabass und du hast den Jackpot.

Wenn ich deine nebulösen Äusserungen richtig gedeutet habe,
was ist daran dann unfair? Kannst Du einem Laien deine
Gedanken noch etwas näher bringen?

Unfair ist, dass viele hier genauso den Traum haben Musik zu studieren. Ich kenn da einige, gehöre selbst dazu, aber die meisten verlieren ihren Platz an Ausländer, obwohl in ihrem Heimatland auch Musikhochschulen stehn. Manche besser, manche schlechter als hier.

Danke.

Gruß

zaph

1 Like

Unfair ist, dass viele hier genauso den Traum haben Musik zu
studieren.

Der noch so erträumte Studienplatz bringt dir nix, wenn du danach
keine Arbeitsmöglichkeiten hast.
Zumal beim Musikstudium quasi die größte Diskrepanz zwischen
Studieninhalt und Berufsinhalt besteht. Heißt: im Studium wird
konzertiert, im Beruf unterrichtet - zwei völlig verschiedene Welten.

Viele, die von einem Musikstudium geträumt haben, es dann irgendwann
endllich auch hingekriegt haben, satteln danach noch mal um, weil der
Beruf nicht das ist, was sie wollten. Vom Konzertieren kann aber
keiner leben außer Lang Lang.

Judith

2 Like

Ich will ja auch unterrichten, nicht an einem Gymnasium, aber an anderen Einrichtungen und nebenher eben komponieren, entweder freischaffend, oder durch Aufträge. Ich habe mir so einige Sachen angesehn und sie immer wieder fallen gelassen, aber nach 12 Jahren Klavierunterricht und mehreren Jahren des komponierens, weiß ich dass, das mein Traum ist und ich sicher nicht umsatteln werde, oder kann.
Ich finde es unfair, dass ich trotz bestandener Prüfungen keinen Studienplatz bekomme, weil irgendjemand, der sich eine intensivere Ausbildung leisten konnte und genauso gut in seinem Heimatland studieren kann, stattdessen den Platz bekommt.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Nachfrage
Danke Judy und Wolfgang,

langsam bekomme ich einen ungefähren Eindruck womit ihr zu kämpfen habt.
Mir bleibt noch eine Nachfrage:

Heißt: im Studium wird konzertiert, im Beruf unterrichtet - zwei völlig verschiedene Welten.

Wie kann man sich das vorstellen? DU bewirbst Dich nach jahrelangem Selbsstudium an einer HFM, wie findet dann dort der Untericht statt, du spielst den Profs Stücke vor und die kritisierne das dann und geben Dir Tipps oder auch richtiger Unterricht, Vorlesungen?
Ihr merkt, ich habe keine Ahnung.
Wie allerdings der Tagesablauf eines Opernmusikers aussieht weiss ich in groben Zügen.

Danke das ihr mich teilhaben lasst!

Gruß

zaph

Hi beeblebox

Wie kann man sich das vorstellen? DU bewirbst Dich nach
jahrelangem Selbsstudium an einer HFM, wie findet dann dort
der Untericht statt, du spielst den Profs Stücke vor und die
kritisierne das dann und geben Dir Tipps oder auch richtiger
Unterricht, Vorlesungen?

Also, zuerst mal muss man für ein Musikstudium meistens schon von
klein auf Musik gemacht haben und Eltern haben, die da hinterher
sind. Ich habe mit 6 angefangen, Klavier zu spielen, (also keine
Selbststudium, regelmäßiger Unterricht an der Musikschule!), meine
Mutter ist selbst Klavierlehrerin und hat dementsprechend aufgepasst,
dass ich ordentlich übe. Dann kamen Vorspiele, Wettbewerbe,
zusätzlicher Unterricht in Kammermusik (Ensemblespiel), kleine
Orchester etc. Mit 16 bin ich auf ein Musikinternat, weil von dort
aus die Aufnahme in die Hochschule besser klappt (dort gibt es auch
eine Aufnahmeprüfung, man hat dann schon bei den Professoren
Unterricht - und wen der Lehrer bereits gut kennt, der kriegt immer
leichter einen Studienplatz.)
(Hier möchte ich hinzufügen, dass an jeder Hochschule lieber ein
Deutscher genommen wird, der einen Tick schlechter spielt, als ein
Asiate, der göttlich spielt, aber kein Wort des Lehrers versteht.
Wenn sich aber 50 Asiaten auf einen Platz bewerben, wäre es unfair,
diese einfach zu übergehen.)

Und ja, natürlich ist auch mein Musikstudienplatz irgendwie unfair
vergeben, da ich mehr Musik „in die Wiege gelegt“ bekam als andere.
Aber so ist es nun mal. Das Elternhaus bestimmt immer zum größten
Teil, wo es für uns lang geht. Das ist die Unfairness des Lebens.

Zum Ablauf im Studium:
Ich hatte 90 min pro Woche Hauptfachunterricht (in meinem Fall eben
Klavier), allein mit dem Lehrer. Später dann noch 90 min/ Woche
Kammermusik, ebenso Liedgestaltung (Arbeit mit einem Sänger),
Improvisation, Methodik (wie unterrichte ich selbst). 2-3 Vorlesungen
pro Woche, der Rest wurde geübt und mit anderen geprobt.
Orchesterinstrumentalisten haben zusätzlich noch Klavierunterricht.
Alle 2 Jahre gab’s Prüfungen in Form von Konzerten. Dazwischen auch
immer wieder Einzelauftritte.
Die Sänger haben zudem Bühnentraining (sowas wie Fechten,
Italienisch-Unterricht etc.) und führen während des Studiums Opern
auf.

Was willst du noch wissen? Frag gerne!

Judith

3 Like

Hallo Wolfgang,

Ich finde es unfair, dass ich trotz bestandener Prüfungen
keinen Studienplatz bekomme, weil irgendjemand, der sich eine
intensivere Ausbildung leisten konnte und genauso gut in
seinem Heimatland studieren kann, stattdessen den Platz
bekommt.

Ich verstehe das nicht: in Österreich wollen viele Deutsche Medizin studieren, jetzt wollen die Behörden den Zugang beschränken und 2/3 der Plätze für Österreicher „reservieren“. Und das, obwohl die deutschen Gäste ja auch EU-Bürger/innen sind. Allerdings gilt das nur für die Medizin. In Wien gibt es auch eine sehr gute Musik-Uni, vielleicht magst Du es hier mal versuchen. Es gibt halt hier auch regelmäßig doppelt so viele Bewerber/innen, als es freie Plätze gibt.

Mein Cousin, der auch Musiker ist, sagte:

"Wenn die Japaner so viel tüchtiger sind, dann sollen sie doch die faulen Österreicher an die Wand spielen, geschieht ihnen recht!"

Es gibt nun sicher Sinnvolleres, als Paganini auf’m Kontrabass zu spielen, das ist ja wie Brötchen holen mit dem Autobus. Aber wenn die Leistung entscheidet, ist mir das allemal lieber, als wenn Protektion und Bürokratie den Aussschlag geben, oder das Einkommen von Papa.

Und was die Ausländer/innen betrifft: es schaut nun mal jeder, wie er am Besten wegkommt - und das machen wir doch selber auch, oder nicht?

lg
Martin B

Vielen Dank…
…für Deine ausführlichen Erläuterungen,
absolut interessant. Stern & Dank!
Gruß (auch an das Krokodil & den Räuber)

Zaph

Hi,

ich les’ das jetzt erst … nicht dass ihr denkt, ich hätte so lange nachgedacht…

Was mir auffällt ist, dass die Beantworter Deiner Frage nur auf die Ausbildung hin reflektieren.

Nicht zu vergessen ist, dass die Ensemble"politik" sich in den letzten 15 Jahren gewaltig verändert hat. D.h. die Ensembles werden immer kleiner, die Zahl der Gastinterpreten nimmt entsprechend zu. Das hat Gründe, die u.a. in dem immer schnelleren Wechsel der Generalintendanzen liegt, die entsprechend der städtischen Vorgaben (Vermeidung von ggf. Abfindungen) immer kürzere Verträge abschließen. Bei den Gastverträgen wird entsprechend auf andere Qualitäten geachtet als bei den Festverträgen (Normalvertrag solo). Und daher liegt es nahe, dass die „reisenden“ Künstler nach und nach die „seßhaften“ verdrängen (die sind an anderen Opernhäusern international unterwegs).

Gruß,
Anja
(ehem. Referentin für Werbung der Oper Frankfurt)