Gibt es Umstände, die eine einseitige Änderung von Arbeitsverträgen/-zeiten durch den Arbeitgeber legitimieren?

Ein Arbeitgeber hat die Absicht, allen seinen Mitarbeitern mit 40 Std.-Verträgen, die Arbeitszeit auf 37,5 Std. zu reduzieren. Man nehme an, dass die 40 Std. in den betroffenen Arbeitsverträgen festgelegt sind.

Die Änderung soll ausdrücklich und auf mehrfache Nachfrage nicht via Änderungskündigung, Öffnungs- oder Härteklausel geschehen. Der Arbeitgeber sowie der Betriebsrat sind der Meinung, man könne die betroffenen Arbeitsverträge einseitig ändern, weil die tarifliche Wochenarbeitszeit nur 35 Std. (IGM) beträgt. Somit könne einseitig, mit einer Frist von 3 Monaten, auf dieses Niveau gekürzt werden. Zitat: „Das stünde ja ebenso dem Arbeitnehmer frei.“

Ich bin der Meinung, das Verträge einzuhalten sind und auf gar keinen Fall einseitig geändert werden dürfen. Außerdem bin ich der Meinung, dass hier versucht wird, die Nutzung der Öffnungsklausel im Tarifvertrag zu umgehen, da diese einen (bösen) Kündigungsschutz einschließt.

Lohnt sich in diesem fiktiven Fall der Weg zum Anwalt und wenn ja, warum genau?

Gruß Oberberger

Hallo,

besteht keine Tarifbindung von AN und AG, darf grundsätzlich in Arbeitsverträge nur im Rahmen einer Änderungskündigung eingegriffen werden. Durch Betriebsvereinbarung können arbeitsvertragliche Regelungen nur dann verändert werden, wenn dies für den betroffenen AN eine Verbesserung bedeutet (sog. „Günstigkeitsprinzip“).

Besteht Tarifbindung zumindest in Sachen Arbeitszeit, stellt sich aufgrund der Fallschilderung die interessante Frage, ob die AN in der Vergangenheit nicht ständig Mehrarbeit geleistet haben und jetzt evtl. nicht sogar diese Mehrarbeit - auch rückwirkend im Rahmen der geltenden Verjährungsfrist - geltend machen können. Im geschilderten Fall wäre nämlich bei Tarifbindung mit 35-Std.-Woche natürlich auch eine 37,5-Std.-Woche ohne Mehrarbeitvergütung nicht zulässig.

Da zur endgültigen beurteil8ung des Sachverhaltes noch viele Angaben notwendig sind, ist der Gang zum Fachanwalt auf alle Fälle anzuraten.

&Tschüß
Wolfgang

Nehmen wir mal bitte an, dass es sich um einen sog. ERA-Arbeitsvertrag handelt, der folgende Klausel unter §2 Punkt 4. Absatz 2 enthält:

„Der Arbeitgeber ist ferner berechtigt, nach Maßgabe anderer gesetzlicher oder tarifvertraglicher Bestimmungen eine vorübergehende Absenkung der Arbeitszeit anzuordnen.“

Im fiktiven Fall ist die Absenkung dauerhaft und durch einseitige Vertragsänderung geplant. Bezogen werde sich auf §2 Punkt 1. Absatz 4 Manteltarifvertrag. Nun wäre es so, dass sich im Arbeitsvertrag nichts weiteres dazu befände.

Warum ist der Manteltarifvertrag über Gesetze erhaben; von wegen: Verträge sind einzuhalten? Oder ist er das gar nicht?

Gruß Oberberger

Ich kann leider nicht nachlesen, was genau im Manteltarifvertrag steht, da ich nicht im Besitz eines solchen bin. Dieser Vertrag ist offenbar nur für sog. „Gewerkschaftsmitglieder“ einsehbar, bzw. nur die dürfen ihn herunterladen :rage:

Gruß Oberberger