Glaube an Flüche bei ansonsten rationalen Menschen

Hallo liebe Experten,

ich habe mich eine zeit lang u.a. auch in Esoterik chats rum getrieben, einfach um den eigenen Horizont etwas zu erweitern, und Menschen mit einer anderen Weltanschauung kennen zu lernen.
Auch wenn das keine „gibt es XYZ?“-Seiten waren, sondern welche, für Leute, die daran glauben und praktizieren, kam es, wie so oft im Internet, natürlich immer mal wieder vor, dass da stark wissenschaftlich orientierte Menschen den chatroom betraten - was nicht schlimm ist, das bin ich ja ebenfalls - aber dann anfingen, rational, aber auch herablassend die Gesamte Unterhaltung zu stören. Eben unterhielt man sich noch nett über dieses und jenes, und auf einmal nur noch Stress.
Diese Leute lassen dann auch nichts unversucht, wollen Beweise, lassen aber nichts gelten, und so weiter. Typische Trolle eben.

Eines Tages sagte ich, eigentlich mehr aus Spass „Was haltet ihr davon, wenn wir X. jetzt einfach mal Gemeinschaftlich verfluchen ? Dann hat er seinen Beweis, und wir endlich Ruhe“. Wirklich nur als Gag, aber als er das gelesen hat, hat er sich sofort ausgelogged.
Witziger Zufall dachte ich, habe diese Masche aber noch ein paar mal in ähnlichen Situationen getestet, und jedes Mal recht schnell: Logut!

  • wobei man natürlich nicht wissen kann ob das verschiedene Personen waren.
    (und ich gehe nicht davon aus, dass in den paar Sekunden wirklich schon jemand irgendwelche lateinischen Sätze losgelassen hat, oder seine Vodopuppe mit dessen Nickname beschriftete, und fröhlig drauf los gestochen hat)…

Nun frage ich mich, wie das sein kann ??
Ich meine, jeder soll doch glauben was er will, selbst wenn’s das fliegende Spaghettimonster (siehe Wikipedia) ist.
Da kommen dann leute mit glühendem Eifer rein, schreiben lange lange Absätze, verfügen über z.T. glänzende Rhetorik und ziemlich Stimmige Schlussfolgerungen … stellen alle anderen als Trottel dar,
fühlen sich extremst überlegen, und sind absolut überzeugt -
und lassen sich mit so einem wirklich eher scherzhaft formuliertem Spruch in die Flucht schlagen.
Ich raffe es einfach nicht.
Das dies bei einem Esoteriker, in dessem Weltbild sowas völlig normal ist,
funktionieren könnte ist logisch.
Da er das ja für möglich hält, würde er sowas fürchten -
aber warum funktioniert es bei Leuten, die erstens nicht an so einen „Kinderkram“ glauben … und zweitens jeden für verrückt erklären der es tut ?
Und WENN ich es für *vielleicht* möglich halte, dann ist doch nicht mein erster Schritt, potentielle Magier und Hexen so lange zu provozieren, bis sie vielleicht zu solchen Schritten greifen…
Ich hätte eigentlich eher erwartet, dass diese Person(en) sowas gar nicht ernst nehmen - weil es doch eben, wie sie lang und breit erklärt haben, völlig unmöglich sein muss.

Meine Frage wäre also erstens, was der Sinn dabei ist,
und zweitens, warum leute sich offensichtlich vor Dingen fürchten,
die es ihrer Meinung nach gar nicht gibt, das verstehe ich nämlich nicht so ganz.

Noch verwirrter war ich, als ich mich anschließend noch mit einer Person dort darüber unterhielt, die meinte, dieser Trick würde GRADE bei Leuten funktionieren, die NICHT dran glauben und es wäre gar nicht nötig, sowas wirklich zu machen, die Androhung dessen würde fast immer reichen.
Ihre Schlussfolgerung war, das auch ‚westlich‘ denkende Menschen tief in ihrem inneren wüssten das es sowas gibt, und daher käme diese Angst. Das ist natürlich ein religiös gefärbtes Argument, daher frage ich hier mal, ob es da auch einen psychologischen Grund für gibt.

Moin

Ihre Schlussfolgerung war, das auch ‚westlich‘ denkende
Menschen tief in ihrem inneren wüssten das es sowas gibt, und
daher käme diese Angst. Das ist natürlich ein religiös
gefärbtes Argument, daher frage ich hier mal, ob es da auch
einen psychologischen Grund für gibt.

Dieses „tief in ihrem INnern wüssten, das es sowas gibt“ ist natürlich nur die halbe Wahrheit bzw. haut einfach nicht ganz hin.
Unbewusst oder halbbewusst fürchten die Menschen mehr, als sie rational erklären würden. Das ist ein alter Hut. Das ist der Rest des magischen Denkens, den wir aus der Kindheit bzw. auch aus der Kindheit der Menschehit als solcher übernommen haben. Viele Klischees des Aberglaubens speisen sich daraus und wirken immer noch bei vielen Leuten, z.B. auf Holz klopfen („unberufen“), damit nicht doch das Schlechte eintrifft oder komische Gefühle, wenn am Freitag, dem 13. einem morgens eine schwarze Katze von links nach rechts über den Weg läuft, wenn man gerade auf dem Wege zum Flughafen ist… :wink:
Es grüßt dich
Branden

Gutentag David1981,

Jemandem verfluchen, Voodoo spielchen, Kopfweh anwünschen etc. wirkt nur dann wenn der andere daran glaubt und weiss dass man ihn unfreundliches wünscht.

Dass es wissenschafts-orientierte Leute sind die jeweils esoterische Diskussionen stören, ist dadurch erklärbar, dass bei diese Leuten die Zugangstüre zum Unbewusstem ein recht solides Schloss hat. Dennoch sind auch bei ihnen resten der „Kindheit der Menschheit“ vorhanden (hier zitiere ich van Branden) und die Angst vor Unbekanntem.

gruss: Ge-es

Kausale Zusammenhänge bei Esoterikern
Hallo,

aber warum funktioniert es bei Leuten, die erstens nicht an so
einen „Kinderkram“ glauben … und zweitens jeden für verrückt
erklären der es tut ?

diese Annahme ist doch auch nicht gerade stark validiert, oder?
Mir persönlich wären solche Androhungen auch sowas von egal.

Aber daneben gibt es ja auch andere psychologische Effekte, die evtl.
eine Rolle spielen könnten.

  1. Nach einer gewissen Zeit wird jede Diskussion langweilig und man loggt
    sich aus. Wenn das dann gerade nach dieser Verfluchung passiert,
    kann man zwar einen kausalen Zusammenhang konstruieren, aber das ist
    auch nur Esoterik.

  2. Jemand, der sich nach einer Weile einer organisierten Gruppe
    gegenübersteht, wird wohl früher oder später den Schwanz einziehen müssen,
    es sein denn er ist selbst machoistisch veranlagt. So ein kollektiver
    Fluch ist also auch nur Ausdruck von Gruppendynamik, die massiv gegen
    ihn läuft und er loggt sich logisch aus.

  3. Dem Verfluchten wurde mit diesem Fluch dann nur bewusst, wie blöd
    so eine Diskussion verlaufen ist. An dem Punkt ist dann mit
    rationalen Argumenten eh nix mehr zu machen. Also wieder ausloggen.

Bis dahin hätte der Fluch an sich überhaupt nix mit dem Abgang zu tun.
Aber selbst unter folgender Annahme bleibt es eine zweifelhafte
Behauptung.

  1. Wenn jemandem so ein Fluch angehängt wird, so wird damit auch eine
    gewisse Grenze im sozialen Miteinander deutlich überschritten.
    Man kann sich in einer Diskussion ausfällig und beleidigend geben,
    aber in dem Moment wo dem Gegenüber Schlechtes an den Hals gewünscht
    wird, ist das Prinzip des kategorischen Imperativs ganz klar verletzt.
    Dann wird es also sehr persönlich und man dringt heftig in die
    Privatsphäre ein. Wenn das auch noch kollektiv erfolgt, kann man nur
    noch reiß aus nehmen, weil man es offensichtlich mit Fanatikern zu
    tun hat, die über die Diskussion hinaus womöglich auch noch weiter
    gehen, um dem Gegner irgend wie zu schaden.
    -> So was passiert ja auch in anderer Form, z.B. durch stalking aller Art.

Ich hätte eigentlich eher erwartet, dass diese Person(en)
sowas gar nicht ernst nehmen - weil es doch eben, wie sie lang
und breit erklärt haben, völlig unmöglich sein muss.

Man muss den Fluch sicher nicht ernst nehmen, aber womöglich muss man
Leute erst nehmen, die so was aussprechen. Dass es dabei nur um einen
Scherz geht, kann man nach einer hitzigen Diskussion nicht mehr klar
feststellen.

Noch verwirrter war ich, als ich mich anschließend noch mit
einer Person dort darüber unterhielt, die meinte, dieser Trick
würde GRADE bei Leuten funktionieren, die NICHT dran glauben
und es wäre gar nicht nötig, sowas wirklich zu machen, die
Androhung dessen würde fast immer reichen.

Ich wurde schon verflucht, aber das ist mir immer noch egal.
Die Frage ist aber immer, an welcher Front man sich befindet.
Ein Fluch von jemandem, der klar als Aussenseiter definiert ist,
spielt sicher keine so große Rolle, wie ein Fluch gegen einen Aussenseiter.

Ihre Schlussfolgerung war, das auch ‚westlich‘ denkende
Menschen tief in ihrem inneren wüssten das es so was gibt,

Das nenne ich wieder mal Esoterik.
Wir wissen zwar, dass es so was nicht gibt aber wir haben doch eine
Psyche, auf der man spielen kann oder die man gezielt manipulieren kann.

und daher käme diese Angst. Das ist natürlich ein religiös
gefärbtes Argument, daher frage ich hier mal, ob es da auch
einen psychologischen Grund für gibt.

Ich denke, es gibt da einen Haufen psychologische Gründe, oder?
Gruß Uwi

Hallo!

  • wobei man natürlich nicht wissen kann ob das verschiedene
    Personen waren.

Und auch nicht, warum er sich letztendlich ausgeloggt hat. Möglicherweise hat dein Scherz bei ihm auch den Eindruck erweckt, daß hier Hopfen und Malz verloren sind … :smile:

Nun frage ich mich, wie das sein kann ??

Auch wenn Du es mehrfach reproduziert hast: Zunächst einmal ein sehr singuläres Phänomen. Das verhalten von zwei, drei, vier Menschen, die Du als rational wahrgenommen hast, lässt sich nicht auf rationale Menschen an sich verallgemeinern. Selbst die Möglichkeit, daß es sich um eine zufällige Häufung handelt, darf nicht außer Betracht gelassen werden. Gab es eigentlich auch mal Fälle, in denen Du den Scherz gemacht hast, und es nicht funktioniert hat?

Da kommen dann leute mit glühendem Eifer rein,

Eine Möglichkeit wäre auch, daß hier jemand auch gegen eigene Urängste anschreibt. So wie man hinter homophoben Menschen manchmal eine latente Homosexualität entdeckt. Der glühende Eifererer möchte letztendlich unbewußt sich selbst überzeugen, daß da nichts dran ist. Möglicherweise hat er auch für seinen Abgang einen rationalen Grund.

Gruß,
Max

Hallo,
ich bin kein Experte in Sachen verfluchen.

Aber anmerken möchte ich: der Mensch handelt keineswegs immer nach seinen individuellen Grundsätzen, Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen. (Un)Bestimmte Situationen lassen ihn auch auf ganz andere - teilweise willkürlich wirkende -Verhaltensmuster zurückgreifen und selbst über lange Zeiträume konstant wiederholte Verhaltensmuster durchbrechen.

Die verschiedenen Paradigmen der Psychologie haben bestimmt etliche Erklärungsansätze dafür. Freudianer werden womöglich Urängste oder Verdrängungen in Betracht ziehen, andere wiederum unkomplette/falsche/nicht ins Schema passende Gestalten/mentale Abbildungen/neuronale Verknüpfungen usw usf.
Andere werden die These aufstellen: man fürchtet am meisten was man verachtet.
Ein gläubiger Christ würde vielleicht die Flüche als solche nicht für voll nehmen, aber unbewusst an die Wirkung von „kollektiven mentalen Ressourcen“ sprich eine Art (für ihn jetzt allerdings negativ) Gebet glauben.

Das ist jetzt mal ganz neutral bemerkt und nicht auf Flüche im Besonderen spezifiert.

Aber, ich muss sagen: deine Frage ist echt interessant. Ich bin auch gespannt auf die weiteren Impulse.

Rs grüßt
Sabine

aber auch herablassend die
Gesamte Unterhaltung zu stören.

Hallo david,

dass deine Schlussfolgerung: Ausloggen = dran glauben
auf wackligen Beinen steht, hast Du schon mehrfach gesagt bekommen.

Was du an Schlechtem von den Skeptiker in den Foren findest, finde ich aber auch umgekehrt bei den Esoterikern gegenüber den nicht Gläubigen.

… man kann es nur verstehen, wenn man sein Bewusstsein schon so weit entwickelt hat …also der Skeptiker ist noch nicht so weit entwickelt!

… Deine Sinne sind verschüttet … früher kannten die Menschen das noch …

Eben unterhielt man sich noch
nett über dieses und jenes, und auf einmal nur noch Stress.
Diese Leute lassen dann auch nichts unversucht, wollen
Beweise, lassen aber nichts gelten, und so weiter. Typische
Trolle eben.

… oder man nennt sie einfach z.B. Trolle…

Gruss
PW

Hallo,

danke für eure vielen Antworten,
die eine Menge Ansätze und neue Ideen gebracht haben,
ich bin daher froh, diese Fragen hier gestellt zu haben…

natürlich wurde auch etwas emotional reagiert, zum glück aber nicht so extrem wie in anderen Themen …

allerdings wollte ich noch mal darauf hinweisen, das es mir in diesem Thema nicht um das für und wieder von Esoterik, Wissenschaft, Flüchen, Weltbildern usw ging.
Auch nicht darum, ob man durch das vertreten einer andersartigen Meinung gleich ein Troll ist, und ob dies sinnvoll ist oder nicht…

ich wollte lediglich wissen, warum leute Angst haben vor Dingen,
die sie selbst objektiv nicht glauben.
Das Forenthema war nur ein Beispiel dafür, es ist ja z.B. auch so,
das ‚aufgeklärte‘ Menschen trotzdem noch, wie hier so schön gesagt wurde,
Angst vor der 13 haben, oder vor der schwarzen Katze, etc.

Ich hatte das nur vorher nicht so ganz verstanden, da es unlogisch ist, sich vor dingen zu fürchten, von denen laut eigener Einschätzung keine Gefahr ausgeht.

Vielen Dank für eure vielen Ideen :smile: