Glauben und Angst vor dem Tod

Hallo an Euch Ältere und Jüngere,

in letzter Zeit habe ich erstaunt festgestellt, daß (für mich überraschend) viele meiner Bekannten an einen persönlichen Fortbestand nach dem Tod glauben.

Bisher habe ich angenommen, die Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Religionsgemeinschaft wäre in etwa so zu verstehen, wie die Zugehörigkeit zu einem Verein oder eher, daher viel fester, zu einem bestimmten Kulturkreis.

Daraufhin habe ich festzustellen versucht, welche Bekannte Angst vor dem Tod (nicht vor dem Sterben) haben.

Wieder überraschend war es, daß die „Gläubigen“ sich zumindest gleich wie die „Ungläubigen“ vor diesem letzten, unabwendbarem Zustand fürchten. Das ist doch nicht logisch, oder?

Oder irre ich mich, und die „Gläubigen“ nehmen den Tod doch nicht als so schrecklich an, weil es ja für sie sicher ist, daß sie fortbestehen werden?

Meine Frage hat nichts mit Religion zu tun sondern nur mit Neugier, wie man im Allgemeinen so denkt.

Grüße, Rudolf

Hallo RuBa,

meine Erfahrung nach hat die Angst vor dem Tod weniger mit der Religionszugehörigkeit als mit der ‚Qualität‘ des Lebens zu tun. Menschen, die ein erfülltes Leben gelebt haben, haben meist wenig bis keine Angst davor. Menschen, die meinen irgendwas verpasst zu haben, klammern sich unglaublich ans Leben. Erfüllt läßt sich m.E. nicht objektiv beschreiben. Menschen, die ein scheinbar langweiliges Leben geführt haben können es für sich selber als sehr erfüllt empfinden, solche, die ein scheinbar aufregendes/kutzweiliges Leben hatten, innerlich völlig unerfüllt sein. Das gilt erstaunlicherweise nicht nur für alte Menschen. Ich hab auch recht junge Menschen gekannt, die z.B. recht früh an einer Krankheit verstarben. Was sehr wohl mit ‚erfülltfühlen‘ einhergeht, ist Ausgeglichenheit.

Gandalf

unheimlich…weil sie wahr sind vor allem…

Für meinen Teil kann ich nur sagen: ich lebe, weil ich denke,
dass ich nicht genug bekommen kann, aber immer mit der - leider - wahrlich - Lebenssucht. Süchtig nac h Leben, sonst wär ich längst tot.
Aber Dein letzter Satz hat mich doch zum Nachdenken gebracht:

Was sehr wohl mit ‚erfülltfühlen‘ einhergeht, ist
Ausgeglichenheit.

…denn dass war ich noch niemals…Warum wohl?

Du hast da wahrhaftig etwas sehr philosophisches und gleichzeitig emotionales gesagt.

Ich bin fast geneigt dazu, danke zu sagen…wenn ich mir nicht
so dämlich dabei vorkommen würde…

LG
hd

Tod -Reise in das Unbekannte
Hallo Rudolf,

in letzter Zeit habe ich erstaunt festgestellt, daß (für mich
überraschend) viele meiner Bekannten an einen persönlichen
Fortbestand nach dem Tod glauben.

Sicher, jeder möchte doch weiter existend sein. Außerdem gibt es eine Menge Bücher über Nahtoderfahrungen (z. B. Moody u. a.).

Wieder überraschend war es, daß die „Gläubigen“ sich zumindest
gleich wie die „Ungläubigen“ vor diesem letzten, unabwendbarem
Zustand fürchten. Das ist doch nicht logisch, oder?

Doch schon. Die Gläubigen haben sich halt nicht immer so an die Regeln ihrer betreffenden Kirche/Sekte gehalten und haben Angst vor der in ihrer Religion beschriebenen Strafe. Die anderen haben Angst vor dem großen Nichts.

Das Unbekannte weckt immer erst Angst, bis es betreten wird und man erkennt, daß die Angst überhaupt nicht nötig war. Außerdem wird in unserer Gesellschaft der Tod geoutet. Es wird meist vermieden, darüber zu reden, bzw. mit Sterbenden Kontakt aufzunehmen.

Gruß
Monika
(mitnahtoderfahrung)

Hallo,Monika

(mitnahtoderfahrung)

ich stelle mal einen meiner Texte von 1994 hier rein, Du wirst ihn evtl. verstehen

"Der Tod beruhigte sie immer schon
hatte kaum noch Gewicht
Nun konnte sie ihn erkennen auch auf ihrem Gesicht

Das macht sie unruhig
weil sie nachdenken muß
und die Ergebnisse langer Nächte
nicht mehr sie betreffen

möglicherweise

Klischee´s wie „ewige Reise“
„letzter Gang“ und so weiter
wecken keinerlei Neugierde mehr

Nur eine Begierde:
so vieles noch zu tun
was sie nie getan

Ihre Augen werden so schnell müde
Der Geist ist lange schon voraus
Tote Gesten
verinner(lichte) Mimik

Leben allenfalls im Augenblick
der so schnell vergeht
wie das Leben selbst vergangen ist

Alles was sie noch sagt, bleibt unverstanden
Gewiss ist, dass man irgendwann versteht

Es bleibt alles, wie es ist
und doch so anders
aber nur für sie
im Spiegel ihrer Selbstvergängnis

Ihr Leben war Liebe
mit übervollen Händen ausgegeben
den Tod zu lieben aber
ist unvorstellbar schwer

Doch ist es

Das Mindeste, was sie verlangt
und das einzige, was ihr bleibt

Es sei denn, sie kämpft noch einmal drum
und stirbt nicht längst vor ihrer Zeit.
es ist zu früh

d
(1994)

Hallo Rudolf,
Solange wir einigermassen gesund und fit sind ist der Tod für uns kein Thema, obwohl er uns theortisch jede Sekunde ereilen könnte (Unfall, Herzschlag etc.).
Der Tod wird heute, anders als früher, aus unserem Leben ausgeklammert, in Krankenhäuser etc. verbannt.
Erst dann, wenn z.B. durch den Tod eines uns nahestehenden Menschen, das Thema akut wird, beschleicht uns auch so etwas wie Angst; werden wir daran erinnert, dass auch wir nicht unsterblich sind.
Ich habe, als ich noch in der Krankenpflege tätig war, einige Menschen in ihrem Sterben begleitet und habe fast immer die Erfahrung machen können, dass diese Menschen es gespürt haben, dass sie sterben werden und habe erfahren, dass dieses Sterben meist ohne große Angst vonstatten ging. Diejenigen, die an ein „Leben nach dem Tod“ im religiösen Sinne glauben, haben es in dieser Situation mit Sicherheit leichter, denn für sie steht das Ziel der Reise einigermaßen fest.
Der „Ungläubige“ hat es hier nicht so einfach, denn er weiss nicht, was mit ihm geschehen wird. Uns macht nun mal nichts so sehr Angst, wie das Ungewisse.
Gruß
Crotalus

Herzschlag etc.).

bedeutet: ich lebe, da mein Herz schlägt…:smile: und
.

Der „Ungläubige“ hat es hier nicht so einfach, denn er weiss
nicht, was mit ihm geschehen wird. Uns macht nun mal nichts so
sehr Angst, wie das Ungewisse.

auf jedem Schlachtfeld wurde nicht, oh Lenin etc., gerufen, sondern
oh Gott, auch wenn man noch so ungläubig war/ist…

ich hab auch viele Menschen in den Tod begleitet, aber es ist nicht immer friedlich verlaufen, ob gläubig oder nicht, wir hängen an unserem Leben, der eine mehr, der andere weniger.

Lg
Hd

Todesnähe
Hallo Dilarah,

ein schönes Gedicht.

Zu mir selbst, ich hatte damals meine Todesnäheerfahrung vor mehr als 20 Jahren bei einem Selbstmordversuch. Diese Erfahrung hat mich nicht nur von meinen Suizid-Versuchen geheilt, sondern ich habe auch viel darüber erfahren, z. B. warum ich es tue. Außerdem ist der Tod zu einem Freund geworden, der die Tür schon selbst öffnet, wenn ich meine Aufgaben hier auf Erden erledigt habe und nach Hause darf. Damals wurde mir drüben die Wahl gegeben, selbst zu entscheiden, ob ich das Leben beenden oder weitermachen will. Wie du siehst, habe ich mich fürs weitermachen entschieden.

Nachdenkliche Grüße
Monika

ich stelle mal einen meiner Texte von 1994 hier rein, Du wirst
ihn evtl. verstehen

"Der Tod beruhigte sie immer schon
hatte kaum noch Gewicht
Nun konnte sie ihn erkennen auch auf ihrem Gesicht

Das macht sie unruhig
weil sie nachdenken muß
und die Ergebnisse langer Nächte
nicht mehr sie betreffen

möglicherweise

Klischee´s wie „ewige Reise“
„letzter Gang“ und so weiter
wecken keinerlei Neugierde mehr

Nur eine Begierde:
so vieles noch zu tun
was sie nie getan

Ihre Augen werden so schnell müde
Der Geist ist lange schon voraus
Tote Gesten
verinner(lichte) Mimik

Leben allenfalls im Augenblick
der so schnell vergeht
wie das Leben selbst vergangen ist

Alles was sie noch sagt, bleibt unverstanden
Gewiss ist, dass man irgendwann versteht

Es bleibt alles, wie es ist
und doch so anders
aber nur für sie
im Spiegel ihrer Selbstvergängnis

Ihr Leben war Liebe
mit übervollen Händen ausgegeben
den Tod zu lieben aber
ist unvorstellbar schwer

Doch ist es

Das Mindeste, was sie verlangt
und das einzige, was ihr bleibt

Es sei denn, sie kämpft noch einmal drum
und stirbt nicht längst vor ihrer Zeit.
es ist zu früh

d
(1994)

Hallo Monika, ich versuche seit einem Jahr zu Worte zu kommen und kann es noch immer nicht.

Aber ich hatte keine Wahl und ich wollte alles, nur n i c h t sterben und damit muß ich leben und lebe irgendwie
Mal verdammt gut, mal weniger. … und das weniger hasse ich mitunter.

Kein Gedicht.
Nur mein Leben.

d.

Zu mir selbst, ich hatte damals meine Todesnäheerfahrung vor
mehr als 20 Jahren bei einem Selbstmordversuch. Diese
Erfahrung hat mich nicht nur von meinen Suizid-Versuchen
geheilt, sondern ich habe auch viel darüber erfahren, z. B.
warum ich es tue. Außerdem ist der Tod zu einem Freund
geworden, der die Tür schon selbst öffnet, wenn ich meine
Aufgaben hier auf Erden erledigt habe und nach Hause darf.
Damals wurde mir drüben die Wahl gegeben, selbst zu
entscheiden, ob ich das Leben beenden oder weitermachen will.
Wie du siehst, habe ich mich fürs weitermachen entschieden.

Nachdenkliche Grüße
Monika

ich stelle mal einen meiner Texte von 1994 hier rein, Du wirst
ihn evtl. verstehen

"Der Tod beruhigte sie immer schon
hatte kaum noch Gewicht
Nun konnte sie ihn erkennen auch auf ihrem Gesicht

Das macht sie unruhig
weil sie nachdenken muß
und die Ergebnisse langer Nächte
nicht mehr sie betreffen

möglicherweise

Klischee´s wie „ewige Reise“
„letzter Gang“ und so weiter
wecken keinerlei Neugierde mehr

Nur eine Begierde:
so vieles noch zu tun
was sie nie getan

Ihre Augen werden so schnell müde
Der Geist ist lange schon voraus
Tote Gesten
verinner(lichte) Mimik

Leben allenfalls im Augenblick
der so schnell vergeht
wie das Leben selbst vergangen ist

Alles was sie noch sagt, bleibt unverstanden
Gewiss ist, dass man irgendwann versteht

Es bleibt alles, wie es ist
und doch so anders
aber nur für sie
im Spiegel ihrer Selbstvergängnis

Ihr Leben war Liebe
mit übervollen Händen ausgegeben
den Tod zu lieben aber
ist unvorstellbar schwer

Doch ist es

Das Mindeste, was sie verlangt
und das einzige, was ihr bleibt

Es sei denn, sie kämpft noch einmal drum
und stirbt nicht längst vor ihrer Zeit.
es ist zu früh

d
(1994)

Hallo an Euch Ältere und Jüngere,
in letzter Zeit habe ich erstaunt festgestellt, daß (für mich
überraschend) viele meiner Bekannten an einen persönlichen
Fortbestand nach dem Tod glauben.

Hallo Rudolf,
da ich mich gerade als wahrscheinlich jüngster in diesem Brett rumtreibe (29), mal ein Kommentar von mir zu deinen Gedanken.
Ich bin weder ungläubig noch streng gläubig, dennoch macht sich wohl jeder (in jedem Alter) einmal Gedanken über den Tod.
Wie gesagt, ich meine nicht das Sterben an sich, sondern „das was danach ist“.
Mal die Religion, welche auch immer, aussen vor gelassen; es lässt sich irgendwie leichter vorstellen, was danach sein „könnte“, als sich vorzustellen, dass danach „gar nichts“ ist.
Denn, was ist" gar nichts"? Das kennen wir als Mensch doch überhaupt nicht; egal, ob du schläfst, mal wieder eine Stunde lang „gar nichts“ machst oder 3 Monate im Koma liegst, irgendwas" ist" immer (und du bekommst halt mehr oder weniger davon mit).
Ich denke für mich, dass die Unvorstellbarkeit des „Nichts“ viele sonst auch ungläubige irgendwann an " irgendetwas danach" glauben lässt, was auch immer das sei.
Weiter will oder kann ich das jetzt nicht ausführen, aber es würde mich interessieren, was du darüber denkst.
Grüsse,
Markus

Hallo Markus,

Mal die Religion, welche auch immer, aussen vor gelassen; es
lässt sich irgendwie leichter vorstellen, was danach sein
„könnte“, als sich vorzustellen, dass danach „gar nichts“ ist.
… aber es würde mich interessieren, was du darüber denkst.

für mich ist meine Existenz ein Wunder, eingebettet in den unvorstellbaren Bauplan der Sterne, Planeten bis zum Leben. Ob das ganze auf Schöpfung oder Zufall beruht, werde ich wohl nie erfahren. An den alten Herrn mit weißem Bart glaube ich nicht.

Nun, dank unglaublich vieler Zufälle bin gerade ICH entstanden (um die Zufälle zu anzudeuten, meine Eltern hätten sich gar nicht treffen müssen), ich bin dafür dankbar und glücklich.

Oben erwähnter Bauplan sieht (meiner Meinung nach) vor, daß nichts ewig dauert, ein Menschenleben durchschnittlich weniger als ein Jahrhundert. Danach kommt man wieder in den Kreislauf des Lebens und füttert die Würmer oder ist anders nützlich.

Ich bin damit zufrieden und wie gesagt glücklich, daß mir das vergönnt war (ist).

Grüße, Rudolf

Hallo Monika,
Deine Nahtoderfahrungen würden mich sehr interessieren. Vielleicht kannst Du mich einmal kontaktieren und mir mehr darüber berichten. Ich würde mich sehr freuen, da ich zwar selbst noch keine Erfahrungen auf dem Gebiet gemacht habe, aber schon einige Bücher darüber gelesen habe.
Gruß ReBo

Mit Verspätung, zwei Trouvaillen:
Alter in Ägypten

_Nur wenige dürften allerdings so glücklich auf ihr Leben zurückgeschaut haben wie der Hohepriester Nebneteru aus der 22. Dynastie, der auf seiner Statue die Inschrift anbringen ließ mit dem Schluß:
»Ich habe mein Leben in Freuden verbracht, ohne Sorgen und ohne Krankheit. …
Versucht, daß gleiches euch widerfährt!«

Wie in jedem Leben stritten im Gemüt der Ägypter zwei entgegengesetzte Streben: die Lebenshoffnung und die Todessehnsucht. Am Ende ihres Weges schauten die einen auf die Stationen von Kummer und Mühen zurück, verfielen in Schwermut und wünschten sich Befreiung von aller Pein. Die meisten aber becherten nach Vermögen und sahen weiterer irdischer Zukunft erwartungsvoll entgegen.

Die klassische Beschreibung des Alters verdanken wir der Lebenslehre des Ptahhotep aus dem Alten Reich:

Die Glieder sind hinfällig, die Schwäche nimmt zu.
Die Kraft schwindet dahin, weil das Herz müde geworden ist.
Der Mund ist stumm, er kann nicht mehr sprechen.
Die Augen sind matt, die Ohren taub. …
Der Geist ist vergeßlich, er kann sich nicht mehr an gestern erinnern.
Die Knochen tun weh im Alter.
Aufstehen und Sichsetzen sind gleichermaßen beschwerlich.
Was einmal gut war, ist schlecht geworden.
Der Geschmack ist völlig verschwunden.
Die Nase ist verstopft, sie kann nicht mehr atmen.
Was das Alter aus den Menschen macht, ist der Übel ärgstes.
Die Nöte eines solchen Alterswracks halten den Leib besetzt.

Anders leidet der Lebensmüde, der im Gespräch mit seiner Seele nach Gerechtigkeit lechzt. Er sehnt sich ins Jenseits, wo das Recht waltet, und bringt diese seine Sehnsucht am Schluß des Dialogs mit dem schönen Gedicht zum Ausdruck:

Der Tod steht heute vor mir wie die Genesung eines Kranken,
wie wenn man nach einem Leiden wieder ausgeht.
Der Tod steht heute vor mir wie der Duft von Myrrhen,
wie wenn man an windigem Tage unterm Sonnensegel sitzt.
Der Tod steht heute vor mir wie der Duft von Lotosblumen,
wie wenn man am Rande der Trunkenheit weilt.
Der Tod steht heute vor mir wie das Ende eines Unwetters,
wie wenn man vom Kriege nach Hause kommt.
Der Tod steht heute vor mir wie eine Entwölkung des Himmels,
wie wenn einer entdeckt, was ihm bisher verborgen war.
Der Tod steht heute vor mir, wie wenn jemand sein Haus wiedersieht,
nachdem er viele Jahre in Gefangenschaft verbracht hat._

Aus: Emma Brunner-Traut, Alltag unter Pharaonen

50+

Hat man das fünfzigste Jahr überschritten, sehnt man sich nach nichts mehr und fürchtet nichts mehr als neue Liebe.

Aus: Franz Werfel, Der Stern der Ungeborenen

Wie gesagt: Lesefrüchte

Fritz, der sich auf seinen 50sten vorbereitet