Go the F**k to Sleep

Hallo zusammen,

angeregt durch das Thema Fernsehen frage ich mich gerade, warum Eltern so wenig Ehrlichkeit dahingehend aufbringen können, wie ihr tatsächliches Leben mit Kindern ist? Was wird da alles erzählt, was man anhand von 1001 Beweis oder mindestens Indiz jederzeit problemlos widerlegen kann. Was wird da für ein Idealbild gemalt, was - ohne dass dies auch nur ansatzweise eine tatsächlich vorwerfbare Vernachlässigung der Kinder bedeuten würde - nicht ansatzweise stimmt? Warum baut man damit so hohe Hürden für „ganz normale Eltern“, an denen man nur scheitern kann? Warum schafft man damit insbesondere noch höhere Hürden für die Eltern, denen gar nicht so viel fehlt, auf einen gesunden, vertretbare Weg zu kommen, und die es dann lieber gleich sein lassen, weil sie „vorgeschriebenen“ Ziele eh nie erreichen können und werden?

„Go the F**k to Sleep“ stammt von einem durchaus seriösen amerikanischen Literaturprofessor und Autor, der schon so manchen Preis für „anständige“ Literatur gewonnen hat, und verpackt in
Versform den Frust eines ganz normalen Vaters seine kleine Tochter ins Bett zu bekommen. Politisch vollkommen inkorrekt enthält jeder Vers genau die Schimpfwörter, die Mütter und Väter in solchen Situationen alle gerne mal denken, aber normalerweise eben nicht auszusprechen wagen. Das Werk hat bei Amazon.com aktuell Verkaufsrang 2 unter den Büchern. Wer die wohl alle gekauft hat?

Also vielleicht einfach mal mehr Mut zur Ehrlichkeit!

Gruß vom Wiz

Hi,

angeregt durch das Thema Fernsehen frage ich mich gerade,
warum Eltern so wenig Ehrlichkeit dahingehend aufbringen
können, wie ihr tatsächliches Leben mit Kindern ist?

ich frage mich, wo du das hernimmst. Im Baum unten unterstellst du denen, die beispielsweise ihr Kind noch nicht fernsehen lassen, damit praktisch eine Lüge. Hier IST es so, wie ich es unten beschrieben habe, warum sollte ich da was erzählen, was nicht stimmt?

Ich glaube vielmehr, dass sich die, die es anders halten, einfach nicht oder weniger zu Wort melden. Wäre ich Verfechter des TV-Konsums ab Säuglingsalter (um es mal zu überspitzen), dann würd ich den Teufel tun, das hier preiszugeben, weil ich die landläufige Meinung dazu kenne. Dann würd ich aber GAR nichts zum Thema sagen und mir keine Geschichten ausdenken.

So, warum also unterstellst du hier Dinge, die du nicht nachprüfen kannst? Damit machst du jede Diskussion zunichte, weil man dann einfach niemanden mehr ernstnehmen darf und kann.

Gruß
Cess

Hallo Wiz,

kennst du Sandkastenwettbewerbe?
Die Mamas sitzen am Rand des Sandkastens auf dem Spielplatz, wahlweise auch auf einer Bank, und prahlen damit was ihre Sprösslinge schon können, seit wann sie sauber sind etc.

Kennst du auch eine alte Werbung: mein Haus, mein Boot, mein Auto

im Endeffekt beides das Gleiche. Männer prahlen eher mit Geld etc, Frauen über die Kids.

Gruß
Kati

Hi,

im Endeffekt beides das Gleiche. Männer prahlen eher mit Geld
etc, Frauen über die Kids.

und du meinst, jedes Klischee zu bedienen macht es besser? Wie ich schon zu Wiz schrieb: Wo bleibt da die Möglichkeit, zu diskutieren. Wenn ich jedem, der Dinge anders macht als ich, eine Lüge unterstelle, dann mache ich jede Diskussion zunichte und lasse nur noch meine Meinung zu.

Von dir Genanntes gibt es sicher, aber was ist mit der „Mutti“, die sich einfach nur darüber freut, dass ihr Kind tatsächlich grad was Neues kann und das mitteilen möchte? Und dann in die Schublade „jaja, erzählen kann die viel, die will doch nur angeben“ gesteckt wird.

Soll man sich, um nicht in diese Schubladen zu passen, tatsächlich Geschichten ausdenken oder gleich abwerten? Oder gar nichts sagen? Wenn ich mich freue, dass meine Tochter was tolles Neues kann - soll ich es dann für mich behalten? Oder ein „aber dafür kann sie das und das noch nicht“ hinten dran hängen, damit ich nicht als „typische Sandkastenmutti“ dastehe?

Ich freue mich immer über Geschichten anderer Mütter, was ihre Kinder können und machen, weil ich weiß, wie stolz man da ist und wie gerne man es erzählen möchte. Und ich bin auch in der Lage zu sagen „ist ja toll - meine kann das noch nicht“, wenn es dann so ist. Obwohl man mir das hier jetzt vermutlich nicht glaubt, weils nicht ins Bild passt …

Gruß
Cess

Servus,

na ja, aber ein bisschen ist schon was dran, was Kati hier meint.

Wenn ich mich allein in meinem Bekanntenkreis umhöre, da wird ständig damit geprahlt wer schon durchschläft, krabbeln kann, läuft, spricht etc.

Bei Nachfrage stellt sich dann nicht selten heraus, dass schon 5 Stunden Schlaf am Stück als „Durchschlafen“, Rückwärtiges „schieben“ im Liegestütz als „Krabbeln“, Stehen im Laufstall als „Laufen“ und unverständliches Brabbeln als „Reden“ verkauft werden.

Gerade bei der Bewertung der eigenen Erziehungsleistungen und der Leistungen des eigenen Kindes sind Eltern wirklich äußerst subjektiv (ich denke so weit darf man schon pauschalisieren).

Ob das jetzt Elternstolz bzw. Mutterliebe, notorische Flunkerei oder Geltungsbedürfnis ist, lasse ich mal dahingestellt, jedoch findet man diese Aussagen bevorzugt bei klassischen „Mütter/Eltern-Treffen“ am Spielplatz, in der KiTa oder beim Babyschwimmen.

Gruß,
Sax

4 Like

Ja,

Bei Nachfrage stellt sich dann nicht selten heraus, dass schon
5 Stunden Schlaf am Stück als „Durchschlafen“, Rückwärtiges
„schieben“ im Liegestütz als „Krabbeln“, Stehen im Laufstall
als „Laufen“ und unverständliches Brabbeln als „Reden“
verkauft werden.

ich kenne das ja auch. Grad wenn man Eltern älterer Kinder hört, was die früher alles wann konnten, bekommt man oft den Eindruck, dass sie sich einiges schön reden oder dass da eine gewisse Amnesie herrscht, was das Alter des Kindes damals angeht.

(Durchschlafen ist übrigens definiert als 6 h am Stück, by the way, wobei das für mich persönlich auch irrelevant ist und ich mind. 8 h bräuchte, um von durchschlafen zu sprechen. Und unverständliches Brabbeln: Eltern verstehen ihre Kinder meist deutlich besser als Außenstehende, da kann man schon mal überrascht sein, wenn man ganze Sätze versteht und jemand anderes sagt: Naja, aber Reden ist das jetzt nicht.)

Gerade bei der Bewertung der eigenen Erziehungsleistungen und
der Leistungen des eigenen Kindes sind Eltern wirklich äußerst
subjektiv (ich denke so weit darf man schon pauschalisieren).

Ja, ist ja auch normal, irgendwie.

Ob das jetzt Elternstolz bzw. Mutterliebe, notorische
Flunkerei oder Geltungsbedürfnis ist, lasse ich mal
dahingestellt, jedoch findet man diese Aussagen bevorzugt bei
klassischen „Mütter/Eltern-Treffen“ am Spielplatz, in der KiTa
oder beim Babyschwimmen.

Mag sein, dieses extreme „MEIN Kind kann schon“ habe ich selten kennengelernt. Eher das beschriebene stolze „cool, weißt du was sie heut gemacht hat?“ Und das stört mich nun gar nicht.

Und hier ging es ja eher, angelehnt an den Artikel unten, darum, dass die, die beispielsweise „behaupten“, es gäbe keinen TV-Konsum vor und mit dem Kind, über einen Kamm geschert werden als „jaja, erzählen kann man viel“ und das sogar Grund ist, einen eigenen Thread zu eröffnen. Das ärgert mich maßlos, weil es hier überhaupt kein Problem darstellt und auch kein Thema ist, den TV tagsüber auszulassen.

Gruß
Cess

Hallo,

ich unterstelle hier keiner individualisierten Person eine Lüge, greife aber einfach auf folgende Erfahrungen zurück, die nun mal auch nicht gelogen sind:

  1. Kinder von Eltern die vom totalen Fernsehverbot berichten (nicht gerade wenig) kennen sich erstaunlich gut mit dem Programm und der Werbung aus. Und ich gebe zu, dass in mir da gerne mal der verhinderte Staatsanwalt durchscheint, der eine gewisse diebische Freude dabei empfindet durch geeignete Fangfragen mal wieder jemanden zu überführen :wink: Das gelingt eigentlich regelmäßig. Ja, die Welt ist schlecht!

  2. Bei Anrufen bei entsprechenden Familien läuft im Hintergrund durchaus erkennbar Kinderprogramm im Fernsehen, und rutscht dann auch schon mal ein:„Mach mal den Fernseher aus/leise“ raus

  3. Bei unangemeldeten Besuchen dito.

Gruß vom Wiz

3 Like

Servus,

ich glaube bei der ganzen TV-Diskussion ging es dem UP weniger um das TV-sehen an sich, als um das Bedürfnis vieler Eltern sich als die absoluten Supererzieher darzustellen.

Ob man das nun unbedingt am TV-Konsum festmachen muss, lasse ich mal dahingestellt.

Jedoch gibt es gerade in Internet-Foren (nicht nur bei w-w-w) zahlreiche Eltern, die alle Erziehungs-Bücher gelesen haben, alles richtig machen, immer die Ruhe bewahren, immer nur die pädagogisch korrekte Verhaltensweise an den Tag legen, etc.

Gleichzeitig werden von diesen „Super-Eltern“ die wenigen Anderen, die menschliche Fehler oder Unzulänglichkeiten zugeben, oft erbarmungslos niedergemacht oder zumindest mit Verachtung gestraft.

In Wirklichkeit wird es die perfekten Eltern jedoch niemals geben, weil 1. Eltern erziehungstechnisch in der Regel immer Amateure sind
2. Eltern auch nur Menschen sind
3. Selbst die Erziehungswissenschaften regelmäßig neue Konzepte aufstellen, wie man „richtig“ erziehen sollte
4. Jedes Kind anders ist

In dieser Atmosphäre ist das UP durchaus nachvollziehbar.

Gruß,
Sax

4 Like

Probleme der Konsum- und Leistungsgesellschaft
Hi auch,

ja, so ist das nun mal. Ich denke das sind einfach Auswirkungen der Konsum- und Leistungsgesellschaft: Mein Auto und Haus muss größer sein als deins, mein Ding länger, mein Bauch „sixpackiger“ und meine Kids eben schlauer.
Was glaubst du, wie komisch ich oft angeschaut werde, wenn ich erzähle, dass meine Tochter ab Herbst „nur“ auf die Hauptschule geht – und das als Tochter eines Ingenieurs (das muss man sich mal vorstellen…) Da wird einem ja schon fast unterstellt, dass man sich nicht um sein Kind kümmert…

Das ist doch das Traurige: Wir sollen perfekt aussehen, und perfekt benehmen, perfekt konsumieren und perfekte Kinder haben – aber nur zwei, sonst biste ja asozial …

Just my 2 ct und grüße zurück

Leo

3 Like

Ok,

ich glaube bei der ganzen TV-Diskussion ging es dem UP weniger
um das TV-sehen an sich, als um das Bedürfnis vieler Eltern
sich als die absoluten Supererzieher darzustellen.

mag sein, obwohl ich das so nur bei einer Userin wahrgenommen habe.

Jedoch gibt es gerade in Internet-Foren (nicht nur bei w-w-w)
zahlreiche Eltern, die alle Erziehungs-Bücher gelesen haben,
alles richtig machen, immer die Ruhe bewahren, immer nur die
pädagogisch korrekte Verhaltensweise an den Tag legen, etc.

Ich finde, gerade hier bei w-w-w passiert das noch überraschend selten. Ich zum Beispiel äußere mich halt eher dann, wenn ich was beizutragen habe - also wenn jemand sagt „hier läuft dit und dat nicht“ und ich kenne eine potenzielle Lösung, weil es hier klappt, dann schreib ich das. Mit „ja, hier läuft das auch schief“ halte ich mich eher zurück, weil es keinem weiterhilft. Da entsteht dann im Gesamtbild schnell der Eindruck, dass hier alles super läuft und ich mich als perfekt darstellen möchte, was ich aber ganz sicher nicht bin. Und ich kann mir gut vorstellen, dass das bei vielen anderen ähnlich ist und so eben dieser Eindruck entsteht. Man steht doch lieber mit Ratschlägen parat als noch die eigenen Probleme zur Frage dazuzupacken.

Gleichzeitig werden von diesen „Super-Eltern“ die wenigen
Anderen, die menschliche Fehler oder Unzulänglichkeiten
zugeben, oft erbarmungslos niedergemacht oder zumindest mit
Verachtung gestraft.

Ja, das sehe ich auch eher als Problem.

In Wirklichkeit wird es die perfekten Eltern jedoch niemals
geben, weil 1. Eltern erziehungstechnisch in der Regel immer
Amateure sind
2. Eltern auch nur Menschen sind
3. Selbst die Erziehungswissenschaften regelmäßig neue
Konzepte aufstellen, wie man „richtig“ erziehen sollte
4. Jedes Kind anders ist

Richtig. Erziehung sieht hier auch eher so aus, dass ich eine Richtung ausprobiere und mir manchmal selber eingestehen muss, dass es für uns die falsche war und dann „von vorne“ anfange.

Gruß
Cess

2 Like

Hallo Wiz, über dieses Buch habe ich vorhin im Radio eine Besprechung gehört. Einfach köstlich!

To.i

Hallo Wiz,

angeregt durch das Thema Fernsehen frage ich mich gerade,
warum Eltern so wenig Ehrlichkeit dahingehend aufbringen
können, wie ihr tatsächliches Leben mit Kindern ist?

Warum sollte man für andere etwas anders darstellen
als es ist? Um besser dazustehen?

Was wird da alles erzählt, was man anhand von 1001 Beweis oder
mindestens Indiz jederzeit problemlos widerlegen kann.

Siehst Du. Wozu also?

Was wird da für ein Idealbild gemalt, was - ohne dass dies auch
nur ansatzweise eine tatsächlich vorwerfbare Vernachlässigung
der Kinder bedeuten würde - nicht ansatzweise stimmt? Warum
baut man damit so hohe Hürden für „ganz normale Eltern“, an
denen man nur scheitern kann? Warum schafft man damit
insbesondere noch höhere Hürden für die Eltern, denen gar
nicht so viel fehlt, auf einen gesunden, vertretbare Weg zu
kommen, und die es dann lieber gleich sein lassen, weil sie
„vorgeschriebenen“ Ziele eh nie erreichen können und werden?

Weil der Mensch so ist? Man hat also den Wunsch,
sich an die maßgebliche Propaganda zu halten, ins-
besondere wenn man diese nicht durchschaut.

„Go the F**k to Sleep“ stammt von einem durchaus seriösen
amerikanischen Literaturprofessor und Autor,

Wiki: „American author and professor of fiction“

Hehe! Ich weiss ja noch von früher, daß Du aus beruflichen
Gründen ein trainierter Nach-Äußerlichkeitenbeurteiler
sein müßtest; aber ein „Professor“ in den USA und noch
dazu einer für „Fiction“ stellt meiner Meinung nach
keine besonders hohe „Sozialisierungsleistung“ dar :wink:

der schon so manchen Preis für „anständige“ Literatur
gewonnen hat,

Schon mal? Vom Verein fiction-schreibender Professoren?

und verpackt in Versform den Frust eines ganz normalen
Vaters seine kleine Tochter ins Bett zu bekommen.

Ich halte das Buch für ziemlich albern geschrieben
(kenne nur die eng. Version), aber die Bilder sind
gut. Es ist aber imho nicht nur albern, sondern -
wenn er das ad personam „Tochter“ bezieht, grenzwertig.

 ...
 My life is a failure, I’m a shitty-ass parent.
 Stop fucking with me, please, and sleep.
 ...

und zwar so in jeder Strophe.
Das sind imho „Unterschichtenspäße“.
Na ja, wems gefällt …

Politisch vollkommen inkorrekt enthält jeder Vers
genau die Schimpfwörter, die Mütter und Väter in
solchen Situationen alle gerne mal denken, aber
normalerweise eben nicht auszusprechen wagen.

Ich muß Dir ehrlich sagen, daß ich gar nicht
auf die Idee gekommen wäre, mein Kind dafür
zu hassen, daß es nicht einschlafen konnte.
Im Gegenteil, die abendlichen ruhigen und langen
Gespräche mit meiner Tochter (jetzt 9) zwischen 3
und 6 Jahren schätze ich im nachhinein als
wichtig und richtig ein. Ich hatte natürlich
auch nicht das Problem, in der halben oder einen
Stunde Fußball oder Nachrichten gucken zu müssen :wink:

Das Werk hat bei Amazon.com aktuell Verkaufsrang 2
unter den Büchern. Wer die wohl alle gekauft hat?

Trifft den Massengeschmack des „weltlosen Menschen“.
So wie Coca Cola, Sony Playstation, Nintendo (3)DS usw.
Weiterhin kann der moderne Mensch nun wieder entspannter
der Propaganda folgen, daß Kinder unbedingt alleine
einschlafen müssen und zwar in einem abgetrennten
Zimmer.

Also vielleicht einfach mal mehr Mut zur Ehrlichkeit!

Für mich würde die Ehrlichkeit zunächst bei der
Bewertung der „modernen“ Propagandalügen und
bei der Infragestellung der eigenen Bequemlichkeit
beginnen.

Grüße

CMБ

Hallo,

angeregt durch das Thema Fernsehen frage ich mich gerade,
warum Eltern so wenig Ehrlichkeit dahingehend aufbringen
können, wie ihr tatsächliches Leben mit Kindern ist?

Warum sollte man für andere etwas anders darstellen
als es ist? Um besser dazustehen?

Vielleicht aus Angst auf wenig Verständnis in ihrer Umwelt dafür zu stoßen, dass sie gelegentlich/öfter - eigentlich ganz normale - Probleme mit Ihren Kindern haben?

Was wird da alles erzählt, was man anhand von 1001 Beweis oder
mindestens Indiz jederzeit problemlos widerlegen kann.

Siehst Du. Wozu also?

Warum begehen Menschen Verbrechen mit klassisch hohen Aufklärungsquoten?

Was wird da für ein Idealbild gemalt, was - ohne dass dies auch
nur ansatzweise eine tatsächlich vorwerfbare Vernachlässigung
der Kinder bedeuten würde - nicht ansatzweise stimmt? Warum
baut man damit so hohe Hürden für „ganz normale Eltern“, an
denen man nur scheitern kann? Warum schafft man damit
insbesondere noch höhere Hürden für die Eltern, denen gar
nicht so viel fehlt, auf einen gesunden, vertretbare Weg zu
kommen, und die es dann lieber gleich sein lassen, weil sie
„vorgeschriebenen“ Ziele eh nie erreichen können und werden?

Weil der Mensch so ist? Man hat also den Wunsch,
sich an die maßgebliche Propaganda zu halten, ins-
besondere wenn man diese nicht durchschaut.

Und dann muss man das einfach so schulterzuckend hinnehmen, oder darf man da den Finger in die Wunde legen? Insbesondere dann, wenn die Angst offen über Probleme sprechen zu können dazu führt, dass Familien in denen es ernste Probleme gibt, sich nicht trauen Hilfe zu suchen? Das ist mir ein zu hoher Preis.

„Go the F**k to Sleep“ stammt von einem durchaus seriösen
amerikanischen Literaturprofessor und Autor,

Wiki: „American author and professor of fiction“

Hehe! Ich weiss ja noch von früher, daß Du aus beruflichen
Gründen ein trainierter Nach-Äußerlichkeitenbeurteiler
sein müßtest; aber ein „Professor“ in den USA und noch
dazu einer für „Fiction“ stellt meiner Meinung nach
keine besonders hohe „Sozialisierungsleistung“ dar :wink:

Und jetzt frage ich mich immer noch, was ein Anwalt oder IT-ler in seinem beruflichen Leben für ach so große Chancen hat, irgendetwas nach Äußerlichkeiten zu beurteilen. Aber Du hast da sicher eine interessante Theorie, die mich brennend interessieren würde. Wer weiß, vielleicht sitze ich ja demnächst auf dem Podium bei Deutschland sucht den Super-Projektleiter statt alleine am heimischen Schreibtisch über 100 seitigen Verträgen.

Der Unterschied fiction/non-fiction in der Literatur sagt Dir jetzt nicht so wirklich was, oder? Und Rudgers als eine der besten amerikanischen Unis ist Dir jetzt auch nicht so wirklich bekannt? Ja, ja, ich weiß, taugt natürlich alles nicht, so ein wenig tumber Antiamerikanismus muss schon sein. BTW: Die Sozialisierung eines DJs zum Literaten finde ich tatsächlich beeindruckend.

der schon so manchen Preis für „anständige“ Literatur
gewonnen hat,

Schon mal? Vom Verein fiction-schreibender Professoren?

Die Rezensionen und Auszeichnungen für „Angry Black White Boy“ oder „The End of the Jews“ hast Du Dir jetzt vermutlich nicht durchgelesen. Könnte sein, dass Du da doch ein wenig auf dem falschen Dampfer bist, wenn Du meinst, dass da jemand billige Science Fiction Heftchen schreibt.

und verpackt in Versform den Frust eines ganz normalen
Vaters seine kleine Tochter ins Bett zu bekommen.

Ich halte das Buch für ziemlich albern geschrieben
(kenne nur die eng. Version), aber die Bilder sind
gut. Es ist aber imho nicht nur albern, sondern -
wenn er das ad personam „Tochter“ bezieht, grenzwertig.


My life is a failure, I’m a shitty-ass parent.
Stop fucking with me, please, and sleep.

„I’m a shitty-ass parent“ bezieht sich jetzt aber schon eher auf sich selbst.

und zwar so in jeder Strophe.
Das sind imho „Unterschichtenspäße“.

Vielleicht aber einfach auch der Mut eines gebildeten Menschen sich einzugestehen, dass auch in ihm durchaus andere Seiten stecken.

Na ja, wems gefällt …

Muss ja keinem. Ich habe mir das Buch auch nicht gekauft, und werde es auch nicht tun, weil ich die Verse an sich so toll nicht finde. Das ändert aber nichts daran, dass ich es toll finde, dass jemand der für ernste Literatur bereits hoch dekoriert ist, den Mut hat so sein Innerstes nach außen zu kehren, und zuzugeben, dass es jenseits süßer Eltern-Kind-Fotos in einer Familie auch die ganz normalen täglichen Kleinigkeiten gibt, die auch die besten Eltern mal bei Gelegenheit in den Wahnsinn und an den Rand der Verzweiflung treiben können.

Politisch vollkommen inkorrekt enthält jeder Vers
genau die Schimpfwörter, die Mütter und Väter in
solchen Situationen alle gerne mal denken, aber
normalerweise eben nicht auszusprechen wagen.

Ich muß Dir ehrlich sagen, daß ich gar nicht
auf die Idee gekommen wäre, mein Kind dafür
zu hassen, daß es nicht einschlafen konnte.
Im Gegenteil, die abendlichen ruhigen und langen
Gespräche mit meiner Tochter (jetzt 9) zwischen 3
und 6 Jahren schätze ich im nachhinein als
wichtig und richtig ein. Ich hatte natürlich
auch nicht das Problem, in der halben oder einen
Stunde Fußball oder Nachrichten gucken zu müssen :wink:

Es geht nicht darum sein Kind zu hassen, sondern darum sich einzugestehen, dass Familienleben und Kindererziehung nicht immer nur heile Welt und Friede-Freude-Eierkuchen ist.

Das Werk hat bei Amazon.com aktuell Verkaufsrang 2
unter den Büchern. Wer die wohl alle gekauft hat?

Trifft den Massengeschmack des „weltlosen Menschen“.
So wie Coca Cola, Sony Playstation, Nintendo (3)DS usw.

Ja, ja, wenn wir selbst nicht dazu gehören, muss es eben schlecht sein.

Weiterhin kann der moderne Mensch nun wieder entspannter
der Propaganda folgen, daß Kinder unbedingt alleine
einschlafen müssen und zwar in einem abgetrennten
Zimmer.

Wer sagt das?

Also vielleicht einfach mal mehr Mut zur Ehrlichkeit!

Für mich würde die Ehrlichkeit zunächst bei der
Bewertung der „modernen“ Propagandalügen und
bei der Infragestellung der eigenen Bequemlichkeit
beginnen.

K.A. was Du meinst.

Gruß vom Wiz

1 Like

Hallo Wiz,

Was wird da für ein Idealbild gemalt, was - ohne dass dies auch nur ansatzweise eine tatsächlich vorwerfbare Vernachlässigung der Kinder bedeuten würde - nicht ansatzweise stimmt?

Ich denke, dass sie Kindererziehung hier nicht von anderen Lebensbereichen unterscheidet. Wir kennen die „Idealwerte“ und obwohl wir bei ausreichend kritischer Betrachtung derselben sogar wissen, dass sie in dieser absoluten Form gar nicht unbedingt erstrebenswert sind, beeinflussen sie unser Denken und Handeln.

Die Auswirkungen zeigen sich dabei nicht nur in der Außendarstellung, sondern auch in der Bewertung des eigenen Handelns. Dass wir bei manchen Dingen, die wir tun oder sagen, ein schlechtes Gewissen haben, hat nach meiner Überzeugung aber primär mit uns selbst und den eigenen Gefühlen von Unzulänglichkeit zu tun.

Diesem schlechten Gewissen müssen wir etwas entgegensetzen, um damit zurechtzukommen - und hierbei gibt es durchaus unterschiedliche Wege, die nach meiner Erfahrung auch von ein und derselben Person abwechselnd gewählt werden - je nach den Umständen, der Tagesform oder dem Gegenüber.

Ein banales Beispiel: Ein Mensch sucht sich einen Hund und liest zu diesem Zweck die Rassebeschreibung und die Anforderungen, die diese Rasse an den Halter stellt. Und nun passiert es ganz häufig, dass sich jemand für eine Rasse entscheidet, die einen überaus sportlichen Besitzer mit sehr guten Führungsqualitäten fordert, obwohl er selbst eher der Couchpotatoe und alles andere als konsequent ist.

Obwohl das außer ihm selbst ja zunächst niemand beurteilen kann, schafft er sich mit der Wahl dieser Rasse gleichzeitig ein ideales Selbstbild, das mit der Realität wenig zu tun hat. Das Ganze geschieht vielleicht in der unbewussten Hoffnung, diesem zu entsprechen, wenn man sich diese Rasse zulegt.

Ähnliches passiert möglicherweise auch in Bezug auf die Erziehung der eigenen Kinder: Man weiß, wie es gehen sollte, man möchte das Beste für sein Kind und hadert mit der eigenen Unzulänglichkeit. Und während man für sich selbst seine kleinen Ausreden und Erklärungen schafft, um mit sich selbst einigermaßen im Reinen zu bleiben, würde ein öffentliches Zugeben dieser Unzulänglichkeiten diese quasi zum Tatbestand erklären. Und das wiederum ist schwieriger für das eigene Selbstbild als für die potentielle Bewertung durch andere.

Ins Extreme verzerrt passiert das so ähnlich auch bei Eltern, die ihre Kinder emotional oder sexuell missbrauchen, sich für ihr Selbstbild aber die entsprechenden Erklärungen liefern, die sie vor sich selbst als liebende Eltern dastehen lassen.

Autoren, wie der von dir Genannte, machen damit ein Geschäft. Indem sie (scheinbar) offen aussprechen, was andere verschweigen, bieten sie eine Art Legitimation, die es dem Leser wiederum möglich macht, sein positives Selbstbild nicht wirklich in Frage stellen zu müssen. Mit der Erkenntnis „Andere machen das ja auch“ ist er mit sich selbst im Reinen.

Ich denke, dass diese Selbstbild-Problematik grundsätzlich jeden betrifft. Je nach Selbstbewusstsein, Temperament oder Kalkül fällt es manchen Leuten leichter, manche Unzulänglichkeiten gelassen zuzugeben. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass es nicht auch für diese Leute Bereiche gibt, in denen sie ihre Unzulänglichkeit niemals nach außen tragen würden.

Der von dir geforderte „Mut zur Ehrlichkeit“ wird dir selbst nur dort gelingen, wo du für dich selbst drüberstehen kannst. Sobald es Bereiche betrifft, die dich vor dir selbst in Frage stellen, wird diese Bereitschaft zumindest situativ drastisch sinken. Der Maßstab ist dabei die eigene Bewertung. Das, was du locker preisgeben kannst, kann für andere eine große Hürde darstellen - und natürlich auch umgekehrt.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo,

Hallo Wiz, über dieses Buch habe ich vorhin im Radio eine
Besprechung gehört. Einfach köstlich!

Es handelt sich offensichtlich um eine Parodie
auf das 2008-Buch von Eric Metaxas
„It’s Time to Sleep, My Love“:
http://www.amazon.com/Its-Time-Sleep-My-Love/dp/0312…

Das Buchformat, die Art der Bilder, die Reimform
wurden 1:1 übernommen:
http://g-ecx.images-amazon.com/images/G/01/books/mac…

usw.

Grüße

CMБ

Hallöchen,

tja, das ist typisch… ich selber verzweifel an mir, weil ich durchaus zwischendurch den stress im familienleben hasse!! nicht meine kinder an sich, aber meine unzulänglichkeiten, die umstände, und auch die schlaflosen nächte, etc.
aber das ist wie vieles heutzutage, wenn man hört das es anderen shclecht geht, stellt man sich selbst als perfekt dar, dann geht es einem gleich besser…

ich persönlich suche nur noch kontakt zu „ehrliche“ eltern. alle anderen superperfektmamas können mich mal.

liebe grüße

kati

PS: was ist übrigens wohl besser, eltern die ihre unzulänglchkeiten und unsicherheiten zugeben können oder perfekte menschen? welche sind das bessere vorbild? ich glaube erstere!