Goebbels hat die Reichspogromnacht selbst angezettelt?

Guten Tag!

Görings Schilderung des 9. Novembers 1938 klingt in meinen Ohren so, als hätte Goebbels die Reichspogromnacht selbst angezettelt. Goebbels sei Göring zufolge „vielleicht der allerschärfste Vertreter des Antisemitismus" gewesen.

Entspricht Görings Schilderung der Wahrheit?

„Am 9. November wurde der Marsch auf die Feldherrnhalle gefeiert, dadurch, dass dieser
Marsch jedes Jahr wiederholt wurde. Und hierzu kamen auch die entscheidenden Führer der Bewegung zusammen. Dies meinte Körner, als er sagte, dass alles nach München kam. Nachdem der Marsch vorbei war, trafen sich die meisten im Münchener Rathaus zu einem Essen, an dem der Führer ebenfalls teilnahm. Ich habe an diesen Essen an keinem Jahr teilgenommen, da ich den Münchener Aufenthalt an diesem  Tage benutzte, um nachmittags andere Dinge zu erledigen. […] Wie ich später erfahren habe, bei der Untersuchung, hat bei diesem Essen, nachdem der Führer es verlassen hat, Goebbels bekannt gegeben, dass der schwerverwundete Gesandtschaftsrat in Paris diesen Verwundungen erlegen sei. Es gab eine gewisse Erregung. Und daraufhin hat Goebbels scheinbar dann Worte über Vergeltung gesprochen und in seiner Art - er war vielleicht der allerschärfste Vertreter des Antisemitismus - hier die Auslösung zu den Ereignissen sicherlich gegeben, nachdem der Führer weg war. Ich selbst erfuhr von den Dingen tatsächlich bei Ankunft in Berlin."

http://youtu.be/AeqGANa7xRU?t=1h51m16s

Servus,

was genau bedeutet „angezettelt“?

Die unmittelbar Ausführenden waren Heinrich Gernand, Gaupropagandaleiter in Kurhessen (die Synagoge in Kassel wurde bereits am 7. November verwüstet und angezündet, die in Hersfeld am 8. November), und Viktor Lutze, Reichsleiter SA (die Reichskristallnacht war die letzte bedeutende Aktion der SA, die bei diesem Anlass allerdings in großem Umfang in Zivil auftrat).

Geplant war ein Pogrom großen Ausmaßes zur Abwendung der wieder einmal drohenden Zahlungsunfähigkeit des Reichs mittels Beute aus jüdischem Eigentum schon längere Zeit vor November 1938. Insofern kann man kaum eine bestimmte Person aus der Führungsriege der NSDAP als „Anzettler“ bestimmen, da eine von langer Hand geplante Aktion jedenfalls abgesprochen und keinem der Führungsclique unbekannt war.

Schöne Grüße

MM

Göring sagt in dem Audiodokument, er habe von dem Anzünden der Synagogen vorher noch nichts gewusst. Er vermutet, dass Goebbels die Motivation dazu gab.

Hallo

Göring sagt in dem Audiodokument, er habe von dem Anzünden der Synagogen vorher noch nichts gewusst. Er vermutet, dass Goebbels die Motivation dazu gab.

Die Aussagen Görings während der Nürnberger Prozessen halte ich nicht für extrem glaubwürdig. Man neigte wohl ein wenig dazu, diese ganzen Völkermordgeschichten ausschließlich denjenigen in die Schuhe zu schieben, die nicht mehr lebten.

Es kann aber trotzdem sein, dass das Goebbels Idee war und dass Göring vorher nichts davon wusste. Ich weiß nur, dass Göring sich hinterher darüber beschwert haben soll, dass völlig ohne Not so viele wertvolle Gegenstände zerstört wurden.

Ob Goebbels so besonders antisemitisch war, glaube ich irgendwie nicht. Er war ja z. B. mal mit einer Halbjüdin verlobt gewesen, und hat auch auf irgendeinen jüdischen Professor während seines Studiums große Stücke gehalten. Vielleicht wurde er überhaupt nur oder hauptsächlich wegen Hitler Antisemit.

Antisemitismus, Mitleidlosigkeit, Rücksichtslosigkeit, das waren Eigenschaften, die beim ‚Führer‘ gerne gesehen wurden. Inwieweit die Leute hauptsächlich aus Rücksicht auf ihre Karriere scharfe Antisemiten wurden, das kann man wohl nicht so genau sagen, spielt letztlich vielleicht auch keine Rolle. Aber wenn man es bei einem feststellen kann, dann ist es bei Goebbels, der ja massenweise Tagebücher geschrieben hat, die noch erhalten sind. Es gibt aber wohl nur wenige Menschen, die sie alle gelesen haben, es ist extrem viel Text.

Wenn es dich wirklich interessiert, dann geh in die nächste große Stadtbücherei und lies da nach. - Natürlich schreibt man auch in einem Tagebuch nicht unbedingt die reine Wahrheit, aber man kann sich doch (wahrscheinlich) ein Bild machen.

Viele Grüße

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Servus,

der Aussage, jemand habe am 9. November etwas „ausgelöst“, was am 7, November begonnen hat (vgl. Kassel und Hersfeld), würde ich nicht besonders weit trauen.

Schöne Grüße

MM

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Hallo,

das ist eine reine Erfindung von Herrn Meier

Als enger Vertrauter und früher Kampfgenosse Hitlers (November-Putsch 1923 in München)

dürfte niemand so eingehend informiert gewesen sein wie er.