Hallo,
Hermann Göring zeigte sich schon zu Beginn seiner
Bekanntschaft mit Hitler nur wenig von der
nationalsozialistischen Ideologie vereinnahmt.
aha. Und diese erstaunliche Erkenntnis beruht nun genau worauf?
- Über die Vernichtung der Juden habe er nichts gewusst
(Zitat?).
Ich gebe Dir ein Zitat, und zwar eines von Josef Goebbels, der am 02.03.1943 nach einem langen Gespräch mit Göring in seinem privaten Tagebuch notierte: „Göring ist sich vollkommen im klaren darüber, was uns allen drohen würde, wenn wir in diesem Kriege schwach würden. Er macht sich darüber gar keine Illusionen. Vor allem in der Judenfrage sind wir ja so festgelegt, dass es für uns gar kein Entrinnen mehr gibt. Und das ist auch gut so. Eine Bewegung und ein Volk, die die Brücken hinter sich abgebrochen haben, kämpfen erfahrungsgemäß viel vorbehaltloser als die, die noch eine Rückzugsmöglichkeit besitzen.“
Die angesprochene Festlegung in der Judenfrage wurde auf der sog. Wannseekonferenz am 20.01.1942 getroffen. Vorsitz der Konferenz führte SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich als Chef des RSHA, und zwar im Auftrag von Hermann Göring, der ihn am 31.07.1941 mit der „Endlösung“ der „Judenfrage“ beauftragt hatte - von Göring selbst im Verhör durch Robert H. Jackson eingestanden.
In seinem Schlussplädoyer sagte er:
[blabla]
Das feige Wiesel hat versucht, seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen. Er war Dienstvorgesetzer der meisten Teilnehmer der Wannseekonferenz - es ist schlicht absurd anzunehmen, diese hätten gegen seinen Willen oder auch nur ohne sein Wissen ihre Beschlüsse gefasst. Sie handelten vielmehr in seinem Auftrag. Seit Ende 1938 war Göring offiziell Beauftragter des Führers für Judenangelegenheiten - und blieb es bis zum 23.04.1945. Stichdatum die Konferenz vom 12.11.1938 im Luftfahrtministerium - Zitat Göring nach Protokoll: „Ich habe einen Brief bekommen, den mir der Stabschef des Stellvertreters des Führers Bormann im Auftrag des Führers geschrieben hat, wonach die Judenfrage jetzt einheitlich zusammengefaßt werden soll und so oder so zur Erledigung zu bringen ist. Durch telefonischen Anruf bin ich gestern vom Führer noch einmal darauf hngewiesen worden, jetzt die entscheidenden Schritte zentral zusammenzufassen.“
Ein Zitat von Staatssekretär Körner: „Seine Haltung war immer
eine gemäßigte Haltung gegenüber den Juden.“
Großartiger Entlastungszeuge. Görings wichtigster Mitarbeiter - klar, dass seine Aussage völlig glaubwürdig und keine Schutzbehauptung ist.
Die einzig tatsächlich ‚entlastende‘ Aussage in dieser Hinsicht stammt vom Leiter der Parteikanzlei Martin Bormann, der nach einem Gespräch mit Göring am 10.10.1942 (also nach Anlaufen der auf der Wannseekonferenz beschlossenen Maßnahmen) notierte: „er hielte die vom Reichsführer SS Himmler unternommenen Schritte für durchaus richtig , aber in besonderen Fällen müßten Ausnahmen gemacht werden. Er wolle über diese Angelegenheiten demnächst noch einmal mit dem Führer sprechen.“
Nun ja - möglicherweise war das ja für einen SS-Obergruppenführer wie Körner schon „eine gemäßigte Haltung gegenüber den Juden“ …
Weder ist klar, welche „besonderen Fälle“ gemeint waren, noch wie die „Ausnahmen“ aussehen sollten. Nicht einmal, ob das angekündigte Gespräch mit Hitler dann tatsächlich geführt wurde - nur, dass de facto keine Ausnahmen gemacht wurden.
- Die Theorie einer »arischen Herrenrasse« habe er stets
abgelehnt
Ja klar, er wurde ja praktisch gezwungen, in die NSDAP einzutreten, obwohl er deren Ideologie insgeheim ablehntt. Geht’s noch? Das erinnert mich an die völlig merkbefreiten Idioten in meiner Jugendzeit, die sich noch in den 50ern und 60ern allen Ernstes an den Glauben klammerten, der geliebte Führer habe „von all dem“ nichts gewusst. Immerhin hatten die noch genug Schamgefühl, den Völkermord an den Juden nicht schlichtweg zu leugnen.
Freundliche Grüße,
Ralf