Goldene Palme für Michael Moores 'Fahrenheit 9/11'

Servus,

gestern abend wurde ich überrascht durch den Anruf, in dem man mir mitteilte, dass Michael Moore die Palme d’Or für „Fahrenheit 9/11“ gewonnen hat. Dabei hatte ich ihm noch kurz zuvor keine grossen Chancen eingeräumt - zumindest, wenn ich mich an der Berichterstattung einiger Medien zu Cannes orientierte. Umso erstaunter war ich, heute früh beim SPIEGEL, nachdem das zuvor gar nicht so klang (http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,300820,00.html, http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,300270,00.html), lesen zu müssen, dass Moore „einer der grossen Favoriten“ (http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,301072,00.html) gewesen sei.

Videos des Cannes-Filmfestivals: http://www.festival-cannes.fr/video/index.php?langue…

Marco

Michael Moore - fragwürdige Gestalt
Moin,

orientierte. Umso erstaunter war ich, heute früh beim SPIEGEL,
nachdem das zuvor gar nicht so klang
lesen zu müssen, dass Moore „einer der grossen Favoriten“
gewesen sei.

zumindest ist die Entscheidung nachvollziehbar, wenngleich ich persönlich dazu keine Meinung habe. In den USA wird der Film mehr oder minder totgeschwiegen und Moore hat bisher auch noch keinen Verleih gefunden. Insofern ist die Palme einerseits möglichweise der Aufmerksamkeitsbonus, den der Film brauchte, um in den USA doch noch anzulaufen und andererseits ist das der Bonuspunkt des alten Europa für einen Bush-Gegner.

Ich kenne Moores Filme nicht, habe allerdings einen seiner Autritte in Deutschland im TV gesehen sowie Stupid White Men gelesen. Auf dieser Basis komme ich zu folgendem Schluß: Der Mann ist ein Populist, der gut pauschalisieren und veranschaulichen kann, der so redet, daß das Volk ihn versteht, ohne dabei zwangsläufig alle Hintergründe selbst verstanden zu haben und auch ohne mal vor einer offensichtlichen Falschdarstellung zurückzuschrecken, um seine Position zu untermauern.

Mit anderen Worten: Er ist genau der Mann, den Amerika und letztlich die Welt im Augenblick braucht. Dennoch sollten wir froh sein, daß er nicht auf der Seite von Bush steht, sondern auf der anderen.

Gruß,
Christian

Hallo Christian

zumindest ist die Entscheidung nachvollziehbar, wenngleich ich
persönlich dazu keine Meinung habe. In den USA wird der Film
mehr oder minder totgeschwiegen und Moore hat bisher auch noch
keinen Verleih gefunden.

„Hatte“ wäre richtig.
Zwischenzeitlich steht fest, dass die Disney-Tochter Miramax den Film bringt.

Insofern ist die Palme einerseits
möglichweise der Aufmerksamkeitsbonus, den der Film brauchte,
um in den USA doch noch anzulaufen und andererseits ist das
der Bonuspunkt des alten Europa für einen Bush-Gegner.

Mag zumindest teilweise stimmen.

Ich kenne Moores Filme nicht, habe allerdings einen seiner
Autritte in Deutschland im TV gesehen sowie Stupid White Men
gelesen. Auf dieser Basis komme ich zu folgendem Schluß: Der
Mann ist ein Populist, der gut pauschalisieren und
veranschaulichen kann, der so redet, daß das Volk ihn
versteht, ohne dabei zwangsläufig alle Hintergründe selbst
verstanden zu haben und auch ohne mal vor einer
offensichtlichen Falschdarstellung zurückzuschrecken, um seine
Position zu untermauern.

Ich empfehle dir zumindest mal „Bowling for Colubine“ auszuleihen und anzuschauen. Vielleicht verstehst du dann warum er den Oskar für den besten Dokumentarfilm erhalten hat.

Auch bei seinem aktuellen Werk hat er vor Ort recherchiert mit teilweise eigenen Reporter Teams im Irak.

Allerdings gibt er manches doch sehr überspitzt wieder. Andere legen Ihm das als Humor aus.

BTW: „Stupid white Man“ fand ich nur in Abschnitten gut. Manches davon war eben gnadenlos überzogen. Vielleicht sollte er beim Film bleiben.

Mit anderen Worten: Er ist genau der Mann, den Amerika und
letztlich die Welt im Augenblick braucht. Dennoch sollten wir
froh sein, daß er nicht auf der Seite von Bush steht, sondern
auf der anderen.

HeHe!

Gruß Ivo

Guten morgen,

zumindest ist die Entscheidung nachvollziehbar, wenngleich ich
persönlich dazu keine Meinung habe. In den USA wird der Film
mehr oder minder totgeschwiegen und Moore hat bisher auch noch
keinen Verleih gefunden.

„Hatte“ wäre richtig.
Zwischenzeitlich steht fest, dass die Disney-Tochter Miramax
den Film bringt.

naja, keine Ahnung, wann sich http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,299675,00.html ergeben hat, aber vor 54 Minuten hat das ZDF noch gemeldet, daß er noch keinen Verleih hat.

Ich empfehle dir zumindest mal „Bowling for Colubine“
auszuleihen und anzuschauen. Vielleicht verstehst du dann
warum er den Oskar für den besten Dokumentarfilm erhalten hat.

Naja, der Oscar stand ja nicht zur Debatte, es ging hier ja mehr um die Palme. Irgendwann werde ich den Film aber sicherlich sehen.

BTW: „Stupid white Man“ fand ich nur in Abschnitten gut.
Manches davon war eben gnadenlos überzogen. Vielleicht sollte
er beim Film bleiben.

Die Frage ist, was er bezwecken will. Er ist gegen Bush, dafür hat er gute Gründe und die meisten sind nachvollziehbar. Für seine Zwecke wählt er die Mittel, die er für richtig hält und die mir auch nicht gefallen müssen. Wie erwähnt: Seine Filme kenne ich nicht, aber das eine Buch und Teile seiner Auftritte vor Publikum. Die Methoden, die er in den beiden Fällen gewählt hat, halte ich teilweise für falsch und von den falschen Menschen verwendet auch für gefährlich, weswegen…

Mit anderen Worten: Er ist genau der Mann, den Amerika und
letztlich die Welt im Augenblick braucht. Dennoch sollten wir
froh sein, daß er nicht auf der Seite von Bush steht, sondern
auf der anderen.

…ich diese Bemerkung auch absolut ernst meine. Der Mann hat das Zeug zum Massenagitator.

Gruß,
Christian

Hallo,

Ich empfehle dir zumindest mal „Bowling for Colubine“
auszuleihen und anzuschauen. Vielleicht verstehst du dann
warum er den Oskar für den besten Dokumentarfilm erhalten hat.

Dann sollte man sich allerdings auch die andere Seite anhören:
http://www.hardylaw.net/Truth_About_Bowling.html
Denn davon eine objektive Dokumentation zu sein, ist der Film leider recht weit weg. Christian hat schon Recht, der Mann ist ein Agitator. Und der Zweck heiligt nicht die Mittel.

Grüße,

Anwar

Michael Moore - ein moderner Don Quichotte?

Christian hat schon Recht, der Mann ist
ein Agitator. Und der Zweck heiligt nicht die Mittel.

Hallo Anwar,

das ist alles richtig, aber ich möchte trotzdem gerne für Moore sprechen, auch wenn vieles an ihm in der Tat fragwürdig ist.

Mit „Bowling for Columbine“ schafft Moore ein dokumentarisches und ergreifendes Meisterwerk. Es ist die reine Agitation und in ihrer Reinform dann wieder genial.

Moore fährt nach Kanada und spaziert in die nicht verschlossenen Häuser. Er behauptet: „Kanadier haben keine Angst“. US-Amerikaner haben Angst, besonders vor dem schwarzen Mann. Moore zeigt eine wilde Mischung aus alten Filmszenen, Polizeiberichten und eigene Beiträge. Der Film kommt daher wie ein wildes Herumrennen mit allerlei Übersprunghandlungen. Der rote Faden ist die Frage nach dem Tod eines kleinen schwarzen Mädchens und wie man sowas verhindern kann. Es gibt keine Antworten, nur die ergreifende Suche danach.

Moore ist politisch unkorrekt. Er ist nicht ausgewogen. Er behauptet Dinge, die so gar nicht stimmen. Es ist die pure Verzweiflung. So, wie in einem anderen Fall: Moore möchte eine Schuhfabrik in seiner von Arbeitslosigkeit gebeutelten Heimatstadt und bietet dem Nike-Chef ein Wettrennen darum vor. Moore ist hoffnungslos übergewichtig. Er hätte sowieso keine Chance. Trotzdem würde er laufen. Das macht den Erfolg von Moore aus: Er versucht es zumindest!

Gruß,
Klaus

Eher ein Hamlet?
Hallo Klaus,

Mit „Bowling for Columbine“ schafft Moore ein dokumentarisches
und ergreifendes Meisterwerk. Es ist die reine Agitation und
in ihrer Reinform dann wieder genial.

Absolut. Nur würde ich es nicht unbedingt als dokumentarisches Meisterwerk bezeichnen. Es reiht sich, mehr oder minder in die Reihe von Black Hawk Down und Rocky IV (IMO der beste Propagandafilm aller Zeiten) ein. Ein beeindruckender Film, sicher. Aber eben keine Dokumentation.

Moore ist politisch unkorrekt. Er ist nicht ausgewogen. Er
behauptet Dinge, die so gar nicht stimmen. Es ist die pure
Verzweiflung.

Alles richtig. Und es stimmt: So langsam verzweifelt die ganze Welt an den USA, man möchte fast meinen jeder vernünftig denkende Mensch. Massendemonstrationen, politische und diplomatische Querelen, das schlechteste außenpolitische Image seit Erhebung solcher Umfragen. Und die US-Amerikaner? Interessiert das alles nicht! Sie scheinen gar nicht zu wissen, in welchen Strudel sie da hineingeraten sind. Aber hilft Moore wirklich dabei das Problem zu lösen?

So, wie in einem anderen Fall: Moore möchte eine
Schuhfabrik in seiner von Arbeitslosigkeit gebeutelten
Heimatstadt und bietet dem Nike-Chef ein Wettrennen darum vor.
Moore ist hoffnungslos übergewichtig. Er hätte sowieso keine
Chance. Trotzdem würde er laufen. Das macht den Erfolg von
Moore aus: Er versucht es zumindest!

Erfolg, Genius, Mut der Verzweifelung. Richtig. Ich würde auch niemandem abraten Bowling zu gucken, aber ein Verweis darauf, mit welchen Mitteln gearbeitet wurde um dieses Bild zu vermitteln, kann nicht falsch sein. Es ist nie falsch die Argumente der Gegenseite zu hören, auch wenn manch eine® mir das vielleicht im Zusammenhang mit einem anderen Thema nicht abnehmen würde.

Grüße,

Anwar

Stupid white Man

BTW: „Stupid white Man“ fand ich nur in Abschnitten gut.
Manches davon war eben gnadenlos überzogen. Vielleicht sollte
er beim Film bleiben.

Der gröste Witz ist für mich, dass es bei der TopTen unter der Kategorie „Sachbuch“ geführt wird.

Gruss
Nils