Gott beim Wort nehmen

Hallo

  1. fast immer, wenn man versucht, einen Gott oder einen seiner Verkünder beim Wort zu nehmen, wird einem klar gemacht, dass sich ein Gott nicht an Regeln halten muss.
    Somit sind doch alle Fragen sinnlos, die dass Wirken eines Gottes (egal ob von Gläubigen, Anders- oder Ungläubigen) ergründen wollen?
    Kann Gott unehrlich sein?
    Da dies sicher keine neuen Fragen sind, reicht es mir, wenn mir Links auf entsprechende Stellungnahmen/Diskussionen gegeben werden.

  2. Wenn ich beim Herumzappen bei einem christlichen Gottesdienst lande, fällt mir auf, dass die dortigen Leute gerne ihrem Gott erklären, was er ist und was er kann. (Sinngemäß: „Du bist, du kannst“).
    Braucht er das? Will er das? (Aus der Sicht derjenigen, die die Rituale ausführen).
    Wenn ich an einen Gott glauben würde, würde mir das sehr anmaßend vorkommen.
    Grüße
    Ulf

PS: Ich bin Atheist. Wer mich schon etwas länger hier im Forum kennt, weiß, dass ich die Fragen nicht stelle, um Zwietracht zu erzeugen. Ich frage einfach nur, um mir teilweise fremde Glaubenswelten besser zu erschließen. Ich habe da hier schon oft gute religionswissenschaftliche (nicht missionarische) Hilfe bekommen.

Hallo Ulf.

  1. fast immer, wenn man versucht, einen Gott oder einen seiner
    Verkünder beim Wort zu nehmen, wird einem klar gemacht, dass
    sich ein Gott nicht an Regeln halten muss.

Davon höre ich zum erstenmal. In welchem Kontext hast du davon gehört?

Somit sind doch alle Fragen sinnlos, die dass Wirken eines
Gottes (egal ob von Gläubigen, Anders- oder Ungläubigen)
ergründen wollen?

Unter obigen Annahme wäre es so.

Kann Gott unehrlich sein?

Interessante Frage. Ich wüsste nicht, wie dieses bei Annahme des jüdischen G’ttesbildes gehen sollte, der Er hier alles ist, alles umfasst und die Wahrheit ist oder wie er selbst sagt: „Ich bin der ich bin“.

So fordert Er ja auch von uns Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, als Er u.a. an Adam fragte: „Wo bist/stehst du?“

  1. Wenn ich beim Herumzappen bei einem christlichen
    Gottesdienst lande, fällt mir auf, dass die dortigen Leute
    gerne ihrem Gott erklären, was er ist und was er kann.

Wahrscheinlich ist dieses die Kurzform für „Du bist für mich…“?!

Gruss,
Eli

  1. Wenn ich beim Herumzappen bei einem christlichen
    Gottesdienst lande, fällt mir auf, dass die dortigen Leute
    gerne ihrem Gott erklären, was er ist und was er kann.
    (Sinngemäß: „Du bist, du kannst“).
    Braucht er das? Will er das? (Aus der Sicht derjenigen, die
    die Rituale ausführen).

Hallo,

Ulf!

Das hast du richtig beobachtet. Es handelt sich da um einen uralten Trick. Ob er schon im Alten Orient in den Gebeten vorkommt, weiß ich nicht, da kenne ich die Texte zu wenig. Aber bei den Griechen und Römern bestand das Gebet aus mehreren Teilen:
namentliche Anrufung der Gottheit,
Herstellung einer Beziehung des Betenden und seines Anliegens zu seinem Gott,
Vortrag des Anliegens.
Das ist erstens höflich: Man will nicht gleich mit der Bitte losplatzen, zweitens psychologisch recht geschickt: Man erinnert den Gott an eine frühere Gebetserhörung, an dargebrachte Opfer oder an eine für diese Situation passende Eigenschaft; also etwa:„Zeus, der du …“ oder „Zeus, wenn ich dir jemals …“
Dieser Aufbau wurde von der lateinischen und von der griechischen Kirche übernommen. Schwer verständlich wird das lediglich durch die deutschen Übersetzungen, die den syntaktischen Bezug nicht wahren, sondern einen unverbundenen Hauptsatz auf die Anrede folgen lassen (so wie du das ja zitierst).
Als Beispiel aus der Ilias (16,514 ff.) ein Gebet an Apollo: „Höre mich, Herrscher, der du etwa irgend im fruchtbaren Lykien bist oder in Troja, der du aber den Leidenden überall hören kannst, wie Leid über mich gekommen ist. [Schilderung der Verwundung; denn die Bitte:] Heile also du mir, Herrscher, meine schlimme Wunde, besänftige die Schmerzen, gib mir Kraft […]“
Zu eine ähnlichen Realtivsatz müsstest du dein Beispiel umformen: „Gott, DER du … kannst …“
Ich kenne die zu Grund liegenden derzeit gültigen lateinischen Gebetsformulierungen nicht, nehme aber an, dass da die Syntax noch stimmt.
Schönen Gruß!
Hannes

Hallo Ulf,

  1. Wenn ich beim Herumzappen bei einem christlichen
    Gottesdienst lande, fällt mir auf, dass die dortigen Leute
    gerne ihrem Gott erklären, was er ist und was er kann.
    (Sinngemäß: „Du bist, du kannst“).
    Braucht er das? Will er das? (Aus der Sicht derjenigen, die
    die Rituale ausführen).

Dass er das braucht oder will, wage ich mal zu bezweifeln.
Aber einerseits ist es ein Halt für den Betenden selbst, die Kurzformel für „Ich vertraue darauf, dass Du dasunddas wirklich kannst, weil Du für mich dasunddas bist.“
Andererseits ist es ja tatsächlich höflicher, nicht sofort mit der Tür ins Haus zu fallen. Wenn ich mir das im Alltag vorstelle: Ich schreibe einem Freund einen Brief mit einer Bitte, da fang ich nicht an: „Ich muss Dir dasunddas unbedingt sagen“, sondern doch eher: „Du hast mich noch immer verstanden. Darum vertraue ich Dir meine Sorgen an, weil ich denke, Du kannst mir helfen. …“ (Im konkreten Fall natürlich etwas persönlicher.)

Liebe Grüße
Immo

Hallo Eli,

  1. fast immer, wenn man versucht, einen Gott oder einen seiner
    Verkünder beim Wort zu nehmen, wird einem klar gemacht, dass
    sich ein Gott nicht an Regeln halten muss.

Davon höre ich zum erstenmal. In welchem Kontext hast du davon
gehört?

Wenn ich versuche, ihn mit den allgemeingültigen Naturgesetzen „zu fassen“, kommt mir „Allmächtig“ dazwischen. Entspricht Allmächtig nicht dem gängigen Gottesbild?

Kann Gott unehrlich sein?

Interessante Frage. Ich wüsste nicht, wie dieses bei Annahme
des jüdischen G’ttesbildes gehen sollte, der Er hier alles
ist, alles umfasst und die Wahrheit ist oder wie er selbst
sagt: „Ich bin der ich bin“.

Wenn Gott auch die Lüge ermöglicht, dann wird sie auch zu dem universalem An/Ausspruch „Ich bin der ich bin“ gehören. Wäre es kein kratzen an der Allmacht, wenn er nicht lügen könnte? Einige menschliche Eigenarten unterstellt er sich auch sonst (z.B. Rache, Zorn, Neid) - meinetwegen auch indirekt (nach seinem Bild geschaffen)

So fordert Er ja auch von uns Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, als
Er u.a. an Adam fragte: „Wo bist/stehst du?“

Ist die Forderung an sein Geschöpf, zwingend eine Einschränkung für ihn?

  1. Wenn ich beim Herumzappen bei einem christlichen
    Gottesdienst lande, fällt mir auf, dass die dortigen Leute
    gerne ihrem Gott erklären, was er ist und was er kann.

Wahrscheinlich ist dieses die Kurzform für „Du bist für
mich…“?!

Ich bleibe einmal mit meiner Antwort hier, da ich jetzt nicht Zeit habe, auf jedes Posting einzugehen. (abends dann gerne)

Hannes hat für mich plausibel die Entstehung der ritualisierten Gebete hergeleitet. Wenn ich als Gläubiger von der Allmacht und Allwissenheit Gottes ausgehe, würde ich mir sehr komisch vorkommen, wenn ich einen Wunsch, den er schon kennt, in scheinbare Gottesbeweise einpacken muss.

Ich vergleiche da mal Gott mit einem Freund, der mein Problem schon kennt. Den würde ich nicht erst loben, bevor ich zur Sache komme, die er schon kennt. Bei Fremden würde ich so handeln, aber nicht bei jemand, der alles von mir weiß.

Grüße
Ulf

Hallo Ulf

Ich bin Christ und antworte dir hier aus meinem Empfinden und meinen Erfahrungen heraus, da es dazu ganz sicher keine Regeln oder allgemein gültigen Aussagen innerhalb der Christenheit gibt.

  1. fast immer, wenn man versucht, einen Gott oder einen seiner
    Verkünder beim Wort zu nehmen, wird einem klar gemacht, dass
    sich ein Gott nicht an Regeln halten muss.
    Somit sind doch alle Fragen sinnlos, die dass Wirken eines
    Gottes (egal ob von Gläubigen, Anders- oder Ungläubigen)
    ergründen wollen?
    Kann Gott unehrlich sein?

Ich denke weniger, das es darum geht das Gott sich an keine „Regeln halten muß“, sondern vielmehr darum, das er trotz seiner Allmacht, dennoch seine Zusagen und Verheißungen einhält.
oder kürzer: Gott hält sich an seinvi Worte, auch wenn er es vielleicht nicht müßte!

Es geht lso weniger darum, das Gott „ehrlich“ ist, sondern darum das er verläßlich ist. Die Erfahrung seines Eingreifens (d.h. seiner Verläßlichkeit) ist für den Einzelnen trotz des Glaubens ja nicht alltäglich und daher versichern sich Christen seiner Verheißungen.

Denn letztlich (so glauben es Christen), handelt Gott so, wie es für den Einzelnen am besten ist. Das schließt sowohl den Zeitpunkt als auch die Art der Unterstützung oder der Erkenntnis ein.

Das muß jedoch nicht mit dem expliziten Wunsch des Einzelnen identisch sein. Was ihn dann wiederum zu ähnlichen Fragen führen kann.; Hört Gott mich überhaupt ? Wird er mir helfen ? etc.

Es gibt viele Arten der Predigt. Und die s.g. Erbauungspredigt hat in der Regel das Festhalten an Gottesverheißungen zum Inhalt, indem diese Verläßlichkeit Gottes mit Beipsielen oder Erfahrungen unterstreicht.

  1. Wenn ich beim Herumzappen bei einem christlichen
    Gottesdienst lande, fällt mir auf, dass die dortigen Leute
    gerne ihrem Gott erklären, was er ist und was er kann.
    (Sinngemäß: „Du bist, du kannst“).
    Braucht er das? Will er das? (Aus der Sicht derjenigen, die
    die Rituale ausführen).

Ich habe dich nicht wirklich verstanden.

Meinst du das in der Predigt Gottes Möglichkeiten dem Einzelnen als Möglichkeit offeriert werden ?

Oder meinst du das man sich mit den Möglichkeiten und dem Wesen Gottes wie in einer Bewertung beschäftigt ?

Gruß Parzival

Hallo Ulf.

Wenn ich versuche, ihn mit den allgemeingültigen Naturgesetzen
„zu fassen“, kommt mir „Allmächtig“ dazwischen. Entspricht
Allmächtig nicht dem gängigen Gottesbild?

Doch, vor allem wenn sich dieses auf die Bibel bezieht, da er sich selber dort so vorstellt.

Allerdings stelle ich es mir schwer vor, über etwas infinites hier irgendwelche Naturgesetze aufzustellen, vor allem, wenn dieses ausserhalb von Zeit und Raum steht. Meines Wissens haben wir hier keinerlei Gesetze?!

Wenn Gott auch die Lüge ermöglicht, dann wird sie auch zu dem
universalem An/Ausspruch „Ich bin der ich bin“ gehören.

Das kommt darauf an, was man hier überhaupt als Lüge ansieht.

Wäre es kein kratzen an der Allmacht, wenn er nicht lügen könnte?

Wie gesagt, da alles ist, weil er es will, wie soll es dann dabei etwas gegen, was man als Lüge ansehen könnte?

Einige menschliche Eigenarten unterstellt er sich auch sonst
(z.B. Rache, Zorn, Neid) - meinetwegen auch indirekt (nach
seinem Bild geschaffen)

Nur weil Er sagt, dass etwas so ist, wie etwas anderes, muss es hier keine Ähnlichkeit geben, noch kann man deswegen Rückschlüsse von dem anderen machen.

So fordert Er ja auch von uns Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, als
Er u.a. an Adam fragte: „Wo bist/stehst du?“

Ist die Forderung an sein Geschöpf, zwingend eine
Einschränkung für ihn?

Da er selber kein Geschöpf ist, kann ich hier keine Her- oder Ableitungen machen.

Hannes hat für mich plausibel die Entstehung der
ritualisierten Gebete hergeleitet. Wenn ich als Gläubiger von
der Allmacht und Allwissenheit Gottes ausgehe, würde ich mir
sehr komisch vorkommen, wenn ich einen Wunsch, den er schon
kennt, in scheinbare Gottesbeweise einpacken muss.

Bezogen auf das Christentum hat dieses schon Jesus gelehrt, als er das Vater-Unser vorstellte.

Ich vergleiche da mal Gott mit einem Freund, der mein Problem
schon kennt. Den würde ich nicht erst loben, bevor ich zur
Sache komme, die er schon kennt. Bei Fremden würde ich so
handeln, aber nicht bei jemand, der alles von mir weiß.

Ich habe hier wohl zu wenig Kenntniss von christlichen G’ttesdiensten, um hieraus zu schliessen, worauf du dich beziehst. Ich sehe nur im NT, dass wir von G’tt im Gebet nichts fordern sollen, einfach weil Er es sowieso weiss und ich dieses missachten würde.

Gruss,
Eli

Grüß Gott!
In diesem Zusammenhang verwende ich bewusst diese sowohl förmliche wie bairische Anrede.
Also, ich habe vor gut zehn Jahren die Bibel ins Bairische übersetzt und unentgeltlich veröffentlicht. Als Vorlage dienten mir auch fremdsprachige Ausgaben, so z. B. diejenige auf Afrikaans, also Kapholländisch, eine sehr leicht verständliche Sprache. Zunächst also, bevor ich den ersten Buchstaben schrieb, ackerte ich mich systematisch durch diese Texte durch.
Das Ergebnis: Gott ist unbequem. Er ordnet sich nicht der humanistischen Moral unter, bedient keinerlei Nationalismus, auch nicht etwa den des „auserwählten Volkes“, und hält sich zunächst einmal an keinerlei Regeln. Er ist sogar bereit, seine ganze Schöpfung einfach wieder zunichte zu machen. Ehrlich gesagt: Mit einem solchen Gott werde ich nicht warm.
Doch wie sagte Luther (ich bin zwar katholisch): „(Die Schrift) treibet Christum.“
Das heißt wohl: Christus ist das Ziel, der Fluchtpunkt. Und Christus hat, auch wiederum katholisch betrachtet, die Eine Kirche gegründet. Er hat sozusagen alles gerettet, auch bildlich.
Es war wohl nicht klug von der mittelalterlichen Kirche, den Laien das Lesen der Bibel zu erschweren. Eher hätte man alles tun sollen, ihnen den wahren Sinn aufzuschließen.
Und nur noch eine Frage: Was hat man vom Unglauben?
Mit besten Grüßen
Sepp

Und nur noch eine Frage: Was hat man vom Unglauben?

Hallo Sepp,
aus meiner (atheistischen) Sicht ist die Frage falsch herum gestellt. Was hätte ich von einem Glauben?
Ich lebe in sozialen Beziehungen und habe eine Moral (und handele meistens auch danach), die sich nicht hinter Gläubigen verstecken muss*. Ich vermisse da keinen Glauben.
Ich frage mich eher, warum manche einen Glauben benötigen. Was ist dass für eine Moral, die durch Angst vor göttlicher Strafe entsteht?
Mich wundert**, an was die Menschen so alles glauben und glaubten. Da ist es doch viel einfacher (und aus meiner Sicht sinnvoller), sich auf das zu verlassen, was erfahrbar und überprüfbar ist.
Eventuell kannst du deine Frage präzisieren.
Grüße
Ulf

* ich bringe keine Menschen um,… und habe wahrscheinlich mehr für Landschaft-, Umwelt- und Naturschutz getan, als 90 % der Leute, die etwas von Bewahrung der Schöpfung erzählen.
**nicht abfällig, eher interessiert

Hallo Ulf,

aus meiner (atheistischen) Sicht ist die Frage falsch herum
gestellt. Was hätte ich von einem Glauben?
Ich lebe in sozialen Beziehungen

die Frage anders herum gestellt:
Was hast Du von sozialen Beziehungen?

Und was hast Du gegen eine Beziehung zu Gott?

Gruss Harald

Hallo Ulf,

Ich frage mich eher, warum manche einen Glauben benötigen. Was
ist dass für eine Moral, die durch Angst vor göttlicher Strafe
entsteht?

Das hört sich so an, ab ob man eines Tages beschließt, „einen Glauben“ zu benötigen, guckt, welcher grade im Angebot ist und den günstigsten oder passendsten kauft. So geschieht das nun mal nicht. Glaube kommt oft unverhofft und „trifft“ die eingefleischtesten Zweifler (mich eingeschlossen). Er ist auch nicht rational greifbar und daher auch so schwer erklärbar. Ich würde es so beschreiben, dass man in sich eine tiefe Gewissheit spürt, dass Gott da ist, sowas kann man nicht erzwingen und auch nicht auf andere übertragen. Glaube, der auf Angst vor göttlicher Strafe beruht, wird dem Leben nicht lange standhalten. Vielmehr geht vom Glauben für das eigene Dasein etwas Befreiendes aus, aber da will ich schon wieder was erklären, was einfach nicht geht.

An Gott zu glauben heißt nun auch nicht, alles richtig zu machen, trotzdem sehe ich es auch sehr kritisch, wenn Menschen, die sich selbst als gläubig bezeichnen, so offensichtlich der Schöpfung oder ihren Mitmenschen schaden. Und natürlich ist moralisch einwandfreies Verhalten in keiner Weise an Glauben gebunden, das hat die Geschichte gezeigt.

Gruß SusanneAntje

1 „Gefällt mir“