Gotteserfahrung

Die Diskussion um Gottesbeweise hat an vielen Punkten bei Begriffen wie „persönliche Gotteserfahrung“ geendet.

Deshalb meine Frage: Wer kann von solchen Gotteserfahrungen berichten?

Gedacht ist vor allem an nichtmaterielle Erfahrungen, wobei ich klare Lebensvorteile wie Unglücksverhütung oder Partnerschaftserfolg zu den materiellen Dingen zähle.

Juliane

Hallo Juliane,
jede esoterische Buchhandlung ist voll von Gotteserfahrungen unzähliger Autoren.
Was denkst Du selbst?
Kann man überhaupt ‚Gott‘ erfahren?
Was ist eine Erfahrung?
Wenn man eine Erfahrung gemacht hat, was dann?
Was ist der Unterschied zwischen Erfahrung und Wissen.
Ist Gott ein Wort, ein Satz, ein benennbares Ding?
Ist Gott ein Prozess?
Ist Gott das, was Xenophanes vor 2500 Jahren gesagt hat: Wenn die Kühe Götter hätten, dann wäre Gott eine Kuh.
Liebe Grüße
Werner Kölbl

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Hallo Juliane

Da ich ja sowieso dabei war, hier meine völlig nicht-materielle Gotteserfahrung:

Ich war Atheist und liebte Diskussionen. Auf Grund von solchen Diskussionen mit Leuten, die sich, nachdem ich sie kennengelernt hatte, als vernünftig und vertrauenswürdig herausstellten, geriet ich an die Frage, ob es Gott wirklich und real gibt. Horchte ich in mich hinein, so war die Antwort immer „Nee, unmöglich“, aber die Frage war gestellt und ich wollte sie beantworten.

Also zog ich mich in mein Zimmer zurück und begann, mit dem Nichts zu reden. Ich ging ganz einfach davon aus, daß wenn Gott existierte, er mich schon irgendwie registrieren und antworten würde.

Nach etwa drei Wochen oder so bemerkte ich, daß Gott irgendwie geantwortet hatte. Es war keine Stimme vom Himmel (viel zu materiell), aber hatte dieselbe Qualität. Mein „Nee“ war einem völlig sicheren „Na klar“ gewichen, es war wie das Wegziehen eines Vorhangs und statt der Wand sah ich nun ein Fenster und das was dahinter lag.

Ich wurde dadurch nicht reicher oder schöner, aber ich wurde ein anderer Mensch, eine andere Persönlichkeit, was meine ungläubige Familie mit großem Erstaunen vermerkte.

War das das, was Du hören wolltest?

Gruß
Thomas

Hallo Thomas,

Nach etwa drei Wochen oder so bemerkte
ich, daß Gott irgendwie geantwortet
hatte.

naja, das klingt schon sehr wenig konkret. (mich wundert jetzt noch mehr, dass du überhaupt von beweis gesprochen hast.) haben denn gar keine anderen menschen oder lektüre oder konkrete überlegungen oder so etwas eine rolle gespielt? vielleicht die oben erwähnten „vernünftigen und vertrauenswürdigen personen“? was überzeugte dich von ihrer vernunft, was machte sie vertrauenswürdig? oder, noch besser, könntest du dieses „irgendwie“ näher beschreiben?

Ich wurde dadurch nicht reicher oder
schöner, aber ich wurde ein anderer
Mensch, eine andere Persönlichkeit, was
meine ungläubige Familie mit großem
Erstaunen vermerkte.

herzlichen glückwunsch, ganz ehrlich und ohne ironie. ich habe allerdings etwas schwierigkeiten mit dem begriff „ungläubig“, aber das ist marginal. es wäre schon interessant, den inhalt deiner entdeckung und deiner persönlichen veränderung zu erfahren. bis jetzt hört es sich eher danach an, als habest du überhaupt erst die existenz einer inneren, also nicht im weiteren sinn materiellen welt entdeckt. und so ganz unsachgemäss ist das auch gar nicht, diese entdeckung mit dem christentum in zusammenhang zu bringen. ein problem wird erst daraus, wenn du diese erfahrung mit anderen geistigen identitätsfindungen (etwa dem agnostizismus) in konkurrenz siehst - was du ja tust. warum meinst du, dies tun zu müssen?

gruss juliane

War das das, was Du hören wolltest?

Gruß
Thomas

hallo werner,

danke für deine nachdenkliche antwort. ich antworte eher spontan, ohne ganz gründlich überlegt zu haben… mal sehen, wohin das führt.

Was denkst Du selbst?

ich klassifiziere solche erfahrungen unter begriffen wie mystik, tranceerfahrungen, geistiges leben, gruppendynamik, suggestion, sozialisation etc.

Kann man überhaupt ‚Gott‘ erfahren?

meine meinung: vielleicht kann man das, aber dies ist zumindest im christentum für den glauben in keiner weise ausschlaggebend. ich bin da extrem skeptisch und habe jede menge peinlichster „gotteserfahrungen“ gehört, kann aber - vielleicht aufgrund meines agnostizismus` - nichts ausschließen.

Was ist eine Erfahrung?

ein ereignis, dem man einen bestimmten sinn zuordnet.

Wenn man eine Erfahrung gemacht hat, was
dann?

man richtet sich danach, d. h. man trifft kommende entscheidungen aufgrund des dieser erfahrung zugeordneten sinnzusammenhangs. darin besteht ja das problem.

Was ist der Unterschied zwischen
Erfahrung und Wissen.

hängt von der def für wissen ab. allgemein: wissen ist eher objektiv.

Ist Gott ein Wort, ein Satz, ein
benennbares Ding?

(vielleicht mensch?) kein ding, vielleicht aber ein sprachliches phänomen im weiteren sinn von sprache.

Ist Gott ein Prozess?

vielleicht, aber warum ist er dann so wenig erfahrbar?

Wenn die Kühe Götter
hätten, dann wäre Gott eine Kuh.

das ist zwar ein respektloser vergleich, aber treffend. betrachtet man die griechische götterwelt, dann stimmts jedenfalls, und auch mindestens für weite teile des alttestamentlichen und traditionell christlichen gottesbildes kann man das so sagen. nur: heisst dies bereits, dass eine gottesvorstellung an sich sinnlos ist, nur weil man mit ihr respektlose vergleiche anstellen kann? muss man nicht vielmehr davon ausgehen, dass eben menschen nur in menschlichen kategorien denken können? kommt es nicht vielmehr darauf an, welches menschenbild - von den ganz verschiedenen menschenbildern, die es im gegensatz zu kuh-bildern gibt - man als gott wählt?..aber der sinn der aussage von xenophanes liegt wohl eher darin, dass diese gottesbilder alle unzulänglich sind, und damit hat er völlig recht - und da sind wir wieder bei meiner skepsis gegenüber gotteserfahrungen.

Liebe Grüße zurück
Juliane

Die Diskussion um Gottesbeweise hat an
vielen Punkten bei Begriffen wie
„persönliche Gotteserfahrung“ geendet.

Deshalb meine Frage: Wer kann von solchen
Gotteserfahrungen berichten?

Gedacht ist vor allem an nichtmaterielle
Erfahrungen, wobei ich klare
Lebensvorteile wie Unglücksverhütung oder
Partnerschaftserfolg zu den materiellen
Dingen zähle.

Eine Gotteserfahrung gibt es nicht in diesem Sinn, man kann auch „Liebe“ nicht definieren sondern nur beschreiben.
Gefühle jeder Art sind eben ganz persönliche Erfahrungen die ein anderer Mensch in dieser Form nicht nachvollziehen kann. Wenn jemand das Bedürfnis nach einem Glauben hat wird er ihn früher oder später auch finden. Aber eben nur den Glauben und der ist noch kein Beweis für ein höheres Wesen, denn man kann Gott weder beweisen noch widerlegen - es bleibt eine subjektive Empfindung.

Hallo Juliane,

naja, das klingt schon sehr wenig
konkret. (mich wundert jetzt noch mehr,
dass du überhaupt von beweis gesprochen
hast.) haben denn gar keine anderen
menschen oder lektüre oder konkrete
überlegungen oder so etwas eine rolle
gespielt?

Ja, viel konkreter kann ich es nicht machen. Ich kann nur mit allem Nachdruck sagen, daß mir vor dieser Zeit klar war, wenn ich behaupte, daß es Gott gibt, dann lüge ich, und in der Zeit danach war mir absolut klar, daß es Gott gibt.
Diesen Teil des Weges bin ich tatsächlich ganz allein gegangen, ich hatte viel zuviel Angst, daß ich mich von anderen Menschen abhängig mache. Um dahin zu gelangen, waren natürlich eine Reihe von Menschen beteiligt, zum Teil solche, die ich danach nie wieder gesehen habe. Den entscheidenden Anstoß, es mit diesem „Experiment“ zu versuchen, gab ein Stadtmissionar, der einen Vortrag über irgendetwas hielt (ich glaube es ging mal wieder gegen die Naturwissenschaften). Nachdem ich ihn anschließend etwa 45 Minuten in eine heiße Diskussion verwickelt hatte, bot er an, mit mir zu beten. Das habe ich dann strikt abgelehnt - beten ist nur was für Leute, die daran glauben. - und das musste er dann auch akzeptieren. Aber auf dem Nachhauseweg kam mir die Idee zu meinem Experiment.
Die von mir erwähnten vertrauenswürdigen Christen waren die Personen, die es geschafft haben, mir ihren Standpunkt in langen Diskussionsschlachten verständlich zu machen, was dann so weit ging, daß ich sagen konnte „Ja, wenn Gott existiert, dann hat ihre Argumentationsweise tatsächlich eine innere Logik und Konsistenz“. Sie brachten mich sozusagen dazu, die Frage nach der Existenz Gottes wichtig zu nehmen.

was überzeugte dich von ihrer
vernunft, was machte sie
vertrauenswürdig? oder, noch besser,
könntest du dieses „irgendwie“ näher
beschreiben?

Nun ganz einfach, es waren Menschen, die lebten, was sie sagten. Ich war hier sehr abgestoßen von dem Verhalten meiner Mutter, für die Christentum Tradition ist. Man ging Ostern und Weihnachten in die Kirche, am liebsten katholisch, weil es da so schöne „Athmosphäre“ gab. Aber im Alltag und im Umgang miteinander war von Gott oder so keine Rede. Ich lernte so ganz natürlich, daß dieses ganze Christengedöns nichts fürs tägliche Leben war und als ich mit Physik anfing, waren andere Dinge sowieso wichtiger.
Meine christlichen Kommilitonen waren anders. In ihrer Gruppe wehte im wahrsten Sinne des Wortes ein anderer Geist. Sie gingen in die Kirche, weil es ihnen ein Bedürfnis war, sie versuchten die christliche Ethik tatsächlich zu leben und waren bedrückt, wenn es ihnen nicht gelang und sie waren überzeugte Christen und trotzdem fröhlich :smile:)

bis jetzt hört
es sich eher danach an, als habest du
überhaupt erst die existenz einer
inneren, also nicht im weiteren sinn
materiellen welt entdeckt. und so ganz
unsachgemäss ist das auch gar nicht,
diese entdeckung mit dem christentum in
zusammenhang zu bringen.

Ja, im weitesten Sinne kann man das als Entdeckung der inneren Welt bezeichnen. Aber vorher war diese für mich ja nicht unbekannt, vorher dachte ich ganz einfach, meine Kenntnisse der externen Welt auf die innere Welt übertragen zu können. Das war aber größtenteils Wunschvorstellung bzw. ein „daran glauben“. Dadurch bin ich sehr sensibilisiert und wenn jemand behauptet, er könnte die Regeln der externen Welt einfach auf die innere Welt projizieren, dann möchte ich fragen, ob dieser Mensch denn weiter gekommen ist als ich und ob er auch die Lücken sieht, die sich vor mir aufgetan haben.

ein problem wird
erst daraus, wenn du diese erfahrung mit
anderen geistigen identitätsfindungen
(etwa dem agnostizismus) in konkurrenz
siehst - was du ja tust. warum meinst du,
dies tun zu müssen?

Wie weiter unten hoffentlich herausgekommen ist, erkenne ich den Agnostizismus ja durchaus an, ich spreche ihn lediglich mit einer anderen Betonung aus. Ich habe Dich folgendermaßen verstanden (korrigiere mich, wenn ich hier irre):
Man kann Gott nicht beweisen - und in Gedanken fügst Du hinzu: Darum lebe ich so als würde er nicht existieren.

Man kann Gott nicht beweisen - und ich setze hinzu: Zumindest nicht so, daß jeder Mensch diesen Beweis einsieht. Ich für mich habe Dinge erfahren, die mich an einer Existenz Gottes nicht zweifeln lassen, also lebe ich so, weil es ihn gibt.

Aber vielleicht war ich mit meiner Annahme über Dich zu vorschnell, Du hast, wenn ich das richtig sehe, noch nicht dargelegt, welche Konsequenzen Du aus der Unbeweisbarkeit Gottes ziehst und womit Du dann Dein Welt- oder Menschenbild aufbaust und Deine Ethik ableitest.

Gruß
Thomas

eine ganz andere frage ist wichtig
Ich habe Dich folgendermaßen

verstanden (korrigiere mich, wenn ich
hier irre):
Man kann Gott nicht beweisen - und in
Gedanken fügst Du hinzu: Darum lebe ich
so als würde er nicht existieren.

dazu kurz: nee, da hast du mich missverstanden. ich lebe zwar schon so, als würde gott nur ganz vorsichtig existieren, aber aus anderen gründen.

hab leider jetzt weniger zeit zum internetten,

grüsse juliane