Hallo Juliane,
naja, das klingt schon sehr wenig
konkret. (mich wundert jetzt noch mehr,
dass du überhaupt von beweis gesprochen
hast.) haben denn gar keine anderen
menschen oder lektüre oder konkrete
überlegungen oder so etwas eine rolle
gespielt?
Ja, viel konkreter kann ich es nicht machen. Ich kann nur mit allem Nachdruck sagen, daß mir vor dieser Zeit klar war, wenn ich behaupte, daß es Gott gibt, dann lüge ich, und in der Zeit danach war mir absolut klar, daß es Gott gibt.
Diesen Teil des Weges bin ich tatsächlich ganz allein gegangen, ich hatte viel zuviel Angst, daß ich mich von anderen Menschen abhängig mache. Um dahin zu gelangen, waren natürlich eine Reihe von Menschen beteiligt, zum Teil solche, die ich danach nie wieder gesehen habe. Den entscheidenden Anstoß, es mit diesem „Experiment“ zu versuchen, gab ein Stadtmissionar, der einen Vortrag über irgendetwas hielt (ich glaube es ging mal wieder gegen die Naturwissenschaften). Nachdem ich ihn anschließend etwa 45 Minuten in eine heiße Diskussion verwickelt hatte, bot er an, mit mir zu beten. Das habe ich dann strikt abgelehnt - beten ist nur was für Leute, die daran glauben. - und das musste er dann auch akzeptieren. Aber auf dem Nachhauseweg kam mir die Idee zu meinem Experiment.
Die von mir erwähnten vertrauenswürdigen Christen waren die Personen, die es geschafft haben, mir ihren Standpunkt in langen Diskussionsschlachten verständlich zu machen, was dann so weit ging, daß ich sagen konnte „Ja, wenn Gott existiert, dann hat ihre Argumentationsweise tatsächlich eine innere Logik und Konsistenz“. Sie brachten mich sozusagen dazu, die Frage nach der Existenz Gottes wichtig zu nehmen.
was überzeugte dich von ihrer
vernunft, was machte sie
vertrauenswürdig? oder, noch besser,
könntest du dieses „irgendwie“ näher
beschreiben?
Nun ganz einfach, es waren Menschen, die lebten, was sie sagten. Ich war hier sehr abgestoßen von dem Verhalten meiner Mutter, für die Christentum Tradition ist. Man ging Ostern und Weihnachten in die Kirche, am liebsten katholisch, weil es da so schöne „Athmosphäre“ gab. Aber im Alltag und im Umgang miteinander war von Gott oder so keine Rede. Ich lernte so ganz natürlich, daß dieses ganze Christengedöns nichts fürs tägliche Leben war und als ich mit Physik anfing, waren andere Dinge sowieso wichtiger.
Meine christlichen Kommilitonen waren anders. In ihrer Gruppe wehte im wahrsten Sinne des Wortes ein anderer Geist. Sie gingen in die Kirche, weil es ihnen ein Bedürfnis war, sie versuchten die christliche Ethik tatsächlich zu leben und waren bedrückt, wenn es ihnen nicht gelang und sie waren überzeugte Christen und trotzdem fröhlich )
bis jetzt hört
es sich eher danach an, als habest du
überhaupt erst die existenz einer
inneren, also nicht im weiteren sinn
materiellen welt entdeckt. und so ganz
unsachgemäss ist das auch gar nicht,
diese entdeckung mit dem christentum in
zusammenhang zu bringen.
Ja, im weitesten Sinne kann man das als Entdeckung der inneren Welt bezeichnen. Aber vorher war diese für mich ja nicht unbekannt, vorher dachte ich ganz einfach, meine Kenntnisse der externen Welt auf die innere Welt übertragen zu können. Das war aber größtenteils Wunschvorstellung bzw. ein „daran glauben“. Dadurch bin ich sehr sensibilisiert und wenn jemand behauptet, er könnte die Regeln der externen Welt einfach auf die innere Welt projizieren, dann möchte ich fragen, ob dieser Mensch denn weiter gekommen ist als ich und ob er auch die Lücken sieht, die sich vor mir aufgetan haben.
ein problem wird
erst daraus, wenn du diese erfahrung mit
anderen geistigen identitätsfindungen
(etwa dem agnostizismus) in konkurrenz
siehst - was du ja tust. warum meinst du,
dies tun zu müssen?
Wie weiter unten hoffentlich herausgekommen ist, erkenne ich den Agnostizismus ja durchaus an, ich spreche ihn lediglich mit einer anderen Betonung aus. Ich habe Dich folgendermaßen verstanden (korrigiere mich, wenn ich hier irre):
Man kann Gott nicht beweisen - und in Gedanken fügst Du hinzu: Darum lebe ich so als würde er nicht existieren.
Man kann Gott nicht beweisen - und ich setze hinzu: Zumindest nicht so, daß jeder Mensch diesen Beweis einsieht. Ich für mich habe Dinge erfahren, die mich an einer Existenz Gottes nicht zweifeln lassen, also lebe ich so, weil es ihn gibt.
Aber vielleicht war ich mit meiner Annahme über Dich zu vorschnell, Du hast, wenn ich das richtig sehe, noch nicht dargelegt, welche Konsequenzen Du aus der Unbeweisbarkeit Gottes ziehst und womit Du dann Dein Welt- oder Menschenbild aufbaust und Deine Ethik ableitest.
Gruß
Thomas