Gregorianischer Gesang

Hallo,

die gregorianischen Gesänge sind musikalisch recht eigentümlich. Die Art hat sich bis heute in der Liturgie erhalten.
Aber warum sang man damals so eintönig? Sollte es meditativ oder irgendwie heilig sein? Oder gab es einen musikalischen Grund dafür? Oder war es vielleicht schlicht Mode der damaligen Zeit?

Gruß Steffi

Hallo,

Aber warum sang man damals so eintönig?

der Begriff „eintönig“ ist mehrdeutig.

Wenn du damit meinst, warum man nur einstimmig gesungen hat, ist die Antwort einfach: weil man Mehrstimmigkeit erst um 900 erfunden hat, gregorianische Musik aber schon seit etwa 400 belegt ist.

Meinst du hingegen mit „eintönig“, dass die Melodie oder der Rhythmus eintönig ist, so wäre zu antworten, dass es die Erfindung des Taktes (wie wir ihn heute kennen) noch wesentlich später liegt. Und für die Melodie gilt: sie sollte nicht vom hauptsächlichen (nenne es Meditation) ablenken.

Insofern ist deine Frage

Sollte es meditativ oder irgendwie heilig sein?

zu bejahen, wobei man aber nicht außer Acht lassen darf, dass auch die weltliche Musik dieser Zeit (sofern wir sie überhaupt kennen) nicht prinzipiell anders funktioniert.

Oder gab es einen musikalischen Grund dafür?

Ich würde den Grund „historisch“ nennen.

Oder war es vielleicht schlicht Mode der damaligen Zeit?

„Mode“ ist eine falsche Bezeichnung, weil das voraussetzt, dass man andere Möglichkeiten gehabt hätte.

Gruß

Bona

Hallo Bona,

Dank dir für die Erklärung.

Meinst du hingegen mit „eintönig“, dass die Melodie oder der
Rhythmus eintönig ist,

ja das meinte ich

so wäre zu antworten, dass es die
Erfindung des Taktes (wie wir ihn heute kennen) noch
wesentlich später liegt.

Es fällt mir schwer zu glauben, daß die Menschen damals kein Taktempfinden und kein melodisches Gefühl hatten, daß niemand mit der Tonhöhe seiner Stimme gespielt haben soll, daß niemand natürlich vorkommenden Takt empfunden und umgesetzt hat.
Woher weiß man das es das noch nicht geb, das es erst „erfunden“ werden mußte?

Und für die Melodie gilt: sie sollte
nicht vom hauptsächlichen (nenne es Meditation) ablenken.

Für Meditation ist der Gesang wirklich gut.

Gruß Steffi

Hallo Steffi,

natürlich vorkommenden Takt

man wollte sich in dieser frühen Zeit mit Musik eher von der Natur absetzen als ihr zu folgen.

Woher weiß man das es das noch nicht geb, das es erst
„erfunden“ werden mußte?

Das kann man in den Musiktraktaten nachlesen. Leider liegen viele nur auf Latein vor ( http://www.chmtl.indiana.edu/tml/start.html ), aber es gibt natürlich auch Erklärungsbücher in modernen Sprachen und einige Übersetzungen.

Gruß

Bona

Meinst du hingegen mit „eintönig“, dass die Melodie oder der
Rhythmus eintönig ist,

ja das meinte ich

gregorianische choräle mögen rhythmisch eintönig aussehen (man notiert sie heute in unbestimmten notenwerten, im original sind sie erstens differenzierter und zweitens wußten die ausführenden damals, wie man die notenlängen differenziert zu singen hatte), melodisch sind sie es sicher nicht. im gegenteil, sie erschaffen zum teil ganz eigene klangwelten (durch die jeweiligen modi), die uns heute zum teil sogar ziemlich fremd klingen können.

wenn mich nicht alles täuscht, war liturgischer gesang als eine art musikalisch erhöhter text gedacht, sprich der text steht im vordergrund und muß absolut verständlich bleiben (daher auch die einstimmigkeit, die symbolisch auch noch auf gott hinweist), und die töne sind dazu da, den erhabenen gesungenen text vom normalen gesprochenen zu unterscheiden. so etwas gibt es in vielen kulturen.

Hallo Steffi,

Es fällt mir schwer zu glauben, daß die Menschen damals kein
Taktempfinden und kein melodisches Gefühl hatten, daß niemand
mit der Tonhöhe seiner Stimme gespielt haben soll, daß niemand
natürlich vorkommenden Takt empfunden und umgesetzt hat.
Woher weiß man das es das noch nicht geb, das es erst
„erfunden“ werden mußte?

Man kann nicht sagen, dass die Menschen kein Taktempfinden und kein melodisches Gefühl hatten, meiner Meinung nach ist eher das Gegenteil der Fall.
Es ist einfach nur so, dass die Mehrstimmigkeit noch nicht „erfunden“ war und die Notenschrift auch noch völlig anders aussah als die heutige (wenn es Dich interessiert, such mal unter dem Stichwort „Neumen“) und sowieso die meisten Choräle mehr oder weniger auswendig gesungen wurden.
Üblich war es, dass der gregorianische Choral in Klöstern gesungen wurde. Dabei gab es meines Wissens in der Regel ein Notenexemplar, das vor der Schola (dem Chor) stand. Der Dirigent gab außerdem die Tonhöhe durch Handzeichen an. Der Rhythmus entstand meist durch den Sprachrhythmus der Worte (wozu dann also schon musikalisches Gespür nötig war). Meiner Meinung nach erforderte diese Art von Gesang gerade besondere Musikalität, weil eben nicht alles genau festgelegt war und man viel mehr aufeinander hören musste.

Das war jetzt ein Teil meines bescheidenen Wissens, wie ich es einst mal in meiner Ausbildung gelernt habe… Musikwissenschaftler vor, falls daran was zu korrigieren ist!

Viele Grüße,
BumbleBee

Hallo,

ich möchte eigentlich nur auf ein Detail aufmerksam machen: die Unterscheidung von Rhythmus und Takt. So etwas wie Rhythmus gab es natürlich, wenn auch eher in rudimentärer Form, nämlich wie den von dir erwähnten Neumen, wo sich eben nicht die Sprache nach dem (komponierten) Rhythmus, sondern eben der Rhythmus nach dem Sprachklang richtete.

Das beweißt aber keineswegs, dass es auch Takt gegeben hätte (gab es tatsächlich noch nicht).

Gruß

Bona

Hallo „Hummel“
warum dieser schöne NicName?

  • Volker -