Grenzwert von Funktionenfolge

Hallo zusammen,

ich soll den Grenzwert der Funktionenfolge

x_n:= \sqrt n \sin(\sin(\sin( \ldots \sin(x) \ldots )
berechnen, wobei der Sinus n mal angewandt wird. Habe mir folgendes dazu überlegt: Der Teil mit dem Sinus lässt sich als rekursive Folge wie folgt darstellen:
f_1:=\sin x \quad f_{n+1}:=\sin(f_1) . Lässt man n gegen unendlich streben, steht da f=sin(f), woraus f=0 folgt. Aber Wurzel n strebt gegen unendlich. Wie verknüpfe ich beide Grenzwerte.

Danke und Gruß,
Heinrich.

Hallo Heinrich,

dein Ansatz geht schon in die richtige Richtung, ganz so einfach ist es dann aber doch nicht. Um die beiden Grenzwerte zu „verknüpfen“ würde man bei Funktionen die Regel von L’Hospital anwenden. Da wir hier aber eine Folge haben, können wir diesen Ansatz vergessen.
Stattdessen können wir auch die Wurzel in die rekursive Vorschrift einbauen, indem wir bei jedem Schritt den alten Faktor herausteilen und den neuen anschließend dranmultiplizieren:

b_{n+1} := \sqrt{n+1} \ \sin \left( \frac{b_n}{\sqrt{n}} \right)

Nun ändert das nichts an der Tatsache, dass der Sinus einfach schwer zu handlen ist, darum wenden wir die Sandwich-Methode an: anstatt des Sinus werden wir zwei monoton fallende Funktionen f und g verwenden, so dass

f(x) \leq \sin(x) \leq g(x)

dabei können wir uns auf das Interval [0, 1] beschränken (warum?). Definieren wir nun analog Folgen mit obiger Rekursionvorschift und ersetzen den Sinus durch f und g:

a_{n+1} := \sqrt{n+1} \ f \left( \frac{b_n}{\sqrt{n}} \right) \qquad
c_{n+1} := \sqrt{n+1} \ g \left( \frac{b_n}{\sqrt{n}} \right)

dann folgt für alle n und gleichen Startwert x (weil alle Funktionen in [0, 1] monoton fallend sind):

a_n \leq b_n \leq c_n

Die Folgenelemente unserer „Thunfisch“-Folge liegen also immer zwischen den Elementen unserer „Toast“-Folgen, sodas wir ein schönes Sandwich erhalten, das gilt insbesondere auch für den Grenzwert! Damit jedoch unser Sandwich nicht auseinander fällt, müssen wir f und g so wählen, dass sie den gleichen Grenzwert haben! So können wir unseren Snack mit der Dampfwalze überrollen und den Thunfisch festnageln… (ich hab nichts gegen Thunfisch)

Aber welche Funktionen könnten diese Anforderungen erfüllen? Die
Antwort liegt gar nicht so fern: wir nehmen die Taylor-Entwicklung des Sinus und wählen:

f(x) = x - \frac{x^3}{3!} \qquad g(x) = x - \frac{x^3}{3!} + \frac{x^5}{5!}

In erster Ordnung funktioniert die Sache nicht, weil wir dann die Identität als Funktion hätten und unsere Folge divergieren würde. Zugegebenermaßen ist die Funktionswahl nicht unbedingt offensichtlich. Wie dem auch sei…
Man überzeuge sich davon, dass die Funktionen die gewünschen Eigenschaften haben und berechne die Grenzwerte der entsprechenden Folgen:

a_{n+1} = \sqrt{\frac{n+1}{n}} \ a_n \left( 1- \frac{a_n^2}{\sqrt{3! n}} \right)

Den Grenzwert nennen wir a, es muss gelten:

a = \sqrt{\frac{n+1}{n}} \ a \left( 1- \frac{a^2}{\sqrt{3! n}} \right)

Eine Lösung ist a=0, für eine weitere Lösung können wir umstellen:

a^2 = 3! n \left( 1-\sqrt{\frac{n}{n+1}} \right)

Grenzwert bilden, Wurzel ziehen und tata!

a = \sqrt{3}

Jetzt das ganze analog für die zweite Funktion. Es wird etwas komplizierter, weil wir nun ein Polynom vierten Grades haben, ist aber alles zu bewältigen. Dann Grenzwert bilden und festestellen, das auch hier der Grenzwert sqrt(3) ist und damit auch der unserer gesuchten Folge. Ist der Startwert von x ein ganzzahliges Vielfaches von Pi haben wir als Grenzwert dagegen 0.

Wir stellen also schlussendlich fest, dass die Grenzfunktion der anfänlichen Sinusschwingung eine Rechteckschwingung mit Amplitude sqrt(3) ist.

Viele Grüße

Hopla, war ja zu erwarten, dass sich Fehler einschleichen. Statt

a_{n+1} = \sqrt{\frac{n+1}{n}} \ a_n \left( 1-
\frac{a_n^2}{\sqrt{3! n}} \right)

muss es natürlich

a_{n+1} = \sqrt{\frac{n+1}{n}} \ a_n \left( 1-
\frac{a_n^2}{3! n} \right)

sein.

Hi,

und jetzt bitte noch das n nach 3! in der Grenzwertbildung berücksichtigen.

Das Einschachteln ist gut, ich würde sogar noch weitergehend

0

versuchen und dann allgemein die Konvergenzgeschwindigkeit von

x_{n+1}=x_n(1-ax_n^2)

untersuchen.

Wenn man 10.000 Iterationen (also 100*f(10000,x)) gegen ihren Startpunkt x aufmalt, dann ergibt sich näherungsweise eine Rechteckschwingung mit Höhe zwischen 1,6 und 1,8. Aber es ist nicht klar, ob die Höhe nicht doch wie z.B. die harmonische Reihe sehr langsam divergiert.

Gruß, Lutz

Hallo,

das n nach 3! hab ich durchaus berücksichtigt, aber nicht alles ausgeschrieben :smile:

n(1-\sqrt{\frac{n}{n+1}}) = \frac{n \sqrt{n+1} - n \sqrt{n} }{\sqrt{n+1}} = \frac{ \sqrt{n^2 + n} - n}{\sqrt{1+ \frac{1}{n}}} =

\frac{1}{\sqrt{1+\frac{1}{n}}} \frac{n^2 + n -n^2}{\sqrt{n^2+n}+n} =
\frac{1}{\sqrt{1+\frac{1}{n}}}\frac{1}{\sqrt{1+\frac{1}{n}}+1}

und damit ist

a^2 = \lim_{n \to \infty} 3! n(1-\sqrt{\frac{n}{n+1}}) = \lim_{n \to \infty} 6 \frac{1}{\sqrt{1+\frac{1}{n}}}\frac{1}{\sqrt{1+\frac{1}{n}}+1} = 6 \frac{1}{2} = 3

Betrachten wir allgemein eine Funktion

f(x) = x - \frac{x^3}{a}

für eine Folge

b_{n+1} = \sqrt{n+1} f(\frac{b_n}{\sqrt{n}}) = \frac{\sqrt{n+1}}{n} b_n (1 - \frac{x^2}{a n})

ist der Grenzwert

b=\begin{cases}
0, & \text{wenn }f(x) = 0\
\pm \sqrt{\frac{a}{2}}, & \text{sonst}
\end{cases}

wobei ich mir spare auseinanderzufrimeln, an welchen stellen welcher Grenzwert angenommen wird, denn wenn die Funktion nicht mehr monoton fallend ist wird das ganze teilweise recht wild.
Damit funktioniert dein Vorschlag leider nicht als oberen Toast x - x^3/8 zu benutzen, denn dann konverieren wir gegen 2 und nicht sqrt(3), würden also den gesuchten Grenzwert nicht festnageln.

Der Grenzwert deiner Folge, die nicht die Multiplikation/Division mit sqrt(n) und sqrt(n+1) enthält, ist eine Nullfolge, genauso wie die n-fache Komposition der Sinusfunktion ohne den Faktor sqrt(n) gegen die Nullfunktion konvergiert (wie Heinricht schon feststellte).

Ich gebe dir allerdings Recht, dass man vorerst zeigen müsste, dass die Folge überhaupt konvergiert und dass dann daraus folgt, dass der Fixpunkt der Grenzwert ist.

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Ja,

ist einsichtig. Zusammenfassend:

Die Lage ist also, dass wir eine Folge haben, die rekursiv definiert ist. In jeder Rekursionstufe steht eine leicht andere Fixpunktgleichung.

In jeder einzelnen Stufe gibt es drei Fixpunkte, 0 ist abstoßend, die anderen zwei, symmetrisch zur Null, anziehend. Es wäre zu prüfen, ob der Attraktionsbereich des positiven Fixpunktes die gesamte positive Halbachse ist.

Die positiven Fixpunkte kann man per Taylorentwicklung, wie von Dir vorgeführt, für große n gut approximieren und stellt fest, dass deren Grenzwert Wurzel(3) ist.

Zu zeigen wäre jetzt, dass daraus die Konvergenz der betrachteten Folge folgt. Das sollte elementar möglich sein, zumindest für genügend große n, da dann die Fixpunktfolge fast konstant ist.

Ciao Lutz