Grenzziehung 1945 - Stettin und Königsberg

Hallo Forum,

im Zusammenhang mit der deutschen Grenzziehung nach dem 2. Weltkrieg habe ich zwei bis drei Fragen, die ich leider auch nach umfangreicher Wiki-Recherche nicht beantworten konnte:

  1. Oder-Neiße-Grenze:
    Welches Interesse bestand seitens Stalin, Stettin Polen zukommen zu lassen? Ich habe gelesen, dass er die anderen Alliierten hingehalten hat, um sie nach der Besetzung vor vollendete Tatsachen zu stellen - allein seinen Beweggrund fand ich nicht heraus.
    Im Zusammenhang damit: Wer hat dann entschieden, welche Orte in der Umgebung von Stettin noch polnisch sein sollen? Wurden die auch einfach besetzt, um vollendete Tatsachen zu schaffen, oder hat man dann gesagt: Naja, direkt an der Stadtgrenze kann man schlecht einen Grenzwall ziehen, ein paar Dörfer müssen dann halt auch dazu? Und Wollin gleich mit?

  2. Kaliningrader Gebiet:
    Dieses wurde laut Wiki der Sowjetunion zugeführt, weil diese keinen eisfreien Ostseehafen hatte. Aber die Sowjetunion hat doch auch ganz Litauen annektiert und hatte damit Klaipėda - wozu also noch Königsberg? Und warum dann gerade der russischen SFSR und nicht der Litauischen SSR, wo doch alles eine große Brudernation war?

Ich hoffe, Ihr könnt mir weiterhelfen.

Liebe Grüße
Immo

Hallo

ad 1)

Weil Deutschland sich nicht wehren konnte und es den Westalliierten ziemlich egal war, ob nun eine pommersche Stadt mehr oder weniger an Polen fällt. Immerhin muss man bedenken, dass die Stadt beiderseits der Oder liegt und bereits damals das wirtschaftliche Zentrum der gesamten Region war.
Außerdem konnte man damit die deutsche Schifffahrt auf der Oder in die Ostsee ziemlich gut kontrollieren, denn Stettin bzw Swinemünde sind quasi die Sperrriegel zum Meer.
Zudem hat Polen somit zumindest einen Brückenkopf westlich der Oder. Man darf nicht vergessen, dass die wichtigen Verkehrsadern von Stettin aus entlang der Ostseeküste verlaufen…

ad 2) Tja. Noch ein eisfreier Hafen mehr kann ja nicht schaden, oder? Eine wirklich logische Begründung dazu fällt mir leider nicht ein.

Hallo!

ad 1)

Vielen Dank! Auf die Kontrolle eines wichtigen Schiffahrtsweges bin ich wirklich nicht gekommen! So einfach kann das sein.
Die Frage, nach welchem Kriterium Ortschaften im Umland von Stettin Polen zugeschlagen wurden, wo es doch nie eine offizielle Grenzregelung gab, bleibt allerdings noch offen.

ad 2) Tja. Noch ein eisfreier Hafen mehr kann ja nicht
schaden, oder? Eine wirklich logische Begründung dazu fällt
mir leider nicht ein.

Ja, so ist das manchmal: Da wird eine Begründung nicht so recht überprüft, und wenn die Sowjetunion einen eisfreien Ostseehafen will, bekommt sie halt einen, wenn’s weiter nichts ist.
Aber auch hier die ungeklärte Frage: Warum russische SFSR und nicht Litauische SSR? Auf die heutige politische Gliederung Europas hat das ja enorme Auswirkungen; aber Stalin hat doch nicht ernsthaft für den Fall vorausgedacht, dass sich die baltischen Staaten vom Mutterland trennen könnten?

Liebe Grüße
Immo

Zur Stettin-Frage:

Ich hab nochmal nachgeguckt… um Stettin herum gehört ja nichtmehr sonderlich viel zu Polen.
Mir fallen da eigentlich nur zwei taktisch/strategische Begründungen zu ein:

  1. Ein Brückenkopf ohne Vorfeld ist relativ wenig Wert…
    Abgesehen davon gebe ich nicht viel auf die Brückenkopf-theorie. Denn wenn man „die Hand in den Nacken legen“ will, warum nur an einem Punkt?

daher halte ich Folgendes für wahrscheinlicher:

  1. Kontrolle der Schifffahrtswege. Hätte man ab dem Abschnitt Stettin Deutschland wieder Hoheitsgebiet bis zur Oder zugesprochen, hätte Deutschland seinerseits nicht nur die Schifffahrt von Stettin oderaufwärts sondern auch in die Ostsee behindern können… Im Ernstfall. Inwiefern die Leute, die das damals geregelt haben derartige Gedanken im Hinterkopf hatten vermag ich nicht zu sagen…

Ansonsten fällt mir keine Begründung ein, weshalb man das Umland von Stettin sonst hätte an POlen abtreten müssen…

hoffe das hilft n bisschen :wink:

Gruß
BEtasator