Hyle und Eidos
Hi Michael,
die Hyle (υλη) ist ein Grundbegriff der antiken griechischen (vor-akademischen) Naturphilosophie und er spielt dann noch in der aristotelischen Metaphysik und Naturphilosophie eine wichtige Rolle: Das günstigste deutsche Äquivalent - wenn man denn unbedingt eine Übersetzung will - wäre etwa „ungeformter Urstoff“, so ist jedenfalls seine Bestimmung bei Aristoteles selbst.
Das ist bei den vor-akademischen Philosophien zwar kosmologisch gemeint, bei A. hat es aber eine viel näherliegende Bedeutung: Hyle ist schlicht der " Stoff, aus dem" etwas besteht, wie das Holz, aus dem ein Schiff gebaut wird, der Marmor, aus dem man eine Statue macht usw.
Es geht dabei um die genauere Analyse des Begriffs des „Grundes“, der durch die Vorgänger der Akademie in dem allgemeinen Satz, daß alles Exististierende einen „Grund“ hat, vorbereitet war.
A. sieht, daß jedes „Etwas“, damit es ein bestimmtes Etwas ist, in ein Netz von vier „Gründen“ oder „Ursachen“ (griech. aitia oder archai, lat. causae) eingespannt ist.
A. macht das am Beispiel einer Statue deutlich: Sie hat
- eine „Wirkursache“ (lat. causa efficiens, griech. „das Woher“), d.h. sie ist hergestellt worden, und zwar vom Bildhauer
- eine „Zweckursache“ (lat. causa finalis, griech. „das Wozu“), d.h. sie soll auf dem Marktplatz aufgestellt werden
- eine „Stoffursache“ (lat. causa materialis, griech. „das Woraus-Bestehend“ = die hyle ), d.h. sie ist aus Marmor gehauen
- eine „Formursache“ (at. causa formalis, griech. „das Wie-Gestaltet“ = morphe oder eidos , lat. forma oder species), d.h. sie stellt den Feldherrn Alexander dar.
Diese beiden letzteren „Ursachen“ hängen dabei sehr eng zusammen: Der ungeformte Stoff wird erst durch die „Einprägung“ einer Form zu einem Etwas (A. vergleicht das mit der Einprägung eines Stempels in Tonmasse) und zugleich benötigt die Form auch einen Stoff: Ohne Stoff (hyle) bleibt die Form reine „Idee“ (eidos) und kann sich nicht realisieren. Der Stoff bleibt ebenso unrealisiert (d.h. er wird nicht zu einer res, „Sache“ oder „Ding“), solange er keine Gestalt, keine Form hat.
Gruß
Metapher