Griechischer Begriff bei Sartre

Hallo

Ich brüte gerade über einer Hausarbeit zu J.P. „Sartres Skizze einer Theorie der Emotionen“ und scheitere an meinen mangelnden Griechischkenntnissen. Ich wäre sehr verbunden wenn mir jemand das Wort „yle“ also Ypsilon( bin ich mir nicht ganz sicher, sieht aber am ehesten noch nach Ypsilon aus), Lambda, Eta übersetzen und/ oder mir eine Definition davon zukommen lassen könnte.

mfG Michael

Hyle und Eidos
Hi Michael,

die Hyle (υλη) ist ein Grundbegriff der antiken griechischen (vor-akademischen) Naturphilosophie und er spielt dann noch in der aristotelischen Metaphysik und Naturphilosophie eine wichtige Rolle: Das günstigste deutsche Äquivalent - wenn man denn unbedingt eine Übersetzung will - wäre etwa „ungeformter Urstoff“, so ist jedenfalls seine Bestimmung bei Aristoteles selbst.

Das ist bei den vor-akademischen Philosophien zwar kosmologisch gemeint, bei A. hat es aber eine viel näherliegende Bedeutung: Hyle ist schlicht der " Stoff, aus dem" etwas besteht, wie das Holz, aus dem ein Schiff gebaut wird, der Marmor, aus dem man eine Statue macht usw.

Es geht dabei um die genauere Analyse des Begriffs des „Grundes“, der durch die Vorgänger der Akademie in dem allgemeinen Satz, daß alles Exististierende einen „Grund“ hat, vorbereitet war.

A. sieht, daß jedes „Etwas“, damit es ein bestimmtes Etwas ist, in ein Netz von vier „Gründen“ oder „Ursachen“ (griech. aitia oder archai, lat. causae) eingespannt ist.
A. macht das am Beispiel einer Statue deutlich: Sie hat

  1. eine „Wirkursache“ (lat. causa efficiens, griech. „das Woher“), d.h. sie ist hergestellt worden, und zwar vom Bildhauer
  2. eine „Zweckursache“ (lat. causa finalis, griech. „das Wozu“), d.h. sie soll auf dem Marktplatz aufgestellt werden
  3. eine „Stoffursache“ (lat. causa materialis, griech. „das Woraus-Bestehend“ = die hyle ), d.h. sie ist aus Marmor gehauen
  4. eine „Formursache“ (at. causa formalis, griech. „das Wie-Gestaltet“ = morphe oder eidos , lat. forma oder species), d.h. sie stellt den Feldherrn Alexander dar.

Diese beiden letzteren „Ursachen“ hängen dabei sehr eng zusammen: Der ungeformte Stoff wird erst durch die „Einprägung“ einer Form zu einem Etwas (A. vergleicht das mit der Einprägung eines Stempels in Tonmasse) und zugleich benötigt die Form auch einen Stoff: Ohne Stoff (hyle) bleibt die Form reine „Idee“ (eidos) und kann sich nicht realisieren. Der Stoff bleibt ebenso unrealisiert (d.h. er wird nicht zu einer res, „Sache“ oder „Ding“), solange er keine Gestalt, keine Form hat.

Gruß

Metapher

Hallo, Michael!

Das Wort, das du da vor dir hats, hat vorne einen Spiritus asper, das bedeutet, dass man es „Hyle“ (hülä) spricht.

Hier eine Erklärung aus einem Brettspielebrett (!):

_Hintergrund
HYLE (sprich hüle) ist eigentlich das griechische Wort für Holz oder auch Wald. Der große griechische Philosoph Aristoteles (384-322 v. Chr.), der die berühmte Schule von Athen gründete und auch der Lehrer von Alexander dem Großen war, gebrauchte den Begriff allgemeiner als Stoff oder Materie.

Er verstand unter HYLE den noch nicht zu realen Dingen geformten „Urstoff“, der als bloße, noch nicht verwirklichte „Möglichkeit“ als einzige Eigenschaft die Formbarkeit besitzt.

Das mag etwas „abgehoben“ klingen (und tatsächlich stammt diese Definition ja auch aus einem philosophischen Wörterbuch), aber es beschreibt doch recht gut, um was es in dem Spiel HYLE 7 geht. Hierbei bilden 49 farbige Holzspielsteine den „Urstoff“, aus dem die Spieler auf dem Spielplan geordnete Strukturen, regelmäßige Farbmuster, „formen“._

=> http://www.franjos.de/spiele/h7d.htm

Satre und Brettspiel! :wink:

Gruß Fritz

1000 Dank
Auch wenn das Brettspiel Sartre wahrscheinlich als Beispiel, zur leider doch zu oft rudimentären Erklärung eines vertrackten Problems viel Freude bereitet hätte, ist hier wohl doch eher Der Grundstoff resp. die Materie gemeint :wink:. Ähnliches hatte ich auch schon gemutmaßt aber man sollte sich Seiner ja immer sicher sein.

Danke für die schnelle Antwort ( wird wohl nicht die letzte frage bleiben, die ich stelle)

Gruß Michael

hyle = Schlamm
Hi Fritz,

das ist zwar nett zitiert, aber falsch.

HYLE (sprich hüle) ist eigentlich das griechische Wort für
Holz oder auch Wald. Der große griechische Philosoph
Aristoteles (384-322 v. Chr.), der die berühmte Schule von
Athen gründete und auch der Lehrer von Alexander dem Großen
war, gebrauchte den Begriff allgemeiner als Stoff oder
Materie.

„Allgemeiner“ lag der Begriff vielmehr bereits als kosmologischer bzw. kosmogonischer „Urstoff“ in der ionischen Naturphilosophie vor. Im Gegenteil hat Aristoteles den Begriff dann spezieller gefaßt. Er hat die hyle erst in den Kausalanalysen in den unbedingten Zusammenhang mit eidos, morphe, lat. forma, gebracht (siehe Posting oben).

hyle heißt auch nicht primär „Wald“, „Holz“, sondern „Materie“ im Sinne von „Material“: Dann erst „Bauholz (besonders für Schiffe)“, sowie „Ballast“, aber auch „Hefe“. Die Etymologie des Wortes wurde oft irrtümlich mit lat. silva = „Holz“, „Wald“ zusammengebracht. Vielmehr führt aber idg. *seu-, *su- zu griech. hyei „es regnet“ und hyslos „sinnloses Geschwätz“, ai. sunoti „auspressen, keltern“ und soma „Soma“, und dann ist mit div. Stammerweiterungen der Kontext von hyle in „Suhle“, „Schlamm“, und auch in „Sud“ (= Dreck), „Saft“, „Suppe“, „saufen“, „saugen“ und mhd. suft „Seufzer“ und siuften „seufzen“ wiederzufinden.

Gruß

Metapher

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Nun, dafür haben wir ja den dreimalgroßmächtigen Metapher!

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