Große Ackerflächen in Frankreich

Liebe w-w-w-ler,

nachdem ich trotz intensiver Recherche keine Antwort gefunden habe, wende ich mich hoffnungsvoll an Euch:

Bei unserer Fahrt durch Frankreich ist uns aufgefallen, dass dort (z.B. in der Champagne) SEHR große Ackerflächen zu sehen sind, wie sie bei uns selbst in den neuen Bundesländern kaum anzutreffen sind; fast vergleichbar mit den Anbauflächen in den USA.
Wie sind diese riesige Schläge entstanden? Ist das historisch bedingt, wie etwa bei uns die Rittergüter oder hat nach dem Krieg ein derartiger Konzentrationsprozess stattgefunden.

Wissbegierige Grüße
M_Erato

Hallo!

In Frankreich gehören flächenmäßig große landwirtschaftliche Betriebe wie in Westdeutschland zu den Ausnahmen. Frankreich und Westdeutschland sind in der Verteilung der Betriebsgrößen und des Anteils von Großbetrieben an der insgesamt bewirtschafteten Fläche ähnlich strukturiert. In Osteuropa einschl. ehemaliger DDR, mit Ausnahme Polens, spielen die flächenmäßig großen Betriebe die dominierende Rolle.
Hier ein lesenswerter Beitrag zum Thema: http://ostdeutsche-bodenpolitik.de/2014/12/03/landwirtschaftliche-grossgrundbesitzstrukturen-in-europa-entstehungsbedingungen-und-weitere-entwicklung/

In den 90ern trug sich in Niedersachse Seltsames zu, weil nämlich von jetzt auf gleich die Zahl der landwirtschaftlichen Großbetriebe prozentual heftig zulegte. Nach einer Volksabstimmung kam die östlich der Elbe gelegene Gemeinde Amt Neuhaus von Mecklenburg nach Niedersachsen. So kam es, dass eine Schäferei mit über 1.000 ha statt zu McPomm zu Niedersachsen gehörte. Dieser eine Betrieb ließ die Anzahl der Großbetriebe über 1.000 ha in Niedersachsen um einen nennenswerten Prozentsatz in die Höhe schnellen.

Gruß
Wolfgang.

Frankreich ist der größte europäische Weizenexporteur !

Globus

Servus,

unterscheide zwischen Betriebsgrößen und Schlaggrößen.

Die in den Weizenanbaugebieten Frankreichs recht ansehnlichen Schlaggrößen (die übrigens nicht markant größer sind als die im vergleichbaren Ackerbaugebiet der Magdeburger Börde, wo ein ordentlich aufgestellter Betrieb auch durchschnittliche Schlaggrößen von rund 25 ha erreicht) haben mit der in F früher erreichten Arrondierung der landwirtschaftlichen Betriebe und der auch in fruchtbaren Ackerbaugebieten viel dünneren Besiedlung in Frankreich zu tun.

Die Betriebsgrößen sind heute mit denen in D durchaus vergleichbar, wenn man nicht Weizenbetriebe auf 90er Böden mit gemischten Bio-Betrieben mit Dreifelderwirtschaft, Viehhaltung und Gemüsebau in Mittelgebirgslagen miteinander vergleicht. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat in F früher und zügiger stattgefunden als in D, so dass die französischen Betriebsgrößen in den ca. 1970er bis 1980er Jahren vorübergehend denen in D sehr deutlich überlegen waren. Das hat u.a. mit dem französischen fränkischen Erbteilungsrecht zu tun, das dazu führt, dass in der französischen Land- und Forstwirtschaft viel mehr Grund und Boden gehandelt wird als in Deutschland und viel weniger landwirtschaftliche Betriebe über Jahrhunderte im Besitz einer Familie bleiben.

Aber das führ vom Hölzchen zum Stöckchen - das, was Du gesehen hast, waren ja keine auffallend großen Betriebe, sondern auffallend große Schläge. Und die gehören halt zu Braunerde auf Lösslehm bei dünner Besiedelung, somit wenig störendem Geraffel im Gelände.

Schöne Grüße

MM

Servus,

nun ist es allerdings so, dass in der Franche Comté nicht so arg viel Weizen angebaut wird, und in der Gascogne auch nicht.

Schöne Grüße

MM

1 Like

So richtig habe ich es beim Lesen noch nicht verstanden. Gehört so ein großer Schlag in F nun zu einem Betrieb, während in D ein Betrieb zwar im Durchschnitt über genausoviel Fläche verfügt, nur das die auf mehrere kleinere Schläge verteilt ist. Oder gehören die großen Schläge in F mehreren Betrieben/Eigentümern, die eben die Fläche irgendwie gemeinsam beackern? Letzteres würde irgendwie so aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht logischer/sinnvoller erscheinen. Muss ja aber bei Bauern nicht so sein.

Hallo Wolfgang, hallo MM

ganz herzlichen Dank für Eure fundierten Ausführungen, wie auch für den wirklich interessanten Link.

LG
M_Erato

Hallo!

Die Schlaggrößen sind natürlich von geographischen Verhältnissen abhängig, darüber hinaus aber von Geschichte und Traditionen der Landschaftspflege. So wurde die Landschaft in den ostdeutschen Bundesländern im Interesse industrialisierter Landwirtschaft in den 50ern großflächig ausgeräumt. So entstanden durch Kollektivierung große Betriebe und als Folge des Frevels an der Landschaft riesige Schläge. Im Unterschied dazu ist die Landschaft in Schleswig-Holstein von Knicks durchzogen. Selbst bei den wenigen großen Betrieben in S-H sind die Schläge/Einzelflächen deshalb i. d. R. kleiner als in Ostdeutschland.

Gruß
Wolfgang