29.09.2003
Großeltern
Nachdem ich mich im Internet mit meinem Herzensanliegen Großeltern eingeschleust habe, ein kleiner Beitrag dazu.
Bei meiner Geburt waren meine Großväter bereits tot und die Großmutter mütterlicherseits habe ich etwa zweimal gesehen bevor sie starb als ich etwa zehn war. Meine Mutter hatte Angst vor ihr und sie uns entsprechend abstoßend vermittelt…ich erinnere mich noch …nach ihrem Tod meinte unsere Mutter zu uns Kindern…sie könne sich nicht vorstellten, daß ihre Mutter im Himmel landet…
Die Großmutter väterlicherseits war in unserer Nähe, aber sie war ja allein und hatte da einen ziemlichen Kampf mit ihren Nachkommen…und so behielt ich sie nachdem sie starb als ich sechs Jahre war, auch nur Kochlöffel schwingend gegenüber uns Kindern in Erinnerung und meine Mutter hat an ihr auch kein gutes Haar gelassen, obwohl ich heute alles ganz anders sehe.
Diese Großmutter starb – allein in ihrem Haus ganz plötzlich mit 75 Jahren - es war Allerseelen und ich war mit einer Nachbarin auf dem Weg zum Friedhof, als uns jemand entgegen lief mit der Nachricht über meine Großmutter und ich brachte dann die Neuigkeit nach Hause, jemand hatte sie tot aufgefunden.
Der Begriff Großvater tauchte für mich erstmals bewußt auf, nachdem mein Bruder starb, mit 43 Jahren. Da kamen dann viele viele Gedanken…und ab da wurde ich erst richtig erwachsen…Großmutter und Schwiegermutter in einem.
Mein Bruder, mit dem ich ja ganz eng aufgewachsen war, der war meine Familie, er war für mich der Maßstab für Mann, Vater, Schwiegervater und Großvater.
Nun aber da er in das Grab zu unserer Großmutter kam…bleibt auch er mein erster Großvater…und für mich begann die bewußte Auseinandersetzung…und diesmal nicht durch die Brille meines Bruders…mit allen Arten von Beziehungen, Mann, Frau, Sohn, Tochter, Vater, Mutter, Schwiegermutter, Schwiegervater, Großmutter, Großvater…Am 11. November wird es neun Jahre her, daß mein Bruder starb und nun habe ich erstmals auch einen Enkel. Ich bin unendlich dankbar für diese neun Jahre Vorbereitungszeit und ich stellte fest, daß ich vielen Menschen gegenüber schon bereits von Kind an die Haltung als Großmutter geübt habe, aber vor allem in der Arbeitswelt da wird es am schwierigsten, da kommt man allein nicht zurecht, da müssen viel mehr Menschen zusammenarbeiten, damit wir gemeinsam mit unserer Verantwortung als Großeltern zurecht kommen.
Mit Kindern verbindet uns viel mehr direkter Kampf, ob es nun um eine private Auseinandersetzung geht oder um puren Existenzkampf, Kinder werden zur Konkurrenz, aber Gro0eltern und Enkel da s beginnt von vorne herein mit Abstand und mit Respekt. Eine Gro0mutter darf sich nicht mehr so direkt durchsetzen, sondern sie muß über Respekt wirken. Respekt aber ist ein unerschöpfliches Thema.
Da ich mich meinen Kindern gegenüber bewußt als Großmutter ausgab, nachdem ich mich von ihnen im Alter von 17 und 18 Jahren getrennt hatte ( es sind Zwillinge, Sohn und Tochter und der ältere Sohn), schrieb ich vor zwei Jahren in der Funktion als „Gro0mutter“ einen Beitrag für ihn. Er arbeitete an seiner Reifeprüfung und ich lieferte ihm meinen Beitrag…meine Reifeprüfung…der lautete wie folgt…
(Inzwischen habe ich erfahren, daß heute Nacht meine Mutter gestorben ist.). Eine andere Großmutter hatten meine Kinder nie, die war schon lange vor ihnen tot und nun haben auch sie keine mehr.)
O8.02.02
Heute ist ein besonderer Tag. Heute hat mein Motto Geburtstag. Das heißt eigentliche ist es erst heute geboren worden. Genauer gesagt, es hat ja längst schon existiert, aber einen Namen hat es erst heute bekommen und zwar
Respektieren statt Provozieren
Es entspricht wohl meinem weiblichen Dasein, daß ich mich mehr mit Schwächen auseinandergesetzt habe und auch gezwungen war es zu tun, da ich meist in die Rolle des Schwächeren gedrängt war, sei es als Kind, als Schüler, als Schwester, als Tochter, als Mutter, als Hausfrau als Katholikin oder auch jeweils auf einem Arbeitsplatz, als Anfänger oder wegen geringgeschätzter Beschäftigung.
Zunehmende Erfahrung aber brachte ein anderes Problem mit sich und da mußte ich erst noch von Männern einiges dazulernen. Unter bereits sehr jungen männlichen Wesen, kann man beobachten wie einer den anderen provoziert und daraus ein Kampf wird, durch Provokation werden Reaktionen hervorgerufen, aber meist sind die auch von recht negativen Gefühlen begleitet. Daß Männer lernen müssen da untereinander zurechtzukommen ist einer Frau an sich selbstverständlich und wir können ja so viele Situationen beobachten, wo ein einzelner draufzahlt infolge einer Gewalttat, solche Geschehnisse haben wir ja Tag für Tag vor Augen in Form von Brutalität, Gewalt, Kindesmißbrauch oder sonstiger Delikte.
Meine eigene Erfahrung als Frau hat bei negativen Gefühlen in erster Linie Berührungen mit Frauen gespeichert. Die Provokationen durch meine Mutter haben sich durch mein ganzes Leben gezogen und ich fand keine Möglichkeit das abzustellen oder ihr zu erklären wo sie da falsch liegt. Das wird auf ewig ein ungelöstes Problem bleiben, weil es nun zu spät ist. Ich weiß heute, daß sich meine Mutter durch Provokation seelischen Kräfte geholt hat, von denen sie selber zu wenig hatte. Sie war in ihrem Leben stets überfordert und konnte deshalb seelisch viel zu wenig aufbauen, jeder hat von ihr genommen, aber niemand hat gefragt, ob sie selber auch die Kraft hat, sie aber hat das, was sie gegeben hat auch von anderen genommen, am meisten von den Kindern, ich war eines darunter. Man kann sich tatsächlich von Leuten seelische Stärke holen – die man selber nicht besitzt – und gleich damit auf andere losgehen bzw. damit andere einschüchtern. Dasselbe geschieht ja bei der körperlichen Stärke, zuerst reizen und dann aufeinander los gehen.
Die Probleme aber die ich mit meiner Mutter hatte, haben mich an einer anderen Stelle getroffen, an einer Stelle an der ich verwundbar war und die war im Herzen. Erst als ich sie als Feind betrachtete und ihr aus dem Weg ging, konnte diese Wunde heilen. Über andere Frauen aber wurde ich immer noch daran erinnert und ich ordnete sie unter die Kategorie Mutter ein, benahm mich möglichst unauffällig und auf größtmögliche Distanz. Und siehe da so gab es ein Auskommen.
Die Erfahrung also hat mich gelehrt, daß es eine seelische Provokation gibt, jemand versucht einem seelisch zu treffen, um sich dann selber gestärkt zu fühlen.
Es gab aber auch Situationen in denen das ganz von selber geschah, ich hatte jemanden vor mir, der mir gleich nicht gewachsen war und der gab mir die Kraft entsprechend zu reagieren. Nun machte ich also selber von etwas Gebrauch, das mir eigentlich sehr zuwider war. Ich wurde stark und verletzte damit einen anderen im Innersten. Teils freiwillig, teils unfreiwillig habe ich auch solche Wunden gesät und es passiert vielleicht noch manches, obwohl ich es eigentlich gar nicht will – da geht es jetzt um Stärken, auch damit muß man erst lernen umzugehen. Meine Mutter konnte das nie richtig lernen und diese Tatsache ist eine Grenze zwischen uns geworden, die uns hundertprozentig getrennt hat.
Übrig geblieben sind nur die negativen Gefühle und die sagen mir, es war eben die Provokation, die uns getrennt hat.
Durch die Herausforderung all dieser Provokationen habe ich gelernt anders zu sein. Das geschah bereits als Kind durch die extreme Zurückhaltung. Eine Zurückhaltung an Gefühlen, an Sprache und an Vertrauen.
Man sagt so geringschätzend Schüchternheit. Die ist aber auch eine Art der Zurückhaltung, die sich bereits ein Kind aneignet, gegenüber allem was eine fremde Gefahr ist.
Durch das Mutterdasein aber wuchs die seelische Stärke und zum Schutz der Kinder nahm sie manchmal gewaltige Ausmaße an. Auf die jeweiligen Kräfte wieder zu verzichten war nicht leicht, aber ich sah die Notwendigkeit und lernte.
Nun aber durchschaute ich auch andere Mütter und sah in ihnen das Problem, das ich selber mehr oder weniger im Griff hatte und ich konnte es ihnen wieder nicht sagen, genauso wie meiner Mutter damals. Ich begegnete Frauen, die Albträume in mir hinterließen und das kann immer noch passieren.
Man kann zwar beobachten wie sich junge Leute denen fad ist, gegenseitig provozieren, aber auch andere Frauen und Männer quälen sich gegenseitig bloß weil sie nichts anderes zu tun haben.
Wenn man Kinder fordert sind sie die bravsten Geschöpfe, wenn man junge Leute richtig nimmt, sind sie auch sehr brav, und andere Männer und Frauen auch, man muß sie nur richtig führen. So habe ich gelernt möglichen Angriffen gegen mich zuvorzukommen. Ich fordere mein Gegenüber gleich und das schafft mir schon eine bessere Ausgangsbasis.
Wie aber fordere ich eigentlich?
Und nun bin ich beim Respektieren. Ich sehe jemanden so wie er sich mir gegenüber präsentiert und ich nehme ihn so an. Respektieren heißt für mich von vorneherein etwas Abstand halten und dann erst mich anzupassen oder auch nicht anzupassen, an alles kann man sich auch nicht anpassen, da muß man vorsichtig bleiben. Das kann oft sehr anstrengend sein. Die Gedanken kommen ganz von selber, wenn ich mich in einen anderen hineindenke, auf ihn zukomme. Auch da muß auch oft erst von meiner Seite aus ein Zuviel abgebaut werden, jeder verträgt nicht die Dosis, die ich auf Anhieb zu geben hätte. Einem Schwächeren gegenüber muß ich mich mehr zurückhalten, während mich ein Stärkerer fordern kann, daß mir selbst schon die Luft weg bleibt. Seelische Stärke beginnt dort, wo man spontan von einem Problem getroffen wird und nun setzt ein Prozeß ein, ein aus Gefühlen, Denken und Handeln vermischter Prozeß, der etwas in Bewegung setzt… z.B. ein junges Mädchen verliebt sich… ganz im Gegenteil zu irgendeinem sexuellen Geschehen, geht es da um einen innerlichen Prozeß, der wächst oder durch negative Gefühle gestoppt werden kann. Seelische Stärke wird gestoppt durch negative Gefühle, da setzt ein Abwehrmechanismus ein, der den Kräften entgegenwirkt wie z.B. Eifersucht, die baut da etwas ab.
Beim Respektieren aber baue ich etwas auf, da kommt etwas dazu, die Berührung mit einem Menschen, einer Idee oder sonst welchen Einflüssen bereichert mich, ich nehme an, überdenke, lerne dazu und bereite mich vor.
Einen Partner muß ich zuerst respektieren und dann kann ich etwas mit ihm aufbauen. In diesem gegenseitigen Respekt haben auch andere Platz, die sind da kein Fremdkörper. Allerdings sind Kräfte auch nicht unbegrenzt vorhanden und gerade deshalb, weil ich auch Grenzen habe, kann ich nicht soviel versprechen, vermag ich viel weniger, als ein anderer, der momentan stark ist, weil er sich auf andere verläßt. Respekt wirtschaftet mit positiven Kräften, aber mit soliden Kräften und ich erhoffe mir von der Zukunft, daß diese positiven, soliden Kräfte viel mehr geschätzt werden und die negativen Kräfte zurückdrängen. Respekt darf nicht Gewalt anwenden, er basiert auf Toleranz. Toleranz muß man einfach nur üben, auf eine Antwort verzichten, die einem schon auf der Zunge liegt und die einen anderen verletzt. Jemanden etwas zutrauen und immer wieder bis er es schafft.
Manchen Menschen traue ich zu, daß sie erst in etlichen Jahren recht brauchbare Menschen sind und bis dahin muß ich Geduld haben und an sie glauben, andere wieder sind so wie sie sind ein Geschenk ganz egal welches Alter, welche Figur, welche Interessen oder welches sonst etwas, sie betreten einfach meinen Horizont und lassen etwas zurück, das wertvoll ist und meist bleibt von jedem irgend etwas zurück. Warum ist die Vermessenheit heute so groß, die von jedem absolute Figur und absolute Leistung verlangt? Ich denke da haben einzelne Menschen und ich selber mittendrin Fehler gemacht. Es mangelt am nötigen Respekt gegenüber dem Leben an sich, gegenüber meinem eigenen Leben und dem meines Gegenüber.
Mein Motto – Respektieren – das heißt auch ich sehe dich wie du jetzt bist, auch inmitten deiner Mistgrube und ich möchte dich mitziehen in ein Blumenfeld, auch wenn du es selber gar noch nicht willst. Wenn ich das nicht mache, kann es sein, daß ein anderer kommt, der dich noch tiefer hinein fallen läßt. Also kann es schon sein, daß ich unbequem bin, aber denke mal nach, ist es tiefer unten nicht noch unbequemer.
Ich darf aber auch die Erfahrung machen, daß Respektieren ansteckend ist, es kommt auch wie ein Echo zurück und so entsteht ein Land im dem Menschen miteinander wohnen. Ich bin mir bewußt, daß meine Generation mit dem Miteinander viele Probleme hat und ich trage meinen Anteil daran mit. Ob es neueren Generationen besser gelingen wird, das bleibt noch eine offene Frage… es wird auch daran liegen, ob wir an den nötigen Voraussetzungen genug arbeiten. Gehetzte Tiere können kaum friedlich nebeneinander liegen und so brauchen auch wir Atmosphäre in der Respekt wachsen kann. Manchmal tut es gut davon zu träumen. Solche Träume möchte ich nicht missen, aber die Wahrheit könnte noch viel schöner sein. So bleibt mein Motto auch stets ein bißchen Traum und ein bißchen Wahrheit, wie jeder Tag.