Großes Problem mit Welpen: Spazieren gehen!

Hallo,

ich habe seit knapp 4 Wochen ein kleines Jack Russel Weibchen bei mir. Sie ist jetzt gute 3,5 Monate.
Als sie zu mir kam war sie sehr verängstigt und kannte nicht das nötigste, d.h. sie kannte weder Autos noch andere Hunde und hatte in ihrem Leben wohl auch noch nie eine Leine gesehen.
Das hat sich bisher schon um ein gute Stück verbessert. Leider habe ich das Problem, dass Spazieren gehen eine reine Qual ist.
Schon wenn ich die Leine hole, verschwindet sie sofort in ihr Körbchen und lässt sich nur widerwillig ihr Geschirr und Leine anmachen. Wenn wir dann draußen sind erledigt sie schnell ihr Geschaft und dann geht meist nicht mehr viel. Sie setzt sich bei jeder Kleinigkeit hin, auch wenn andere Hunde oder Menschen erst in über 100m zu sehen sind.
Und wenn dann doch mal der seltene Fal eintritt, dass sie die ersten Meter mitkommt, schnüffelt sie die ganze Zeit am Boden und lässt sich nur mit Gewalt wegziehen, was aber auch nur 2 Meter Wirkung hat.
Wie bringe ich meinem Hund bei gut an der Leine zu laufen?
Mit Leckerlies und Spielzeug locken habe ich schon von Anfang an versucht, jedoch lässt sie das Spielzeug draußen völlig kalt und Leckerlies verstärken das Sitzproblem eher noch, d.h. dass sie sich häufiger hinsetzt, weil sie ja dann schöne Sachen vor die Nase gehalten bekommt.
Ich brauche dringend eure Hilfe, weil ich momentan das Problem habe meinen Hund auszupowern und außerdem kann ich sie so schlecht überall mit hinnemhen, weil jeder kurze Weg Stunden dauert.

Hallo Räubertochter,

ich weiß gar nicht genau, wo ich anfangen soll und bin immer wieder erstaunt, dass es immer wieder Neuhundebesitzer gibt, die sich recht wenig über das Thema „Hund“ informieren bzw. vor Anschaffung informiert haben.

Ich gehe auch davon aus, dass Du entweder in keiner guten Welpenspielstunde mit Deinem Hund bist oder in gar keiner, denn ansonsten hätte man Dir Deine Fragen dort beantwortet und vielleicht auch einiges zum Thema Hund klären können.

Dein JRT ist jetzt 3,5 Monate, also 14 Wochen alt. Ein Baby!!

Wenn ein Hund zu seinem neuen Besitzer kommt, ist es nicht sooo selten, dass er verängstig ist. Denn er wird aus seinem gewohnten zu Hause als kleines Würmchen genommen. Weg von den Geschwistern, weg von der Mama, weg von dem Züchter. Alles ist neu!! Die Wahl diesen Hund von dem Menschen zu kaufen, hast Du selbst getroffen und mit dieser Wahl kann man von vorn herein schon einiges beeinflussen. Wählt man einen Züchter, der nicht viel Zeit in seine Welpen investiert, dann kann man auch nicht erwarten, dass der Welpe viel kennt. Meistens ist er dann auch relativ günstig. Ein höherer Preis hat auch seinen Grund, denn oft sind das Züchter, die viel Zeit, Energie und Geld darin investieren (sicherlich auch nicht immer), dem Welpen einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.

Viele Züchter schaffen es nicht mit dem Hund vorher Auto zu fahren und viele Welpen kennen keine Leine.

Wenn Dein Hund Angst vor der Leine hat, dann musst Du Dir die Frage stellen: Wie läuft denn das ab, wenn ich ihr die Leine anlegen möchte. Bin ich vielleicht im Zeitdruck? Hatte sie genug Zeit, sich an die Leine zu gewöhnen? Bin ich manchmal vielleicht zu ruppig? Hast Du Dir mal die Dimensionen überlegt? Ich schätze Dein neues Familienmitglied ist ca. zwei Hände voll groß, evtl. etwas größer. Du hingegen bist für sie wie ein riesiges Hochhaus. Setzt Du Dich in Ruhe zu ihr auf den Boden, wenn Du sie anleinen möchtest? Oder arbeitest Du stehend von oben runter? Wenn sie so ein Problem mit der Leine hat, dann lass die Leine halt mal den Tag über dran, so dass sie ständig damit rum läuft und sich dran gewöhnen kann. Wenn Du sie ihr anlegst, mach das in Ruhe und nicht, weil Du jetzt schnell mit ihr raus musst. Setzt Dich zu ihr auf den Boden, spiel ein bißchen mit ihr und vielleicht liegt die Leine in der Nähe?! Nimm ein paar Leckerlies und leg sie an oder in die Nähe der Leine, so dass sie nah ran muss, um die Leckerlies zu holen. Etc. So verliert die Leine schnell ihren Schreck. Stell Dir immer vor, jemand will Dir ne Jacke anziehe. Wie hättest Du das gerne? Im HAU-RUCK-Verfahren oder gerne nett? Überprüfe, ob Dein Hund vielleicht etwas von dem, was Du tust als bedrohlich empfinden könnte und versetzt Dich in die Lage dieses kleinen Würmchens. Das Gleiche gilt übrigens fürs Geschirr!!

Welpen haben bis zur 16. Woche eine natürliche Ortsbindung. Das bedeutet, dass sie sich in freier Wildbahn bis zu diesem Zeitpunkt nur in der Nähe der Höhle aufhalten, weils weiter weg zu gefährlich wäre. Das haben viele Hunde noch immer drin. Sie verlassen das Haus, den Garten, das Grundstück nicht gerne und nur sehr widerwillig oder gar nicht. Man hat immer den Eindruck sie haben Angst und das haben sie auch.
Nimm die Maus auf den Arm und geh einfach mit ihr auf dem Arm raus, lass sie ihr Geschäft machen. Dann nimmst Du sie wieder hoch und gehst von zu Hause weg. 5 Min. zu Fuss gehen mit dem Baby auf dem Arm. Dann gehst Du in die Hocke und setzt sie Dir auf den Schoss. Vielleicht nimmst Du was zum spielen mit, was Du wie eine kleine Maus bewegst und guckst, ob sie ins Spiel kommt und vielleicht mal da, wo Ihr grade seid ein bißchen schnüffelt und ihre Welt erkundet. Wenn sie nicht mag, dann eben am nächsten Tag. Sie verhält sich gar nicht soooo unnormal. Da brauchst Du nicht unsicher sein, sie wird noch früh genug selbstständig. Keine Sorge!

Und natürlich will sie nicht mitgehen, wenn da jemand kommt. Vielleicht hatte Dein Hund keine optimale Kinderstube, vielleicht hat sie nicht viel zu Gesicht bekommen.Entsprechend verunsichert ihn alles mögliche. Da muss man dem Hund zeit geben und in Ruhe alles mit ihm erkunden. Man darf ihn nicht überfordern. Und Menschen, die auf einen zukommen und Hunde die viel größer sind und einem evtl. was tun sind nunmal beängstigend! Sie is doch wie ein unbeschriebenes Blatt. Versuch doch Dich ein bißchen in ihre Lage reinzuversetzen. Stell Dir vor, ein Raumschiff holt Dich auf einen fremden Planeten. Dort hast Du ein Alien, dass Dir helfen soll, Dich zurecht zu finden, stattdessen, versteht dieses Alien nicht, warum Du die schleimigen Monster mit fiesen Zähnen und alles mögliche andere, total gruselig und beängstigend findest, weil Dus noch nie vorher gesehen hast. Genauso gehts Deiner Maus. Erlebe mit ihr zusammen. Jeden Tag ein kleines bißchen mehr. Hab Geduld und überfordere sie nicht.

Such Dir eine gute Hundeschule und lass Dir helfen, denn ich habe den Eindruck, Du brauchst ein bißchen Hilfe und jemanden, der Dir sagt: „Das ist normal.“, „Das ist nicht normal verhalte dich so und so.“

Im Moment ist „gut an der Leine laufen“ nicht vorrangig. Erstmal ist: „Welt erleben und verstehen, dass da nichts gruseliges ist.“ viel wichtiger. Und hör auf zu Locken… Das ist doch quatsch!! Hast Du vor irgendwas Angst? Spinnen vielleicht oder irgendwas anders? Sagen wir mal, Du hättest Angst vor Spinnen und wir sitzen bei Dir zu Hause auf dem Sofa. Über Dir seilt sich eine riesige Spinne ab und ich stehe auf, gehe zum Süßigkeitenteller, hole Gummibärchen und sagt: „Guck mal, nimm doch ein Gummibärchen. So schlimm ists dann ja nicht mehr mit der Spinne, oder?!“ NATÜRLICH findest Du die Spinne noch gruslig und ich schätze, was Du grade nicht wollen würdest wäre ein Gummibärchen…

Dein Hund braucht jemanden, der ruhig, gelassen und unaufgeregt die Führung übernimmt. Wenn sie sich nicht traut weiterzulaufen, erkenne das rechtzeitig und trage sie eben weiter. Beschütze sie, wenn sie Schutz brauchst. Du hast eine Verantwortung übernommen und die bedeutet Schutz und Sicherheit bieten. Verständig mit dem Hund umgehen und erkennen, was er grade braucht. Es geht nicht drum, ihm jeden Wunsch von den Augen abzulesen, selbstverständlich muss ihm nicht jeder Wunsch erfüllt werden. Hat er aber ein existenzielles Bedürfnis oder ein - aus seiner Sicht - existenzbedrohendes Bedürfnis… die Maus hat doch nur Dich, die ihr helfen kann. Wie schlimm wäre es denn, wenn sie verstünde, Du läufst blind und taub durch die Welt und verstehst überhaupt nicht, dass sie sich grade fürchtet. So baut man kein Vertrauen auf.

Verstehst Du was ich meine? Sie braucht Deine Hilfe und Unterstützung, um sicher durch die Welt gehen zu können.

Und wieso auspowern und auslasten??? Machst Du mit einem 3-jährigen Kind schon Hochleistungssport?? Für die ist jeder Tag ein Abenteuer. Fang bloß nicht an einen JRT jetzt schon auslasten zu wollen, die dreht Dir durch. So ein Hund muss erstmal RUHE lernen und erst dann fängt man mit Beschäftigung an. Und vor der Beschäftigung baut man ne Beziehung auf, die auf Vertrauen und Respekt basiert.

Tu mir den Gefallen und such Dir ne gute Hundeschule… Wenn nicht für Dich, dann für Deinen Hund. Wenn Du Hilfe bei der Suche brauchst, dann melde Dich.

Lieber Gruß
Jenni

Hallo,

das was du geschrieben hast ist einleuchtend und ich bedanke mich für deine Antwort.
Das ich zu dem JRT Welpen gekommen bin, ist eher ein Zufall, da diese ja nicht gerade den Ruf eines Anfängerhunds haben und dann noch ein Welpe. Aus guter Haltung stammt die Kleine nicht. Es hatte eher den Anschein als wenn die Hunde sich den ganzen Tag selber überlassen waren und nie aus der Garage bzw. dem Hof rausgekommen sind. Die Elterntiere habe ich zwar im Haus bellen hören, habe sie aber nie zu Gesicht bekommen. Mir war klar, dass die fehlende Sozialisierung Auswirkungen mit sich bringt, jedoch war mir das Ausmaß dessen nicht wirklich klar.
Das Locken mit Futter stammt von einer befreundeten Hundetrainerin, die meinte, dass ich mehr mit Futter arbeiten soll. Jedoch bin ich da eher anderer Meinung.
Sie sagte auch, dass ich den Hund nicht auf den Arm nehmen soll und erst recht nicht, wenn sie Angst hat, weil das alles nur Verstärken würde.
Das Geschirr mache ich ihr immer auf meinem Schoß dran, wobei sie damit sowieso kein Problem hat. Die Leine immer erst bevor wir aus der Haustür rausgehen.
Das Problem was ich habe, ist ja nicht, dass sie gar nicht läuft, sondern dass sie z.B. wenn andere Menschen entgegenkommen sich erst 5 min vorher hinsetzt und kaum sind sie bei ihr und beachten sie auch noch ein wenig, dreht sie vollkommen durch und bespringt alle. Genauso ist das mit Hunden.
Und wie gesagt schnüffelt sie stundenlang an ein und der selben Stelle und ist oft auch gar nicht mehr wegzubekommen. Soll ich sie also immer schnüffeln lassen wann sie will, auch wenn ich somit keine 10m vom Haus wegkomme und jeder Spasiergang Stunden dauert?
Für Tipps bzgl. einer guten Hundeschule in Dresden wäre ich sehr dankbar.
Mit ist klar, dass ich Hilfe brauche um den Hund zu verstehen. Leider konnte ich bisher noch keine Welpenspielstunde besuchen, weil die Vorbesitzer sie noch nicht mal impfen lassen hatten und ein Impfausweis bei den meisten Schulen vorgelegt werden muss.

Viele Grüße