Grundabgabenbescheid ändern

Guten Tag
nach § 12 KAG sind zahlreiche §§ der Abgabenordnung anzuwenden.
Unter anderem die zu Festsetzungsfristen (§§169 ff), aber auch allg. Verfahrensvorschriften, insbesondere §§ 118 bis 133 AO.

Nach meinem Verständnis bedeutet das grundsätzlich 4 Jahre Festsetzungsfrist und die Beachtung der Änderungsvorschriften §§ 129 bis 133 AO, falls eine Kommune beabsichtigt, bestandskräftige Bescheide zu ändern.

Jetzt lese ich aber z.B. auf der HP der sächsischen Staatskanzlei
http://amt24.sachsen.de/ZFinder/verfahren.do?action=…

Die Festsetzung, Änderung oder Aufhebung des Grundsteuermessbetrages sowie der Grundsteuer ist bis zu vier Jahre rückwirkend möglich.>

und habe erfahren, dass einige Kommune sich einfach auf 169 AO berufen und munter rückwirkend Bescheide ändern ohne Nennung einer Berichtigungsvorschrift.
Bis zu 4 Jahre rückwirkend ist ja ok bei erstmaligen Veranlagungen, aber Änderungen??
Letzteres doch wohl nur, wenn §§ 129 bis 133 AO es zulassen, oder?

Ist da irgendetwas an mir vorbei gelaufen und sind Grundabgabenbescheide mit Rechtsbehelfsbelehrung für Kommunen unverbindliche Handlungsempfehlungen, die 4 Jahre nach Belieben geändert werden können?

Oder gibt es in der ein oder anderen Behörde Schulungsbedarf in Sachen Festsetzungsfristen, Rechts- und Bestandskraft und Verfahrensvorschriften?

verwirrte Grüße

OVG NRW, 9 A 2762/06 vom 03.06.2008
http://openjur.de/u/132886.html
Nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung unterfällt eine Nacherhebung von Gebühren grundsätzlich nicht den für die Rücknahme oder den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte bestehenden Einschränkungen. Denn nicht jeder im Zusammenhang mit dem Erlass eines Verwaltungsakts tatsächlich oder vermeintlich eintretende Vorteil begründet oder bestätigt „ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil" im Sinne von § 130 Abs. 2 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 3b) KAG NRW bzw. eine Begünstigung im Sinne von § 131 Abs. 2 AO i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 3b) KAG NRW. Grundsätzlich gilt, dass mit einer zu niedrigen Veranlagung nicht der erklärte Wille einhergeht, höhere Abgaben nicht mehr verlangen zu wollen. Ein solcher Wille kann allerdings im einzelnen Falle ausdrücklich oder schlüssig erklärt werden.

AAAAHH!!
Im Klartext:
Grundabgabenbescheide mit Rechtsbehelfsbelehrung sind für Kommunen unverbindliche Handlungsempfehlungen, beliebig innerhalb der 4 Jahre änderbar.
Rechtssicherheit, Vertrauensschutz: NULL

Das schärfste ist dieser Satz aus o.g Urteil:
Grundsätzlich gilt, dass mit einer zu niedrigen Veranlagung nicht der erklärte Wille einhergeht, höhere Abgaben nicht mehr verlangen zu wollen

*rofl* Das gilt doch irgendwie immer oder?
Man stelle sich vor, das Finanzamt schickt mal eben berichtigte Bescheide für die 4 letzten Jahre mit o.g. Begründung und schwups gibt es Nachzahlungen von tausenden Euros.

Oder hier:
VG Aachen, 7 K 1889/11 vom 01.03.2013
Einer Änderung der bestandskräftigen Gebührenbescheide (nach §§ 130, 131 AO) bedarf es insoweit nicht, weil diese durch die Nachforderung nicht in Ihrem Bestand berührt werden.

Die Höhe der zu zahlenden Abgaben berührt also nicht den Bestand des Grundabgabenbescheids … ?

Also ich bin raus. Vielleicht versteht das jemand und erklärt es hier.

Faktisch haben kommunale Grundabgabenbescheide mit Rb-Belehrung also nur den Sinn, Änderungsmöglichkeiten des Bürgers zu beschneiden.
1 Monat und Ende, und zwar direkt auf dem kostenpflichtigen Klageweg dank Bürokratieabbaugesetz

Hammer.
Bin ich eigentlich der einzige, den das aufregt?

Kollege meinte:
Kommunalabgaben? reinste Willkür, zahlen und Klappe halten, alles andere kostet Zeit und noch mehr Geld.
Recht hat er, leider