Grunderwerbsteuer Festsetzungsverjährung

In 2006 unbebautes Grundstück gekauft von Privatperson. Notar hat dies beim Finanzamt angegebenn und darüber ist Grunderwerbsteuer gezahlt für „unbebautes Grundstück“. Nach 5 Jahren berechnet Finanzamt wegen „einheitliches Vertragswerk“ 3,5% uber Haus UND Grundstück, weil die „Beweismaterial“ gefunden haben dass beim Kauf vom Grundstück schon mehrere Verträgen anwesend waren. A. ist der Meinung, das NICHT MEHRERE VERTRAGEN ANWESEND WAREN.
A. hat Einspruch eingelegt und genannt dass die Festsetzungsfrist 3 Jahren dauert und also vorbei ist. Aber Finanzamt sagt „Sie sind Ihrer Anzeigepflicht aus dem §19 Grunderwerbsteuergesetz nicht nachgekommen und sich die Festsetzungsfrist daher um drei Jahre verlängert“. Aber A. konnte nichts Anzeigen, weil das Grundstück unbebaut war nach seiner Meinung. Der Notar hat alles zum Finanzamt geschickt.
Kann jemand erklären wie das funktioniert und ob das Finanzamt richtig ist?

Hallo.
Erst einmal beträgt die Festsetzungsfrist 4 Jahre. Gerechnet wird ab Rechtswirksamkeit des Grundstückskaufvertrages (in der Regel also erst einige Monate NACH Beurkundung).
Diese Frist verlängert sich auf 5 Jahre bei leichtfertiger Steuerverkürzung bzw. auf 10 Jahre bei Steuerhinterziehung.
Wenn Sie Anfragen des Finanzamtes nach weiteren (Bau-)Verträgen damals nicht wahrheitsgemäß beantwortet haben, können diese Fristverlängerungen rechtens sein.
Ich vermute aber mal, dass der damalige Grunderwerbsteuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder vorläufig erging - soweit er das noch ist, kann das Finanzamt jederzeit ändern.

mfG Carsten

Hallo Carsten,

Ich habe Einspruch eingelegt, weil ich der Meinung habe das es 3 Jahre ist.
Aber jetzt sagt das Finanzamt "Festsetzungsfrist ist drei Jahre + 3 Jahre, weil ich die Anzeigepflicht §19 nicht nachgekommen bin, ist das also mit 3 Jahren verlängert. Festsetzungsfrist hat Juli 2006 angefangen. Also ist es doch vorbei? In Mai 2011 habe ich ein neues Bescheid bekommen, das ist fast 5 Jahren später.

Im Internet http://www.rechtslupe.de/steuerrecht/anzeigepflichte… haben wir gelesen: „Erlässt das Finanzamt einen Steuerbescheid erst nach mehreren Jahren stellt sich regelmäßig die Frage, ob dies noch möglich ist oder aber bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Oftmals argumentiert das Finanzamt dann damit, dass der Steuerpflichtige ja seine Anzeigepflichten nicht erfüllt habe, was eine Festsetzungsverjährung verhindert.
Dem ist der Bundesfinanzhof nun aber im Bereich der Grunderwerbsteuer entgegen getreten. Dort zeigen Veräußerer und Erwerber regelmäßig nicht den Kauf an, wohl aber der Notar, da er hierzu gesetzlich ebenfalls verpflichtet ist. Und an diese notarielle Anzeige setzt der BFH an:
Kommt ein nach § 18 GrEStG zu einer Anzeige Verpflichteter seiner Anzeigepflicht durch eine den Anforderungen des § 20 GrEStG entsprechende Anzeige an das zuständige FA nach, wird der Beginn der Festsetzungs-/Feststellungsfrist nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 nicht dadurch weiter hinausgeschoben, dass für denselben Rechtsvorgang nach § 19 GrEStG Anzeigeverpflichtete ihre Anzeigepflicht nicht erfüllt haben.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 6. Juli 2005 II R 9/04“

Wie kommt es dat jederman etwas anderes sagt? Mein Bescheid war definitiv, nicht vorläufig. Der Notar hat alles zum Finanzamt geschickt, Urkunde und so.
mfg Tineke

Es sind 4 Jahre ab RECHTSWIRKSAMKEIT des Vertrages! Prüfen Sie, ob die eingehalten sind. Innerhalb der Frist kann das Amt bei neuen Tatsachen ändern.

Hallo snowder,
Danke für Ihren Antwort.
Aber ich bin Holländerin, und ich verstehe nicht was Sie meinen mit Rechtswirksamkeit. Wie kann ich prüfen ob die eingehalten sind? In meinem ursprünglichen Bescheid steht nichts darüber.
mfg Tineke van Ameijde

Es sind 4 Jahre ab RECHTSWIRKSAMKEIT des Vertrages! Prüfen
Sie, ob die eingehalten sind. Innerhalb der Frist kann das Amt
bei neuen Tatsachen ändern.

Hallo Snowder,
Wo steht es dass FA nu INNERHALB DER FRIST bei neuen Tatsachen ändern kan?
Gibt es Bundesgericht Urteile wo diese Tatsachen ausserhalb der Frist geändert sind?
Der Frist vom Grunderwerbsteuer ist 4 Jahre. Na 5 Jahre hat FA nach seiner Meinung „neue Tatsachen“ gefunden und neues Bescheid geschickt. FA sagt dass der Anzeigepflicht nicht nachgekommen ist und deshalb der Beginn der Frist 3 Jahren verschoben ist, also der Frist jetzt 7 Jahre ist. Ist das richtig?

Es sind 4 Jahre ab RECHTSWIRKSAMKEIT des Vertrages! Prüfen
Sie, ob die eingehalten sind. Innerhalb der Frist kann das Amt
bei neuen Tatsachen ändern.

Der Knackpunkt ist also die „Anzeigepflicht“. Das von Ihnen oben zitierte BFH-Urteil trifft nur auf notariell beurkundete Verträge zu (i.d.R. also der Grundstückskaufvertrag): Hier ist der Notar anzeigepflichtig gem. §18 GrEStG, das genügt - so das Urteil.
Der Hausbauvertrag wurde aber vermutlich nicht beurkundet, oder? Hier ist der Notar nicht anzeigepflichtig. Eine Anzeigepflicht Ihrerseits kann allenfalls abgeleitet werden aus:

§19 GrEStG Anzeigepflicht der Beteiligten
(2) Die in Absatz 1 bezeichneten Personen haben außerdem in allen Fällen Anzeige zu erstatten über

  1. jede Erhöhung der Gegenleistung des Erwerbers durch Gewährung von zusätzlichen Leistungen neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung.

Wenn Sie vom Finanzamt vor Verjährung nie zur Einreichung weiterer Unterlagen (Bauverträge u.ä.) aufgefordert wurden, halte ich es für höchst fraglich, Ihnen eine Anzeigepflichtverletzung nach §19 GrEStG vorzuwerfen.
Das Finanzamt soll dann mal erläutern, woraus genau sich Ihre angebliche Anzeigepflicht ergeben soll!

Ohne Anzeigepflichtverletzung keine Verlängerung der Verjährungsfrist (es sei denn Steuerbescheid war unter Vorbehalt oder vorläufig).

  1. Wo steht es, dass man nur innerhalb der Frist bei neuen tatsachen ändern kann. zB Boruttau.
  2. Gibt es Urteile von gleiche Fälle über neue Tatsachen außerhalb der Frist.

Es sind 4 Jahre ab RECHTSWIRKSAMKEIT des Vertrages! Prüfen
Sie, ob die eingehalten sind. Innerhalb der Frist kann das Amt
bei neuen Tatsachen ändern.

Die Rechtswirksamkeit des Grundstückskaufvertrages tritt ein, wenn alle Genehmigungen dafür vorliegen (Verkäufergenehmigung, Käufergenehigung, Verwalterzustimmung, evtl. städtebauliche Zustimmungen zum Erwerb). Der Notar hat Sie damals sicher über alle Genehigungen schriftlich informiert - mal nachschauen wann die letzte kam.
Ab Ablauf jenes Jahres beginnt die 4-Jahres-Festsetzungsfrist zu laufen.

Die Festsetungsfrist bzw. -verjährung ist zentral in der Abgabenordnung (AO) geregelt: Nach § 169 AO grundsätzlich 4 Jahre. Sind die abgelaufen, sind nur noch Änderungen nach den Ausnahmevorschriften §§165-176 AO zulässig.
Die entscheidende Frage ist hier offenbar, wann sie zu laufen begann (§ 170 AO)! Wenn sie mit Ablauf 2006 begann, endet sie mit Ablauf 2010 (es sei den der Bescheid steht unter Vorbehalt, ist vorläufig oder es liegt Ihrerseits Steuerverkürzung oder -hinterziehung vor).
Wenn Sie einer Anzeigepflicht Ihrerseits nicht nachgekommen sind, kann die Festetzungsfrist aber entsprechend später (höchstens 3 Jahre später) zu laufen beginnen (§ 170 AO) - darauf beruft sich das Finanzamt hier offenbar.
Vermutlich aber zu unrecht, wie ich in meinem letzten Beitrag schrieb.

Das Finanzamt hat erklärt dass die Entstehung der Grunderwerbsteuer Ende 2006 entstanden ist.
Also in 2010 vorbei.

Das Neue Bescheid ist von 2011, also nach dem Verjährung. Trotzdem beruft das Finanzamt sich auf nicht nachkommen von Anzeigepflicht und beginnt der Frist Ende 2009, 2006 + 3 Jahre.

Wie ich schon schrieb: Wenn jemand seine Anzeigepflicht verletzt, dann hemmt das den Beginn der Festsetzungsfrist für maximal 3 Jahre (§ 170 AO).
Also bleibt der Knackpunkt, ob derjenige seine Anzeigepflicht verletzt hat.
Bei einem nicht notariell beurkundeten Bauvertrag trifft meiner Meinung nach eine Anzeigepflicht nach §19(2)1 GrEStG NICHT zu, da keine „zusätzlichen Leistungen neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung“ an den Grundstücksverkäufer erbracht wurden. Das Finanzamt kann gegenüber einem einfachen Bürger diese Vorschrift nicht mißbrauchen, um daraus eine Anzeigepflicht für alle möglichen Dinge zu konstruieren!
Darauf müsste sich derjenige sich berufen!
Liegt keine Anzeigepflichtverletzung vor, dann begann in Ihrem Beispiel die Festsetzungsfrist mit Ablauf 2006 (§ 170 AO) und endete mit Ablauf 2010 (§ 169 AO).
Mehr ist dazu nicht zu sagen.
Viel Erfolg dann.

Ja, Das FA sagt dass ich meine Anzeigepflicht nicht nachgekommen bin. In § 19, Abs. 2 Nr. 1 steht dass auch ich eine Anzeigepflicht habe.

Über die Festsetzungsfrist:
Innerhalb 4 Jahren neue Tatsachen, dann verschiebt der Beginn spätestens 3 Jahre. Sie haben geschrieben dass nur innerhalb der Frist verschoben werden kann wegen neue Tatsachen.
Aber wenn ich das Urteil II R 55/06 genau durchlese, ist es ungefähr den gleichen Fall. Auch hier ist das Urteil unbegründet!

Hier steht:
„2. Gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beginnt die vierjährige Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO u.a. dann, wenn eine Anzeige zu erstatten ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anzeige eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Im Streitfall war eine Anzeige zu erstatten. Da sie unterblieben ist, begann die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Jahres 1999 und endete mit Ablauf des Jahres 2003, so dass der angefochtene Bescheid noch rechtzeitig ergangen ist“.