Grundsätzliches zum selbständigen Buchhalter

Hallo,

nachdem hier mehrere Fragen im Zusammenhang mit der Selbständigkeit als Buchhalter auftauchten und ich mich früher gegen Abmahnungen auf diesem Gebiet (erfolgreich) zur Wehr setzen mußte, möchte ich ein paar grundsätzliche Dinge bemerken:

In der täglichen Praxis existiert eine Allianz zwischen Finanzämtern und Standesorganisationen der steuerberatenden Berufe, mit dem Ziel, Mitesser vom gut gefüllten Futternapf möglichst fern zu halten. Etliche Leute sind in der Hauptsache damit beschäftigt, die Anzeigenteile von Tagespresse und Stadtteilzeitungen zu studieren, um Inserate zu finden, in denen das Wort „Buchhaltung“ vorkommt. Dann wird eine Mühle losgetreten, deren unmittelbare Ziele zunächst das Abkassieren und im weiteren die Existenzvernichtung des Inserenten sind.

Jeder Depp darf selbstverständlich seine Geschäftsbücher selbst führen und selbst seinen Jahresabschluß und seine Bilanz anfertigen. Er darf diese Arbeiten auch an einen Angestellten delegieren. Nach dessen Qualifikation fragt keiner. Wer auch nur einen VHS-Kursus Buchhaltung belegt und das System begriffen hat, kann ohne weiteres seine Buchhaltung einschließlich Jahresabschluß selbst machen. Es ist kein Hexenwerk. Wer dann auch noch kapiert hat, wie sich die Bewertung der Inventurbestände auswirkt und über elementare Kenntnisse von Abschreibungen verfügt, bekommt allemal einen brauchbaren Abschluß für den kleinen Gewerbetreibenden oder Freiberufler hin. Aber auf die Tastenkombination für den Jahresabschluß darf der selbständige Buchhalter niemals drücken! Damit begeht er nämlich eine Ordnungswidrigkeit nach dem Steuerberatungsgesetz. Es ist eben erwünscht, daß zusätzlich ein Steuerberater eingeschaltet wird. Dieser Steuerberater wird dem Mandanten schon den selbständigen Buchhalter ausreden, um die eigenen Damen in seinem Büro zu beschäftigen, die oft genug ohne Sinn und Verstand Unfug in die Tastatur hauen. Das ist 08/15 Massenbetrieb mit hunderten Mandanten, wobei jeder Extrawunsch, wie etwa eine Kostenstellenrechnung, für den Kunden richtig ins Geld geht.

Ich meine deshalb, daß ein Gewerbetreibender am besten dran ist, wenn er seine Buchführung selbst erledigt und nur für gezielte Fragen den Steuerfachmann bemüht. Für die zweitbeste Lösung halte ich die zeitnahe und individuelle Erledigung der Buchhaltung durch einen selbständigen Buchhalter und zwar im Idealfall so, daß der Buchhalter ins Haus kommt, daß also keine Belege das Haus verlassen. Nur so hat man als Gewerbetreibender die Chance, die Fibu nicht nur nach gesetzlichen Vorgaben zu erledigen, sondern für die Kontrolle von Zahlungsein- und ausgängen sowie für das Mahnwesen und die laufende Kostenkontrolle zu nutzen. Spezielle Steuerfragen kann man unabhängig davon klären.

Wer als Buchhalter selbständig tätig sein möchte, muß sich auf rein handwerkliche Dinge beschränken. Wo immer es Gestaltungsspielräume gibt, z. B. beim Jahresabschluß, darf er nicht tätig werden. Ausnahmen gibts nicht. Sogar die Erstellung von Monatsauswertungen und der Ausdruck einer vorläufigen Bilanz zu jedem beliebigen Stichtag ist angreifbar, obwohl das oft nur ein Knopfdruck ist.

Der selbständige Buchhalter führt deshalb kein leichtes Leben, immer mit der Gefahr der Abmahnung verbunden. Er ist deshalb gut beraten, sich zu spezialisieren. Dabei bietet sich etwa der Schwerpunkt Lohnbuchhaltung im Bausektor an. Standard-Lohnabrechnungen sind für einen Steuerberater ein Kinderspiel. Ansonsten leben die Damen und Herren des Gewerbes von Fristverlängerungen. Zwingend zeitnah zu erledigende spezielle Aufgaben mit z. B. Akkord- und Stücklöhnen sind dort aber wie Sand im Getriebe. Genau dort liegt die Lücke für selbständige Buchhalter.

In http://www.ffo.ihk24.de/produktmarken/produktmarken… fand ich den folgenden Text, den jeder beherzigen sollte, der selbständig Buchhaltung anbieten möchte:

Darf ein Buchführungshelfer/Buchhalter selbständig tätig sein?
Ja, aber einige Tätigkeiten dürfen nicht ohne eine bestimmte Qualifikation des Buchführungshelfers ausgeübt werden. Ansonsten wird die Tätigkeit vom Finanzamt beanstandet oder es erfolgen Abmahnungen von Angehörigen der steuerberatenden Berufe bzw. der Steuerberaterkammer.

Welche Arbeiten darf ein selbständiger Buchhführungshelfer/Buchhalter ausführen?
a) Jedem erlaubt ist die Durchführung mechanischer Arbeitsgänge bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, vgl. § 6 Nr. 3 StBerG.

Dazu gehören:

  • Schreib- und Rechenarbeiten,
  • Datenerfassung nach Belegen, die durch den Auftraggeber oder von einer anderen dazu befugten Person kontiert worden sind,
  • Datenerfassung nach verbindlichen Buchungsanweisungen des Auftraggebers oder einer anderen zur Erteilung von Buchungsanweisungen befugten Person,
  • Datenzusammenstellung nach vorgegebenen Programmen, jedoch nicht die rechtliche Würdigung von Sachverhalten wie z.B. das Kontieren von Belegen und das Erteilen von Buchungsanweisungen.

b) Weiterführende Tätigkeiten sind nur Personen erlaubt, die eine bestimmte Qualifikation erlangt haben (§ 6 Nr. 4 StBerG).
Vorausgesetzt wird:

  • eine bestandene Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf oder eine gleichwertige Vorbildung und danach mindestens dreijährige praktische Tätigkeit auf dem Gebiet des Buchhaltungswesens in einem Umfang von mindestens 16
    Wochenstunden.
  • Als gleichwertige Vorbildung gilt z.B. eine Abschlussprüfung in einem steuer- und wirtschaftsberatenden Ausbildungsberuf, eine mit der Steuerinspektorenprüfung beendete dreijährige Ausbildung als Finanzanwärter oder als genossenschaftlicher
    Verbandsprüfer. Den geprüften Kaufmanns- und Fachgehilfen gleichgestellt sind auch Personen mit höherer Qualifikation, z.B. mit abgeschlossener Bilanzbuchhalter-Prüfung oder mit erfolgreich abgeschlossenem wirtschaftswissenschaftlichem Studium.

Personen mit einer solchen Qualifikation dürfen folgende Tätigkeiten ausüben:
(1) laufende Geschäftsvorfälle buchen (Kontierung, Erteilung von Buchungsanweisungen), d. h.:

  • Erfassung von Geschäftsvorfällen durch Grundaufzeichnungen (Aufstellung über Eingangs- bzw. Ausgangsbelege; Führung eines Kassenbuchs; Abheften von Bankauszügen nach Konten getrennt usw.)
  • Buchen laufender Geschäftsvorfälle durch Bildung von Buchungssätzen
  • Datenerfassung zum Zwecke der EDV-Buchführung außer Haus (mit
    Zwischenschaltung eines Steuerberaters, nach einem vom Steuerberater aufgestellten Kontenplan)
  • technische Zusammenstellung der Jahresabschlusszahlen und betriebswirtschaftliche Auswertung des Zahlenmaterials in Form von Kennzahlen (nicht: Aufstellung des Jahresabschlusses, auch nicht in Form eines programmgesteuerten Ausdrucks = „Knopfdruckbilanz“)
  • steuerrechtlich irrelevante Hilfeleistung bei der Einrichtung der Buchführung, z.B. durch Hilfeleistung bei der Wahl des Buchführungssystems, der zu benutzenden Geräte, der Art und Weise der Belegübernahme oder des Ausdrucks der Buchführungsergebnisse

(2) laufende Lohnabrechnungen und Lohnsteueranmeldungen fertigen
Alle weiterführenden Tätigkeiten auf dem Gebiet der Buchführung/Bilanzierung dürfen nur von den Vertretern der steuerberatenden Berufe ausgeführt werden! (Steuerberater,
Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer)

Darf ein Buchführungshelfer/Buchhalter werben?
Ja, aber es gibt starke Einschränkungen, die beachtet werden müssen. Es darf nur die Berufsbezeichnung geführt werden, zu der man aufgrund seiner Qualifikation berechtigt ist. Personen, die den anerkannten Abschluss „Geprüfter Bilanzbuchhalter/Geprüfte Bilanzbuchhalterin“ oder „Steuerfachwirt/Steuerfachwirtin“
erworben haben, dürfen unter dieser Bezeichnung werben. Alle Personen, die eine Abschlussprüfung im steuer- und wirtschaftsberatenden oder einem kaufmännischen Ausbildungsberuf bestanden haben oder eine gleichwertige Vorbildung erworben haben und danach mindestens drei Jahre auf dem Gebiet des Buchhaltungswesens in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden praktisch tätig gewesen sind, dürfen auf ihre Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen hinweisen und sich als „Buchhalter“ bezeichnen. Alle genannten Personen müssen jedoch die von ihnen in zulässigem Umfang angebotenen Tätigkeiten im Einzelnen aufführen (Tätigkeiten nach § 6 Nr. 3 und 4 StBerG).

Unzulässig ist es außerdem, für Tätigkeiten zu werben, zu denen man nicht befugt ist (sog. Überschusswerbung). Insbesondere verdeckte Angebote auf Durchführung der den steuerberatenden Berufen vorbehaltenen Aufgaben sind irreführend (i.S.d. § 3 des
Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb/UWG) und damit unzulässig.

Beispiele für unzulässige Überschusswerbung:

  • „Buchhaltung“ oder „laufende Buchhaltung“
  • „Buchführungsservice“ oder „Buchführungshilfe“
  • „Buchführungs- und Lohnbüro“
  • „Finanzbuchhaltung“ oder „Finanzbuchführung“
  • „Buchführungshelfer“ ohne weiteren Zusatz
  • „Buchführung per EDV“
  • „Einrichtung der Buchführung“
  • „Buchführungsarbeiten“

Beispiel für zulässige Werbung:
„Buchhalter XY übernimmt für Sie das Buchen Ihrer laufenden Geschäftsvorfälle, Ihre laufende Lohnabrechnung und das Erstellen von Lohnsteuer-Anmeldungen“.

Vorsicht: Wer unbefugt die Grenzen der erlaubnisfreien Buchführungshilfe überschreitet, verstößt gegen das Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen. Ein solcher Verstoß
stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (§§ 5, 160 StBerG). Wer die Grenze der zulässigen Werbung überschreitet, kann abgemahnt und auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Wie ist eine Kooperation mit einem Steuerberater möglich?
Wenn der selbständige Buchhalter im Auftrag eines Steuerberaters oder einer Steuerberatungsgesellschaft tätig werden will, dann stellt sich die Frage, ob er dies nur als Angestellter oder auch als freier Mitarbeiter tun kann. Grundsätzlich dürfen die Personen, die nicht zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind, nur als Angestellte beschäftigt werden (§ 7 der Berufsordnung für Steuerberater). Freie Mitarbeit kann daher mit dem Standesrecht der Steuerberater in Konflikt stehen.

Rechtlich unproblematisch ist jedenfalls eine Kooperation derart, dass der Kunde bzw. Mandant zwei parallele Auftragsverhältnisse mit dem Buchführungshelfer und dem Steuerberater eingeht.

Gruß
Wolfgang

Hallo Wolfgang,
zur Ergaenzung Deiner umfangreichen Ausfuehrungen moechte ich hier ein praktisches Beispiel derartige korrekte Unternehmensinhalte anfuegen:
http://www.wilhelm-data.de/
Gruss, Ina

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