Grundsatz der Angemessenheit

Hallo zusammen,

B fragt empört, „was soll´n das bitte sehr?“

Kurz erklärt: Die für alle ordnungsrechtlichen Fragen zuständige Behörde führt, wie sie sagt „eine von Amtswegen angeordnete Ortsbesichtigung durch“ um zu prüfen, ob B das ihm gehörende „Wohnhaus“, das sich in einem reinen Wohngebiet befindet, nicht „dauerhaft“ zweckentfremdet und zwar als „Lagerhalle“. Die Behörde will sich sogar „zwangsweise“ Zugang verschaffen, falls B nicht den Zutritt ins Haus ermöglichen sollte. Die Kosten für den Schlüsseldienst würden dem B in Rechnung gestellt. Die Behörde sagt, dass sie im Rahmen Ihrer Aufgaben, darauf zu achten, dass nicht gegen öffentliche Vorschriften verstoßen wird, zu solchen ordnungsrechtlichen Schritten befugt sei.

„Völlig unangemessen“, protestiert B. Ob er sich da nicht mal irrt?

Vielen Dank für Eure Einschätzung.

Schöne Grüße _ mki _

Hallo,

ohne auf die Rechtmäßigkeit der Maßnahme an sich einzugehen (da es auf Landes- und Ortsrecht ankommt):

Die „Besichtigung“ der Räume gegen den Willen des Betroffenen geht nur mit einem Gerichtsbeschluss. Ohne den darf die Behörde nicht hinein. Auch das zwangsweise Öffnen ist damit nicht zulässig.
Denkbar wäre allenfalls ein Bertreten der Räume durch die Polizeibehörden zur Abwehr einer Gefahr (im Verzuge).

Gruss

Iru

Hallo Iru,

in wie weit könnte ein dauerhafter Verstoß gegen öffentliche Vorschriften aufgrund einer nicht genehmigten Gebäudeumnutzung eine Gefahr sein und für wen?

Grüße mki

Hallo Iru und übrige Interessierte,

wenn eine Ordnungsbehörde eigentlich nichts wirklich richtig wissen kann hinsichtlich einer möglicher Weise zweckentfremdet umgenutzten Wohung, wie kann die dann einfach ein Haus betreten wollen? Was ist mit dem Gebot der Unverletzlichkeit der Wohnung?

Grüße mki

Hallo,

das kann durchaus eine Gefahr für die öffentliche Ordnung sein. Die „Ordnung“ dient dazu, ein gedeihliches miteinander zu ermöglichen. Zuwiderhandlungen gegen diese Ordnung stören das Miteinander. Würde man die zweckwidrige Nutzung grundsätzlich zulassen, könnte man damit rechnen, dass aus Wohngebieten langsam aber sicher bewohnte Industriegebiete werden.

Gruss

Iru

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Hallo,

vielleicht wird in der Wohnung der Prostitution nachgegangen,
vielleicht erden dort gefährliche Güter gelagert,
vielleicht werden dort illegale Einwanderer beherbergt,
vielleicht werden dort Hanfpflanzen angebaut,
vielleicht…
vielleicht…
etc.

Also der Gründe könnte es viele geben,die Behörde müsste aber
m.E. schon einen berechtigten Grund für diese Maßnahme im Rahmen
der gesetzlichen Vorschriften haben.

Hallo,

du verkennst offensichtlich, dass es sich bei dem der Eingriffsmaßnahmen zugrundeliegenden Sachverhalt bestenfalls um ordnungswidriges, aber kaum strafbares Handeln handelt. Bei den von dir genannten Taten käme auch nicht mehr die Ordnungsbehörde, sondern sofort die Polizei und krempelt die Wohnung auf links um.

gerade das Beispiel ist ziemlich schlecht:

vielleicht werden dort illegale Einwanderer beherbergt,

denn es hat für die zuständige Polizei ganz geringe Eingriffsvoraussetzungen und schon sind sie in der Wohnung (vgl. § 45 Abs. 3 BPolG) und das alles ohne Gerichtsbeschluss und ohne Gefahr im Verzuge.

Gruss

Iru

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Hallo,

um in eine Wohnung reinzukommen, kommt es auf den Grund an, warum eine Behörde in eine Wohnung/Haus reinwill.

Je nach Grund kann eine Behörde sehr wohl ohne Gerichtsbeschluss eine Wohnung betreten, sogar ohne jede Ankündigung soweit Gefahr in Verzug im Raum steht.

die Unverletzlichkeit der Wohnung wird z. B. im SchfHwG § 1 abs 3 eingeschränkt.

Grüße
miamei

nix falsche Antwort
Hallo,

Je nach Grund kann eine Behörde sehr wohl ohne
Gerichtsbeschluss eine Wohnung betreten, sogar ohne jede
Ankündigung soweit Gefahr in Verzug im Raum steht.

Gegen den Willen des Hausrechtsinhabers darf die Wohnung nur mit dem entsprechenden Beschluss eines Richters betreten werden. Ausnahme § 45 Abs. 3 BPolG.
Ansonsten ohne Gerichtsbeschluss zur Abwehr einer Gefahr oder aufgrund der StPO nur bei Gefahr im Verzuge.

die Unverletzlichkeit der Wohnung wird z. B. im SchfHwG § 1
abs 3 eingeschränkt.

Die von dir genannte Vorschrift gibt dem Bezirksschornsteinfeger in sehr wenigen Ausnahmefällen ein Betretensrecht. Gegen den Willen des Berechtigten darf er nicht rein, will er es dennoch, braucht er einen Gerichtsbeschluss (Zumal eine mildere Maßnahme als das Betreten der Wohnung ausreichend wäre, den gleichen Zweck zu erreichen [z. B. Entzug der Feuerstättengenehmigung]). Voraussetzung für den Gerichtsbeschluss ist ein vollziehbarer Verwaltungsakt.

Hast du dir denn überhaupt mal die Voraussetzungen für das Betretensrecht des Bezirksschornsteinfegers angeschaut? Mehr als die Hälfte der genannten Vorschriften existieren nicht mehr.

Gruss

Iru

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um in eine Wohnung reinzukommen, kommt es auf den Grund an,
warum eine Behörde in eine Wohnung/Haus reinwill.

Natürlich, und genau diesen Grund hat der Richter zu prüfen, bevor er einen Beschluss oder ein entsprechendes Urteil erlässt.

Je nach Grund kann eine Behörde sehr wohl ohne
Gerichtsbeschluss eine Wohnung betreten,

Nein. Hier spricht Art. 13 Abs. 2 GG eine ganz eindeutige Sprache und sagt, dass eine richterlicher Anordnung oder Gefahr im Verzug (und zwar zusätzlich zu dem Grund, warum man überhaupt hinein will) vorliegen muss.

sogar ohne jede
Ankündigung soweit Gefahr in Verzug im Raum steht.

Richtig, wenn Gefahr im Verzug besteht, ist eine vorherige Anhörung (nicht: Ankündigung) nicht erforderlich, das ändert aber nichts daran, dass ohne Gefahr im Verzug eine richterliche Entscheidung vorliegen muss.

die Unverletzlichkeit der Wohnung wird z. B. im SchfHwG § 1
abs 3 eingeschränkt.

Zunächst einmal steht das SchfHwG unter der Verfassung und interessiert Art. 13 Abs. 2 GG daher nicht die Bohne.

Zudem bezieht sich die Norm allein auf den materiell-rechtlichen Grund, warum der Eigentümer ein Betreten zu dulden hat, was aber rein garnichts daran ändert, dass die Vollstreckung eine richterliche Anordnung oder Gefahr im Verzug (was hier auch nur schwer denkbar ist) voraus setzt.

Art. 13 Abs. 2 GG ist eine Norm, die das Prozedere bei der Vollstreckung einer Duldung für Art. 13 Abs. 1 GG regelt, sie kommt zu der Frage, ob rechtlich eine Duldungsflicht überhaupt besteht, dazu und sagt, wie diese durchgesetzt werden muss.

Gruß
Dea

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