ich habe aktuell folgendes Problem:
Wir haben ein Grundstück, für das eine Baugenehmigung ohne Auflagen vorliegt. Jetzt wurde festgestellt, dass in der angrenzenden Straße vor dem Grundstück kein Kanal liegt. Der nächste Kanalanschluss wäre ca. 20m auf der einen, oder 100m auf der anderen Seite möglich.
Das Grundstück befindet sich am Rand einer durchgegehenden Bebauung innerhalb des Ortes (Ackerland grenzt an einer Seite an).
Die zuständige Gemeinde behauptet nun, dass es für Bauherren zumutbar wäre eine Kanalisation im öffentlichen Bereich bis 30m zu bezahlen. Wir sollen also die kompletten Kosten übernehmen. Belegen kann die Gemeinde ihre Aussage aber nicht.
Meine Fragen sind jetzt:
Gilt ein Grundstück, zu dem eine Baugenehmigung OHNE Auflagen vorliegt automatisch als voll erschlossen?
Kann mir jemand sagen inwieweit die Gemeinde verpflichtet ist, eine Anbindung an das Abwassersystem herzustellen?
Es wäre gut, wenn ihr eure Aussagen auch belegen könntet.
es hat mit meiner Antwort etwas länger gedauert. Aber ich habe mich mal bei unseren Sachbearbeitern für „Indirekteinleiterangelegenheiten“ erkundigt. Zum besseren Verständnis: „alle Häuslebesitzer oder Grundstückseigentümer, die am städtischen Kanal angeschlossen sind, werden als Indirekteinleiter bezeichnet. Denn, das Abwasser wird nach der Reinigung in der Kläranlage, einem Gewässer zugeführt. Der Direkteinleitende in das Gewässer, ist also die Stadt oder Gemeinde. Die Indirekteinleiter sind die am Kanal angeschlossenen Grundstücke bzw. Gebäude“.
Jetzt aber die Antworten zu Deinen Fragen:
Erschließung hat nichts mit Auflagen in der Baugenehmigung zu tun. Für die Abwasserableitung gilt der Anschluß- und Benutzerzwang (Abwassersatzung der Gemeinde, Immissionschutzgesetze, Seuchengesetz usw. usw.) oder Entwässerung über eine eigene Kleinkläranlagen (genehmigungspflichtig bei der UWB). Kommt aber auf die örtlichen Gegebenheiten an.
„Erschlossen sein“ bezieht sich auf das Baugebiet, nicht auf das Baugrundstück. Das Baugrundstück entwässert über dem sogenannte Hausanschlusskanal. Und dieser muß vom Bauherren selbst verlegt und bezahlt werden. Die anteilmäßigen „Erschließungskosten“ für die öffentliche Kanalisation, sind bereits umgelegt auf den Quadratmeterpreis des Baugrundstückes, und werden somit von dem Käufer (Bauherren) beim Erwerb bezahlt. (das ist ebenfalls Satzungsrecht der Gemeinde).
Nicht die Gemeinde ist verpflichtet anzuschließen. Der Abwassererzeuger ist verpfichtet das Abwasser (was dem Gesetz nach Abfall ist), ordnungsgemäß und unbeschadet Ditter zu entsorgen, und seine Abwasseranlage (Rohre, Pumpe etc.) zu überwachen.
Übrigens die Gemeinde hat möglicherweise recht, wenn sie sagt: „es ist für Bauherren zumutbar, den Anschluß der privaten Hausanschlußleitung bis zu einer bestimmten Länge selbst zu bezahlen“. Die Stadt Duisburg z.B. hat hierfür z.Zt. die Grenze auf 25.000€ festgelegt. Die Zumutbarkeitsgrenze ist ebenfalls in der Abwassersatzung der Gemeinde festgeschrieben.
Ich hoffe ich konnte Dir ein wenig die Augen öffnen.
vielen Dank für die ausführliche Antwort! Das ist zwar nicht unbedingt das, was ich mir erhofft habe, aber was soll man machen.
Eine Zumutbarkeitsgrenze habe ich in der Entwässerungssatzung der Gemeinde nicht gefunden.
Trotzdem werde ich dann wohl versuchen, eine halbwegs bezahlbare Lösung zu finden.
hast Du Dir auch schon einen Auszug der Bauordnung der zuständigen Gemeinde besorgt? Darin kannst Du auch viele Antworten auf noch aufkommende Fragen finden.
Belegen kann ich meine Angaben nicht, zuviel Arbeit. Schau selbst nach:
a) in der gemeindlichen Abwassersatzung. Die muß die Gemeinde Dir aushändigen und da steht alles drin.
b) Baugenehmigung beinhaltet keinen Anschlußkanal. Ist Sache des Bauherrn. Ob ein Grundstück als „voll erschlossen“ gilt, das ist eine Rechtsfrage. Sowas würde im Kaufvertrag stehen.
c) 30 m Entfernung sind zumutbar. Ich schätze, so bei Kosten über 30.000,- € sehen Gerichte eine Unzumutbarkeit. Dann komen aber Kosten durch eigene Kläranlage und Versickerung auf einen zu; auch nicht gerade billig.
vielen Dank für die Antwort! In der Abwassersatzung hatte ich bereits nachgesehen. Allerdings habe ich erst viel später festgestellt, dass es noch eine EntwässerungsGEBÜHRENsatzung gibt. Hier steht eigentlich alles drin. Der Eigentümer ist verpflichtet für den Anschluss aufzukommen. Bei besonderer Härte können die Kosten anteilig auch zu Lasten der Gemeinde gehen, oder ganz erlassen werden. Was besondere Härte ist, kann natürlich gedehnt werden. Ich denke mein Fall gehört nicht dazu.