Grundstück ohne eigene Zufahrt?

Hallo Experten,

folgende Situation: Ein ehemals mit einem Haus bebautes Grundstück wird über die Jahre in mehrere Flurstücke aufgeteilt. Das Grundstück liegt mit ca. 25 Metern Breite an einer Straße. Es ist ca. 120 Meter tief.

Nennen wir das bisherige, bebaute Grundstück 4711/1. Dieses liegt an der Straße. Das abgeteilte Grundstück 4711/2 liegt „dahinter“, also ohne Anschluß zur Straße.

4711/2 wird später auch mit einem Wohnhaus bebaut. Damit eine Zufahrt vorhanden ist, wird von 4711/1 ein seitlicher Streifen 4711/3 abgeteilt, der nun das Flurstück 4711/2 mit der Straße verbindet. 4711/3 ist ca. 5 Meter breit.

4711/1 wird über all die Jahre im Grunde garnicht befahren, da die alten Bewohner kein Auto besitzen. Somit reicht ein Zu"gang" für Fußgänger. „Versorgungszufahren“, wie z.B. Heizöl-Lieferungen geschehen immer über 4711/2. Das stellt auch kein Problem dar, da die drei Flurstücke im Besitz derselben Familie sind.

Nun soll 4711/1 - also das an der Straße liegende Grundstück - an einen Fremden verkauft werden.

Aus persönlichen Erfahrungen heraus lehnt die Verkäuferfamilie eine gemeinsame Nutzung (mit allen Rechten und Pflichten, die sich aus einer solchen Grunddienstbarkeit ergeben könnten) der Zufahrt über 4711/3 ab. Der Käufer akzeptiert dies und man einigt sich darauf, das 4711/1 eine eigene Zufahrt erhalten soll. Die Grundstücksbreite von 20 Metern erlaubt das auch baulich.

Käufer und Verkäufer wollen sich bei der Stadtverwaltung nun über die Kosten informieren (Absenkung des Bürgersteigs, diverse „kosmetische“ Umbauten an den öffentlichen Wegen, etc.), die dabei auf sie zukommen können.

Soweit kommt es jedoch garnicht, denn die Stadt lehnt eine zusätzliche(!) Einfahrt ab, mit der Begründung, dass die Baumaßnahme auf 4711/2 nur unter der Voraussetzung erfolgte, dass die Zufahrt zu beiden Grundstücken über 4711/3 erfolgt. Sofern es eine solche (mündliche) Vereinbarung überhaupt jemals gab, ist diese auf Verkäuferseite in Vergessenheit geraten, da ja nie eine Zufahrt zu 4711/1 notwendig war und die damaligen Akteure auch nicht mehr am Leben sind.

Lange Rede, kurze Frage: Darf die Stadt eine (eigene) Grundstückszufahrt verweigern? Die damals vereinbarte Zufahrt über 4711/3 würde ja bei korrektem Vorgehen die Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch erfordern, die ja neben diversen praktischen Problemen auch die Verhandlungsposition bei künftigen Verkäufen schmälert, sich also indirekt negativ auf den Verkaufspreis auswirken.
Das Grundstück 4711/1 ist im aktuellen Zustand - ohne Zufahrt - nur schwer bis garnicht verkäulich.

Wer weiß Rat?

Gruß
Horst

Hallo Horst,

vorneweg: so ganz kann ich Dir bei der Bezeichnung der einzelnen Grundstücke (Grundstücksteile?) nicht folgen. Kann es sein, dass da etwas verwechselt ist?

Ich versuche trotzdem zu helfen:

folgende Situation: Ein ehemals mit einem Haus bebautes
Grundstück wird über die Jahre in mehrere Flurstücke
aufgeteilt. Das Grundstück liegt mit ca. 25 Metern Breite an
einer Straße. Es ist ca. 120 Meter tief.

Nennen wir das bisherige, bebaute Grundstück 4711/1. Dieses
liegt an der Straße. Das abgeteilte Grundstück 4711/2 liegt
„dahinter“, also ohne Anschluß zur Straße.

4711/2 wird später auch mit einem Wohnhaus bebaut. Damit eine
Zufahrt vorhanden ist, wird von 4711/1 ein seitlicher Streifen
4711/3 abgeteilt, der nun das Flurstück 4711/2 mit der Straße
verbindet. 4711/3 ist ca. 5 Meter breit.

Vermutlich war eine Bebauung des „hinteren“ Grundstücks(-teils) nur mit der Auflage möglich, dass eine gemeinsame Zufahrt benutzt wird. Ohne gemeinsame Zufahrt wäre somit die Bebauung nicht erlaubt gewesen.
Ist 4711/3 ein selbständiges Grundstück? Wie wird es im Grundbuch nachgewiesen?

4711/1 wird über all die Jahre im Grunde garnicht befahren, da
die alten Bewohner kein Auto besitzen. Somit reicht ein
Zu"gang" für Fußgänger. „Versorgungszufahren“, wie z.B.
Heizöl-Lieferungen geschehen immer über 4711/2. Das stellt
auch kein Problem dar, da die drei Flurstücke im Besitz
derselben Familie sind.

Die Versorgungsfahrten gingen „einfach quer über das Grundstück“?

Nun soll 4711/1 - also das an der Straße liegende Grundstück -
an einen Fremden verkauft werden.

Aus persönlichen Erfahrungen heraus lehnt die Verkäuferfamilie
eine gemeinsame Nutzung (mit allen Rechten und Pflichten, die
sich aus einer solchen Grunddienstbarkeit ergeben könnten) der
Zufahrt über 4711/3 ab. Der Käufer akzeptiert dies und man
einigt sich darauf, das 4711/1 eine eigene Zufahrt erhalten
soll. Die Grundstücksbreite von 20 Metern erlaubt das auch
baulich.

Käufer und Verkäufer wollen sich bei der Stadtverwaltung nun
über die Kosten informieren (Absenkung des Bürgersteigs,
diverse „kosmetische“ Umbauten an den öffentlichen Wegen,
etc.), die dabei auf sie zukommen können.

Soweit kommt es jedoch garnicht, denn die Stadt lehnt eine
zusätzliche(!) Einfahrt ab, mit der Begründung, dass die
Baumaßnahme auf 4711/2 nur unter der Voraussetzung erfolgte,
dass die Zufahrt zu beiden Grundstücken über 4711/3 erfolgt.
Sofern es eine solche (mündliche) Vereinbarung überhaupt
jemals gab, ist diese auf Verkäuferseite in Vergessenheit
geraten, da ja nie eine Zufahrt zu 4711/1 notwendig war und
die damaligen Akteure auch nicht mehr am Leben sind.

Siehe oben. Wichtig ist hier, was in der Baugenehmigung stand/steht. Wer soll seinerzeit mit wem was mündlich vereinbart haben?

Lange Rede, kurze Frage: Darf die Stadt eine (eigene)
Grundstückszufahrt verweigern?

Ja, sie kann, wenn das seinerzeit bei der Baugenehmigung eine Auflage war.

Die damals vereinbarte
Zufahrt über 4711/3 würde ja bei korrektem Vorgehen die
Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch erfordern,
die ja neben diversen praktischen Problemen auch die
Verhandlungsposition bei künftigen Verkäufen schmälert, sich
also indirekt negativ auf den Verkaufspreis auswirken.
Das Grundstück 4711/1 ist im aktuellen Zustand - ohne Zufahrt

  • nur schwer bis garnicht verkäulich.

Jetzt komme ich zu meinem Verständnisproblem: was soll verkauft werden? Der vordere oder der hintere Teil des ehemaligen Grundstückes?
Wenn der vordere Teil verkauft werden soll, dann muss die Zuwegung (egal wo sie ist und in welchem Zustand sie ist) für den Eigentümer/Benutzer des hinteren Teils nutzbar bleiben. Somit kann nicht die gesamte vordere Fläche verkauft weden.
Gleiches gilt für den hinteren Teil, sollte dieser verkauft werden. Ohne Zuwegung ist sowas nicht verkäuflich. Möglicherweise ist sogar eine Veräußerung nicht zulässig, wenn die Zuwegung nicht geklärt ist.
In den sauerern Apfel der Klärung der Zuwegung muss nun gebissen werden. Möglichkeiten sehe ich - zumindestens theoretisch - mehrere.

Gruß
Jörg

Hi Jörg,

schonmal vielen Dank bis dahin.

Ich versuche mal, Deine Fragen komplett zu beantworten:

Vermutlich war eine Bebauung des „hinteren“
Grundstücks(-teils) nur mit der Auflage möglich, dass eine
gemeinsame Zufahrt benutzt wird. Ohne gemeinsame Zufahrt wäre
somit die Bebauung nicht erlaubt gewesen.

Korrekt, so stellte das die Stadtverwaltung im letzten Gespräch dar.

Ist 4711/3 ein selbständiges Grundstück? Wie wird es im
Grundbuch nachgewiesen?

Ja, es ist ein selbständiges Grundstück. Wie es nachgewiesen wird? Nicht mit irgendwelchen Wegerechten oder dergleichen, wenn Du das meinst.

Die Versorgungsfahrten gingen „einfach quer über das
Grundstück“?

Nein, auch über das 4711/3.

Hm, ich versuche mal eine Skizze. Stell Dir das 4711/3 als schmalen Streifen vor, der an 4711/1 vorbei von der Straße weg nach hinten zu 4711/2 führt.


Straße
±-----------±—±-----------+
! ! ! !
! ! ! !
! 4711/1 ! 3 ! !
! ! ! !
! ! ! !
! ! ! !
±-----------±—+ Nachbar- !
! ! grundstück!
! ! !
! ! !
! 4711/2 ! !
! ! !
! ! !
! ! !
! ! !
±----------------±-----------+

Siehe oben. Wichtig ist hier, was in der Baugenehmigung
stand/steht. Wer soll seinerzeit mit wem was mündlich
vereinbart haben?

Nichts stand in der Baugenehmigung. Lediglich im Gespräch mit dem damaligen Bauherren auf 4711/2 (der auch Eigentümer sämtlicher Grundstücke war) wurde besprochen , dass 4711/1 und /2 „künftig immer“ über 4711/3 zu befahren sind.

Ja, sie kann, wenn das seinerzeit bei der Baugenehmigung eine
Auflage war.

Hier steht nun Aussage gegen Aussage. Schriftlich existiert nichts. Die Stadt steht aber auf dem Standpunkt, dass dies der Tatsache entspricht.

Jetzt komme ich zu meinem Verständnisproblem: was soll
verkauft werden? Der vordere oder der hintere Teil des
ehemaligen Grundstückes?

Der vordere.

Wenn der vordere Teil verkauft werden soll, dann muss die
Zuwegung (egal wo sie ist und in welchem Zustand sie ist) für
den Eigentümer/Benutzer des hinteren Teils nutzbar bleiben.
Somit kann nicht die gesamte vordere Fläche verkauft weden.

Siehe Skizze. Das Problem stellt sich nicht. Der Verkäufer verkauft 4711/3 einfach nicht und nutzt dieses Flurstück wie bisher als Zufahrt. Er will lediglich keine Befahrung durch den neuen Eigentümer von 4711/1.

Gruß
Horst

Lob und Anerkennung!
So hab ich das auch aus der Erklärung verstanden (beim zweiten Mal aber erst).
Wenn ich mich richtig erinnere, muss jedes Grundstück erreichbar sein. Es geht nicht, dass 4711/2 verkauft wird und dann plötzlich festgestellt wird, dass man gar nicht dorthin kommt.
Ganz genau so sollte sich das natürlich mit 4711/1 verhalten.
Und da der liebe Gott ein Deutscher gewesen sein muss, wird das auch irgendwo festgehalten worden sein, dass 4711/3 als Versorgungsweg für 4711/1 und 4711/2 dient. Also sollte man im Grundbuchauszug von 4711/3 einmal nachsehen, ob da irgendwas von einem Wegerecht zugunsten von 4711/1 und 4711/2 drin steht. Steht das nicht drin, gibt’s das auch nicht.
Auch hier sollte man aber mal einen der juristischen Spitzfindigkeiten mächtigen Erdenbürger aufsuchen und den um Rat fragen. Die Gemeinde versucht hier wahrscheinlich nur ein wenig zu trommeln. Anwalt nehmen und ins Konzert einstimmen.
Wirklich, tolle Skizze

Hm, ich versuche mal eine Skizze. Stell Dir das 4711/3 als
schmalen Streifen vor, der an 4711/1 vorbei von der Straße weg
nach hinten zu 4711/2 führt.


Straße
±-----------±—±-----------+
! ! ! !
! ! ! !
! 4711/1 ! 3 ! !
! ! ! !
! ! ! !
! ! ! !
±-----------±—+ Nachbar- !
! ! grundstück!
! ! !
! ! !
! 4711/2 ! !
! ! !
! ! !
! ! !
! ! !
±----------------±-----------+

Hi Dirk,

danke für die Blumen!

Also, Grundbuchauszüge für alle Flurstücke liegen vor. Es gibt keine Wegerechte. Nada! Nix!

Der Verkäufer hat nicht vor, 4711/3 zu verkaufen, um sich selbst die Zufahrt zu seinem Wohnhaus auf 4711/2 abzuschneiden.

Er würde nur gerne 4711/1 loswerden, was sich aber ohne den direkten Zugang von der Straße - also: Gartenzaun weg, Bürgersteig abgesengt und gut ist’s - nur schwer verwirklichen läßt.

Nun, aktueller Stand ist, dass Verkäufer und Käufer über eine Möglichkeit der gemeinsamen Nutzung von 4711/3 - also: Wegerecht - nachdenken.

Gruß
Horst

Was auch das Einfachste wäre. Eine andere Funktion wird dieser Streifen auch nie bekommen.

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

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Nichts stand in der Baugenehmigung …

Hallo Horst,
eventuell gibt es einen Eintrag im Baulastenverzeichnis. Frag mal bei der Gemeinde nach!
http://de.wikipedia.org/wiki/Baulastenverzeichnis
Grüße
Ulf

Irgendwann wollte ich mal ein Bahngrundstück kaufen. Da jeder
Eigentümer ein Recht auf Zufahrt zu seinem Grundstück hat und haben muß
und dies dort durch örtliche Begrenzungen einerseits Bahnanlagen,
andererseits Bundesstraße nicht möglich war, hätte ich zwar das
Grünland kaufen können, aber niemals eine Baugnehmigung, die zur
Sanierung nötig war bekommen. Was für ein Satz :wink:

Soll heißen, da Grundstück 1 vorne liegt, keine Zufahrt hat, keine
Wegerechte eingetragen sind, die anderen Grundstücke eigene Flurstücke
sind, sollte auch einen eigene Zufahrt machbar sein, weil der
Eigentümer ein Recht darauf hat. Es sei denn auf Grund örtlicher
Gegebenheiten ist das nicht möglich, wie bei mir

Hi Sebastian,

gutes Stichwort:

…sollte auch einen eigene Zufahrt machbar sein, weil der
Eigentümer ein Recht darauf hat…

Wo ist dieses Recht denn verankert? Worauf kann man sich denn da beziehen? Und, ist im vorliegenden Fall denn dem Recht Genüge getan, wenn die Zufahrt zu dem vorne liegenden Grundstück über ein paar Meter des „fremden“ Grundstücks erfolgen; kann die Stadt die beiden Eigentümer zwingen, sich hier mit einem Wegerecht aneinander zu binden?

Gruß
Horst

…kann die Stadt die beiden Eigentümer zwingen, sich
hier mit einem Wegerecht aneinander zu binden?

Gruß
Horst

Ich glaube, das ist so.

Wo ist dieses Recht denn verankert? Worauf kann man sich denn
da beziehen? Und, ist im vorliegenden Fall denn dem Recht
Genüge getan, wenn die Zufahrt zu dem vorne liegenden
Grundstück über ein paar Meter des „fremden“ Grundstücks
erfolgen; kann die Stadt die beiden Eigentümer zwingen, sich
hier mit einem Wegerecht aneinander zu binden?

Das kann ich dir nicht genau sagen. Ich weiß das nur aus den von mir
erleben Fällen, wo ich einfach beim Bauamt nachgefragt habe und mir
das gesagt wurde. Das war einmal das Bahngrundstück an der
Bundesstraße, im anderen Fall habe ich eine Sperrlinie auf der Straße
beantragt mit überfahrt des Fußweges, weil auf dem Grundtück ein
Stellplatz entstanden ist - da gabs auch keine Probleme, aber auf
Basis dieser Aussage hat es funktioniert.
Ich habe gerade mal versucht raus zu finden wo das schriftlich
verankert ist, aber bisher ohne Erfolg. Ich kann am Dienstag mal
unseren Architekten fragen wenn er wieder da ist, da könnte damit
mehr Erfahrung haben.

Das ein Nachbar gezwungen werden kann ein Wegerecht einzuräumen kann
ich mir nicht vorstellen, zumal wenn das Grundstück um das es geht
auch noch vorne zur Straßenseite liegt!?!?!?!?!?

…sollte auch einen eigene Zufahrt machbar sein, weil der
Eigentümer ein Recht darauf hat…

Wo ist dieses Recht denn verankert? Worauf kann man sich denn
da beziehen?

Hallo Horst,
es gibt kein Recht auf eine eigene Zufahrt. Die Sache läuft etwas anderes. Es wird nur keine Baugenehmigung oder Teilungsgenehmigung erteilt, wenn das Grundstück nicht durch eine rechtlich gesicherte Zuwegung erschlossen ist.
Grüße
Ulf

Hi Ulf,

es gibt kein Recht auf eine eigene Zufahrt. Die Sache läuft
etwas anderes. Es wird nur keine Baugenehmigung oder
Teilungsgenehmigung erteilt, wenn das Grundstück nicht durch
eine rechtlich gesicherte Zuwegung erschlossen ist.

Hm, im vorliegenden Fall steht bereits ein Haus auf dem Grundstück. Und geteilt ist es auch schon. Offensichtlich geht die Stadt davon aus, dass die Zufahrt über das Nachbargrundstück erfolgt.

Grüße
Horst