Grundstücksbewertung

Liebe Community,

Bei bebauten Grundstücken kommt aktuell - abhängig von der Grundstücksart - das Ertragswert-,Sachwert- oder Vergleichswertverfahren zur Anwendung.
Beim Ertragswertverfahren bspw. bewertet man im Rahmen eines gesonderten Wertansatzes, so dass der Bodenwert getrennt vom Gebäudewert erfasst bzw. bewertet wird.

Die Autoren, sei es von Zeitschriftenaufsätzen, Bücher oder Kommentaren, verweisen lediglich auf § 184 BewG, geben darüberhinaus aber keine Begründung an.

Warum erfasst man die beiden Komponenten getrennt wenn es sich doch eigentlich um ein Objekt handelt?

Freue mich über eine Antwort!

Danke und viele Grüße!!!

Weil das ganze system nicht schlüssig ist.

Der Laie macht immer wiéder den Fehler, dass er solchen Rechtsvorschriften eine mindestmaß an Logik zuordnet.

Das stimmt… nur leider kann man das nicht so in einer wissenschaftlichen Arbeit schreiben, wenn der Betreuer genau zu dieser Problematik eine wissenschaftliche Quelle fordert

Hallo,

denke doch mal an folgenden Unterschied: Privatmann A kauft von Privatmann B ein Einfamilienhaus. Genau so bezeichnet man das ja immer, obwohl es eigentlich um ein Grundstück mit Haus geht. Der Normalfall ist dabei ja der, dass Haus als solches ggf. zwar erweitern/sanieren wird, aber eben genau so nutzen wird. Ein Kauf zwecks Abriss ist eher die Ausnahme.

Im Unterschied dazu kennen wir alle die Situation, wenn an sich noch vollkommen nutzbare Gewerbebebauungen von jetzt auf gleich durch einen Übernehmer zwecks anderer/insbesondere stärkerer Nutung platt gemacht werden. Bei vielen kleinen Geschäftshäusern lungern Investoren so lange rum, bis sie die platt machen können, um da die großen Klötze hin zu stellen. D.h. da interessiert das Gebäude überhaupt nicht. Andererseits werden aber natürlich auch Gewerbeimmobilien zur ganz normalen Weiternutzung veräußert. Und um diese beiden Fälle und alles was da dazwischen im gewerblichen Bereich viel häufiger passiert, und deshalb eben auch individueller zu behandeln ist, abzudecken, bewertet man eben getrennt.

Gruß vom Wiz

In den Grundlagen der Ökonomie unterscheidet man die subjektive von der objektiven Wertelehre;
bzw. dass es nur subjektive Werte geben kann;
und keine objektiven Werte.

Der preis ergibt sich durch Angebot und Nachfrage.

Wie die bei der Immobilienbewertung daruf kommen, diese verfahren zu unterscheiden;
habe ich auch noch nie was drüber gelesen.

Danke für die ausführliche Antwort,

meiner Ansicht nach geht die Begründung aber mehr in die Richtung, dass die Bodenwert je nach regionalen Unterschied unterschiedlichen Wert haben. Analog kann bei gleichem Bodenwert das Haus in unterschiedlichem Zustand sein, so dass deswegen eine getrennte Bewertung erfolgt.

Hallo,
es wird getrennt „erfasst“, weil die Entwicklung des Grundstückspreises getrennt von der Entwicklung des Gebäudeertrages zu sehen ist.

Ein Grundstück nimmt - nahezu egal, wie es bebaut ist - an der Wertsteigerung (oder dem -Verlust) der Grundstücke der Umgebung teil. Der Gebäudeertrag tut das nur sehr bedingt. Das Gebäude altert, die Mieten unterliegen im Gegensatz zum Grundstückspreis weit mehr den Lebenshaltungskosten usw. Um diesen Umstand *objektiv* bewerten zu können, wird im Ertragswertverfahren der Grundstücksanteil am Ertrag üblicherweise gesondert ermittelt bzw. vom vollständigen Ertrag in Abzug gebracht, um die Wirtschaftlichkeit des Gebäudes ermitteln zu können. Das ist zB dann interessant, wenn man herausfinden möchte, ob ein Mehrfamilienhaus in einer von Einfamilienhäusern domminierten Umgebung nach rentabel ist.

Fachliteratur dazu ist zB der „Kleiber“.

Gruß vom
Schnabel

Hallo,
„die“ kommen deswegen darauf, weil für „Deine“ Theorie erstmal ein intakter Markt vorhanden sein muss, was aber bei nahezu der Hälfte der Übertragungsfälle von Immobilieneigentum in Ballungsräumen (und zu noch weit größerer Zahl in strukturschwachen Regionen) nicht der Fall ist! In solchen Regionen haben Menschen, die auf derlei „Angebot und Nachfrage“ angewiesen sein sollen, ein Problem: sie bekämen dann zB keine Kreditmittel für den Erwerb des Hauses oder Betriebes ihrer Verwandten udgl. .

Überspitzt: Während das Wohnen im Emsland für einen Frankfurter Finanzbänker „subjektiv ziemlich schrecklich unkapitalistisch“ ist, ist es das für den örtlichen Metzgerssohn zB ganz und gar nicht :wink:

Banken und Finanzämter kommen mit diesem Subjektivismus ziemlich schlecht zurecht. Deshalb bewertet man tunlichst objektiv und nicht subjektiv :wink:

Gruß vom
Schnabel