Eine etwas jüngere Klasse (5-6) würde vielleicht ihre Freude an „Eulen“ oder „Fette Fische“ von Carl Hiaasen haben.
Ich habe zu „Eulen“ eine Rezension verfasst, Fette Fische kann ich aber auch empfehlen.
„Roy schob das Fenster runter und streckte den Kopf hinaus. Der fremde Junge war nicht mehr zu sehen.“
Roy ist neu in Florida, und seiner Meinung nach gibt es keinen flacheren, öderen Ort auf der Welt. Wären er und seine Familie doch bloß in Montana geblieben! Ausgerechnet in ein Kaff wie Coconut Cove hat die Beförderung seines Vaters ihn diesmal verschlagen. Dass dann auch noch der brutale Dana Matherson ihn schikanieren muss, macht Roys Elend perfekt.
Bis Dana ihm eines Morgens das Gesicht gegen das Busfenster drückt und er den barfüßigen Jungen sieht. Der Junge mit Fußsohlen schwarz wie Grillkohle rennt weder zum Bus noch den Weg entlang zur Schule, und Roy beschließt, ihm zu folgen. Aber der Junge ist schneller als er. Roy will schon aufgeben, da taucht Beatrice auf, die Löcher in Fahrradschläuche beißen und selbst Dana das Wasser reichen kann.
Sie kennt den barfüßigen Jungen. Und plötzlich erscheinen die mysteriösen Sabotageakte an dem Grundstück, auf dem die Restaurant-Kette Mama Paula eine neue Filiale eröffnen will, in einem ganz anderen Licht. Dort, wo ein neues Fastfood-Restaurant für Pfannkuchen gebaut werden soll, brüten Kanincheneulen, und ihre Höhlen sollen unter Beton und Sand begraben werden.
Irgendjemand muss etwas tun. Und ehe Roy sich versieht, findet er sich mit Beatrice und ihrem barfüßigen Stiefbruder Fischfinger inmitten einer völlig verrückten Geschichte wieder: Eulen!
„Mit einem Mal war die rote Farbe aus den Wangen des Mannes gewichen. „Was für Eulen?“, fragte er, jetzt nur noch halb so laut. „Hier gibt’s keine Eulen.“
Was hättest du getan, wenn der brutalste Typ deiner Schule dich halb erwürgt, während du versuchst, einem merkwürdigen Jungen zu folgen, der ohne Schulbücher und ohne Schuhe durch ein kleines Kaff namens Coconut Cove rennt? Vermutlich hättest du dem Idioten eins auf die Nase gegeben und versucht, den Jungen ohne Schuhe und mit gewaltigem Vorsprung doch noch einzuholen. Dann bist du mitten in der Verfolgungsjagd, als du auf eine Tüte mit giftigen Schlangen stößt, dich wenig später von einem furchteinflößenden Mädchen bedrohen lassen musst und noch dazu dem Idioten im Bus das Nasenbein gebrochen hast.
Dabei hat die Geschichte gerade erst angefangen. Roy Eberhardt hat allen Grund, die Jagd nach dem barfüßigen Jungen lieber aufzugeben. Doch Roy hat nichts dergleichen vor. Stattdessen unterhält Carl Hiaasen den Leser mit skurrilen, unerwarteten Wendungen und Roys Irrungen und Wirrungen, die ihn auf Beatrice und schließlich auf ihren Bruder Fischfinger treffen und sie zu dritt den den Kampf für die bedrohten Kanincheneulen aufnehmen lassen.
Hiaasen thematisiert, ohne dabei den Leser belehren zu wollen, die Frage nach Freundschaft und schwierigen Familienverhältnissen, aus denen Fischfinger ausgerissen ist und unter denen Beatrice leidet, genauso wie die Frage nach dem Gewissen der Konzerne und der Naturbewusstheit der Menschen.
Die skurrilen, selbst für Jugendbücher ungewöhnlich verrückten Charaktere geben der Story noch einmal eine ganz besondere Note. Hier sind die Helden Roy, der Neue, der sich auf Beatrice, das widerspenstige Mädchen mit den Wolfszähnen, und den Outlaw Fischfinger einlässt und mit ihnen die Rettung bedrohter Winzeulen plant. Sie treffen auf Charaktere wie den dumpfen Grobian Dana, den Wachmann Curly, der nicht an Eulen glauben will, oder den etwas ungeschickten Officer Delinko, der die Sabotage der Bauplanung beenden soll und verzweifelt von einer Beförderung träumt.
Carl Hiaasens ‚Eulen‘ ist mehr als nur ein Umwelt- oder ein Freundschaftskrimi. Die gut 350 Seiten lesen sich rasant und bieten kurzweilige Lektüre, die ich auch nach dem vierten Mal, da ich das Buch gelesen habe, ungern aus der Hand gelegt habe. Witzig, erfrischend einfallsreich und immer wieder überraschend – ein tolles Buch für jüngere und ältere Leser und uneingeschränkt zu empfehlen!
Eulen!
Carl Hiaasen
Verlag Beltz & Gelberg