Nein
Hallöchen,
ich finde es ziemlich hart, wenn ein (in diesen Dingen gänzlich unbeleckter) Praktikant sein Zeugnis selbst erstellen soll, da hier nicht nur fachliche Themen, sondern auch Wissen über „die Arbeitswelt im Allgemeinen“ und Personalwesen im Speziellen mit reinspielen.
Auch sind Praktika normalerweise so vergütet, dass man sich wohl kaum den Luxus eines Fachanwalts gönnt, um sein Zeugnis ordentlich gestaltet zu bekommen - obwohl das am Ehesten empfehlenswert wäre.
Aber jetzt zum eigentlichen Inhalt:
***
Herr XY, geboren am 25 März 1982, war vom 30.06.2011 bis zum
31.10.2011 in unserem Unternehmen als Praktikant tätig.
[Das Unternehmen] stellt rechnergesteuerte Steuerungen für die Theaterbühnen dieser Welt her. Darunter fallen die Bedienpulte der Bühnentechniker sowie die Rechner zur Ansteuerung der Motoren der gesamten Anlage und Server, die das Netzwerk steuern und überwachen.
Das klingt schon sehr speziell. Die Frage ist, ob hier das Tätigkeitsspektrum des Unternehmens präzisiert wird oder der Praktikant einfach schon in Richtung seiner Tätigkeit verweist.
In letzterem Fall würde ich den 2. Satz streichen: Warum soll das Unternehmen sich kleiner machen, als es ist?
Herr XY war, nachdem er in einem vorherigen Praktikum schon
Erfahrung sammeln konnte, hauptsächlich für Reparaturen an
unseren Geräten verantwortlich. Zum größten Teil waren es
Achsenrechner die durch seine Kenntnis der Schwachstellen und
Lesen der Schaltpläne repariert wurden.
Uärg.
Das schreibt man normalerweise so:
Herr XY war verantwortlich für Reparaturen an technischen Geräten. Den Schwerpunkt seiner Tätigkeit stellten hierbei die Achsenrechner dar.
Zur Durchführung der Tätigkeit mussten Schaltpläne studiert werden und Fachwissen über systemische Schwachstellen angewandt werden.
Hierbei nutzte er die Erfahrungen aus einem vorherigen Praktikum.
Desweiteren hatte er sich zur Aufgabe gemacht den Testadapter, der bisher nur als Teilschaltplan vorlag, zu Ende zu entwickeln und zu bauen. Die Aufgabe bestand darin einen Testadapter zu entwickeln, welcher die für den Test erforderlichen Grundfunktionen eines Bedienpultes simulieren konnte. Das zu testende Gerät war der Wandanschluss der Bedienpulte. Mit den Schaltplänen dieses sog. XZ und unter gelegentlicher Aufsicht eines Mitarbeiters, gelang ihm die Planung (Schalt- und Stromlaufplan) und der anschließende Bau des Testadapters vortrefflich.
Dank der Kenntnisse von Herrn XY in Metallbearbeitung und Löten, hat er beim Testadapter die Platinen sowie die Frontplatte und die ganzen Befestigungen selbstständig hergestellt. Dieser Testadapter stellt ein wichtiges Arbeitsmittel für uns dar und wird wohl noch lange im Einsatz sein.
Es handelt sich um ein Arbeitszeugnis, und Du willst ja nicht den Rest Deines Lebens Adapter für Tests für Wandanschlüsse für Bedienpulte für Bühnentechnik machen, sonst wäre das sicherlich sinnvoll.
Deswegen muss das stark abstrahiert werden:
Er übernahm zusätzlich zu seinen Aufgaben eigentverantwortlich die vollständige Realisierung eines Testadapters anhand eines zur Verfügung gestellten Teilschaltplans. Diese Herausforderung meisterte er und stellte so ein für uns sehr nützliches Arbeitsmittel bereit.
Der Praktikant hat nicht nur die Ihm übertragenen Aufgaben zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt, er hat sich in jeder freien Minute selbständig weitere Aufgaben gesucht.
Das klingt total überzogen und außerdem fliegt durch solche Kommentare schnell auf, dass hier ein Praktikant Eigenlob betreibt.
Der Praktikant erfüllte seine Aufgaben weit über unsere Erwartung hinaus und ergriff stets die Initiative, indem er selbständig neue Herausforderungen suchte und annahm.
Das Verhalten von Herrn XY gegenüber Vorgesetzten und Kollegen war immer vorbildlich.
Er wurde wegen seiner umgänglichen und freundlichen Art von allen sehr geschätzt.
Wurde oder wird?
Er ist ein sehr wertvoller Mitarbeiter, der sich außergewöhnlich schnell in neue Gebiete einarbeitet und innerhalb kürzester Zeit neue Kenntnisse erwirbt.
Das kann zwar sein, klingt aber erst mal für einen Praktikanten nach ziemlicher Lobhudelei.
Der von ihm gebaute Testadapter hätte auch eine Projektarbeit im Studium sein können.
„Wenn das Wörtchen Wenn nicht wär, wär’ ich lange Millionär“
Hast Du überhaupt eine Ahnung, was Du hier sagst, aus Sicht eines branchenerfahrenen, fachlich nicht ganz unbedarften Personalers?
„Für 'nen Studenten wäre es sogar akzeptabel, was er gemacht hat, aber wirklich brauchbar ist es eigentlich nicht“ - ist das die Intention?
Ich täte das ersatzlos streichen. Du hast vorher schon betont, dass im Rahmen des Praktikums ein real genutztes Werkzeug entstanden ist. Warum willst Du das noch in irgend einer Form relativieren? Lass’ es doch einfach stehen, das ist ein Adelstitel - die meisten Praktikanten können sowas hinterher nicht von sich sagen!
Wir bedauern das Ausscheiden von Herrn Agnes, eines sehr
wertvollen Mitarbeiters, außerordentlich. Er verlässt unser
Haus, um sein Studium fortzusetzen.
Aber man würde sich nicht wünschen, dass man ihn behalten könnte und man würde sich auch nicht freuen, wenn man ihn später erneut als Mitarbeiter begrüßen dürfte?
Und Erfolg und so wünscht man auch bei nichts, schon gar nicht „weiterhin“?
Bisher habe ich allen Kollegen, die wirklich so gut gearbeitet haben, dass man sie als „wertbringend“ bezeichnen kann, in ihr Arbeitszeugnis auch reingeschrieben, dass es mich freuen würde, wenn sich unsere beruflichen Wege wieder mal kreuzen würden.
Gruß,
Michael