Zu einer Buchbesprechung in der Tageszeitung „Die Welt“ vom 31.08.02 unter dem Titel: „Gleichmacher am Pranger. Hans-Olaf Henkels Abrechnung mit Globalisierungsgegnern und anderen Gutmenschen.“
Zitat aus dem Artikel: „Skurril seine These, der Wunsch nach Gleichmacherei entstamme der behüteten Familie.“ - Hungrige und Geschlagene (beides wörtlich gemeint) sind auf ihr Ego konzentriert. Das ist folgerichtig und Henkels These nicht skurril.
Ich lese gerade das Buch „Retter in Uniform“. Es erzählt von einer „winzigen Minderheit“. Deutsche Soldaten in der Nazi-Zeit, die sich „hörbar empörten, ihre Kooperation verweigerten, sich demonstrativ nicht an Exekutionen beteiligten oder gar zu Rettern“ wurden. Sie kamen alle aus behüteten Familien, mit christlichen oder anderen humanen Wertvorstellungen. - Ich bin der Sohn eines politisch Verfolgten und habe beim Lesen des Buches geweint. Den Gedanken, solche Gutmenschen könnten einmal Mehrheit und/oder Sieger sein, sehe ich als infantil.
Zurück zu Hans-Olaf Henkel und der Besprechung seines Buches.
Zitat: Gegen Gleichmacherei „setzt“ Henkel „seine Erfolgs-Ethik der völligen Freiheit, in der sich die Sieger für die Gescheiterten einsetzen müssen und in der es klare Spielregeln für den weltweiten Wettbewerb geben muss.“ - „Die Sieger müssen“? - Wer soll sie denn in ihrer „völligen Freiheit“ dazu zwingen? - Da doch für Henkel „die billigsten Arbeitskräfte pure Selbstverständlichkeit“ und für den Rezensenten „Gutmensch“ und „Moralapostel“ abwertende Bezeichnungen sind.
Hans-Olaf Henkel sieht das Leben eines Erwachsenen als Fortsetzung seiner Kinderspiele. Das ist nicht mal für die Mehrheit der Kinder auf diesem Planeten Realität. Und wird es auch nie sein. Daher empfinde ich „Wettbewerb, Spielregeln“ als verharmlosend, als zynisch oder naiv. Und! Ohne Gleichmacherei ist das Verwirklichen seiner Utopie nicht möglich.
Den letzten Satz schrieb ich nur für den Fall, daß es eine Utopie ist, und kein Schönfärben der Realität.
Hans-Peter Ernst
Anmerkung: Ich kaufe prinzipiell nur fair gehandelten Kaffee. Wer „die billigsten Arbeitskräfte“ will, sollte nicht „Wettbewerb“ sondern Konkurrenzkampf schreiben, und muss das Vorhandensein von Hass akzeptieren (Henkel schreibt in seinem Buch, daß er ihn nicht akzeptiert).
Jürgen Kluzik